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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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mit dem Papsttum die Hilfe, und die französische Akademie schien schon im
Jahre 1872 "das Hauptnest der französischen Kleriker" zu sein. Die jesuitischen
Zeitungen aber, I'is"lo<n,'8 und Union, lehrten die Franzosen, im Katholizismus
"das Geheimnis unsrer unbesiegbaren Hoffnungen" zu fehen. "Möchten Nur
endlich begreifen, daß das Übergewicht Frankreichs von der Treue abhängt,
mit der es in der Welt seine Rolle erfüllt, die ihm sein Titel als älteste
Tochter der Kirche anweist."

lind hier stehen Nur an einem Punkte, der es einem deutschen Parlament
unmöglich macheu muß, sür die Zurückberufung der Jesuiten einzutreten. Es
ist die Konspiration wie mit allen Feinden des neuen Reiches, so besonders
mit Frankreich, in die die Jesuiten seit dem Entstehen dieses Reiches sofort
getreten sind. Sie sind es, die dem Revanchesinn immer von neuem dadurch
Nahrung spendeten, daß sie durch ihre Wühlereien im katholischen Deutschland
Frankreich die Hoffnung einer militärischen Diversion im Rücken Deutschlands
zu Gunsten der Franzosen gaben. Die ultramontanen Blätter im deutscheu
Reiche verlangen jetzt mit ihrem Rufe: "Wir wollen sie wieder haben!", den
sie "im Namen der Rechtsgleichheit und der Freiheit" erheben, daß, wer diesen?
Rufe im deutschen Volke entgegentritt, nachweisen müsse, daß es "ein höheres,
besser berechtigtes Interesse gebe, das die Befriedigung unsers (katholischen)
Interesses mit Fug behindert." So die Eichsfelder Volksblätter, Ur. 4l>.
Wir wollen nun einmal vor der Hand die "Rechtsgleichheit und Freiheit"
lassen; da aber diese Blätter immer wieder darauf zurückkommen, daß das
Jesuitengesetz ein Ausnahmegesetz sei, und daß ein Ausnahmegesetz gerechtfertigt
werden müsse, was die Gegner der Jesuiten hente ebenso wenig könnten, wie
sie es Anno 1872 bei der Entstehung des Jesuitengesetzes gekonnt hätten, so
wollen wir doch einmal einen Rückblick in jene Zeit der Entstehung dieses
Gesetzes thun. Es wird für viele eine recht nützliche Erinnerung sein.

Wir wollen mir Thatsächliches anführen und nennen da zuerst den Namen
Renans. Er war und ist kein Jesuitenfrennd, aber er ist ein sehr guter Franzose,
wie damals ein Redner im deutschen Parlament sagte. Von Rennen nun
kennen wir das Wort: "Wir müssen den Kampf gegen die Jesuiten ans kirch¬
lichem Gebiet aufgebe"; denn am Tage der Abrechnung mit Deutschland werden
sie unsre Verbündeten sein." Meinte damit etwa Renan bloß französische
Jesuiten? Die sind und waren immer trotz alles Kampfes mit kirchlichen
Gegnern mit Frankreich auf Leben und Tod verbündet. Renan blickte aber
gerade so bei seinen Worten über die französischen Grenzen, wie der Verfasser
des Buches Iig. xo1ni<iue xruWionns et I<z oatlio1loi8mo en ^Ilsumgne, der
1871 den Katholiken in Deutschland zurief, sie sollten mit den Franzosen ver¬
einigt dem protestantischen Kaisertum ein Ende machen. Die jesuitische Union
empfahl das Buch mit dem Bemerken, es beweise, "daß Frankreich sicher sei,
Freunde und Verbündete bei allen zu finden, die das reine Licht des Katho-


mit dem Papsttum die Hilfe, und die französische Akademie schien schon im
Jahre 1872 „das Hauptnest der französischen Kleriker" zu sein. Die jesuitischen
Zeitungen aber, I'is»lo<n,'8 und Union, lehrten die Franzosen, im Katholizismus
„das Geheimnis unsrer unbesiegbaren Hoffnungen" zu fehen. „Möchten Nur
endlich begreifen, daß das Übergewicht Frankreichs von der Treue abhängt,
mit der es in der Welt seine Rolle erfüllt, die ihm sein Titel als älteste
Tochter der Kirche anweist."

lind hier stehen Nur an einem Punkte, der es einem deutschen Parlament
unmöglich macheu muß, sür die Zurückberufung der Jesuiten einzutreten. Es
ist die Konspiration wie mit allen Feinden des neuen Reiches, so besonders
mit Frankreich, in die die Jesuiten seit dem Entstehen dieses Reiches sofort
getreten sind. Sie sind es, die dem Revanchesinn immer von neuem dadurch
Nahrung spendeten, daß sie durch ihre Wühlereien im katholischen Deutschland
Frankreich die Hoffnung einer militärischen Diversion im Rücken Deutschlands
zu Gunsten der Franzosen gaben. Die ultramontanen Blätter im deutscheu
Reiche verlangen jetzt mit ihrem Rufe: „Wir wollen sie wieder haben!", den
sie „im Namen der Rechtsgleichheit und der Freiheit" erheben, daß, wer diesen?
Rufe im deutschen Volke entgegentritt, nachweisen müsse, daß es „ein höheres,
besser berechtigtes Interesse gebe, das die Befriedigung unsers (katholischen)
Interesses mit Fug behindert." So die Eichsfelder Volksblätter, Ur. 4l>.
Wir wollen nun einmal vor der Hand die „Rechtsgleichheit und Freiheit"
lassen; da aber diese Blätter immer wieder darauf zurückkommen, daß das
Jesuitengesetz ein Ausnahmegesetz sei, und daß ein Ausnahmegesetz gerechtfertigt
werden müsse, was die Gegner der Jesuiten hente ebenso wenig könnten, wie
sie es Anno 1872 bei der Entstehung des Jesuitengesetzes gekonnt hätten, so
wollen wir doch einmal einen Rückblick in jene Zeit der Entstehung dieses
Gesetzes thun. Es wird für viele eine recht nützliche Erinnerung sein.

