Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.fach, man solle das herzogliche Theater aufgebe". Das konnte aber der Herzog Ans der Reise zogen ihn die Theater zu Frankfurt und Stuttgart lebhast Grenzlwwi II 1891 21
fach, man solle das herzogliche Theater aufgebe«. Das konnte aber der Herzog Ans der Reise zogen ihn die Theater zu Frankfurt und Stuttgart lebhast Grenzlwwi II 1891 21
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0189" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/210056"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_494" prev="#ID_493"> fach, man solle das herzogliche Theater aufgebe«. Das konnte aber der Herzog<lb/> nicht wollen; mich würde Iffland darauf nicht eingegangen sein. In äußerster<lb/> Mißstimmung schrieb Goethe an Kirms: „Wir haben für all unsre Bemühungen<lb/> weder von oben noch von unten eine Spur von Dank zu erwarten, und im<lb/> Grnnde seh ich täglich mehr, daß das Verhältnis, besonders für mich, unwürdig<lb/> ist." Jsflnud lehnte bald ab, dagegen näherte sich der Hof von neuem Goethe.<lb/> Der Friede schien dessen Reise nach Italien günstig zu sein, doch bald änderte sich<lb/> sein Plan, da Meyer in seine Heimat zurückgekehrt war. Dort dachte er ihn<lb/> zu besuchen, vielleicht von da mit ihm nach Italien zurückzukehren; wie lange<lb/> die Reise dauern würde, blieb unentschieden. Der Herzog konnte ihm diese<lb/> Entfernung vou Weimar, wie unangenehm sie ihm auch sein mochte, nicht<lb/> abschlagen. Leider mußte Goethe fürchten, bei seiner Rückkunft seinen Liebling,<lb/> die schon sehr früh an den Schauspieler Becker verheiratete Neumann, nicht<lb/> wieder zu finden, da sie an unheilbarer Schwindsucht litt. Freilich war seit<lb/> dein Anfange des Jahres in der so anmutigen wie talentvollen jungen Jage-<lb/> uiann der Bühne ein neuer Stern aufgegangen; er ahnte nicht, wie widerwärtig<lb/> ihr Ehrgeiz seiner Leitung werden sollte.</p><lb/> <p xml:id="ID_495" next="#ID_496"> Ans der Reise zogen ihn die Theater zu Frankfurt und Stuttgart lebhast<lb/> an; zu seiner Freude durfte er sich sagen, daß diese in künstlerischer Beziehung<lb/> nicht ans der Stufe standen, zu der er seine Gesellschaft erhoben hatte. Die<lb/> Theaterangelegenheiten wurden durch Kirms und die wechselnden Wvchner be¬<lb/> sorgt, aber sein Geist fehlte der Bühne. Als er Mitte November 1797 zurück¬<lb/> kehrte, erfreute ihn der in Schiller sich regende Drang, im Winter den Bühnen-<lb/> vvrstellungen beizuwohnen, und wenn auch dessen Gesundheitszustand dies nicht<lb/> gestattete, so durfte er doch hoffen, im nächsten Jahre durch Schillers „Wallen¬<lb/> stein" der Bühne einen neuen Schwung zu geben. Nachdem ein zweites Gast¬<lb/> spiel Ifflands in jeder Beziehung erfolgreich gewesen Nun-, veranlaßte die Anwesen¬<lb/> heit des wegen des Schlvßbaues berufenen Professor Thouret die sehr nötige<lb/> neue, innere Einrichtung des Theaters, die nicht allein Platz für zweihundert<lb/> Zuschauer mehr schuf, sondern mich eine zweckmäßigere Einteilung der Räume<lb/> und ein freundlicheres Ansehen gewährte. Goethe hatte daran wesentlichen<lb/> Anteil. Seine Hoffnung, Schiller werde hier große Triumphe feiern, ging aufs<lb/> schönste in Erfüllung. Durch Goethes unablässiges Treiben gelang es, das er¬<lb/> neuerte Haus am 12. Oktober 1798 mit Schillers Prolog und „Wallensteins<lb/> Lager" zu eröffnen. Auch setzte es Goethes rastloses Drängen durch, daß die<lb/> „Piccolomini" und „Wallensteins Tod" kurz uach einander die Bühne belebten.<lb/> Mit dem letzten Stücke war Schillers Sieg entschieden. Durchkreuzt wurde<lb/> Goethes Bestreben, diesen als ersten deutschen Dramatiker zu Ehren zu<lb/> bringen, durch deu Herzog, der Schillers Stücke trotz ihrer schönen Sprache,<lb/> ihrer mächtigen Wirkung und Gedankenfülle für einen Abfall vou den sogenannten<lb/> klassischen Dramen der Franzosen hielt, für die er, ein Schüler Wielands,</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzlwwi II 1891 21</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0189]
fach, man solle das herzogliche Theater aufgebe«. Das konnte aber der Herzog
nicht wollen; mich würde Iffland darauf nicht eingegangen sein. In äußerster
Mißstimmung schrieb Goethe an Kirms: „Wir haben für all unsre Bemühungen
weder von oben noch von unten eine Spur von Dank zu erwarten, und im
Grnnde seh ich täglich mehr, daß das Verhältnis, besonders für mich, unwürdig
ist." Jsflnud lehnte bald ab, dagegen näherte sich der Hof von neuem Goethe.
