Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Robert Schumanns schriftstellerische Thätigkeit

überhaupt auf den Antrag einzugehen gewillt sind." Nachdem Härte! den
Verlag abgelehnt hatte, wandte sich Schumann am 17. November 1852 an
Georg Wigand: "Ich habe, von vielen meiner Freunde dazu aufgefordert, meine
litterarischen Arbeiten über Musik und musikalische Zustände der letztvergangenen
Zeit zusammengestellt, überarbeitet und mit Neuem vermehrt und möchte, was
zerstreut und meistens ohne meine Namensunterschrift in deu verschiednen Jahr¬
gängen der Neuen Zeitschrift für Musik erschienen, als Buch erscheinen lassen
als ein Andenken an mich, das vielleicht manchen, die mich nnr ans meinem
Wirken als Tonsetzer keime", von Interesse sein würde. Es liegt mir uicht
daran, mit dem Buche etwa Reichtümer zu erwerben*); aber daß es unter gute
Obhut käme, wünschte ich allerdings. Auf der Beilage finden Sie eine genaue
Angabe des Inhalts, wie ich Sie auch bitten würde, den beigelegten, das Buch
einleitenden Worten eine Durchsicht zu gönnen."

Wigand nahm den Verlag an.^) Schumann setzte im folgenden Jahre
die Redaktion seiner Schriften fort. Im Oktober 1853 wurde er noch einmal
zu einer öffentlichen Kundgebung angeregt durch deu Besuch des jungen Vrahms
in Düsseldorf. Seinen Aufsatz "Neue Bahnen" sandte er vor dem Abdruck in
der Neuen Zeitschrift erst Joachim zu.

Mit dieser Kundgebung fand Schumanns kritische Thätigkeit einen Ab¬
schluß, der ihrem Anfange schön entspricht. Wie das erste Wort des Jüng¬
lings, so sollte auch das letzte des Mannes ein Prvphctenwort sein -- dort
galt es Chopin, hier Brahms.

Nach der Rückkehr von einer holländischen Reise am 22. Dezember 1853
legte Schumann die letzte Hemd an die gesammelten Schriften, deren Herausgabe
in vier Bänden zur Ostermesse 1854 mit dem Verleger vereinbart war. "Es
macht mir Freude, zu bemerken (schrieb er am 17. Januar 1854 an Strackerjan),
daß ich in der langen Zeit, seit über zwanzig Jahren, von den damals aus¬
gesprochenen Ansichten fast gar nicht abgewichen bin. Ich hoffe, daß ich Ihnen
diesmal von einer ganz neuen Seite bekannt werde."

Von seinen Versen hat Schumann nnr einzelne in der Zeitschrift ver¬
öffentlicht. Aus dem Jahre 1844 hört man von einer Dichtung über den
Kreml. Er schrieb gelegentlich gern Gedichte, namentlich zum Geburtstage
Claras regelmäßig. Sein Sinn für die Dichtkunst gab sich ferner in dem
feinen Verständnis kund, mit dein er die Motto in der Zeitschrift und die
Texte seiner Lieder auswählte. Auch ging daraus eine unvollendet gebliebene
Arbeit hervor, die in seine letzte Düsseldorfer Zeit fällt. Schon in frühern




Schumann erhielt für die gesammelten Schriften ein Honorar von 100 Thalern. (Da¬
gegen waren ihm nicht lange vorher die sechs Lieder ex. 107 mit 120, die vier Märchen^
bilder op. 113 mit 200 Thalern bezahlt worden!)
Im Jahre 1883 erwarben Breitkopf und Hnrtcl das Verlagsrecht.
Robert Schumanns schriftstellerische Thätigkeit

überhaupt auf den Antrag einzugehen gewillt sind." Nachdem Härte! den
Verlag abgelehnt hatte, wandte sich Schumann am 17. November 1852 an
Georg Wigand: „Ich habe, von vielen meiner Freunde dazu aufgefordert, meine
litterarischen Arbeiten über Musik und musikalische Zustände der letztvergangenen
Zeit zusammengestellt, überarbeitet und mit Neuem vermehrt und möchte, was
zerstreut und meistens ohne meine Namensunterschrift in deu verschiednen Jahr¬
gängen der Neuen Zeitschrift für Musik erschienen, als Buch erscheinen lassen
als ein Andenken an mich, das vielleicht manchen, die mich nnr ans meinem
Wirken als Tonsetzer keime», von Interesse sein würde. Es liegt mir uicht
daran, mit dem Buche etwa Reichtümer zu erwerben*); aber daß es unter gute
Obhut käme, wünschte ich allerdings. Auf der Beilage finden Sie eine genaue
Angabe des Inhalts, wie ich Sie auch bitten würde, den beigelegten, das Buch
einleitenden Worten eine Durchsicht zu gönnen."

Wigand nahm den Verlag an.^) Schumann setzte im folgenden Jahre
die Redaktion seiner Schriften fort. Im Oktober 1853 wurde er noch einmal
zu einer öffentlichen Kundgebung angeregt durch deu Besuch des jungen Vrahms
in Düsseldorf. Seinen Aufsatz „Neue Bahnen" sandte er vor dem Abdruck in
der Neuen Zeitschrift erst Joachim zu.

