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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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gleiter, den ersten besten, der aus dem Schlosse kommen würde, nach seinem
Besitzer zu srcigen und nach der Ursache des Festes, das er heute feiere. Es
währte nicht lange, da schritt ein ansehnlicher Manu heraus; diesen hielt der
Kammerherr an, indem er ihn höflich bat, seine Neugier zu entschuldigen.
Mein Herr, entgegnete der Gefragte, was ich von dem Besitzer des Schlosses
weiß, will ich Ihnen gerne mitteilen. Sie fragen nach der Ursache des Festes,
das er giebt? Darauf kann ich Ihnen nur sagen, daß er entweder jeden Tag
ein Fest giebt oder gar keins; denn so prächtig und keine wie heute ist das
Schloß jeden Tag, den Gott werden läßt. Daraus können Sie abnehmen, wie
reich der Besitzer des Palastes sein muß. Betrachten Sie aber seine Gemahlin,
so wissen Sie nicht, weshalb er mehr verdient, beneidet zu werden, um seine
Reichtümer oder um die Schönheit, die Güte und den Geist seiner Frau.
Man sagt, daß er einer wunderlichen Grille zu Gefallen in der Welt umher
reise. Er erwartet nämlich, daß irgend ein Fürst ihn zum General mache,
aber ohne daß er sich darum auf irgend eine Art bemühen will. In dem
Lande, wo er General wäre, würde er dann bleiben. Der Fürst, der es
wüßte und seinen Wunsch erfüllte, würde seinem Lande keinen geringen Vorteil
dadurch verschaffen, denn es ist kein König, der mehr Aufwand machte, als
der Besitzer dieses Palastes.

Dieser, der Besitzer dieses Palastes, war ich nun selbst, und meine Ge¬
mahlin hatte, ohne daß ich es wußte, alles angeordnet, daß es so kommen
mußte, wie es kam.

Der König von Schweden fühlte eine unbezwingliche Lust, den Besitzer
des Schlosses und seine Gemahlin kennen zu lernen. Deshalb entschloß er
sich kurz, mit seinen: Kammerherrn ohne weiteres hiueinzutretcn. Sollte
der Besitzer des Schlosses fragen, was sie wünschten, so sollte der Kammerherr
sagen, sie seien Fremde, die morgen mit dem frühesten abreisen müßten; weil
sie nun so viel von der Schönheit des Schlosses gehört hätten, so hätten sie
sich mit eignen Augen davon überzeugen wollen, selbst auf die Gefahr hin,
unhöflich und zudringlich zu erscheinen. Als sie dies unter einander ausgemacht
hatten, traten sie auf das Thor zu und verwunderten sich nicht wenig, daß
die Thorflügel vor ihnen aufsprangen, als wären sie erwartete Gäste. Ihr
Staunen wuchs, als auf der Treppe ich und meine Frau ihnen mit prächtigem
Gefolge entgegenkamen und beide, den König und den Kammerherrn, auf die
Weise bewillkommneten, wie es ihrem Range zukam.

Er konnte sich kaum fassen, und besonders schien die Schönheit Vasantas,
die im ausgesuchtesten modernen Putze bei weitem alles überstrahlte, was ein
Auge irgend von weiblicher Schönheit und fürstlichem Anstand gesehen habe"
mag, ihn auf das angenehmste zu überraschen. Wir führten ihn durch viele
Säle, deren jeder anders und schöner verziert war als der vorige, in den
Speisesaal; meine Frau wies ihm und seinem Kammerherrn die ersten Plätze


gleiter, den ersten besten, der aus dem Schlosse kommen würde, nach seinem
Besitzer zu srcigen und nach der Ursache des Festes, das er heute feiere. Es
währte nicht lange, da schritt ein ansehnlicher Manu heraus; diesen hielt der
Kammerherr an, indem er ihn höflich bat, seine Neugier zu entschuldigen.
Mein Herr, entgegnete der Gefragte, was ich von dem Besitzer des Schlosses
weiß, will ich Ihnen gerne mitteilen. Sie fragen nach der Ursache des Festes,
das er giebt? Darauf kann ich Ihnen nur sagen, daß er entweder jeden Tag
ein Fest giebt oder gar keins; denn so prächtig und keine wie heute ist das
Schloß jeden Tag, den Gott werden läßt. Daraus können Sie abnehmen, wie
reich der Besitzer des Palastes sein muß. Betrachten Sie aber seine Gemahlin,
so wissen Sie nicht, weshalb er mehr verdient, beneidet zu werden, um seine
Reichtümer oder um die Schönheit, die Güte und den Geist seiner Frau.
Man sagt, daß er einer wunderlichen Grille zu Gefallen in der Welt umher
reise. Er erwartet nämlich, daß irgend ein Fürst ihn zum General mache,
aber ohne daß er sich darum auf irgend eine Art bemühen will. In dem
Lande, wo er General wäre, würde er dann bleiben. Der Fürst, der es
wüßte und seinen Wunsch erfüllte, würde seinem Lande keinen geringen Vorteil
dadurch verschaffen, denn es ist kein König, der mehr Aufwand machte, als
der Besitzer dieses Palastes.

