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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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Die Iesuiteiipetitionen

deu katholischen Staaten vertrieben wurden, sie in Schlesien ruhig sitzen ließ.
Die Ultramontanen konnten sich dann mit ebenso großem Recht auf Rußland
als Beschützer der Jesuiten berufen; denn auch Rußland ließ sie damals in
den polnischen Provinzen nnter einem eignen Generalvikar unbehelligt. Was
aber einem autokratischen Herrscher wie Friedrich erlaubt war, das geht heut¬
zutage nicht mehr, wo die Blindheit des Parteiwesens in dem Parlament auch
die Unvernunft möglich macht, und wo der blöde Hödur sich auch einer starken
Regierung gegenüber frei zu tummeln Raum hat. Die Jesuiten wußten ganz
genau, daß sie der große Preußeulvuig sofort auf die Finger klopfen würde,
sowie sie die Hand nach Dingen ausstreckten, die ihnen nicht zukamen, Sie
haben ihre Krallen mich, so lange er lebte, schön eingezogen gehalten. Im
übrigen haben die Hohenzollern gegenüber dein Ultramontanismus in ihrer
Politik sich nach dein Großen Kurfürsten gerichtet, der dafür hielt, daß "die
wahrhafte Eigenschaft und Charakter der römisch-katholischen Religion ist, den
Meister zu spielen und nachgehends alle, die sich als Ketzer gnalifiziren, ohne
Unterschied zu verfolgen. Solches wird an alten Orten dnrch evidente und
unleugbare Proben bestärkt, dergestalt, daß diejenigen, welche sie anfangs zu
karessiren geschienen, andres nicht, als des lUvMv" nvnsüvium, so ihm von
l^ol^pbönro vsferiret ward, nämlich als der letzte gefressen zu werden, davon¬
tragen," Eine Ausnahme in dieser Politik der Hohenzollern machte allein
Friedrich Wilhelm IV., mit dessen Regierung auch der jesuitische Ultramon-
tanismus so lange und so weit zufrieden war, als ihnen die Hoffnung auf
"des III^Woh bmmlioium" winkte. So weit die jesuitischen Römlinge das anch
nnter Friedrich Wilhelm IV, nicht hoffen zu können glaubten, stellten sie
sich auch unter dein Regiment des hohenzollernschen Romantikers gegen die
vielgehaßte Dynastie. So erklärte der Jesuitenfursprech Hofrat Buß in Frei¬
burg im Jahre l>W1 - "Wir werden mit einem Netze von katholischen Ver¬
einen den altprvtestantischen Herd in Preußen von Osten und von Westen
umklammern und durch eine Anzahl von Klöstern diese Klammern befestigen
und damit den Protestantismus erdrücken und die katholischen Provinzen, die
zur Schmach aller Katholiken der Mark Brandenburg ^es ist das Königreich
Preußen gemein^ zugeteilt worden sind, befreien und die Hohenzollern un¬
schädlich machen."

Man sieht, daß die Kriegslust, die später der Papst atmete, als er im
Jahre 1872 bei der Organisation seiner Streiter wider die Beschlüsse des
deutschen Reichstags die Hoffnung ausdrückte, das; das Steinchen im Traume
Nebukaduezars den Koloß, nämlich das deutsche Reich, zertrümmern werde,
und dieselbe Kriegslust, die die Jesuiteublätter atmeten, z. B. die "Genfer
Korrespondenz," als sie schrieb, daß der Papst jetzt einsehe, daß die Zeit der
Barmherzigkeit vorüber sei und eine Periode eintreten müsse, wo die Gerechtig¬
keit ihren vollen, unerbittlichen Vollzug habe, und wo das Blatt drohte:


Die Iesuiteiipetitionen

deu katholischen Staaten vertrieben wurden, sie in Schlesien ruhig sitzen ließ.
Die Ultramontanen konnten sich dann mit ebenso großem Recht auf Rußland
als Beschützer der Jesuiten berufen; denn auch Rußland ließ sie damals in
den polnischen Provinzen nnter einem eignen Generalvikar unbehelligt. Was
aber einem autokratischen Herrscher wie Friedrich erlaubt war, das geht heut¬
zutage nicht mehr, wo die Blindheit des Parteiwesens in dem Parlament auch
die Unvernunft möglich macht, und wo der blöde Hödur sich auch einer starken
Regierung gegenüber frei zu tummeln Raum hat. Die Jesuiten wußten ganz
genau, daß sie der große Preußeulvuig sofort auf die Finger klopfen würde,
sowie sie die Hand nach Dingen ausstreckten, die ihnen nicht zukamen, Sie
haben ihre Krallen mich, so lange er lebte, schön eingezogen gehalten. Im
übrigen haben die Hohenzollern gegenüber dein Ultramontanismus in ihrer
Politik sich nach dein Großen Kurfürsten gerichtet, der dafür hielt, daß „die
wahrhafte Eigenschaft und Charakter der römisch-katholischen Religion ist, den
Meister zu spielen und nachgehends alle, die sich als Ketzer gnalifiziren, ohne
Unterschied zu verfolgen. Solches wird an alten Orten dnrch evidente und
unleugbare Proben bestärkt, dergestalt, daß diejenigen, welche sie anfangs zu
karessiren geschienen, andres nicht, als des lUvMv» nvnsüvium, so ihm von
l^ol^pbönro vsferiret ward, nämlich als der letzte gefressen zu werden, davon¬
tragen," Eine Ausnahme in dieser Politik der Hohenzollern machte allein
Friedrich Wilhelm IV., mit dessen Regierung auch der jesuitische Ultramon-
tanismus so lange und so weit zufrieden war, als ihnen die Hoffnung auf
„des III^Woh bmmlioium" winkte. So weit die jesuitischen Römlinge das anch
nnter Friedrich Wilhelm IV, nicht hoffen zu können glaubten, stellten sie
sich auch unter dein Regiment des hohenzollernschen Romantikers gegen die
vielgehaßte Dynastie. So erklärte der Jesuitenfursprech Hofrat Buß in Frei¬
burg im Jahre l>W1 - „Wir werden mit einem Netze von katholischen Ver¬
einen den altprvtestantischen Herd in Preußen von Osten und von Westen
umklammern und durch eine Anzahl von Klöstern diese Klammern befestigen
und damit den Protestantismus erdrücken und die katholischen Provinzen, die
zur Schmach aller Katholiken der Mark Brandenburg ^es ist das Königreich
Preußen gemein^ zugeteilt worden sind, befreien und die Hohenzollern un¬
schädlich machen."