Wir wollen mir Thatsächliches anführen und nennen da zuerst den Namen
Renans. Er war und ist kein Jesuitenfrennd, aber er ist ein sehr guter Franzose,
wie damals ein Redner im deutschen Parlament sagte. Von Rennen nun
kennen wir das Wort: „Wir müssen den Kampf gegen die Jesuiten ans kirch¬
lichem Gebiet aufgebe»; denn am Tage der Abrechnung mit Deutschland werden
sie unsre Verbündeten sein." Meinte damit etwa Renan bloß französische
Jesuiten? Die sind und waren immer trotz alles Kampfes mit kirchlichen
Gegnern mit Frankreich auf Leben und Tod verbündet. Renan blickte aber
gerade so bei seinen Worten über die französischen Grenzen, wie der Verfasser
des Buches Iig. xo1ni<iue xruWionns et I<z oatlio1loi8mo en ^Ilsumgne, der
1871 den Katholiken in Deutschland zurief, sie sollten mit den Franzosen ver¬
einigt dem protestantischen Kaisertum ein Ende machen. Die jesuitische Union
empfahl das Buch mit dem Bemerken, es beweise, „daß Frankreich sicher sei,
Freunde und Verbündete bei allen zu finden, die das reine Licht des Katho-


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[0407] mit dem Papsttum die Hilfe, und die französische Akademie schien schon im Jahre 1872 „das Hauptnest der französischen Kleriker" zu sein. Die jesuitischen Zeitungen aber, I'is»lo<n,'8 und Union, lehrten die Franzosen, im Katholizismus „das Geheimnis unsrer unbesiegbaren Hoffnungen" zu fehen. „Möchten Nur endlich begreifen, daß das Übergewicht Frankreichs von der Treue abhängt, mit der es in der Welt seine Rolle erfüllt, die ihm sein Titel als älteste Tochter der Kirche anweist." lind hier stehen Nur an einem Punkte, der es einem deutschen Parlament unmöglich macheu muß, sür die Zurückberufung der Jesuiten einzutreten. Es ist die Konspiration wie mit allen Feinden des neuen Reiches, so besonders mit Frankreich, in die die Jesuiten seit dem Entstehen dieses Reiches sofort getreten sind. Sie sind es, die dem Revanchesinn immer von neuem dadurch Nahrung spendeten, daß sie durch ihre Wühlereien im katholischen Deutschland Frankreich die Hoffnung einer militärischen Diversion im Rücken Deutschlands zu Gunsten der Franzosen gaben. Die ultramontanen Blätter im deutscheu Reiche verlangen jetzt mit ihrem Rufe: „Wir wollen sie wieder haben!", den sie „im Namen der Rechtsgleichheit und der Freiheit" erheben, daß, wer diesen? Rufe im deutschen Volke entgegentritt, nachweisen müsse, daß es „ein höheres, besser berechtigtes Interesse gebe, das die Befriedigung unsers (katholischen) Interesses mit Fug behindert." So die Eichsfelder Volksblätter, Ur. 4l>. Wir wollen nun einmal vor der Hand die „Rechtsgleichheit und Freiheit" lassen; da aber diese Blätter immer wieder darauf zurückkommen, daß das Jesuitengesetz ein Ausnahmegesetz sei, und daß ein Ausnahmegesetz gerechtfertigt werden müsse, was die Gegner der Jesuiten hente ebenso wenig könnten, wie sie es Anno 1872 bei der Entstehung des Jesuitengesetzes gekonnt hätten, so wollen wir doch einmal einen Rückblick in jene Zeit der Entstehung dieses Gesetzes thun. Es wird für viele eine recht nützliche Erinnerung sein. Wir wollen mir Thatsächliches anführen und nennen da zuerst den Namen Renans. Er war und ist kein Jesuitenfrennd, aber er ist ein sehr guter Franzose, wie damals ein Redner im deutschen Parlament sagte. Von Rennen nun kennen wir das Wort: „Wir müssen den Kampf gegen die Jesuiten ans kirch¬ lichem Gebiet aufgebe»; denn am Tage der Abrechnung mit Deutschland werden sie unsre Verbündeten sein." Meinte damit etwa Renan bloß französische Jesuiten? Die sind und waren immer trotz alles Kampfes mit kirchlichen Gegnern mit Frankreich auf Leben und Tod verbündet. Renan blickte aber gerade so bei seinen Worten über die französischen Grenzen, wie der Verfasser des Buches Iig. xo1ni<iue xruWionns et I<z oatlio1loi8mo en ^Ilsumgne, der 1871 den Katholiken in Deutschland zurief, sie sollten mit den Franzosen ver¬ einigt dem protestantischen Kaisertum ein Ende machen. Die jesuitische Union empfahl das Buch mit dem Bemerken, es beweise, „daß Frankreich sicher sei, Freunde und Verbündete bei allen zu finden, die das reine Licht des Katho-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/407>, abgerufen am 23.07.2024.