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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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Die Jesuitenpetitioneii

der Jesuit Lipsius Allsdruck in den Worte" gab: "In Sachen der Religion
ist keine Gnade noch Nachsicht zulässig; die wahre Gnade ist, ungnädig sein.
Um viele zu erretten, darf man sich nicht scheuen, einen oder den andern zu
entfernen." Und wie die politischen Grundsätze dieselben geblieben sind, jetzt
wie früher, das zeigte am besten der von den Jesuiten geleitete Pius der
Neunte, wenn er zu einer Abordnung der litterarischen Akademie Roms im
Vatikan am 20. Juli 1U7Z mit Rücksicht auf die damals noch mögliche Oppo¬
sition der weltlichen Regierungen gegen die Unfehlbarkeit, die es zu beschwich¬
tigen galt, sagte: "Unter allen jetzt herrschenden Irrtümern ist keiner bos¬
hafter als der, der der Unfehlbarkeit das Recht zusprechen würde, Könige
abzusetzen und Völker ihrer Unterthanenpslicht zu entbinden. Dieses Recht ist
ohne Zweifel von den Päpsten zeitweilig in äußersten Fällen ausgeübt worden.
Es hat aber durchaus nichts mit der Unfehlbarkeit zu thun, noch entspringt
es ans der Unfehlbarkeit, Wohl aber ans der Autorität des Papstes." Die
Übung dieses Rechtes, meinte er, sei übrigens mich in den glaubensstarken
Zeiten, die in dem Papste geehrt hätten, was er in Wirklichkeit sei, nämlich
"höchster Richter der Christenheit," gestützt gewesen "aus das öffentliche Recht
und die gemeinsame Übereinstimmniig der Böller" und sei öfters ausgedehnt
worden "auf die höchste" Interesse" der Staate" und ihrer Herrscher."
Leo X>>>, hat dieselbe" Ansichten. Ob "un der Papst, der "ach Windthorst
die Welt regiert, dies thun will kraft seiner Unfehlbarkeit oder kraft seiner
Autorität, das kann der Welt sehr gleichgiltig sei", altes in allem spricht doch
ans der päpstliche" Dialektik auch unsrer Tage der Sinn heraus: Wenn die
Sache gemacht werde" tan", so wird sie gemacht, xi re" priwstan poeme, pr-m-
LtiMÄn, vnd,. Geduldet wird etwas nur tkimporuiu melinus Imhiw" Fürsten
und Obrigkeiten würden auch heute, wenn sie sich als lässige Schäferhunde
zeigten, abgesetzt, oder auch, je nachdem, dein souveräne" Volke preisgegeben
werden, wenn es nur ginge. "Das öffentliche Recht und die gemeinsame Über¬
einstimmung der Völker," d. h. in Wirklichkeit, das geistliche Recht und die
Thorheit der Massen ist ganz geeignet, daß sich die unfehlbare Autorität des
Po"life,r aus sie stützt. Hierin liegt die innere Verwandtschaft, die die Ultra-
montanen und die von der Demagogie geleiteten Massen zu Zeiten so eng an-
einanderknüpft. Je unwissender und stumpfsinniger die Masse ist, desto besser
der Marktplatz, den der Jesuit für seine Künste findet. Darum gilt, was
Friedrich der Große von den Priestern sagte, insonderheit gegenüber den
Jesuiten, daß nichts gefährlicher sei, als den Priestern einen zu großen Ein-
fluß ans den Geist der Völker zu gestatten. "Die Fürsten werden früher oder
später ihre Sklaven." Unsre nltramvntcinen Zeitungen sollten es doch ja
unterlassen, bei dem Geschrei, das sie erhebe", um die Jesuiten wieder ins
Land z" bringen, die Hohenzollern als deren einstige Beschützer hinzustellen.
Sie haben dabei Friedrich den Großen im Sinne, der, als die Jesuiten aus