Man sieht, daß die Kriegslust, die später der Papst atmete, als er im
Jahre 1872 bei der Organisation seiner Streiter wider die Beschlüsse des
deutschen Reichstags die Hoffnung ausdrückte, das; das Steinchen im Traume
Nebukaduezars den Koloß, nämlich das deutsche Reich, zertrümmern werde,
und dieselbe Kriegslust, die die Jesuiteublätter atmeten, z. B. die „Genfer
Korrespondenz," als sie schrieb, daß der Papst jetzt einsehe, daß die Zeit der
Barmherzigkeit vorüber sei und eine Periode eintreten müsse, wo die Gerechtig¬
keit ihren vollen, unerbittlichen Vollzug habe, und wo das Blatt drohte:


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[0405] Die Iesuiteiipetitionen deu katholischen Staaten vertrieben wurden, sie in Schlesien ruhig sitzen ließ. Die Ultramontanen konnten sich dann mit ebenso großem Recht auf Rußland als Beschützer der Jesuiten berufen; denn auch Rußland ließ sie damals in den polnischen Provinzen nnter einem eignen Generalvikar unbehelligt. Was aber einem autokratischen Herrscher wie Friedrich erlaubt war, das geht heut¬ zutage nicht mehr, wo die Blindheit des Parteiwesens in dem Parlament auch die Unvernunft möglich macht, und wo der blöde Hödur sich auch einer starken Regierung gegenüber frei zu tummeln Raum hat. Die Jesuiten wußten ganz genau, daß sie der große Preußeulvuig sofort auf die Finger klopfen würde, sowie sie die Hand nach Dingen ausstreckten, die ihnen nicht zukamen, Sie haben ihre Krallen mich, so lange er lebte, schön eingezogen gehalten. Im übrigen haben die Hohenzollern gegenüber dein Ultramontanismus in ihrer Politik sich nach dein Großen Kurfürsten gerichtet, der dafür hielt, daß „die wahrhafte Eigenschaft und Charakter der römisch-katholischen Religion ist, den Meister zu spielen und nachgehends alle, die sich als Ketzer gnalifiziren, ohne Unterschied zu verfolgen. Solches wird an alten Orten dnrch evidente und unleugbare Proben bestärkt, dergestalt, daß diejenigen, welche sie anfangs zu karessiren geschienen, andres nicht, als des lUvMv» nvnsüvium, so ihm von l^ol^pbönro vsferiret ward, nämlich als der letzte gefressen zu werden, davon¬ tragen," Eine Ausnahme in dieser Politik der Hohenzollern machte allein Friedrich Wilhelm IV., mit dessen Regierung auch der jesuitische Ultramon- tanismus so lange und so weit zufrieden war, als ihnen die Hoffnung auf „des III^Woh bmmlioium" winkte. So weit die jesuitischen Römlinge das anch nnter Friedrich Wilhelm IV, nicht hoffen zu können glaubten, stellten sie sich auch unter dein Regiment des hohenzollernschen Romantikers gegen die vielgehaßte Dynastie. So erklärte der Jesuitenfursprech Hofrat Buß in Frei¬ burg im Jahre l>W1 - „Wir werden mit einem Netze von katholischen Ver¬ einen den altprvtestantischen Herd in Preußen von Osten und von Westen umklammern und durch eine Anzahl von Klöstern diese Klammern befestigen und damit den Protestantismus erdrücken und die katholischen Provinzen, die zur Schmach aller Katholiken der Mark Brandenburg ^es ist das Königreich Preußen gemein^ zugeteilt worden sind, befreien und die Hohenzollern un¬ schädlich machen." Man sieht, daß die Kriegslust, die später der Papst atmete, als er im Jahre 1872 bei der Organisation seiner Streiter wider die Beschlüsse des deutschen Reichstags die Hoffnung ausdrückte, das; das Steinchen im Traume Nebukaduezars den Koloß, nämlich das deutsche Reich, zertrümmern werde, und dieselbe Kriegslust, die die Jesuiteublätter atmeten, z. B. die „Genfer Korrespondenz," als sie schrieb, daß der Papst jetzt einsehe, daß die Zeit der Barmherzigkeit vorüber sei und eine Periode eintreten müsse, wo die Gerechtig¬ keit ihren vollen, unerbittlichen Vollzug habe, und wo das Blatt drohte:

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/405>, abgerufen am 23.07.2024.