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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.

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richtungen, die durch Ansammlung kleine, zu einem bestimmten Zwecke regel¬
mäßig gesteuerte Beiträge ganz allmählich zu Summen heranwachsen lassen,
mit denen dann größere Ausgaben leicht bewältigt werden. Sollte es sich
nicht lohnen, jene Spargelegeuheiten zu erweitern, oder besondre zu dem Zwecke
zu schassen, um armen, elenden Kindern den Weg zu der für sie sprudelnden
Gesundheitsquelle zu bereiten?

Nun kommt aber die schlimme Reise mit ihren Schwierigkeiten! Sieht
man genauer zu, so schwindet auch hier der Berg in einen Hügel zusammen.
Gerade die Schwierigkeiten der Beförderung der Kinder an die Seeküste sind
so gut wie überwunden. In den größer" Städten giebt es Transpvrt-
kvmmissionen, giebt es einen Fraueuhilfsvereiu, der es sich unter anderm zur
besondern Aufgabe macht, "für die nach den Seehospizen reisenden oder von
dort zurückkehrende" Kinder, insbesondre zu ihrer Empfangnahme, Beauf¬
sichtigung und Beköstigung auf deu Bahnhöfen, sowie zu ihrer Unterbringung
in Nachtquartiere" auf der Reise Sorge zu tragen." An den Snmmelstellen,
wie in Berlin, Leipzig, Hannover, Bremen, Oldenburg n. s. w., kommen die
Kinder zusammen zur gemeinsamen Reise unter der Begleitung von Pflegerinnen,
und auf den Stationen unterwegs werden die vorher angemeldeten Kinder
hinzugeuvmmeu. Dort, wo es vorher bestimmt war, werden die kleinen Reisenden
gespeist und getränkt oder auch über Nacht einquartiert. Diese Reisen gehen
völlig planmäßig und sicher von statten. Und die Kosten einer solchen Reise
für ein Kind vom Binnenlande auf die Insel und zurück? Nun, wir sind
zwar in Deutschland noch uicht so weit wie in Italien, und es wird bei uns
vielleicht des Zonentarifes bedürfen, um mit einemmale die Sachlage zu ändern,
aber immerhin sind mich bei uns die Fnhrkosteu beträchtlich ermäßigt. Die
Fahrt eines Kindes über zehn Jahre von Berlin nach Norderneh und zurück
kostet z. B. 27 Mark, für jüngere Kinder 22 Mark, von Leipzig aus 29 und
23 Mark. Alle diese Dinge sind eben uicht bekannt genug. Ja wenn die,
denen es am nächsten liegt, wenn die Kinder selbst, denen hier das Glück der
Genesung beschieden ward, erzählen könnten von den Jahren entzündlicher
Schmerzen und von ihrem Krankenlager, von dem Kummer über die Krüppel-
haftigkeit zusammengezogener Gliedmaßen, und wie sie nun hier von all diesen
Übeln erlöst worden sind, wenn diese kleinen Patienten Einfluß hätten ans
das öffentliche Urteil, dann würde dieses gar bald umgestimmt werden.

Möchten doch alle die, die von vornherein und grundsätzlich über den
Gedanken, arme kranke Kinder um die See zu schicken, den Stab brechen, sich
ihr Urteil an Ort und Stelle und auf Grund eigner Erfahrungen bilden!
Möchten sie doch einmal eintreten in diese lichten, gut gelüfteten Räume, in
denen die Kinder fröhlich ihr schlichtes Mahl verzehren. Dn kommt aus der
an den Speisesaal angebauten Küche geräuschlos das Tischleindeckdich herbei.
Die wohlgefüllten Schüsseln leeren sich, während die vielen bereitstellenden


richtungen, die durch Ansammlung kleine, zu einem bestimmten Zwecke regel¬
mäßig gesteuerte Beiträge ganz allmählich zu Summen heranwachsen lassen,
mit denen dann größere Ausgaben leicht bewältigt werden. Sollte es sich
nicht lohnen, jene Spargelegeuheiten zu erweitern, oder besondre zu dem Zwecke
zu schassen, um armen, elenden Kindern den Weg zu der für sie sprudelnden
Gesundheitsquelle zu bereiten?

Nun kommt aber die schlimme Reise mit ihren Schwierigkeiten! Sieht
man genauer zu, so schwindet auch hier der Berg in einen Hügel zusammen.
Gerade die Schwierigkeiten der Beförderung der Kinder an die Seeküste sind
so gut wie überwunden. In den größer» Städten giebt es Transpvrt-
kvmmissionen, giebt es einen Fraueuhilfsvereiu, der es sich unter anderm zur
besondern Aufgabe macht, „für die nach den Seehospizen reisenden oder von
dort zurückkehrende« Kinder, insbesondre zu ihrer Empfangnahme, Beauf¬
sichtigung und Beköstigung auf deu Bahnhöfen, sowie zu ihrer Unterbringung
in Nachtquartiere« auf der Reise Sorge zu tragen." An den Snmmelstellen,
wie in Berlin, Leipzig, Hannover, Bremen, Oldenburg n. s. w., kommen die
Kinder zusammen zur gemeinsamen Reise unter der Begleitung von Pflegerinnen,
und auf den Stationen unterwegs werden die vorher angemeldeten Kinder
hinzugeuvmmeu. Dort, wo es vorher bestimmt war, werden die kleinen Reisenden
gespeist und getränkt oder auch über Nacht einquartiert. Diese Reisen gehen
völlig planmäßig und sicher von statten. Und die Kosten einer solchen Reise
für ein Kind vom Binnenlande auf die Insel und zurück? Nun, wir sind
zwar in Deutschland noch uicht so weit wie in Italien, und es wird bei uns
vielleicht des Zonentarifes bedürfen, um mit einemmale die Sachlage zu ändern,
aber immerhin sind mich bei uns die Fnhrkosteu beträchtlich ermäßigt. Die
Fahrt eines Kindes über zehn Jahre von Berlin nach Norderneh und zurück
kostet z. B. 27 Mark, für jüngere Kinder 22 Mark, von Leipzig aus 29 und
23 Mark. Alle diese Dinge sind eben uicht bekannt genug. Ja wenn die,
denen es am nächsten liegt, wenn die Kinder selbst, denen hier das Glück der
Genesung beschieden ward, erzählen könnten von den Jahren entzündlicher
Schmerzen und von ihrem Krankenlager, von dem Kummer über die Krüppel-
haftigkeit zusammengezogener Gliedmaßen, und wie sie nun hier von all diesen
Übeln erlöst worden sind, wenn diese kleinen Patienten Einfluß hätten ans
das öffentliche Urteil, dann würde dieses gar bald umgestimmt werden.

Möchten doch alle die, die von vornherein und grundsätzlich über den
Gedanken, arme kranke Kinder um die See zu schicken, den Stab brechen, sich
ihr Urteil an Ort und Stelle und auf Grund eigner Erfahrungen bilden!
Möchten sie doch einmal eintreten in diese lichten, gut gelüfteten Räume, in
denen die Kinder fröhlich ihr schlichtes Mahl verzehren. Dn kommt aus der
an den Speisesaal angebauten Küche geräuschlos das Tischleindeckdich herbei.
Die wohlgefüllten Schüsseln leeren sich, während die vielen bereitstellenden


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/414>, abgerufen am 23.07.2024.