Mit dieser Kundgebung fand Schumanns kritische Thätigkeit einen Ab¬
schluß, der ihrem Anfange schön entspricht. Wie das erste Wort des Jüng¬
lings, so sollte auch das letzte des Mannes ein Prvphctenwort sein — dort
galt es Chopin, hier Brahms.

Nach der Rückkehr von einer holländischen Reise am 22. Dezember 1853
legte Schumann die letzte Hemd an die gesammelten Schriften, deren Herausgabe
in vier Bänden zur Ostermesse 1854 mit dem Verleger vereinbart war. „Es
macht mir Freude, zu bemerken (schrieb er am 17. Januar 1854 an Strackerjan),
daß ich in der langen Zeit, seit über zwanzig Jahren, von den damals aus¬
gesprochenen Ansichten fast gar nicht abgewichen bin. Ich hoffe, daß ich Ihnen
diesmal von einer ganz neuen Seite bekannt werde."

Von seinen Versen hat Schumann nnr einzelne in der Zeitschrift ver¬
öffentlicht. Aus dem Jahre 1844 hört man von einer Dichtung über den
Kreml. Er schrieb gelegentlich gern Gedichte, namentlich zum Geburtstage
Claras regelmäßig. Sein Sinn für die Dichtkunst gab sich ferner in dem
feinen Verständnis kund, mit dein er die Motto in der Zeitschrift und die
Texte seiner Lieder auswählte. Auch ging daraus eine unvollendet gebliebene
Arbeit hervor, die in seine letzte Düsseldorfer Zeit fällt. Schon in frühern




