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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.

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Casati und "Lenin Pascha

sie von größter Wichtigkeit. Emin hatte mit Erlaubnis Knbregas bei dessen
Vasallen im Lande der Lnr die Stationen Msiui und Turungu gegründet, und
der Plau war erwogen worden, den Verkehr mit der Küste durch das südlich
von den Schneebergen liegende Land Ukole zu leiten; die Eifersucht Unjoros
machte ihn zunichte, ehe er ins Leben getreten war. In dem Augenblicke, wo
man in Unjoro die zunehmende Schwäche der Stellung wahrnahm, die die
gehaßten und gefürchteten Ägypter am obern Nil und am Albertsee einnahmen,
fühlte man, wie ihr Druck gegen Süden zunahm, nicht ohne zu cibum, daß
dies ein unfreiwilliger Druck war. Die Überläufer, die Kabrega mit ihren
Nemingtons in seine aus Fremden bestehende Leibgarde aufnahm und die in
den Stationen der Ägypter lagernden Vorräte von Waffen, Munition und
Elfenbein beschleunigte" eine Wendung in der Politik Uiijvros, die znnächsi
für Casati und weiterhin für die ganze Äquatvrialprovinz verhängnisvoll
wurde, deren Gouverneur der am schwersten enttäuschte war. Samuel Baker
war Z871 nach Uujoro gekommen und hatte mit Kamrasi, dein Vater des
jetzigen Herrschers, feindliche Berührungen gehabt. Als 1876 Emin Bey in
Ladü eintraf, war eine seiner ersten Aufgaben, gute Beziehungen mit dem
südlichen Nachbar herzustellen, und es schien ihm dies bei dem Besuche, deu er
187^1 bei den: indessen zur Regierung gelangten Kabrega abstattete, gelungen
zu sein. Ans seinen damalige" Berichten geht hervor, wie aufrichtig dieses
Bestreben war, wie fehlerhaft ihm Bakers Auftreten erschien und wie ein¬
gehend er sich mit den Wanjorv beschäftigt hatte, deren Sprache er erlernte,
und deren Sitten und Charakter ihm im ganzen besser gefallen zu haben
scheinen, als die der Waganda. Besonders war aber der Eindruck Kabregas
auf ihn viel günstiger als der, deu Baker empfangen hatte, in dessen Jsmallia
er uns als feiger Trunkenbold und Bettler entgegentritt. Auch Casati, der
Kabrega von der ""vorteilhafteste" Seite kennen gelernt hat, entwirft el" Bild,
das äußerlich günstiger ist, als die vo" Baker gezeichnete Fratze. Genug,
Emin hatte offenbar gute Erinnerungen an jenen Besuch bewahrt, die sich
bald in politische Gedanken """setzten, als der Ausbruch des Mahdianfstandes
und die damit plötzlich eintretende Absperrung von Norden und Westen dem
Süden eine Bedeutung verliehen, die er vorher nie gewinnen zu können ge¬
schienen hatte. Nun lag in Unjoro die Möglichkeit des Verkehres mit San¬
sibar, Ägypten, Europa, mit andern Worten, der Lebensfade" der Äqnatvrial-
Provinz lief durch dieses Land. Hinter Unjoro liegt Uganda, wo Missionare
lebte", die gleich den dortige" arabische" Kaufleuten in offner Verbi"d"ng mit
der Kühle standen. Um sich diese Verbindung zu sichern, sandte Emin Casati
zu Kabrega oder Tschua, wie ihn Casati nennt; die Folge dieser Verbindung
war, daß Junker abreise" konnte, und daß Emi" Nachrichten aus Ägypten und
Europa empfing. Diese waren sehr "otweiidig, de"" sie verschaffte" ihm und
denen seiner Leute, die ihm glaubten, Klarheit über die Lage lind über die