Die Jesuitenpetitioneii

der Jesuit Lipsius Allsdruck in den Worte» gab: „In Sachen der Religion
ist keine Gnade noch Nachsicht zulässig; die wahre Gnade ist, ungnädig sein.
Um viele zu erretten, darf man sich nicht scheuen, einen oder den andern zu
entfernen." Und wie die politischen Grundsätze dieselben geblieben sind, jetzt
wie früher, das zeigte am besten der von den Jesuiten geleitete Pius der
Neunte, wenn er zu einer Abordnung der litterarischen Akademie Roms im
Vatikan am 20. Juli 1U7Z mit Rücksicht auf die damals noch mögliche Oppo¬
sition der weltlichen Regierungen gegen die Unfehlbarkeit, die es zu beschwich¬
tigen galt, sagte: „Unter allen jetzt herrschenden Irrtümern ist keiner bos¬
hafter als der, der der Unfehlbarkeit das Recht zusprechen würde, Könige
abzusetzen und Völker ihrer Unterthanenpslicht zu entbinden. Dieses Recht ist
ohne Zweifel von den Päpsten zeitweilig in äußersten Fällen ausgeübt worden.
Es hat aber durchaus nichts mit der Unfehlbarkeit zu thun, noch entspringt
es ans der Unfehlbarkeit, Wohl aber ans der Autorität des Papstes." Die
Übung dieses Rechtes, meinte er, sei übrigens mich in den glaubensstarken
Zeiten, die in dem Papste geehrt hätten, was er in Wirklichkeit sei, nämlich
„höchster Richter der Christenheit," gestützt gewesen „aus das öffentliche Recht
und die gemeinsame Übereinstimmniig der Böller" und sei öfters ausgedehnt
worden „auf die höchste» Interesse» der Staate» und ihrer Herrscher."
Leo X>>>, hat dieselbe» Ansichten. Ob »un der Papst, der »ach Windthorst
die Welt regiert, dies thun will kraft seiner Unfehlbarkeit oder kraft seiner
Autorität, das kann der Welt sehr gleichgiltig sei», altes in allem spricht doch
ans der päpstliche» Dialektik auch unsrer Tage der Sinn heraus: Wenn die
Sache gemacht werde» tan», so wird sie gemacht, xi re« priwstan poeme, pr-m-
LtiMÄn, vnd,. Geduldet wird etwas nur tkimporuiu melinus Imhiw» Fürsten
und Obrigkeiten würden auch heute, wenn sie sich als lässige Schäferhunde
zeigten, abgesetzt, oder auch, je nachdem, dein souveräne» Volke preisgegeben
werden, wenn es nur ginge. „Das öffentliche Recht und die gemeinsame Über¬
einstimmung der Völker," d. h. in Wirklichkeit, das geistliche Recht und die
Thorheit der Massen ist ganz geeignet, daß sich die unfehlbare Autorität des
Po»life,r aus sie stützt. Hierin liegt die innere Verwandtschaft, die die Ultra-
montanen und die von der Demagogie geleiteten Massen zu Zeiten so eng an-
einanderknüpft. Je unwissender und stumpfsinniger die Masse ist, desto besser
der Marktplatz, den der Jesuit für seine Künste findet. Darum gilt, was
Friedrich der Große von den Priestern sagte, insonderheit gegenüber den
Jesuiten, daß nichts gefährlicher sei, als den Priestern einen zu großen Ein-
fluß ans den Geist der Völker zu gestatten. „Die Fürsten werden früher oder
später ihre Sklaven." Unsre nltramvntcinen Zeitungen sollten es doch ja
unterlassen, bei dem Geschrei, das sie erhebe», um die Jesuiten wieder ins
Land z» bringen, die Hohenzollern als deren einstige Beschützer hinzustellen.
Sie haben dabei Friedrich den Großen im Sinne, der, als die Jesuiten aus


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[0404] Die Jesuitenpetitioneii der Jesuit Lipsius Allsdruck in den Worte» gab: „In Sachen der Religion ist keine Gnade noch Nachsicht zulässig; die wahre Gnade ist, ungnädig sein. Um viele zu erretten, darf man sich nicht scheuen, einen oder den andern zu entfernen." Und wie die politischen Grundsätze dieselben geblieben sind, jetzt wie früher, das zeigte am besten der von den Jesuiten geleitete Pius der Neunte, wenn er zu einer Abordnung der litterarischen Akademie Roms im Vatikan am 20. Juli 1U7Z mit Rücksicht auf die damals noch mögliche Oppo¬ sition der weltlichen Regierungen gegen die Unfehlbarkeit, die es zu beschwich¬ tigen galt, sagte: „Unter allen jetzt herrschenden Irrtümern ist keiner bos¬ hafter als der, der der Unfehlbarkeit das Recht zusprechen würde, Könige abzusetzen und Völker ihrer Unterthanenpslicht zu entbinden. Dieses Recht ist ohne Zweifel von den Päpsten zeitweilig in äußersten Fällen ausgeübt worden. Es hat aber durchaus nichts mit der Unfehlbarkeit zu thun, noch entspringt es ans der Unfehlbarkeit, Wohl aber ans der Autorität des Papstes." Die Übung dieses Rechtes, meinte er, sei übrigens mich in den glaubensstarken Zeiten, die in dem Papste geehrt hätten, was er in Wirklichkeit sei, nämlich „höchster Richter der Christenheit," gestützt gewesen „aus das öffentliche Recht und die gemeinsame Übereinstimmniig der Böller" und sei öfters ausgedehnt worden „auf die höchste» Interesse» der Staate» und ihrer Herrscher." Leo X>>>, hat dieselbe» Ansichten. Ob »un der Papst, der »ach Windthorst die Welt regiert, dies thun will kraft seiner Unfehlbarkeit oder kraft seiner Autorität, das kann der Welt sehr gleichgiltig sei», altes in allem spricht doch ans der päpstliche» Dialektik auch unsrer Tage der Sinn heraus: Wenn die Sache gemacht werde» tan», so wird sie gemacht, xi re« priwstan poeme, pr-m- LtiMÄn, vnd,. Geduldet wird etwas nur tkimporuiu melinus Imhiw» Fürsten und Obrigkeiten würden auch heute, wenn sie sich als lässige Schäferhunde zeigten, abgesetzt, oder auch, je nachdem, dein souveräne» Volke preisgegeben werden, wenn es nur ginge. „Das öffentliche Recht und die gemeinsame Über¬ einstimmung der Völker," d. h. in Wirklichkeit, das geistliche Recht und die Thorheit der Massen ist ganz geeignet, daß sich die unfehlbare Autorität des Po»life,r aus sie stützt. Hierin liegt die innere Verwandtschaft, die die Ultra- montanen und die von der Demagogie geleiteten Massen zu Zeiten so eng an- einanderknüpft. Je unwissender und stumpfsinniger die Masse ist, desto besser der Marktplatz, den der Jesuit für seine Künste findet. Darum gilt, was Friedrich der Große von den Priestern sagte, insonderheit gegenüber den Jesuiten, daß nichts gefährlicher sei, als den Priestern einen zu großen Ein- fluß ans den Geist der Völker zu gestatten. „Die Fürsten werden früher oder später ihre Sklaven." Unsre nltramvntcinen Zeitungen sollten es doch ja unterlassen, bei dem Geschrei, das sie erhebe», um die Jesuiten wieder ins Land z» bringen, die Hohenzollern als deren einstige Beschützer hinzustellen. Sie haben dabei Friedrich den Großen im Sinne, der, als die Jesuiten aus

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/404>, abgerufen am 23.07.2024.