Der Friede schien dessen Reise nach Italien günstig zu sein, doch bald änderte sich
sein Plan, da Meyer in seine Heimat zurückgekehrt war. Dort dachte er ihn
zu besuchen, vielleicht von da mit ihm nach Italien zurückzukehren; wie lange
die Reise dauern würde, blieb unentschieden. Der Herzog konnte ihm diese
Entfernung vou Weimar, wie unangenehm sie ihm auch sein mochte, nicht
abschlagen. Leider mußte Goethe fürchten, bei seiner Rückkunft seinen Liebling,
die schon sehr früh an den Schauspieler Becker verheiratete Neumann, nicht
wieder zu finden, da sie an unheilbarer Schwindsucht litt. Freilich war seit
dein Anfange des Jahres in der so anmutigen wie talentvollen jungen Jage-
uiann der Bühne ein neuer Stern aufgegangen; er ahnte nicht, wie widerwärtig
ihr Ehrgeiz seiner Leitung werden sollte.
Ans der Reise zogen ihn die Theater zu Frankfurt und Stuttgart lebhast
an; zu seiner Freude durfte er sich sagen, daß diese in künstlerischer Beziehung
nicht ans der Stufe standen, zu der er seine Gesellschaft erhoben hatte. Die
Theaterangelegenheiten wurden durch Kirms und die wechselnden Wvchner be¬
sorgt, aber sein Geist fehlte der Bühne. Als er Mitte November 1797 zurück¬
kehrte, erfreute ihn der in Schiller sich regende Drang, im Winter den Bühnen-
vvrstellungen beizuwohnen, und wenn auch dessen Gesundheitszustand dies nicht
gestattete, so durfte er doch hoffen, im nächsten Jahre durch Schillers „Wallen¬
stein" der Bühne einen neuen Schwung zu geben. Nachdem ein zweites Gast¬
spiel Ifflands in jeder Beziehung erfolgreich gewesen Nun-, veranlaßte die Anwesen¬
heit des wegen des Schlvßbaues berufenen Professor Thouret die sehr nötige
neue, innere Einrichtung des Theaters, die nicht allein Platz für zweihundert
Zuschauer mehr schuf, sondern mich eine zweckmäßigere Einteilung der Räume
und ein freundlicheres Ansehen gewährte. Goethe hatte daran wesentlichen
Anteil. Seine Hoffnung, Schiller werde hier große Triumphe feiern, ging aufs
schönste in Erfüllung. Durch Goethes unablässiges Treiben gelang es, das er¬
neuerte Haus am 12. Oktober 1798 mit Schillers Prolog und „Wallensteins
Lager" zu eröffnen. Auch setzte es Goethes rastloses Drängen durch, daß die
„Piccolomini" und „Wallensteins Tod" kurz uach einander die Bühne belebten.
Mit dem letzten Stücke war Schillers Sieg entschieden. Durchkreuzt wurde
Goethes Bestreben, diesen als ersten deutschen Dramatiker zu Ehren zu
bringen, durch deu Herzog, der Schillers Stücke trotz ihrer schönen Sprache,
ihrer mächtigen Wirkung und Gedankenfülle für einen Abfall vou den sogenannten
klassischen Dramen der Franzosen hielt, für die er, ein Schüler Wielands,
Grenzlwwi II 1891 21
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