Dieser, der Besitzer dieses Palastes, war ich nun selbst, und meine Ge¬
mahlin hatte, ohne daß ich es wußte, alles angeordnet, daß es so kommen
mußte, wie es kam.

Der König von Schweden fühlte eine unbezwingliche Lust, den Besitzer
des Schlosses und seine Gemahlin kennen zu lernen. Deshalb entschloß er
sich kurz, mit seinen: Kammerherrn ohne weiteres hiueinzutretcn. Sollte
der Besitzer des Schlosses fragen, was sie wünschten, so sollte der Kammerherr
sagen, sie seien Fremde, die morgen mit dem frühesten abreisen müßten; weil
sie nun so viel von der Schönheit des Schlosses gehört hätten, so hätten sie
sich mit eignen Augen davon überzeugen wollen, selbst auf die Gefahr hin,
unhöflich und zudringlich zu erscheinen. Als sie dies unter einander ausgemacht
hatten, traten sie auf das Thor zu und verwunderten sich nicht wenig, daß
die Thorflügel vor ihnen aufsprangen, als wären sie erwartete Gäste. Ihr
Staunen wuchs, als auf der Treppe ich und meine Frau ihnen mit prächtigem
Gefolge entgegenkamen und beide, den König und den Kammerherrn, auf die
Weise bewillkommneten, wie es ihrem Range zukam.

Er konnte sich kaum fassen, und besonders schien die Schönheit Vasantas,
die im ausgesuchtesten modernen Putze bei weitem alles überstrahlte, was ein
Auge irgend von weiblicher Schönheit und fürstlichem Anstand gesehen habe»
mag, ihn auf das angenehmste zu überraschen. Wir führten ihn durch viele
Säle, deren jeder anders und schöner verziert war als der vorige, in den
Speisesaal; meine Frau wies ihm und seinem Kammerherrn die ersten Plätze


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[0439] gleiter, den ersten besten, der aus dem Schlosse kommen würde, nach seinem Besitzer zu srcigen und nach der Ursache des Festes, das er heute feiere. Es währte nicht lange, da schritt ein ansehnlicher Manu heraus; diesen hielt der Kammerherr an, indem er ihn höflich bat, seine Neugier zu entschuldigen. Mein Herr, entgegnete der Gefragte, was ich von dem Besitzer des Schlosses weiß, will ich Ihnen gerne mitteilen. Sie fragen nach der Ursache des Festes, das er giebt? Darauf kann ich Ihnen nur sagen, daß er entweder jeden Tag ein Fest giebt oder gar keins; denn so prächtig und keine wie heute ist das Schloß jeden Tag, den Gott werden läßt. Daraus können Sie abnehmen, wie reich der Besitzer des Palastes sein muß. Betrachten Sie aber seine Gemahlin, so wissen Sie nicht, weshalb er mehr verdient, beneidet zu werden, um seine Reichtümer oder um die Schönheit, die Güte und den Geist seiner Frau. Man sagt, daß er einer wunderlichen Grille zu Gefallen in der Welt umher reise. Er erwartet nämlich, daß irgend ein Fürst ihn zum General mache, aber ohne daß er sich darum auf irgend eine Art bemühen will. In dem Lande, wo er General wäre, würde er dann bleiben. Der Fürst, der es wüßte und seinen Wunsch erfüllte, würde seinem Lande keinen geringen Vorteil dadurch verschaffen, denn es ist kein König, der mehr Aufwand machte, als der Besitzer dieses Palastes. Dieser, der Besitzer dieses Palastes, war ich nun selbst, und meine Ge¬ mahlin hatte, ohne daß ich es wußte, alles angeordnet, daß es so kommen mußte, wie es kam. Der König von Schweden fühlte eine unbezwingliche Lust, den Besitzer des Schlosses und seine Gemahlin kennen zu lernen. Deshalb entschloß er sich kurz, mit seinen: Kammerherrn ohne weiteres hiueinzutretcn. Sollte der Besitzer des Schlosses fragen, was sie wünschten, so sollte der Kammerherr sagen, sie seien Fremde, die morgen mit dem frühesten abreisen müßten; weil sie nun so viel von der Schönheit des Schlosses gehört hätten, so hätten sie sich mit eignen Augen davon überzeugen wollen, selbst auf die Gefahr hin, unhöflich und zudringlich zu erscheinen. Als sie dies unter einander ausgemacht hatten, traten sie auf das Thor zu und verwunderten sich nicht wenig, daß die Thorflügel vor ihnen aufsprangen, als wären sie erwartete Gäste. Ihr Staunen wuchs, als auf der Treppe ich und meine Frau ihnen mit prächtigem Gefolge entgegenkamen und beide, den König und den Kammerherrn, auf die Weise bewillkommneten, wie es ihrem Range zukam. Er konnte sich kaum fassen, und besonders schien die Schönheit Vasantas, die im ausgesuchtesten modernen Putze bei weitem alles überstrahlte, was ein Auge irgend von weiblicher Schönheit und fürstlichem Anstand gesehen habe» mag, ihn auf das angenehmste zu überraschen. Wir führten ihn durch viele Säle, deren jeder anders und schöner verziert war als der vorige, in den Speisesaal; meine Frau wies ihm und seinem Kammerherrn die ersten Plätze

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/439>, abgerufen am 23.07.2024.