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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.

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Lasati und Lurn Pascha

Casatis") wird beider in Deutschland einem kaunr geringern Interesse begegnen
als in Italien, jedenfalls einem größern, als irgend eine Reisebeschreibung
eines Jtalieners seit vielen Jahren. Die Sympathien aller derer, die die Vor¬
gänge des letzten Jahrzehntes im östlichen Afrika verfolgt haben, sind ihm von
vornherein gewiß, und wer zunächst nur die markig-liebenswürdige Einleitung
Camperios und die ersten Kapitel gelesen hat, der beglückwünscht sich zu dem
Genusse, den ti<> bescheidene, sich zurückhaltende Erzählung in dieser selbst im
deutschen Gewande so anmutigen, lebhaften und naiven Darstellung verspricht.

Es ist selbstverständlich, daß uns am meisten die Kapitel fesseln, in denen
das Zusammensein mit Emin Paschn, dessen Wirken und Plänen, die Zustände
der Äguatvrialproviuz und die Erscheinung Stanleys geschildert werden. Aber
ehe wir uns dem Schlüsse des erste" Bandes zuwenden, wo Casati, den wieder¬
holten Einladungen Emin Paschas folgend, den bereits im Aufruhr glühenden
Westen verläßt, um uach Lad6, dann nach Wadeln'l, endlich unter trüben Vor-
ahnungen nach Unjorv zu gehen, versuchen wir es, das Bild des Mannes zu
zeichnen, dem an der Seite Emin Paschas eine so große Rolle in den letzten
Geschicken der Äauatorialproviuz beschiede" sei" sollte.

Casati, ein geborner Piemoutese, war 41 Jahre alt und Veteran von
1859 und 1866, als er im Anfange des Jahres 1880 zuerst afrikanische"
Boden betrat. Er reiste damals, nur mit dem Notwendigsten ausgerüstet,
von Sualim unes Chartum, um dem Rufe Nomolo Gessis zu folgen, der einen
jungen Manu, womöglich einen kartographisch geschulten Offizier verlangte,
um den UiNle aufzunehmen. Als er an der Mündung des Bahr el Ghasal
ankam, wo er die Boten und Träger Gessis, Waffen und Borräte finden
sollte, war er erstaunt, zu eineni endlosen Warten in der Snmpflaudschaft der
Meschen er Rek gezwungen zu sein. Später vernahm er, daß Gessi den ge¬
messensten Befehl gegeben hatte, ihn unverzüglich weiterzugeleiteu, aber der
Befehl war unbeachtet geblieben und so machte Casati die erste Bekanntschaft mit
dem Gange der ägyptische" Berwaltuugsmaschine im Sudan. Kurz nachdem
die beiden Landsleute sich an, Ufer des Djnr getroffen hatten, ging Gessi "ach
Ägypten und starb in Suez. Casati war sich nun selbst überlassen. Mit
geringen Mitteln zog er durch Moubuttu, traf bei Mambaugo mit Dr. Junker
zusammen, dessen menschliche und wissenschaftliche Eigenschaften er mit warmen
Worten preist, und überschritt den Bomokmidi; zurückkehrend ward er Zeuge
des Sturzes Azaugas und der Zertrümmerung der Mvubuttuherrschaft und
der schändliche!, Rolle, die ägyptische Truppen dabei spielten. Er trat bei
dieser Gelegenheit zum erstenmal in Verkehr mit dein Gouverneur in Lad",



*) Zehn Jahre in Äquator!" und die Rückkehr mit Ein!" Pasch". Von Major
Goetauo Casati. Ruch dein italienischen Originalmciuuskript ins Deutsche übersetzt von
Professor Dr. Karl von Reinhordstottner. Mit über 160 Abbildungen und 4 Karten
Zwei Bände. Bamberg, C. C. Bnchnersche Buchhandlung, 1891.
Lasati und Lurn Pascha

Casatis") wird beider in Deutschland einem kaunr geringern Interesse begegnen
als in Italien, jedenfalls einem größern, als irgend eine Reisebeschreibung
eines Jtalieners seit vielen Jahren. Die Sympathien aller derer, die die Vor¬
gänge des letzten Jahrzehntes im östlichen Afrika verfolgt haben, sind ihm von
vornherein gewiß, und wer zunächst nur die markig-liebenswürdige Einleitung
Camperios und die ersten Kapitel gelesen hat, der beglückwünscht sich zu dem
Genusse, den ti<> bescheidene, sich zurückhaltende Erzählung in dieser selbst im
deutschen Gewande so anmutigen, lebhaften und naiven Darstellung verspricht.

Es ist selbstverständlich, daß uns am meisten die Kapitel fesseln, in denen
das Zusammensein mit Emin Paschn, dessen Wirken und Plänen, die Zustände
der Äguatvrialproviuz und die Erscheinung Stanleys geschildert werden. Aber
ehe wir uns dem Schlüsse des erste» Bandes zuwenden, wo Casati, den wieder¬
holten Einladungen Emin Paschas folgend, den bereits im Aufruhr glühenden
Westen verläßt, um uach Lad6, dann nach Wadeln'l, endlich unter trüben Vor-
ahnungen nach Unjorv zu gehen, versuchen wir es, das Bild des Mannes zu
zeichnen, dem an der Seite Emin Paschas eine so große Rolle in den letzten
Geschicken der Äauatorialproviuz beschiede» sei» sollte.

