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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.

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dem er, ebenso wie Junker, den Zustand in diesem Lande darlegte, und dessen
wiederholten Einladungen er im Frühjahr 1883 folgte, indem er selbst nach
Lad>> reiste. Bald darauf ging Emin nach Monbnttn, um die dortigen Ver¬
hältnisse zu ordnen, und Casnti ging ihm auf anderen Wege voran; aber als
Emin durch die Nachricht von einem Negermifstande am Rost, das erste Wetter¬
leuchten kommender Stürme, zurückgerufen wurde, sah sich auch Casati bald
gezwungen, den dringende,? Aufforderungen des Gouverneurs und Dr. Junkers
zu folgen. Er sagte um 20. Juli 1884 den interessanten, ihm liebgewordenen
Völkern des Westens Lebewohl, um sich auf fünf Jahre in die Stationen des
oberen Nil mit Ägyptern und Sudanesen einzuschließen.

Als der einzige Europäer von wissenschaftlicher Bildung und politischem
Blick, der die ganze Reihe der äußeren Angriffe und inneren Zersetzungen und
Unruhen und endlich die Aufgebung der Provinz an der Seite und im Ver¬
trauen des Gouverneurs miterlebte, nahm Cnsati in der Ägnatorialprovinz
eine hervorragende Stelle ein. Freilich war er immer nur der Gast des
Gouverneurs, dessen große Verantwortlichkeit er nur insoweit teilte, als Rat¬
schläge, mit denen er nicht sparte, von diesem befolgt wurden. Das geschah
seltener, als Easati gewünscht hätte, der in schweren Augenblicken dazu ver¬
urteilt war, Zuschauer zu sein. Aber es ist natürlich, daß anch in seiner
Erinnerung gerade diese Zeit Heller hervortritt. So sind denn in diesem
Bncye seinen wechselvollen afrikanischen Reisejahren einige und seinem zuerst
so stillen, beschaulichen Zusammenleben mit Emin und dem traurigen Helen-
a"ge zwanzig Kapitel gewidmet. Es ist sicher, daß diese anch das Interesse
der Leser viel mehr in Anspruch nehmen werden, als jene, deren Inhalt, so¬
weit Länder- und Volk'erschilderniMN in Betracht kommen, Junker in seinem
vortrefflichen, fast das gleiche Gebiet und dieselben Persönlichkeiten viel
eingehender darstellenden Buche bereits erzählt hat. Die meisten Leser
werden den übrigen, teilweise sehr lesenswerten Inhalt nur durchfliegen,
um sich ein Bild zu machen von dein Manne, dessen Erzählung der
Ereignisse von 1884 bis 1889 so spannend ist und so regen Anteil an der
Person des Erzählers weckt. Eine männliche, mutvolle, ausdauernde Natur
"ut warmem Herzen und lebhaftem Empfinden tritt uns gewinnend entgegen,
e's fehlt ihr nicht der Zug einer tieferen Verwandtschaft mit Nvmolv
Gessi. Die Sympathie beider gehört den Negern, ihr Haß den Unterdrückern
der dunkeln Rasse, besonders den Sklavenhändlern. Welcher Raum bleibt für
das praktische politische Urteil zwischen jener Vorliebe und diesem Haß, beides
Äußerungen des Gefühls? Leider zu wenig. Wer Casatis Brief an Camperio
über die Lüge der Neger in den ägyptischen Provinzen, eine Kundgebung
wärmster Menschenfreundlichkeit, liest -- er ist im sechzehnten Kapitel des
ersten Bandes abgedruckt --, sieht vor sich die Theorie derselben Handlungs¬
weise, >u der Junker einen schweren politischen Fehler GessiS sieht, der dnrch


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dem er, ebenso wie Junker, den Zustand in diesem Lande darlegte, und dessen
wiederholten Einladungen er im Frühjahr 1883 folgte, indem er selbst nach
Lad>> reiste. Bald darauf ging Emin nach Monbnttn, um die dortigen Ver¬
hältnisse zu ordnen, und Casnti ging ihm auf anderen Wege voran; aber als
Emin durch die Nachricht von einem Negermifstande am Rost, das erste Wetter¬
leuchten kommender Stürme, zurückgerufen wurde, sah sich auch Casati bald
gezwungen, den dringende,? Aufforderungen des Gouverneurs und Dr. Junkers
zu folgen. Er sagte um 20. Juli 1884 den interessanten, ihm liebgewordenen
Völkern des Westens Lebewohl, um sich auf fünf Jahre in die Stationen des
oberen Nil mit Ägyptern und Sudanesen einzuschließen.

