Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.Streifzüge durch die französische Litteratur der Gegenwart gesammelt, so erprobt er in l^ Aker, dein folgenden Werke, seine ganze dichte¬ Es weht in der That durch diese Seestücke, die dichterisch höher stehe",
Streifzüge durch die französische Litteratur der Gegenwart gesammelt, so erprobt er in l^ Aker, dein folgenden Werke, seine ganze dichte¬ Es weht in der That durch diese Seestücke, die dichterisch höher stehe»,
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0284" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/209517"/> <fw type="header" place="top"> Streifzüge durch die französische Litteratur der Gegenwart</fw><lb/> <p xml:id="ID_803" prev="#ID_802"> gesammelt, so erprobt er in l^ Aker, dein folgenden Werke, seine ganze dichte¬<lb/> rische Kraft in der wechselvollen Schilderung des Meeres und des Seelebens,<lb/> Auch hier tritt fast noch stärker als in der (Anm^ein <lW «>ueux das gesunde<lb/> Bestreben hervor, nur das Augeschaute, das selbsterlebte und Selbstempfundeue<lb/> darzustellen. Um das Meer mit seinen unendliche» Geheimnissen, mit seinen<lb/> bestrickenden Reizen und seinen gefährlichen Naturgewalten ans eigner Er¬<lb/> fahrung kennen zu lernen und das fremdartige Leben, Denken und Fühlen der<lb/> Seeleute in ihrer Thätigkeit mit eignen Augen zu studiren, hatte sich der<lb/> Dichter als gewöhnlicher Seemann heuern lassen und hat lange Zeit auf Küsten¬<lb/> fahrern und Fischerjollen ein freies Matrosenleben geführt. „Ich habe — sagt<lb/> er — gearbeitet, gegessen und mein Brot unter den vierschrötiger Seebären ver¬<lb/> dient, die mich als Schiffsjungen behandelte». Ich habe mir ihren Juchtel-<lb/> fnchtel i» die Kehle gegossen und in ihren Hängematten und ans ihren Pritschen<lb/> geschlafen. Ich habe ihre Lieder gesungen und ihre Gedichte erlebt, und<lb/> manche Verse wirst dn hier finden, die ich beim Znsammenklatschen der Segel<lb/> ersann, wenn ich uuter meinem Südmester auf Wache stand, den Rücken gegen<lb/> den Mastbaum, die Auge» »ach de» Sterne» gekehrt."</p><lb/> <p xml:id="ID_804"> Es weht in der That durch diese Seestücke, die dichterisch höher stehe»,<lb/> als z. B. Michelets Schilderungen des Meeres, ein frischer, natürlicher Ha»es;<lb/> mau hat von einigen denselben lebendige» und erquickende» Eindruck, wie von<lb/> den Seegemäldeu el»es Ludolf Backhuhseu. Licht, Himmel, Lust, Wolke«,<lb/> Schcmmkrviien, Klippen, Strand, alle diese Teile eines wirkungsvollen See¬<lb/> stückes weiß der Dichter geschickt in seine» Versen zu gruppiren, für alle einen<lb/> warmen Fnrbento» zu finde» und die ganze Schilderung bald in dem ruhigen,<lb/> breiten Fluß einer Idylle, bald in dem schnellbewegten, sich überstürzenden<lb/> Tempo einer Ballade dem Leser vorzuführen. Ein vortreffliches Stimmungs-<lb/> bild ist z. B. das Gedicht l?n Lsxt<znibr«z. Die Beweglichkeit und Geschmei¬<lb/> digkeit der Verse, die Kraft und Fülle der Sprache, worauf schon Wätzoldt<lb/> in einem Berliner Vortrage hingewiesen hat, die Freiheit und Schönheit der<lb/> Gedanken, womit er selbst wissenschaftliche Ergebnisse und Theorien in seine<lb/> Dichtungen hineinzuweben weiß, all diese Vorzüge des Dichters treten in<lb/> keinem Werke so unverkennbar zu Tage, wie in I^a, Nor. Nur die Plejaden<lb/> und die Romantiker haben in ihre» Werke» einen ähnlichen Reichtum an ver¬<lb/> schiedenartigem Versfvrmen entfaltet. Es klingt fast tändelnd, wenn Nichepin<lb/> z. B. in seinem Hymnus auf das Wasser die Theorie von der Urzelle rhythmisch<lb/> entwickelt:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_24" type="poem"> <l> Hier, wo die Woge zerrinnt,<lb/> Hier beginnt<lb/> Die Liebe, da? Leben im Meere,<lb/> DaS Protoplasma erschafft<lb/> In seiner Kraft<lb/> Die Zelle »ud die Monere,</l> </lg> </quote><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0284]
Streifzüge durch die französische Litteratur der Gegenwart
gesammelt, so erprobt er in l^ Aker, dein folgenden Werke, seine ganze dichte¬
rische Kraft in der wechselvollen Schilderung des Meeres und des Seelebens,
Auch hier tritt fast noch stärker als in der (Anm^ein <lW «>ueux das gesunde
Bestreben hervor, nur das Augeschaute, das selbsterlebte und Selbstempfundeue
darzustellen. Um das Meer mit seinen unendliche» Geheimnissen, mit seinen
bestrickenden Reizen und seinen gefährlichen Naturgewalten ans eigner Er¬
fahrung kennen zu lernen und das fremdartige Leben, Denken und Fühlen der
Seeleute in ihrer Thätigkeit mit eignen Augen zu studiren, hatte sich der
Dichter als gewöhnlicher Seemann heuern lassen und hat lange Zeit auf Küsten¬
fahrern und Fischerjollen ein freies Matrosenleben geführt. „Ich habe — sagt
er — gearbeitet, gegessen und mein Brot unter den vierschrötiger Seebären ver¬
dient, die mich als Schiffsjungen behandelte». Ich habe mir ihren Juchtel-
fnchtel i» die Kehle gegossen und in ihren Hängematten und ans ihren Pritschen
geschlafen. Ich habe ihre Lieder gesungen und ihre Gedichte erlebt, und
manche Verse wirst dn hier finden, die ich beim Znsammenklatschen der Segel
ersann, wenn ich uuter meinem Südmester auf Wache stand, den Rücken gegen
den Mastbaum, die Auge» »ach de» Sterne» gekehrt."
Es weht in der That durch diese Seestücke, die dichterisch höher stehe»,
als z. B. Michelets Schilderungen des Meeres, ein frischer, natürlicher Ha»es;
mau hat von einigen denselben lebendige» und erquickende» Eindruck, wie von
den Seegemäldeu el»es Ludolf Backhuhseu. Licht, Himmel, Lust, Wolke«,
Schcmmkrviien, Klippen, Strand, alle diese Teile eines wirkungsvollen See¬
stückes weiß der Dichter geschickt in seine» Versen zu gruppiren, für alle einen
warmen Fnrbento» zu finde» und die ganze Schilderung bald in dem ruhigen,
breiten Fluß einer Idylle, bald in dem schnellbewegten, sich überstürzenden
Tempo einer Ballade dem Leser vorzuführen. Ein vortreffliches Stimmungs-
bild ist z. B. das Gedicht l?n Lsxt<znibr«z. Die Beweglichkeit und Geschmei¬
digkeit der Verse, die Kraft und Fülle der Sprache, worauf schon Wätzoldt
in einem Berliner Vortrage hingewiesen hat, die Freiheit und Schönheit der
Gedanken, womit er selbst wissenschaftliche Ergebnisse und Theorien in seine
Dichtungen hineinzuweben weiß, all diese Vorzüge des Dichters treten in
keinem Werke so unverkennbar zu Tage, wie in I^a, Nor. Nur die Plejaden
und die Romantiker haben in ihre» Werke» einen ähnlichen Reichtum an ver¬
schiedenartigem Versfvrmen entfaltet. Es klingt fast tändelnd, wenn Nichepin
z. B. in seinem Hymnus auf das Wasser die Theorie von der Urzelle rhythmisch
entwickelt:
Hier, wo die Woge zerrinnt,
Hier beginnt
Die Liebe, da? Leben im Meere,
DaS Protoplasma erschafft
In seiner Kraft
Die Zelle »ud die Monere,
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