Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Ge'Schicht^plzilosc^hische Granden

sichtbare" Al'ersehe" uuvollloiuiiliie Abbilder wären, sehr Wohl zu liebe". Ge¬
radezu als einen schlechten Scherz aber müssen wir es ansehen, wenn uns zu¬
gemutet wird, die "Erlösung des Unbewußte"" für deu Weltzweck zu hallen.
Denn was nichts von sich weiß, das ist auch nicht ""glücklich und bedarf so
wenig einer Erlösung wie ein Laternenpfahl. Wird aber das Unbewußte an
Stelle jener fühlenden Wesen genannt, die angeblich seine Teile oder Lebens-
mißernngen sind, so kann von deren Erlöslingsbedürftigkeit allerdings gesprochen
werde", aher diese Meinung durch die obige sinnlose Redensart a"sz"drücke",
dus heißt doch die Leser zum beste" habe". Po" der ErlösnngSbedürstigteit
der bewußten Wehe", sagte ich, könne gesprochen werden, von der Erlösung
aber freilich noch lauge nicht, wenn außer ihnen nichts vorhanden ist als das
"Unbewußte." Denn dieses Unbewußte ist nicht allein so gleichgiltig, sondern
auch so ohnmächtig wie ein Klotz. Wie wenig aber wir selbst vermöge", die
wir doch i" einer gottlosen Welt noch die "nichtigsten aller Wehe" sei" würde",
daS erfahren wir ja alle Tage.

Man gestatte mir bei dieser Gelegenheit eine recht elementare Bemerkung
über einige philosophische Kunstausdrücke. Sofern mit dem Worte Pan¬
theismus gemeint sein soll, daß Gott oder das Weltwesen und die Welt ein
und dasselbe seien, ist zwischen Pa"theiSm"s ""d Atheismus kein Unterschied.
Das, was da ist, ist dann die Welt, "ut außer ihr ist nichts. Ich möchte
wisse", was für el" Unterschied zwischen dieser Ansicht "ut dem Atheismus
"och herausgedistelt werden könnte. Wenn manche Philosophen sowohl den
Buddhismus wie den Spinozismns mit dem. Worte Atosmismns bezeichnen,
weil in diese" Shsteme" alles Gott sei, ""d für die Welt kein besonderes Sei"
übrig bleibe, so ist das el"e bloße Wvrtspielereu der Philosoph nennt dann
Gott, was der gewöhnliche Me"sah Welt "e""t. Meint man dagegen mit dem
Worte PaiitheiSinuS, der selbstbewußte Gott habe, ohne seine eigne selbständige
Persönlichkeit einzubüßen, die Geschöpfe aus seinein eignen Schoße heraus¬
geschöpft, aus seinem eignen Wehe" gebildet, nicht, wie die "'örtlich verstandne
biblische Schöpfnngslehre will, ans "Nichts" gemacht, so besteht zwischen
diesem Pa"theiSm"S ""d dem christliche" Gvttesglaiibe" kei" wesentlicher
Unterschied. Weder können wir ""s vo" eüiem Weltstvff eine Borstcllmig
mache", der vor der Welt vorha"de" gewesen wäre, noch von der Art und
Weise, wie Gott die Welt, sei es a"s sich, sei es a"s einem seine," eigiie"
Wehe" freunde" Stoffe gebildet, sei es aus dem reinen Nichts hervorgerufen
hat, die Weltschöpfiiug ist ""d bleibt ""d"rchdri"gliches Geheimiiis für ""S,
""d über etwas disputire", was niemand wisse" kau", ist eitles Geschwäh.
lBekaimtlich "e""t i"a" de" Pantheismus in diesem Siiine n"es SemiPan¬
theismus.) Nur darauf kommt es für die Praxis a", daß via" a" eine"
selbstbewußte" persönlichen Gott glaube, nicht darauf, welcher theologische"
oder philosophische" Meiimilg über die Weltwerduug aus oder durch Gott mau