Als der einzige Europäer von wissenschaftlicher Bildung und politischem
Blick, der die ganze Reihe der äußeren Angriffe und inneren Zersetzungen und
Unruhen und endlich die Aufgebung der Provinz an der Seite und im Ver¬
trauen des Gouverneurs miterlebte, nahm Cnsati in der Ägnatorialprovinz
eine hervorragende Stelle ein. Freilich war er immer nur der Gast des
Gouverneurs, dessen große Verantwortlichkeit er nur insoweit teilte, als Rat¬
schläge, mit denen er nicht sparte, von diesem befolgt wurden. Das geschah
seltener, als Easati gewünscht hätte, der in schweren Augenblicken dazu ver¬
urteilt war, Zuschauer zu sein. Aber es ist natürlich, daß anch in seiner
Erinnerung gerade diese Zeit Heller hervortritt. So sind denn in diesem
Bncye seinen wechselvollen afrikanischen Reisejahren einige und seinem zuerst
so stillen, beschaulichen Zusammenleben mit Emin und dem traurigen Helen-
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der Leser viel mehr in Anspruch nehmen werden, als jene, deren Inhalt, so¬
weit Länder- und Volk'erschilderniMN in Betracht kommen, Junker in seinem
vortrefflichen, fast das gleiche Gebiet und dieselben Persönlichkeiten viel
eingehender darstellenden Buche bereits erzählt hat. Die meisten Leser
werden den übrigen, teilweise sehr lesenswerten Inhalt nur durchfliegen,
um sich ein Bild zu machen von dein Manne, dessen Erzählung der
Ereignisse von 1884 bis 1889 so spannend ist und so regen Anteil an der
Person des Erzählers weckt. Eine männliche, mutvolle, ausdauernde Natur
»ut warmem Herzen und lebhaftem Empfinden tritt uns gewinnend entgegen,
e's fehlt ihr nicht der Zug einer tieferen Verwandtschaft mit Nvmolv
Gessi. Die Sympathie beider gehört den Negern, ihr Haß den Unterdrückern
der dunkeln Rasse, besonders den Sklavenhändlern. Welcher Raum bleibt für
das praktische politische Urteil zwischen jener Vorliebe und diesem Haß, beides
Äußerungen des Gefühls? Leider zu wenig. Wer Casatis Brief an Camperio
über die Lüge der Neger in den ägyptischen Provinzen, eine Kundgebung
wärmster Menschenfreundlichkeit, liest — er ist im sechzehnten Kapitel des
ersten Bandes abgedruckt —, sieht vor sich die Theorie derselben Handlungs¬
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[0443] ^ahau »>>d Gnu» Pascha dem er, ebenso wie Junker, den Zustand in diesem Lande darlegte, und dessen wiederholten Einladungen er im Frühjahr 1883 folgte, indem er selbst nach Lad>> reiste. Bald darauf ging Emin nach Monbnttn, um die dortigen Ver¬ hältnisse zu ordnen, und Casnti ging ihm auf anderen Wege voran; aber als Emin durch die Nachricht von einem Negermifstande am Rost, das erste Wetter¬ leuchten kommender Stürme, zurückgerufen wurde, sah sich auch Casati bald gezwungen, den dringende,? Aufforderungen des Gouverneurs und Dr. Junkers zu folgen. Er sagte um 20. Juli 1884 den interessanten, ihm liebgewordenen Völkern des Westens Lebewohl, um sich auf fünf Jahre in die Stationen des oberen Nil mit Ägyptern und Sudanesen einzuschließen. Als der einzige Europäer von wissenschaftlicher Bildung und politischem Blick, der die ganze Reihe der äußeren Angriffe und inneren Zersetzungen und Unruhen und endlich die Aufgebung der Provinz an der Seite und im Ver¬ trauen des Gouverneurs miterlebte, nahm Cnsati in der Ägnatorialprovinz eine hervorragende Stelle ein. Freilich war er immer nur der Gast des Gouverneurs, dessen große Verantwortlichkeit er nur insoweit teilte, als Rat¬ schläge, mit denen er nicht sparte, von diesem befolgt wurden. Das geschah seltener, als Easati gewünscht hätte, der in schweren Augenblicken dazu ver¬ urteilt war, Zuschauer zu sein. Aber es ist natürlich, daß anch in seiner Erinnerung gerade diese Zeit Heller hervortritt. So sind denn in diesem Bncye seinen wechselvollen afrikanischen Reisejahren einige und seinem zuerst so stillen, beschaulichen Zusammenleben mit Emin und dem traurigen Helen- a»ge zwanzig Kapitel gewidmet. Es ist sicher, daß diese anch das Interesse der Leser viel mehr in Anspruch nehmen werden, als jene, deren Inhalt, so¬ weit Länder- und Volk'erschilderniMN in Betracht kommen, Junker in seinem vortrefflichen, fast das gleiche Gebiet und dieselben Persönlichkeiten viel eingehender darstellenden Buche bereits erzählt hat. Die meisten Leser werden den übrigen, teilweise sehr lesenswerten Inhalt nur durchfliegen, um sich ein Bild zu machen von dein Manne, dessen Erzählung der Ereignisse von 1884 bis 1889 so spannend ist und so regen Anteil an der Person des Erzählers weckt. Eine männliche, mutvolle, ausdauernde Natur »ut warmem Herzen und lebhaftem Empfinden tritt uns gewinnend entgegen, e's fehlt ihr nicht der Zug einer tieferen Verwandtschaft mit Nvmolv Gessi. Die Sympathie beider gehört den Negern, ihr Haß den Unterdrückern der dunkeln Rasse, besonders den Sklavenhändlern. Welcher Raum bleibt für das praktische politische Urteil zwischen jener Vorliebe und diesem Haß, beides Äußerungen des Gefühls? Leider zu wenig. Wer Casatis Brief an Camperio über die Lüge der Neger in den ägyptischen Provinzen, eine Kundgebung wärmster Menschenfreundlichkeit, liest — er ist im sechzehnten Kapitel des ersten Bandes abgedruckt —, sieht vor sich die Theorie derselben Handlungs¬ weise, >u der Junker einen schweren politischen Fehler GessiS sieht, der dnrch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/443>, abgerufen am 23.07.2024.