Casati und «Lenin Pascha

sie von größter Wichtigkeit. Emin hatte mit Erlaubnis Knbregas bei dessen
Vasallen im Lande der Lnr die Stationen Msiui und Turungu gegründet, und
der Plau war erwogen worden, den Verkehr mit der Küste durch das südlich
von den Schneebergen liegende Land Ukole zu leiten; die Eifersucht Unjoros
machte ihn zunichte, ehe er ins Leben getreten war. In dem Augenblicke, wo
man in Unjoro die zunehmende Schwäche der Stellung wahrnahm, die die
gehaßten und gefürchteten Ägypter am obern Nil und am Albertsee einnahmen,
fühlte man, wie ihr Druck gegen Süden zunahm, nicht ohne zu cibum, daß
dies ein unfreiwilliger Druck war. Die Überläufer, die Kabrega mit ihren
Nemingtons in seine aus Fremden bestehende Leibgarde aufnahm und die in
den Stationen der Ägypter lagernden Vorräte von Waffen, Munition und
Elfenbein beschleunigte» eine Wendung in der Politik Uiijvros, die znnächsi
für Casati und weiterhin für die ganze Äquatvrialprovinz verhängnisvoll
wurde, deren Gouverneur der am schwersten enttäuschte war. Samuel Baker
war Z871 nach Uujoro gekommen und hatte mit Kamrasi, dein Vater des
jetzigen Herrschers, feindliche Berührungen gehabt. Als 1876 Emin Bey in
Ladü eintraf, war eine seiner ersten Aufgaben, gute Beziehungen mit dem
südlichen Nachbar herzustellen, und es schien ihm dies bei dem Besuche, deu er
187^1 bei den: indessen zur Regierung gelangten Kabrega abstattete, gelungen
zu sein. Ans seinen damalige» Berichten geht hervor, wie aufrichtig dieses
Bestreben war, wie fehlerhaft ihm Bakers Auftreten erschien und wie ein¬
gehend er sich mit den Wanjorv beschäftigt hatte, deren Sprache er erlernte,
und deren Sitten und Charakter ihm im ganzen besser gefallen zu haben
scheinen, als die der Waganda. Besonders war aber der Eindruck Kabregas
auf ihn viel günstiger als der, deu Baker empfangen hatte, in dessen Jsmallia
er uns als feiger Trunkenbold und Bettler entgegentritt. Auch Casati, der
Kabrega von der »»vorteilhafteste» Seite kennen gelernt hat, entwirft el» Bild,
das äußerlich günstiger ist, als die vo» Baker gezeichnete Fratze. Genug,
Emin hatte offenbar gute Erinnerungen an jenen Besuch bewahrt, die sich
bald in politische Gedanken »«»setzten, als der Ausbruch des Mahdianfstandes
und die damit plötzlich eintretende Absperrung von Norden und Westen dem
Süden eine Bedeutung verliehen, die er vorher nie gewinnen zu können ge¬
schienen hatte. Nun lag in Unjoro die Möglichkeit des Verkehres mit San¬
sibar, Ägypten, Europa, mit andern Worten, der Lebensfade» der Äqnatvrial-
Provinz lief durch dieses Land. Hinter Unjoro liegt Uganda, wo Missionare
lebte», die gleich den dortige» arabische» Kaufleuten in offner Verbi»d»ng mit
der Kühle standen. Um sich diese Verbindung zu sichern, sandte Emin Casati
zu Kabrega oder Tschua, wie ihn Casati nennt; die Folge dieser Verbindung
war, daß Junker abreise» konnte, und daß Emi» Nachrichten aus Ägypten und
Europa empfing. Diese waren sehr »otweiidig, de»» sie verschaffte» ihm und
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[0447] Casati und «Lenin Pascha sie von größter Wichtigkeit. Emin hatte mit Erlaubnis Knbregas bei dessen Vasallen im Lande der Lnr die Stationen Msiui und Turungu gegründet, und der Plau war erwogen worden, den Verkehr mit der Küste durch das südlich von den Schneebergen liegende Land Ukole zu leiten; die Eifersucht Unjoros machte ihn zunichte, ehe er ins Leben getreten war. In dem Augenblicke, wo man in Unjoro die zunehmende Schwäche der Stellung wahrnahm, die die gehaßten und gefürchteten Ägypter am obern Nil und am Albertsee einnahmen, fühlte man, wie ihr Druck gegen Süden zunahm, nicht ohne zu cibum, daß dies ein unfreiwilliger Druck war. Die Überläufer, die Kabrega mit ihren Nemingtons in seine aus Fremden bestehende Leibgarde aufnahm und die in den Stationen der Ägypter lagernden Vorräte von Waffen, Munition und Elfenbein beschleunigte» eine Wendung in der Politik Uiijvros, die znnächsi für Casati und weiterhin für die ganze Äquatvrialprovinz verhängnisvoll wurde, deren Gouverneur der am schwersten enttäuschte war. Samuel Baker war Z871 nach Uujoro gekommen und hatte mit Kamrasi, dein Vater des jetzigen Herrschers, feindliche Berührungen gehabt. Als 1876 Emin Bey in Ladü eintraf, war eine seiner ersten Aufgaben, gute Beziehungen mit dem südlichen Nachbar herzustellen, und es schien ihm dies bei dem Besuche, deu er 187^1 bei den: indessen zur Regierung gelangten Kabrega abstattete, gelungen zu sein. Ans seinen damalige» Berichten geht hervor, wie aufrichtig dieses Bestreben war, wie fehlerhaft ihm Bakers Auftreten erschien und wie ein¬ gehend er sich mit den Wanjorv beschäftigt hatte, deren Sprache er erlernte, und deren Sitten und Charakter ihm im ganzen besser gefallen zu haben scheinen, als die der Waganda. Besonders war aber der Eindruck Kabregas auf ihn viel günstiger als der, deu Baker empfangen hatte, in dessen Jsmallia er uns als feiger Trunkenbold und Bettler entgegentritt. Auch Casati, der Kabrega von der »»vorteilhafteste» Seite kennen gelernt hat, entwirft el» Bild, das äußerlich günstiger ist, als die vo» Baker gezeichnete Fratze. Genug, Emin hatte offenbar gute Erinnerungen an jenen Besuch bewahrt, die sich bald in politische Gedanken »«»setzten, als der Ausbruch des Mahdianfstandes und die damit plötzlich eintretende Absperrung von Norden und Westen dem Süden eine Bedeutung verliehen, die er vorher nie gewinnen zu können ge¬ schienen hatte. Nun lag in Unjoro die Möglichkeit des Verkehres mit San¬ sibar, Ägypten, Europa, mit andern Worten, der Lebensfade» der Äqnatvrial- Provinz lief durch dieses Land. Hinter Unjoro liegt Uganda, wo Missionare lebte», die gleich den dortige» arabische» Kaufleuten in offner Verbi»d»ng mit der Kühle standen. Um sich diese Verbindung zu sichern, sandte Emin Casati zu Kabrega oder Tschua, wie ihn Casati nennt; die Folge dieser Verbindung war, daß Junker abreise» konnte, und daß Emi» Nachrichten aus Ägypten und Europa empfing. Diese waren sehr »otweiidig, de»» sie verschaffte» ihm und denen seiner Leute, die ihm glaubten, Klarheit über die Lage lind über die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/447>, abgerufen am 23.07.2024.