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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.

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Das Buch des 7)>-, Uarl Peters

einer andern Stelle heißt, wie die Blüten nach einem Frühlingsregen, noch
war seine Macht nicht wieder befestigt, es stritten noch immer heidnische und
islamitische, protestantische und katholische Einflüsse mit einander, und die
Gegensätze waren so schroff, daß der Fremdling drohen mußte, auf die Partei,
die den Frieden brechen würde, zu schießen, nnr um Ruhe zu schaffen. Mit
Unterstützung der katholischen Missionare gelang ihm der Abschluß des Ver¬
trages, der Uganda unter die Bestimmungen der Kongoakte brachte und zu¬
gleich ein besondrer Freundschaftsvertrag zwischen dem deutschen Kaiser und
dem Herrscher von Uganda war. Doch gelang es erst nach einer großen Stants-
ratssitznng, ihm unbestrittene Anerkennung zu sichern; or. Peters selbst mußte
auftreten, um mit jener sieghaften Gewalt de.r Offensive, die er auf so manchem
Kampfplatz erprobt hatte, die Behauptung der englischen Partei, an ihrer Spitze
die englischen Missionare und der erste Minister, der Katikiro, zu vernichten,
die Behauptung, daß Uganda die Flagge der britisch-ostafrikanischen Gesellschaft
angenommen habe. Der Katikiro unterzeichnete, die englischen Missionare zogen
ihren Einspruch zurück, und die Flagge ihres Landes ging nieder. Daun zog
er mit seiner Kriegstruppe uach den von Arabern beunruhigten Landschaften
am Westnfcr des Sees und säuberte diese. Und um sein Werk zu krönen,
veranlaßte er Mnanga zu einer Eingabe an die Unterzeichner der Kongoakte,
worin er bat, sein Land zu neutralisiren und das Christentum zur allein¬
herrschenden Religion in allen seinen Ländern zu machen; zugleich ernannte er
Dr. Peters zu seinem Bevollmächtigten bei den Verhandlungen, die etwa hier¬
über in Europa zu führen sein möchten. Das Heidentum blieb zunächst ge¬
duldet, der Islam wurde verboten, ja seine Vekenner selbst mit der Todes¬
strafe belegt, das Christentum wurde zur Staatsreligion erklärt, dadurch daß
die Bekleidung von Staats- und Hofämtern nur Christen gestattet wurde.
Diese Maßregeln, wozu noch das Verbot des Sklavenhandels kam, versetzten
dem Islam den Hauptschlag. "Er mußte in Uganda verboten werden, da er
ausgesprochenermaßen auf die Vernichtung des Christentums hinarbeitete und
wenn man ihn überhaupt gestattete, bei der Nachbarschaft der muhammedci-
nischen Mächte im Norden außerordentlich leicht die Herrschaft hätte wieder¬
gewinnen können." Was das Heidentum betrifft, so mochte es geduldet
bleiben, wenn uur die Gefahr beseitigt wurde, daß die Dynastie aufhörte, ihren
Vorteil in der überirdischen Verehrung zu sehen, die ihr uuter seiner Herr¬
schaft zugefallen war. "Stellte man das Heidentum so hin, wie wir dies in
Uganda thaten, dann hatte es etwa die Stellung, wie um die Mitte der
römischen Kaiserzeit, und es ist gar keine Frage, daß es in sich selbst zer¬
bröckeln muß."

Dr. Peters war im Begriff, Uganda ans dem Wege nach Süden zu
verlassen, als jener berühmte Brief des damals in Kawirondo lagernden Jackson
anlangte, der Mnanga aufforderte, die beiden Führer der deutschen Expedition


Das Buch des 7)>-, Uarl Peters

einer andern Stelle heißt, wie die Blüten nach einem Frühlingsregen, noch
war seine Macht nicht wieder befestigt, es stritten noch immer heidnische und
islamitische, protestantische und katholische Einflüsse mit einander, und die
Gegensätze waren so schroff, daß der Fremdling drohen mußte, auf die Partei,
die den Frieden brechen würde, zu schießen, nnr um Ruhe zu schaffen. Mit
Unterstützung der katholischen Missionare gelang ihm der Abschluß des Ver¬
trages, der Uganda unter die Bestimmungen der Kongoakte brachte und zu¬
gleich ein besondrer Freundschaftsvertrag zwischen dem deutschen Kaiser und
dem Herrscher von Uganda war. Doch gelang es erst nach einer großen Stants-
ratssitznng, ihm unbestrittene Anerkennung zu sichern; or. Peters selbst mußte
auftreten, um mit jener sieghaften Gewalt de.r Offensive, die er auf so manchem
Kampfplatz erprobt hatte, die Behauptung der englischen Partei, an ihrer Spitze
die englischen Missionare und der erste Minister, der Katikiro, zu vernichten,
die Behauptung, daß Uganda die Flagge der britisch-ostafrikanischen Gesellschaft
angenommen habe. Der Katikiro unterzeichnete, die englischen Missionare zogen
ihren Einspruch zurück, und die Flagge ihres Landes ging nieder. Daun zog
er mit seiner Kriegstruppe uach den von Arabern beunruhigten Landschaften
am Westnfcr des Sees und säuberte diese. Und um sein Werk zu krönen,
veranlaßte er Mnanga zu einer Eingabe an die Unterzeichner der Kongoakte,
worin er bat, sein Land zu neutralisiren und das Christentum zur allein¬
herrschenden Religion in allen seinen Ländern zu machen; zugleich ernannte er
Dr. Peters zu seinem Bevollmächtigten bei den Verhandlungen, die etwa hier¬
über in Europa zu führen sein möchten. Das Heidentum blieb zunächst ge¬
duldet, der Islam wurde verboten, ja seine Vekenner selbst mit der Todes¬
strafe belegt, das Christentum wurde zur Staatsreligion erklärt, dadurch daß
die Bekleidung von Staats- und Hofämtern nur Christen gestattet wurde.
Diese Maßregeln, wozu noch das Verbot des Sklavenhandels kam, versetzten
dem Islam den Hauptschlag. „Er mußte in Uganda verboten werden, da er
ausgesprochenermaßen auf die Vernichtung des Christentums hinarbeitete und
wenn man ihn überhaupt gestattete, bei der Nachbarschaft der muhammedci-
nischen Mächte im Norden außerordentlich leicht die Herrschaft hätte wieder¬
gewinnen können." Was das Heidentum betrifft, so mochte es geduldet
bleiben, wenn uur die Gefahr beseitigt wurde, daß die Dynastie aufhörte, ihren
Vorteil in der überirdischen Verehrung zu sehen, die ihr uuter seiner Herr¬
schaft zugefallen war. „Stellte man das Heidentum so hin, wie wir dies in
Uganda thaten, dann hatte es etwa die Stellung, wie um die Mitte der
römischen Kaiserzeit, und es ist gar keine Frage, daß es in sich selbst zer¬
bröckeln muß."

Dr. Peters war im Begriff, Uganda ans dem Wege nach Süden zu
verlassen, als jener berühmte Brief des damals in Kawirondo lagernden Jackson
anlangte, der Mnanga aufforderte, die beiden Führer der deutschen Expedition


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[0615] Das Buch des 7)>-, Uarl Peters einer andern Stelle heißt, wie die Blüten nach einem Frühlingsregen, noch war seine Macht nicht wieder befestigt, es stritten noch immer heidnische und islamitische, protestantische und katholische Einflüsse mit einander, und die Gegensätze waren so schroff, daß der Fremdling drohen mußte, auf die Partei, die den Frieden brechen würde, zu schießen, nnr um Ruhe zu schaffen. Mit Unterstützung der katholischen Missionare gelang ihm der Abschluß des Ver¬ trages, der Uganda unter die Bestimmungen der Kongoakte brachte und zu¬ gleich ein besondrer Freundschaftsvertrag zwischen dem deutschen Kaiser und dem Herrscher von Uganda war. Doch gelang es erst nach einer großen Stants- ratssitznng, ihm unbestrittene Anerkennung zu sichern; or. Peters selbst mußte auftreten, um mit jener sieghaften Gewalt de.r Offensive, die er auf so manchem Kampfplatz erprobt hatte, die Behauptung der englischen Partei, an ihrer Spitze die englischen Missionare und der erste Minister, der Katikiro, zu vernichten, die Behauptung, daß Uganda die Flagge der britisch-ostafrikanischen Gesellschaft angenommen habe. Der Katikiro unterzeichnete, die englischen Missionare zogen ihren Einspruch zurück, und die Flagge ihres Landes ging nieder. Daun zog er mit seiner Kriegstruppe uach den von Arabern beunruhigten Landschaften am Westnfcr des Sees und säuberte diese. Und um sein Werk zu krönen, veranlaßte er Mnanga zu einer Eingabe an die Unterzeichner der Kongoakte, worin er bat, sein Land zu neutralisiren und das Christentum zur allein¬ herrschenden Religion in allen seinen Ländern zu machen; zugleich ernannte er Dr. Peters zu seinem Bevollmächtigten bei den Verhandlungen, die etwa hier¬ über in Europa zu führen sein möchten. Das Heidentum blieb zunächst ge¬ duldet, der Islam wurde verboten, ja seine Vekenner selbst mit der Todes¬ strafe belegt, das Christentum wurde zur Staatsreligion erklärt, dadurch daß die Bekleidung von Staats- und Hofämtern nur Christen gestattet wurde. Diese Maßregeln, wozu noch das Verbot des Sklavenhandels kam, versetzten dem Islam den Hauptschlag. „Er mußte in Uganda verboten werden, da er ausgesprochenermaßen auf die Vernichtung des Christentums hinarbeitete und wenn man ihn überhaupt gestattete, bei der Nachbarschaft der muhammedci- nischen Mächte im Norden außerordentlich leicht die Herrschaft hätte wieder¬ gewinnen können." Was das Heidentum betrifft, so mochte es geduldet bleiben, wenn uur die Gefahr beseitigt wurde, daß die Dynastie aufhörte, ihren Vorteil in der überirdischen Verehrung zu sehen, die ihr uuter seiner Herr¬ schaft zugefallen war. „Stellte man das Heidentum so hin, wie wir dies in Uganda thaten, dann hatte es etwa die Stellung, wie um die Mitte der römischen Kaiserzeit, und es ist gar keine Frage, daß es in sich selbst zer¬ bröckeln muß." Dr. Peters war im Begriff, Uganda ans dem Wege nach Süden zu verlassen, als jener berühmte Brief des damals in Kawirondo lagernden Jackson anlangte, der Mnanga aufforderte, die beiden Führer der deutschen Expedition

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/615>, abgerufen am 23.07.2024.