Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.Das Buch des Or. Uarl Peters Augenblick, wo er die niederschmetternde Gewißheit von dein Abzüge Emin Schon auf dem rechten Nilufer kamen Hunderte von christlichen Waganda, Das Buch des Or. Uarl Peters Augenblick, wo er die niederschmetternde Gewißheit von dein Abzüge Emin Schon auf dem rechten Nilufer kamen Hunderte von christlichen Waganda, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0614" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/209847"/> <fw type="header" place="top"> Das Buch des Or. Uarl Peters</fw><lb/> <p xml:id="ID_1715" prev="#ID_1714"> Augenblick, wo er die niederschmetternde Gewißheit von dein Abzüge Emin<lb/> Paschas aus der Äquatorialprovinz erhielt, darüber klar, daß nun Uganda<lb/> sein Aktionsgebiet sein müsse. „War Emin Pascha fort, die Äquatorialprovinz<lb/> gefallen, dann lag die Entscheidung in dem großen Gegensatz zwischen<lb/> Christentum und Arnbertum nördlich des Niktorinsees in Uganda. Uganda<lb/> mußte zum Bollwerk gemacht werden, um die muhammedanische Sturmflut<lb/> vom Norden abzudämmen und vielleicht zum Ausgangspunkte für die Wieder¬<lb/> gewinnung dessen, was dort verloren war." Dieser Gedanke, der von der<lb/> Einfachheit und Selbstverständlichkeit genialer Konzeptionen ist. und dessen<lb/> besondre Bedeutung für Deutschostafrika auf der Hand liegt, war der Anker,<lb/> vor den Peters das Schifflein seiner Hoffnung in jener Nacht tiefer Ent¬<lb/> täuschungen legte, die diesem Tage des Empfanges der niederschmetterndsten<lb/> Nachricht folgte, in jener Nacht, wo ihn ein grenzenloses Gefühl der Verlassen-<lb/> heit und ein tiefes Mitleid mit sich selbst überkam, wo seine Gedanken in die<lb/> Heimat zurückschweiften, von der „es zugelassen war, daß eine fremde Macht<lb/> sich unterstehen durfte, uns der meisten Mittel, hier an Ort und Stelle mit<lb/> Nachdruck auftreten zu können, zu berauben. Ich kam mir wie ein Aus-<lb/> gestoßener vor. In ein krampfhaftes Schluchzen löste der heftige Seelenschmerz<lb/> sich auf." Aber der nächste Morgen fand seine Seele in ruhiger Fassung,<lb/> indem sie sich in Ergebenheit beugte unter die ewigen und unerforschlichen<lb/> Pläne der Vorsehung, und — seine Truppe auf dem Marsche nach Südwesten,<lb/> wo nun der Nilübergang und der Einmasch in Uganda fest ins Auge gefaßt<lb/> blieben. Am 1!). Februar war der Nil erreicht, am 20. wurde er überschritten,<lb/> es war auch geographisch Neues damit erreicht: Tana, Baringo, Nil! „Und<lb/> der Weg nach Emins alter Station Fauwera lag offen: was das Schicksal<lb/> auch ferner über uns verhängen mochte, auf alle Fülle war die Ehre ge¬<lb/> rettet."</p><lb/> <p xml:id="ID_1716" next="#ID_1717"> Schon auf dem rechten Nilufer kamen Hunderte von christlichen Waganda,<lb/> um Peters als Befreier zu begrttßeu, noch größere Menschenmengen bedeckten<lb/> das linke Ufer des mächtigen, hier 2000 Meter breiten Stromes. Es<lb/> folgten die Märsche zuerst durch ein vom Kriege unberührtes, dann durch ein<lb/> grauenhaft verwüstetes Land, dazwischen mußten Häupter des Landes zur<lb/> Würdigung der rücksichtslosen Energie des Petersschen Vormarsches gebracht<lb/> werden; denn es war klar, daß in diesem noch immer zahlreichen, kriegerischen,<lb/> heißblütigen Volke, dem Europäer nichts Neues waren, ein Nachlassen viel<lb/> gefährlicher werden mußte, als bei Galla und Massai. Glücklicherweise fand<lb/> or. Peters den Boden gut vorbereitet. Die Botschaften und Boten Mnangas,<lb/> des Fürsten von Uganda, folgten diesesmal nicht bloß aus Höflichkeit, wie es<lb/> sonst am Hofe Ugandas Sitte war, so rasch auf einander. Mnanga war eben<lb/> in sein verwüstetes Nesidenzdvrf Mengo zurückgekehrt, aus dessen Frucht-<lb/> gebüschen die neuen hellen Hütten wie Pilze herauswuchsen, oder wie es an</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0614]