Ge'Schicht^plzilosc^hische Granden

sichtbare» Al'ersehe» uuvollloiuiiliie Abbilder wären, sehr Wohl zu liebe». Ge¬
radezu als einen schlechten Scherz aber müssen wir es ansehen, wenn uns zu¬
gemutet wird, die „Erlösung des Unbewußte»" für deu Weltzweck zu hallen.
Denn was nichts von sich weiß, das ist auch nicht »»glücklich und bedarf so
wenig einer Erlösung wie ein Laternenpfahl. Wird aber das Unbewußte an
Stelle jener fühlenden Wesen genannt, die angeblich seine Teile oder Lebens-
mißernngen sind, so kann von deren Erlöslingsbedürftigkeit allerdings gesprochen
werde», aher diese Meinung durch die obige sinnlose Redensart a»sz»drücke»,
dus heißt doch die Leser zum beste» habe». Po» der ErlösnngSbedürstigteit
der bewußten Wehe», sagte ich, könne gesprochen werden, von der Erlösung
aber freilich noch lauge nicht, wenn außer ihnen nichts vorhanden ist als das
„Unbewußte." Denn dieses Unbewußte ist nicht allein so gleichgiltig, sondern
auch so ohnmächtig wie ein Klotz. Wie wenig aber wir selbst vermöge», die
wir doch i» einer gottlosen Welt noch die »nichtigsten aller Wehe» sei» würde»,
daS erfahren wir ja alle Tage.

Man gestatte mir bei dieser Gelegenheit eine recht elementare Bemerkung
über einige philosophische Kunstausdrücke. Sofern mit dem Worte Pan¬
theismus gemeint sein soll, daß Gott oder das Weltwesen und die Welt ein
und dasselbe seien, ist zwischen Pa»theiSm»s »»d Atheismus kein Unterschied.
Das, was da ist, ist dann die Welt, »ut außer ihr ist nichts. Ich möchte
wisse», was für el» Unterschied zwischen dieser Ansicht »ut dem Atheismus
»och herausgedistelt werden könnte. Wenn manche Philosophen sowohl den
Buddhismus wie den Spinozismns mit dem. Worte Atosmismns bezeichnen,
weil in diese» Shsteme» alles Gott sei, »»d für die Welt kein besonderes Sei»
übrig bleibe, so ist das el»e bloße Wvrtspielereu der Philosoph nennt dann
Gott, was der gewöhnliche Me»sah Welt »e»»t. Meint man dagegen mit dem
Worte PaiitheiSinuS, der selbstbewußte Gott habe, ohne seine eigne selbständige
Persönlichkeit einzubüßen, die Geschöpfe aus seinein eignen Schoße heraus¬
geschöpft, aus seinem eignen Wehe» gebildet, nicht, wie die »'örtlich verstandne
biblische Schöpfnngslehre will, ans „Nichts" gemacht, so besteht zwischen
diesem Pa»theiSm»S »»d dem christliche» Gvttesglaiibe» kei» wesentlicher
Unterschied. Weder können wir »»s vo» eüiem Weltstvff eine Borstcllmig
mache», der vor der Welt vorha»de» gewesen wäre, noch von der Art und
Weise, wie Gott die Welt, sei es a»s sich, sei es a»s einem seine,» eigiie»
Wehe» freunde» Stoffe gebildet, sei es aus dem reinen Nichts hervorgerufen
hat, die Weltschöpfiiug ist »»d bleibt »»d»rchdri»gliches Geheimiiis für »»S,
»»d über etwas disputire», was niemand wisse» kau», ist eitles Geschwäh.
lBekaimtlich »e»»t i»a» de» Pantheismus in diesem Siiine n»es SemiPan¬
theismus.) Nur darauf kommt es für die Praxis a», daß via» a» eine»
selbstbewußte» persönlichen Gott glaube, nicht darauf, welcher theologische»
oder philosophische» Meiimilg über die Weltwerduug aus oder durch Gott mau


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0454" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/209687"/>
            <fw type="header" place="top"> Ge'Schicht^plzilosc^hische Granden</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_1269" prev="#ID_1268"> sichtbare» Al'ersehe» uuvollloiuiiliie Abbilder wären, sehr Wohl zu liebe». Ge¬<lb/>
radezu als einen schlechten Scherz aber müssen wir es ansehen, wenn uns zu¬<lb/>
gemutet wird, die &#x201E;Erlösung des Unbewußte»" für deu Weltzweck zu hallen.<lb/>
Denn was nichts von sich weiß, das ist auch nicht »»glücklich und bedarf so<lb/>
wenig einer Erlösung wie ein Laternenpfahl. Wird aber das Unbewußte an<lb/>
Stelle jener fühlenden Wesen genannt, die angeblich seine Teile oder Lebens-<lb/>
mißernngen sind, so kann von deren Erlöslingsbedürftigkeit allerdings gesprochen<lb/>
werde», aher diese Meinung durch die obige sinnlose Redensart a»sz»drücke»,<lb/>
dus heißt doch die Leser zum beste» habe». Po» der ErlösnngSbedürstigteit<lb/>
der bewußten Wehe», sagte ich, könne gesprochen werden, von der Erlösung<lb/>
aber freilich noch lauge nicht, wenn außer ihnen nichts vorhanden ist als das<lb/>
&#x201E;Unbewußte." Denn dieses Unbewußte ist nicht allein so gleichgiltig, sondern<lb/>
auch so ohnmächtig wie ein Klotz. Wie wenig aber wir selbst vermöge», die<lb/>
wir doch i» einer gottlosen Welt noch die »nichtigsten aller Wehe» sei» würde»,<lb/>
daS erfahren wir ja alle Tage.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1270" next="#ID_1271"> Man gestatte mir bei dieser Gelegenheit eine recht elementare Bemerkung<lb/>
über einige philosophische Kunstausdrücke. Sofern mit dem Worte Pan¬<lb/>
theismus gemeint sein soll, daß Gott oder das Weltwesen und die Welt ein<lb/>
und dasselbe seien, ist zwischen Pa»theiSm»s »»d Atheismus kein Unterschied.<lb/>
Das, was da ist, ist dann die Welt, »ut außer ihr ist nichts. Ich möchte<lb/>
wisse», was für el» Unterschied zwischen dieser Ansicht »ut dem Atheismus<lb/>
»och herausgedistelt werden könnte. Wenn manche Philosophen sowohl den<lb/>
Buddhismus wie den Spinozismns mit dem. Worte Atosmismns bezeichnen,<lb/>
weil in diese» Shsteme» alles Gott sei, »»d für die Welt kein besonderes Sei»<lb/>
übrig bleibe, so ist das el»e bloße Wvrtspielereu der Philosoph nennt dann<lb/>
Gott, was der gewöhnliche Me»sah Welt »e»»t. Meint man dagegen mit dem<lb/>
Worte PaiitheiSinuS, der selbstbewußte Gott habe, ohne seine eigne selbständige<lb/>
Persönlichkeit einzubüßen, die Geschöpfe aus seinein eignen Schoße heraus¬<lb/>
geschöpft, aus seinem eignen Wehe» gebildet, nicht, wie die »'örtlich verstandne<lb/>
biblische Schöpfnngslehre will, ans &#x201E;Nichts" gemacht, so besteht zwischen<lb/>
diesem Pa»theiSm»S »»d dem christliche» Gvttesglaiibe» kei» wesentlicher<lb/>
Unterschied. Weder können wir »»s vo» eüiem Weltstvff eine Borstcllmig<lb/>
mache», der vor der Welt vorha»de» gewesen wäre, noch von der Art und<lb/>
Weise, wie Gott die Welt, sei es a»s sich, sei es a»s einem seine,» eigiie»<lb/>
Wehe» freunde» Stoffe gebildet, sei es aus dem reinen Nichts hervorgerufen<lb/>
hat, die Weltschöpfiiug ist »»d bleibt »»d»rchdri»gliches Geheimiiis für »»S,<lb/>
»»d über etwas disputire», was niemand wisse» kau», ist eitles Geschwäh.<lb/>
lBekaimtlich »e»»t i»a» de» Pantheismus in diesem Siiine n»es SemiPan¬<lb/>
theismus.) Nur darauf kommt es für die Praxis a», daß via» a» eine»<lb/>
selbstbewußte» persönlichen Gott glaube, nicht darauf, welcher theologische»<lb/>
oder philosophische» Meiimilg über die Weltwerduug aus oder durch Gott mau</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0454] Ge'Schicht^plzilosc^hische Granden sichtbare» Al'ersehe» uuvollloiuiiliie Abbilder wären, sehr Wohl zu liebe». Ge¬ radezu als einen schlechten Scherz aber müssen wir es ansehen, wenn uns zu¬ gemutet wird, die „Erlösung des Unbewußte»" für deu Weltzweck zu hallen. Denn was nichts von sich weiß, das ist auch nicht »»glücklich und bedarf so wenig einer Erlösung wie ein Laternenpfahl. Wird aber das Unbewußte an Stelle jener fühlenden Wesen genannt, die angeblich seine Teile oder Lebens- mißernngen sind, so kann von deren Erlöslingsbedürftigkeit allerdings gesprochen werde», aher diese Meinung durch die obige sinnlose Redensart a»sz»drücke», dus heißt doch die Leser zum beste» habe». Po» der ErlösnngSbedürstigteit der bewußten Wehe», sagte ich, könne gesprochen werden, von der Erlösung aber freilich noch lauge nicht, wenn außer ihnen nichts vorhanden ist als das „Unbewußte." Denn dieses Unbewußte ist nicht allein so gleichgiltig, sondern auch so ohnmächtig wie ein Klotz. Wie wenig aber wir selbst vermöge», die wir doch i» einer gottlosen Welt noch die »nichtigsten aller Wehe» sei» würde», daS erfahren wir ja alle Tage. Man gestatte mir bei dieser Gelegenheit eine recht elementare Bemerkung über einige philosophische Kunstausdrücke. Sofern mit dem Worte Pan¬ theismus gemeint sein soll, daß Gott oder das Weltwesen und die Welt ein und dasselbe seien, ist zwischen Pa»theiSm»s »»d Atheismus kein Unterschied. Das, was da ist, ist dann die Welt, »ut außer ihr ist nichts. Ich möchte wisse», was für el» Unterschied zwischen dieser Ansicht »ut dem Atheismus »och herausgedistelt werden könnte. Wenn manche Philosophen sowohl den Buddhismus wie den Spinozismns mit dem. Worte Atosmismns bezeichnen, weil in diese» Shsteme» alles Gott sei, »»d für die Welt kein besonderes Sei» übrig bleibe, so ist das el»e bloße Wvrtspielereu der Philosoph nennt dann Gott, was der gewöhnliche Me»sah Welt »e»»t. Meint man dagegen mit dem Worte PaiitheiSinuS, der selbstbewußte Gott habe, ohne seine eigne selbständige Persönlichkeit einzubüßen, die Geschöpfe aus seinein eignen Schoße heraus¬ geschöpft, aus seinem eignen Wehe» gebildet, nicht, wie die »'örtlich verstandne biblische Schöpfnngslehre will, ans „Nichts" gemacht, so besteht zwischen diesem Pa»theiSm»S »»d dem christliche» Gvttesglaiibe» kei» wesentlicher Unterschied. Weder können wir »»s vo» eüiem Weltstvff eine Borstcllmig mache», der vor der Welt vorha»de» gewesen wäre, noch von der Art und Weise, wie Gott die Welt, sei es a»s sich, sei es a»s einem seine,» eigiie» Wehe» freunde» Stoffe gebildet, sei es aus dem reinen Nichts hervorgerufen hat, die Weltschöpfiiug ist »»d bleibt »»d»rchdri»gliches Geheimiiis für »»S, »»d über etwas disputire», was niemand wisse» kau», ist eitles Geschwäh. lBekaimtlich »e»»t i»a» de» Pantheismus in diesem Siiine n»es SemiPan¬ theismus.) Nur darauf kommt es für die Praxis a», daß via» a» eine» selbstbewußte» persönlichen Gott glaube, nicht darauf, welcher theologische» oder philosophische» Meiimilg über die Weltwerduug aus oder durch Gott mau

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/454
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/454>, abgerufen am 23.07.2024.