Casati, ein geborner Piemoutese, war 41 Jahre alt und Veteran von
1859 und 1866, als er im Anfange des Jahres 1880 zuerst afrikanische«
Boden betrat. Er reiste damals, nur mit dem Notwendigsten ausgerüstet,
von Sualim unes Chartum, um dem Rufe Nomolo Gessis zu folgen, der einen
jungen Manu, womöglich einen kartographisch geschulten Offizier verlangte,
um den UiNle aufzunehmen. Als er an der Mündung des Bahr el Ghasal
ankam, wo er die Boten und Träger Gessis, Waffen und Borräte finden
sollte, war er erstaunt, zu eineni endlosen Warten in der Snmpflaudschaft der
Meschen er Rek gezwungen zu sein. Später vernahm er, daß Gessi den ge¬
messensten Befehl gegeben hatte, ihn unverzüglich weiterzugeleiteu, aber der
Befehl war unbeachtet geblieben und so machte Casati die erste Bekanntschaft mit
dem Gange der ägyptische» Berwaltuugsmaschine im Sudan. Kurz nachdem
die beiden Landsleute sich an, Ufer des Djnr getroffen hatten, ging Gessi »ach
Ägypten und starb in Suez. Casati war sich nun selbst überlassen. Mit
geringen Mitteln zog er durch Moubuttu, traf bei Mambaugo mit Dr. Junker
zusammen, dessen menschliche und wissenschaftliche Eigenschaften er mit warmen
Worten preist, und überschritt den Bomokmidi; zurückkehrend ward er Zeuge
des Sturzes Azaugas und der Zertrümmerung der Mvubuttuherrschaft und
der schändliche!, Rolle, die ägyptische Truppen dabei spielten. Er trat bei
dieser Gelegenheit zum erstenmal in Verkehr mit dein Gouverneur in Lad»,



*) Zehn Jahre in Äquator!« und die Rückkehr mit Ein!» Pasch«. Von Major
Goetauo Casati. Ruch dein italienischen Originalmciuuskript ins Deutsche übersetzt von
Professor Dr. Karl von Reinhordstottner. Mit über 160 Abbildungen und 4 Karten
Zwei Bände. Bamberg, C. C. Bnchnersche Buchhandlung, 1891.
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[0442] Lasati und Lurn Pascha Casatis") wird beider in Deutschland einem kaunr geringern Interesse begegnen als in Italien, jedenfalls einem größern, als irgend eine Reisebeschreibung eines Jtalieners seit vielen Jahren. Die Sympathien aller derer, die die Vor¬ gänge des letzten Jahrzehntes im östlichen Afrika verfolgt haben, sind ihm von vornherein gewiß, und wer zunächst nur die markig-liebenswürdige Einleitung Camperios und die ersten Kapitel gelesen hat, der beglückwünscht sich zu dem Genusse, den ti<> bescheidene, sich zurückhaltende Erzählung in dieser selbst im deutschen Gewande so anmutigen, lebhaften und naiven Darstellung verspricht. Es ist selbstverständlich, daß uns am meisten die Kapitel fesseln, in denen das Zusammensein mit Emin Paschn, dessen Wirken und Plänen, die Zustände der Äguatvrialproviuz und die Erscheinung Stanleys geschildert werden. Aber ehe wir uns dem Schlüsse des erste» Bandes zuwenden, wo Casati, den wieder¬ holten Einladungen Emin Paschas folgend, den bereits im Aufruhr glühenden Westen verläßt, um uach Lad6, dann nach Wadeln'l, endlich unter trüben Vor- ahnungen nach Unjorv zu gehen, versuchen wir es, das Bild des Mannes zu zeichnen, dem an der Seite Emin Paschas eine so große Rolle in den letzten Geschicken der Äauatorialproviuz beschiede» sei» sollte. Casati, ein geborner Piemoutese, war 41 Jahre alt und Veteran von 1859 und 1866, als er im Anfange des Jahres 1880 zuerst afrikanische« Boden betrat. Er reiste damals, nur mit dem Notwendigsten ausgerüstet, von Sualim unes Chartum, um dem Rufe Nomolo Gessis zu folgen, der einen jungen Manu, womöglich einen kartographisch geschulten Offizier verlangte, um den UiNle aufzunehmen. Als er an der Mündung des Bahr el Ghasal ankam, wo er die Boten und Träger Gessis, Waffen und Borräte finden sollte, war er erstaunt, zu eineni endlosen Warten in der Snmpflaudschaft der Meschen er Rek gezwungen zu sein. Später vernahm er, daß Gessi den ge¬ messensten Befehl gegeben hatte, ihn unverzüglich weiterzugeleiteu, aber der Befehl war unbeachtet geblieben und so machte Casati die erste Bekanntschaft mit dem Gange der ägyptische» Berwaltuugsmaschine im Sudan. Kurz nachdem die beiden Landsleute sich an, Ufer des Djnr getroffen hatten, ging Gessi »ach Ägypten und starb in Suez. Casati war sich nun selbst überlassen. Mit geringen Mitteln zog er durch Moubuttu, traf bei Mambaugo mit Dr. Junker zusammen, dessen menschliche und wissenschaftliche Eigenschaften er mit warmen Worten preist, und überschritt den Bomokmidi; zurückkehrend ward er Zeuge des Sturzes Azaugas und der Zertrümmerung der Mvubuttuherrschaft und der schändliche!, Rolle, die ägyptische Truppen dabei spielten. Er trat bei dieser Gelegenheit zum erstenmal in Verkehr mit dein Gouverneur in Lad», *) Zehn Jahre in Äquator!« und die Rückkehr mit Ein!» Pasch«. Von Major Goetauo Casati. Ruch dein italienischen Originalmciuuskript ins Deutsche übersetzt von Professor Dr. Karl von Reinhordstottner. Mit über 160 Abbildungen und 4 Karten Zwei Bände. Bamberg, C. C. Bnchnersche Buchhandlung, 1891.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/442>, abgerufen am 25.08.2024.