Schumann erhielt für die gesammelten Schriften ein Honorar von 100 Thalern. (Da¬
gegen waren ihm nicht lange vorher die sechs Lieder ex. 107 mit 120, die vier Märchen^
bilder op. 113 mit 200 Thalern bezahlt worden!)
Im Jahre 1883 erwarben Breitkopf und Hnrtcl das Verlagsrecht.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0379" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/210246"/>
          <fw type="header" place="top"> Robert Schumanns schriftstellerische Thätigkeit</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1060" prev="#ID_1059"> überhaupt auf den Antrag einzugehen gewillt sind." Nachdem Härte! den<lb/>
Verlag abgelehnt hatte, wandte sich Schumann am 17. November 1852 an<lb/>
Georg Wigand: &#x201E;Ich habe, von vielen meiner Freunde dazu aufgefordert, meine<lb/>
litterarischen Arbeiten über Musik und musikalische Zustände der letztvergangenen<lb/>
Zeit zusammengestellt, überarbeitet und mit Neuem vermehrt und möchte, was<lb/>
zerstreut und meistens ohne meine Namensunterschrift in deu verschiednen Jahr¬<lb/>
gängen der Neuen Zeitschrift für Musik erschienen, als Buch erscheinen lassen<lb/>
als ein Andenken an mich, das vielleicht manchen, die mich nnr ans meinem<lb/>
Wirken als Tonsetzer keime», von Interesse sein würde. Es liegt mir uicht<lb/>
daran, mit dem Buche etwa Reichtümer zu erwerben*); aber daß es unter gute<lb/>
Obhut käme, wünschte ich allerdings. Auf der Beilage finden Sie eine genaue<lb/>
Angabe des Inhalts, wie ich Sie auch bitten würde, den beigelegten, das Buch<lb/>
einleitenden Worten eine Durchsicht zu gönnen."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1061"> Wigand nahm den Verlag an.^) Schumann setzte im folgenden Jahre<lb/>
die Redaktion seiner Schriften fort. Im Oktober 1853 wurde er noch einmal<lb/>
zu einer öffentlichen Kundgebung angeregt durch deu Besuch des jungen Vrahms<lb/>
in Düsseldorf. Seinen Aufsatz &#x201E;Neue Bahnen" sandte er vor dem Abdruck in<lb/>
der Neuen Zeitschrift erst Joachim zu.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1062"> Mit dieser Kundgebung fand Schumanns kritische Thätigkeit einen Ab¬<lb/>
schluß, der ihrem Anfange schön entspricht. Wie das erste Wort des Jüng¬<lb/>
lings, so sollte auch das letzte des Mannes ein Prvphctenwort sein &#x2014; dort<lb/>
galt es Chopin, hier Brahms.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1063"> Nach der Rückkehr von einer holländischen Reise am 22. Dezember 1853<lb/>
legte Schumann die letzte Hemd an die gesammelten Schriften, deren Herausgabe<lb/>
in vier Bänden zur Ostermesse 1854 mit dem Verleger vereinbart war. &#x201E;Es<lb/>
macht mir Freude, zu bemerken (schrieb er am 17. Januar 1854 an Strackerjan),<lb/>
daß ich in der langen Zeit, seit über zwanzig Jahren, von den damals aus¬<lb/>
gesprochenen Ansichten fast gar nicht abgewichen bin. Ich hoffe, daß ich Ihnen<lb/>
diesmal von einer ganz neuen Seite bekannt werde."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1064" next="#ID_1065"> Von seinen Versen hat Schumann nnr einzelne in der Zeitschrift ver¬<lb/>
öffentlicht. Aus dem Jahre 1844 hört man von einer Dichtung über den<lb/>
Kreml. Er schrieb gelegentlich gern Gedichte, namentlich zum Geburtstage<lb/>
Claras regelmäßig. Sein Sinn für die Dichtkunst gab sich ferner in dem<lb/>
feinen Verständnis kund, mit dein er die Motto in der Zeitschrift und die<lb/>
Texte seiner Lieder auswählte. Auch ging daraus eine unvollendet gebliebene<lb/>
Arbeit hervor, die in seine letzte Düsseldorfer Zeit fällt.  Schon in frühern</p><lb/>
          <note xml:id="FID_53" place="foot"> Schumann erhielt für die gesammelten Schriften ein Honorar von 100 Thalern. (Da¬<lb/>
gegen waren ihm nicht lange vorher die sechs Lieder ex. 107 mit 120, die vier Märchen^<lb/>
bilder op. 113 mit 200 Thalern bezahlt worden!)</note><lb/>
          <note xml:id="FID_54" place="foot"> Im Jahre 1883 erwarben Breitkopf und Hnrtcl das Verlagsrecht.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0379] Robert Schumanns schriftstellerische Thätigkeit überhaupt auf den Antrag einzugehen gewillt sind." Nachdem Härte! den Verlag abgelehnt hatte, wandte sich Schumann am 17. November 1852 an Georg Wigand: „Ich habe, von vielen meiner Freunde dazu aufgefordert, meine litterarischen Arbeiten über Musik und musikalische Zustände der letztvergangenen Zeit zusammengestellt, überarbeitet und mit Neuem vermehrt und möchte, was zerstreut und meistens ohne meine Namensunterschrift in deu verschiednen Jahr¬ gängen der Neuen Zeitschrift für Musik erschienen, als Buch erscheinen lassen als ein Andenken an mich, das vielleicht manchen, die mich nnr ans meinem Wirken als Tonsetzer keime», von Interesse sein würde. Es liegt mir uicht daran, mit dem Buche etwa Reichtümer zu erwerben*); aber daß es unter gute Obhut käme, wünschte ich allerdings. Auf der Beilage finden Sie eine genaue Angabe des Inhalts, wie ich Sie auch bitten würde, den beigelegten, das Buch einleitenden Worten eine Durchsicht zu gönnen." Wigand nahm den Verlag an.^) Schumann setzte im folgenden Jahre die Redaktion seiner Schriften fort. Im Oktober 1853 wurde er noch einmal zu einer öffentlichen Kundgebung angeregt durch deu Besuch des jungen Vrahms in Düsseldorf. Seinen Aufsatz „Neue Bahnen" sandte er vor dem Abdruck in der Neuen Zeitschrift erst Joachim zu. Mit dieser Kundgebung fand Schumanns kritische Thätigkeit einen Ab¬ schluß, der ihrem Anfange schön entspricht. Wie das erste Wort des Jüng¬ lings, so sollte auch das letzte des Mannes ein Prvphctenwort sein — dort galt es Chopin, hier Brahms. Nach der Rückkehr von einer holländischen Reise am 22. Dezember 1853 legte Schumann die letzte Hemd an die gesammelten Schriften, deren Herausgabe in vier Bänden zur Ostermesse 1854 mit dem Verleger vereinbart war. „Es macht mir Freude, zu bemerken (schrieb er am 17. Januar 1854 an Strackerjan), daß ich in der langen Zeit, seit über zwanzig Jahren, von den damals aus¬ gesprochenen Ansichten fast gar nicht abgewichen bin. Ich hoffe, daß ich Ihnen diesmal von einer ganz neuen Seite bekannt werde." Von seinen Versen hat Schumann nnr einzelne in der Zeitschrift ver¬ öffentlicht. Aus dem Jahre 1844 hört man von einer Dichtung über den Kreml. Er schrieb gelegentlich gern Gedichte, namentlich zum Geburtstage Claras regelmäßig. Sein Sinn für die Dichtkunst gab sich ferner in dem feinen Verständnis kund, mit dein er die Motto in der Zeitschrift und die Texte seiner Lieder auswählte. Auch ging daraus eine unvollendet gebliebene Arbeit hervor, die in seine letzte Düsseldorfer Zeit fällt. Schon in frühern Schumann erhielt für die gesammelten Schriften ein Honorar von 100 Thalern. (Da¬ gegen waren ihm nicht lange vorher die sechs Lieder ex. 107 mit 120, die vier Märchen^ bilder op. 113 mit 200 Thalern bezahlt worden!) Im Jahre 1883 erwarben Breitkopf und Hnrtcl das Verlagsrecht.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/379
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/379>, abgerufen am 24.07.2024.