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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.

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Das Buch des v>'. Aarl Peters

siud, als die üblichen Schätzungen vermuten ließen. Dr. Peters hat sich
darüber in seinem Vortrage in Leipzig deutlich ausgesprochen. Also nicht bloß
in dem waldreichen und menschenarmen Kongolande, sondern auch hier im
Osten Verminderung; das bedeutet offenbar, wie schärfere Beurteiler schon
längst mutmaßten, eine viel kleinere Gesamtzahl afrikanischer Bewohner als
die 200 oder 206 Millionen Behuf, die seit Jahren überall nachge¬
sprochen und nachgedruckt werden. Es ist das ein Unterschied von großer
praktischer Bedeutung; die geringere Zahl kommt zuerst der Besitznahme oder
sagen wir der Kolonisation zu gute, sie wird später der Kultivirung Hinder¬
nisse bereiten, wenn diese nach einem Überschusse vou Menschenkräften ver¬
langt.

Ähnliches wie für die Massni gilt auch für die Waganda, das zweite
Volk, von dem Dr. Peters eine eingehende Beschreibung giebt. In vielen
Thatsachen hält er sich mit vollem Recht mehr an Felkin und Emin Pascha,
als an Stanley oder Speke. Auch die Waganda sehen wir hier in der Handlung
auftreten, es find keine Mnseumsobjekte, sondern warmblütige Menschen, zu
deren Beurteilung Peters besonders aus seinen folgenreichen Verhandlungen
mit König, Ministern, Volk und Missionaren Neues herbeibringt. Sein Ur¬
teil: "Im Mgcmdci steckt Feuer, Temperament und Intelligenz, und ohne jede
Frage hat diese Rasse eine Zukunft" hat den Vorzug, das Ergebnis dieser
täglichen, innigen Berührung zu sein, die großenteils politische oder religiöse
Zwecke hatte, und so gewinnt man auch den Eindruck, daß solch ein Urteil,
zu dessen Stütze viele Einzelzüge angeführt werden, politischen Wert habe.
Über die herrschende Nasse der Wahumn bringt Peters anziehende Einzel¬
heiten bei.

Wie sich die Expedition immer weiter aufwärts kämpft auf der schiefen
Ebne von dem Indischen Ozean bis zur Teilung der Gewässer ans dein Leikipin-
plateau, wo das von der Steppe ermüdete Auge entzückt auf deu Bariugosee
und seine grüne Umgebung humbschant, so erreichen anch die Geschicke, die zu
erfüllen dieser Expedition bestimmt war, ihren Höhepunkt auf dem hochgelegenen
Rande des mächtigen Viktvrinsees. Es liegt etwas Künstlerisches in dieser
Steigung und Steigerung des Terrains, der ganzen Naturumgebung, der
Volkszahlen und der Erfolge, die eng mit einander verknüpft sind. Die dra¬
matischen Szenen werden reicher, es treten wahre Könige mit wirklichen Staaten,
Heiden, Islamiten und edle Priester des Christentums auf. Wir sind in
Uganda und haben den Höhepunkt erreicht. Und auf der Höhe standen auch
die Entschlüsse des Helden. In Uganda handelte es sich sowohl dumm, deu
arabischem Einfluß und den Islam, der natürlich mit diesem stehen oder fallen
mußte, zurückzudrängen, als auch darum, eine englische Partei lahmzulegen,
die trotz der unbegreiflichen Unthütigkeit des Mr. Jackson noch immer stark
genug war, in die Geschäfte einzugreifen. I)r. Peters wurde sich in demselben


Das Buch des v>'. Aarl Peters

siud, als die üblichen Schätzungen vermuten ließen. Dr. Peters hat sich
darüber in seinem Vortrage in Leipzig deutlich ausgesprochen. Also nicht bloß
in dem waldreichen und menschenarmen Kongolande, sondern auch hier im
Osten Verminderung; das bedeutet offenbar, wie schärfere Beurteiler schon
längst mutmaßten, eine viel kleinere Gesamtzahl afrikanischer Bewohner als
die 200 oder 206 Millionen Behuf, die seit Jahren überall nachge¬
sprochen und nachgedruckt werden. Es ist das ein Unterschied von großer
praktischer Bedeutung; die geringere Zahl kommt zuerst der Besitznahme oder
sagen wir der Kolonisation zu gute, sie wird später der Kultivirung Hinder¬
nisse bereiten, wenn diese nach einem Überschusse vou Menschenkräften ver¬
langt.

Ähnliches wie für die Massni gilt auch für die Waganda, das zweite
Volk, von dem Dr. Peters eine eingehende Beschreibung giebt. In vielen
Thatsachen hält er sich mit vollem Recht mehr an Felkin und Emin Pascha,
als an Stanley oder Speke. Auch die Waganda sehen wir hier in der Handlung
auftreten, es find keine Mnseumsobjekte, sondern warmblütige Menschen, zu
deren Beurteilung Peters besonders aus seinen folgenreichen Verhandlungen
mit König, Ministern, Volk und Missionaren Neues herbeibringt. Sein Ur¬
teil: „Im Mgcmdci steckt Feuer, Temperament und Intelligenz, und ohne jede
Frage hat diese Rasse eine Zukunft" hat den Vorzug, das Ergebnis dieser
täglichen, innigen Berührung zu sein, die großenteils politische oder religiöse
Zwecke hatte, und so gewinnt man auch den Eindruck, daß solch ein Urteil,
zu dessen Stütze viele Einzelzüge angeführt werden, politischen Wert habe.
Über die herrschende Nasse der Wahumn bringt Peters anziehende Einzel¬
heiten bei.

Wie sich die Expedition immer weiter aufwärts kämpft auf der schiefen
Ebne von dem Indischen Ozean bis zur Teilung der Gewässer ans dein Leikipin-
plateau, wo das von der Steppe ermüdete Auge entzückt auf deu Bariugosee
und seine grüne Umgebung humbschant, so erreichen anch die Geschicke, die zu
erfüllen dieser Expedition bestimmt war, ihren Höhepunkt auf dem hochgelegenen
Rande des mächtigen Viktvrinsees. Es liegt etwas Künstlerisches in dieser
Steigung und Steigerung des Terrains, der ganzen Naturumgebung, der
Volkszahlen und der Erfolge, die eng mit einander verknüpft sind. Die dra¬
matischen Szenen werden reicher, es treten wahre Könige mit wirklichen Staaten,
Heiden, Islamiten und edle Priester des Christentums auf. Wir sind in
Uganda und haben den Höhepunkt erreicht. Und auf der Höhe standen auch
die Entschlüsse des Helden. In Uganda handelte es sich sowohl dumm, deu
arabischem Einfluß und den Islam, der natürlich mit diesem stehen oder fallen
mußte, zurückzudrängen, als auch darum, eine englische Partei lahmzulegen,
die trotz der unbegreiflichen Unthütigkeit des Mr. Jackson noch immer stark
genug war, in die Geschäfte einzugreifen. I)r. Peters wurde sich in demselben


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[0613] Das Buch des v>'. Aarl Peters siud, als die üblichen Schätzungen vermuten ließen. Dr. Peters hat sich darüber in seinem Vortrage in Leipzig deutlich ausgesprochen. Also nicht bloß in dem waldreichen und menschenarmen Kongolande, sondern auch hier im Osten Verminderung; das bedeutet offenbar, wie schärfere Beurteiler schon längst mutmaßten, eine viel kleinere Gesamtzahl afrikanischer Bewohner als die 200 oder 206 Millionen Behuf, die seit Jahren überall nachge¬ sprochen und nachgedruckt werden. Es ist das ein Unterschied von großer praktischer Bedeutung; die geringere Zahl kommt zuerst der Besitznahme oder sagen wir der Kolonisation zu gute, sie wird später der Kultivirung Hinder¬ nisse bereiten, wenn diese nach einem Überschusse vou Menschenkräften ver¬ langt. Ähnliches wie für die Massni gilt auch für die Waganda, das zweite Volk, von dem Dr. Peters eine eingehende Beschreibung giebt. In vielen Thatsachen hält er sich mit vollem Recht mehr an Felkin und Emin Pascha, als an Stanley oder Speke. Auch die Waganda sehen wir hier in der Handlung auftreten, es find keine Mnseumsobjekte, sondern warmblütige Menschen, zu deren Beurteilung Peters besonders aus seinen folgenreichen Verhandlungen mit König, Ministern, Volk und Missionaren Neues herbeibringt. Sein Ur¬ teil: „Im Mgcmdci steckt Feuer, Temperament und Intelligenz, und ohne jede Frage hat diese Rasse eine Zukunft" hat den Vorzug, das Ergebnis dieser täglichen, innigen Berührung zu sein, die großenteils politische oder religiöse Zwecke hatte, und so gewinnt man auch den Eindruck, daß solch ein Urteil, zu dessen Stütze viele Einzelzüge angeführt werden, politischen Wert habe. Über die herrschende Nasse der Wahumn bringt Peters anziehende Einzel¬ heiten bei. Wie sich die Expedition immer weiter aufwärts kämpft auf der schiefen Ebne von dem Indischen Ozean bis zur Teilung der Gewässer ans dein Leikipin- plateau, wo das von der Steppe ermüdete Auge entzückt auf deu Bariugosee und seine grüne Umgebung humbschant, so erreichen anch die Geschicke, die zu erfüllen dieser Expedition bestimmt war, ihren Höhepunkt auf dem hochgelegenen Rande des mächtigen Viktvrinsees. Es liegt etwas Künstlerisches in dieser Steigung und Steigerung des Terrains, der ganzen Naturumgebung, der Volkszahlen und der Erfolge, die eng mit einander verknüpft sind. Die dra¬ matischen Szenen werden reicher, es treten wahre Könige mit wirklichen Staaten, Heiden, Islamiten und edle Priester des Christentums auf. Wir sind in Uganda und haben den Höhepunkt erreicht. Und auf der Höhe standen auch die Entschlüsse des Helden. In Uganda handelte es sich sowohl dumm, deu arabischem Einfluß und den Islam, der natürlich mit diesem stehen oder fallen mußte, zurückzudrängen, als auch darum, eine englische Partei lahmzulegen, die trotz der unbegreiflichen Unthütigkeit des Mr. Jackson noch immer stark genug war, in die Geschäfte einzugreifen. I)r. Peters wurde sich in demselben

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/613>, abgerufen am 23.07.2024.