Das Buch des Or. Uarl Peters
Augenblick, wo er die niederschmetternde Gewißheit von dein Abzüge Emin
Paschas aus der Äquatorialprovinz erhielt, darüber klar, daß nun Uganda
sein Aktionsgebiet sein müsse. „War Emin Pascha fort, die Äquatorialprovinz
gefallen, dann lag die Entscheidung in dem großen Gegensatz zwischen
Christentum und Arnbertum nördlich des Niktorinsees in Uganda. Uganda
mußte zum Bollwerk gemacht werden, um die muhammedanische Sturmflut
vom Norden abzudämmen und vielleicht zum Ausgangspunkte für die Wieder¬
gewinnung dessen, was dort verloren war." Dieser Gedanke, der von der
Einfachheit und Selbstverständlichkeit genialer Konzeptionen ist. und dessen
besondre Bedeutung für Deutschostafrika auf der Hand liegt, war der Anker,
vor den Peters das Schifflein seiner Hoffnung in jener Nacht tiefer Ent¬
täuschungen legte, die diesem Tage des Empfanges der niederschmetterndsten
Nachricht folgte, in jener Nacht, wo ihn ein grenzenloses Gefühl der Verlassen-
heit und ein tiefes Mitleid mit sich selbst überkam, wo seine Gedanken in die
Heimat zurückschweiften, von der „es zugelassen war, daß eine fremde Macht
sich unterstehen durfte, uns der meisten Mittel, hier an Ort und Stelle mit
Nachdruck auftreten zu können, zu berauben. Ich kam mir wie ein Aus-
gestoßener vor. In ein krampfhaftes Schluchzen löste der heftige Seelenschmerz
sich auf." Aber der nächste Morgen fand seine Seele in ruhiger Fassung,
indem sie sich in Ergebenheit beugte unter die ewigen und unerforschlichen
Pläne der Vorsehung, und — seine Truppe auf dem Marsche nach Südwesten,
wo nun der Nilübergang und der Einmasch in Uganda fest ins Auge gefaßt
blieben. Am 1!). Februar war der Nil erreicht, am 20. wurde er überschritten,
es war auch geographisch Neues damit erreicht: Tana, Baringo, Nil! „Und
der Weg nach Emins alter Station Fauwera lag offen: was das Schicksal
auch ferner über uns verhängen mochte, auf alle Fülle war die Ehre ge¬
rettet."
Schon auf dem rechten Nilufer kamen Hunderte von christlichen Waganda,
um Peters als Befreier zu begrttßeu, noch größere Menschenmengen bedeckten
das linke Ufer des mächtigen, hier 2000 Meter breiten Stromes. Es
folgten die Märsche zuerst durch ein vom Kriege unberührtes, dann durch ein
grauenhaft verwüstetes Land, dazwischen mußten Häupter des Landes zur
Würdigung der rücksichtslosen Energie des Petersschen Vormarsches gebracht
werden; denn es war klar, daß in diesem noch immer zahlreichen, kriegerischen,
heißblütigen Volke, dem Europäer nichts Neues waren, ein Nachlassen viel
gefährlicher werden mußte, als bei Galla und Massai. Glücklicherweise fand
or. Peters den Boden gut vorbereitet. Die Botschaften und Boten Mnangas,
des Fürsten von Uganda, folgten diesesmal nicht bloß aus Höflichkeit, wie es
sonst am Hofe Ugandas Sitte war, so rasch auf einander. Mnanga war eben
in sein verwüstetes Nesidenzdvrf Mengo zurückgekehrt, aus dessen Frucht-
gebüschen die neuen hellen Hütten wie Pilze herauswuchsen, oder wie es an
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |