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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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Dadurch würde die Richtigkeit und Gleichmäßigkeit der Einschätzung verbürgt
werden. Vor allein müssen als Veranlagungskommissarien lediglich Finanz¬
beamte, Beamte, die der alleinigen Disziplin des Finanzministers unterworsen
sind, bestellt und alle politischen und Polizeibeamten, auch die aus Wahlen
hervorgegangenen Beamten, also die Landräte, Bürgermeister und sonstige
städtische Beamte, ans den Stellungen als Veranlagungskommissarien entfernt
werden.

Man vergegenwärtige sich nur, daß nach dem Entwürfe jetzt überall
richtig, also scharf eingeschätzt werden soll, daß der gewissenhafte Steuerpflichtige
richtige Steuererklärungen abgeben wird und daher richtig, also scharf eingeschätzt
werden wird, und daß diesem gewissenhaften Steuerpflichtigen daher much die
richtige Einschätzung aller seiner Nachbarn verbürgt werden muß, daß Straf¬
androhungen und Strafverfolgungen vielfach notwendig sein und die Amts¬
handlungen des Veranlaguugskvmmissars, so gesetzlich und geboten sie auch sind,
als gehässige und feindselige Handlungen werden betrachtet werden. Beamte,
die, wie die Landräte und die städtischen Beamten, ans den Wahlen oder
Vorschlägen der Eingesessenen hervorgegangen sind, werden anch den Schein
einer Feindseligkeit zu vermeiden suchen und die Einkommensteuer äußerst
mäßig, wie bisher, veranlagen. Diese Beamten bedürfen anch, wenn sie i"
ihrem Hauptamte wohlthätig wirken wollen, vielfach der bereitwilligen, oft mit
Geldvpfern verbundenen Mitwirkung der Kreis- und Ortseinwohner, und ob¬
wohl der Mehrzahl weder Befähigung noch Arbeitskraft abzusprechen war, so
waren sie doch sehr milde Beranlngnngskommissarien. Sie haben das Interesse,
daß ihre Eingesessenen -- wir konnten anch sagen ihre "Schutzbefohlenen" -
finanziell geschont, also zu deu Staatssteuern gering veranlagt werden, sie
tonnen also das entgegengesetzte Interesse des Steuerfiskns nicht vertreten.

Nach dem Gesetzentwurfe sollen nnn aber diesen zur Vertretung des Stener-
fiskns ganz ungeeigneten Beamten noch größere Befugnisse, als sie bisher besaßen,
zugestanden werden. Denn nach Z 36 des Entwurfes haben die Veranlagungs-
tommissarien die von deu Vvreiuschätzuiugskommissivnen in den Gemeinden und
Gutsbezirken vorgeschlagenen Steuersätze zu prüfen und, so weit sie nicht von
ihnen beanstandet werden, festzusetzen. Nur in Betreff der Steuerpflichtigen,
bezüglich deren kein Vorschlag der Vvreinschätzungskonunission vorliegt oder
der Vorschlag von ihnen beanstandet wird, haben sie der Veranlagungskomunssivn
eine Vorlage zu machen, bei dieser auch die Stellersätze vorzuschlagen. Nach
der bisherigen Gesetzgebung erfolgte dagegen die Festsetzung der Steuersätze bei
der Einkommensteller nur durch die Einschätzungskonuilissivu, bei der Klassen¬
steuer nur durch die Bezirksregierung, die in dem Falle einer beabsichtigten
Erhöhung die Einschätzuugskomnüssion nochmals zu hören hatte. Eine selb¬
ständige Festsetzung der Steuersätze durch die Veranlagnngskommissarien fand
in keinem Falle statt, und diese durch den neuen Entwurf beabsichtigte Macht-


("reiizlwlm IV 1M0 57

Dadurch würde die Richtigkeit und Gleichmäßigkeit der Einschätzung verbürgt
werden. Vor allein müssen als Veranlagungskommissarien lediglich Finanz¬
beamte, Beamte, die der alleinigen Disziplin des Finanzministers unterworsen
sind, bestellt und alle politischen und Polizeibeamten, auch die aus Wahlen
hervorgegangenen Beamten, also die Landräte, Bürgermeister und sonstige
städtische Beamte, ans den Stellungen als Veranlagungskommissarien entfernt
werden.

Man vergegenwärtige sich nur, daß nach dem Entwürfe jetzt überall
richtig, also scharf eingeschätzt werden soll, daß der gewissenhafte Steuerpflichtige
richtige Steuererklärungen abgeben wird und daher richtig, also scharf eingeschätzt
werden wird, und daß diesem gewissenhaften Steuerpflichtigen daher much die
richtige Einschätzung aller seiner Nachbarn verbürgt werden muß, daß Straf¬
androhungen und Strafverfolgungen vielfach notwendig sein und die Amts¬
handlungen des Veranlaguugskvmmissars, so gesetzlich und geboten sie auch sind,
als gehässige und feindselige Handlungen werden betrachtet werden. Beamte,
die, wie die Landräte und die städtischen Beamten, ans den Wahlen oder
Vorschlägen der Eingesessenen hervorgegangen sind, werden anch den Schein
einer Feindseligkeit zu vermeiden suchen und die Einkommensteuer äußerst
mäßig, wie bisher, veranlagen. Diese Beamten bedürfen anch, wenn sie i»
ihrem Hauptamte wohlthätig wirken wollen, vielfach der bereitwilligen, oft mit
Geldvpfern verbundenen Mitwirkung der Kreis- und Ortseinwohner, und ob¬
wohl der Mehrzahl weder Befähigung noch Arbeitskraft abzusprechen war, so
waren sie doch sehr milde Beranlngnngskommissarien. Sie haben das Interesse,
daß ihre Eingesessenen — wir konnten anch sagen ihre „Schutzbefohlenen" -
finanziell geschont, also zu deu Staatssteuern gering veranlagt werden, sie
tonnen also das entgegengesetzte Interesse des Steuerfiskns nicht vertreten.

Nach dem Gesetzentwurfe sollen nnn aber diesen zur Vertretung des Stener-
fiskns ganz ungeeigneten Beamten noch größere Befugnisse, als sie bisher besaßen,
zugestanden werden. Denn nach Z 36 des Entwurfes haben die Veranlagungs-
tommissarien die von deu Vvreiuschätzuiugskommissivnen in den Gemeinden und
Gutsbezirken vorgeschlagenen Steuersätze zu prüfen und, so weit sie nicht von
ihnen beanstandet werden, festzusetzen. Nur in Betreff der Steuerpflichtigen,
bezüglich deren kein Vorschlag der Vvreinschätzungskonunission vorliegt oder
der Vorschlag von ihnen beanstandet wird, haben sie der Veranlagungskomunssivn
eine Vorlage zu machen, bei dieser auch die Stellersätze vorzuschlagen. Nach
der bisherigen Gesetzgebung erfolgte dagegen die Festsetzung der Steuersätze bei
der Einkommensteller nur durch die Einschätzungskonuilissivu, bei der Klassen¬
steuer nur durch die Bezirksregierung, die in dem Falle einer beabsichtigten
Erhöhung die Einschätzuugskomnüssion nochmals zu hören hatte. Eine selb¬
ständige Festsetzung der Steuersätze durch die Veranlagnngskommissarien fand
in keinem Falle statt, und diese durch den neuen Entwurf beabsichtigte Macht-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/457>, abgerufen am 25.08.2024.