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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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Litteratur

Finger verbrennen, Stein und Bein schwören, die Leviten lesen, zum besten geben,
vom Hundertsten ins Tausendste kommen, das Handwerk legen, auf dem Kerbholz
haben u. a. Daß es dem Verfasser bei seiner Belesenheit in alten und neuen
Schriften ein Leichtes gewesen wäre, den hier gebotenen hundert Erläuterungen
noch viele andre hinzuzufügen, ist wohl nicht zu bezweifeln. Hoffentlich erscheint
bald ein weiteres Bändchen oder eine zweite, vermehrte Auflage. Wir enthalten
uus daher auch hier der Anführung nichtbehcmdelter Redensarten. Zum Beweise
dafür aber, mit wie großer Teilnahme wir das Buch gelesen haben, fügen wir den
gebotenen Belegen noch ein paar hinzu. Bei der Redensart "In die Schanze
schlagen" könnte auf ein Wort Baumgartens in der Nütliszene des Tell ("Dem
Tell verdaut ich mein gerettet Leben, gern schlag ichs in die Schanze für das
Land") verwiesen werden. Zu "ausbilden müssen" könnte angeführt werden Emilie
Galotti III, 2: "Vollends mein braver Nicolo, der das Bad mit bezahlen müssen."
Eine recht bezeichnende Anwendung von "Knall und Fall" findet sich in Schupps
"Negcntenspiegel," wo es von den schwedischen Staatsmännern heißt: "Sie reden
wenig, sie machen es wie die Wildschützen, da Knall und Fall ein Ding ist."
Dem, was der Verfasser bei der Redensart "aufs Tapet bringen" über den sprach¬
lichen Zusammenhang von Tapete und Teppich sagt, ließe sich hinzufügen, daß
Lohensieiu im "Arminius" schreibt: "Als der Adel die Herrschaft vieler Häupter
wieder auf den Teppiche brachte." Zu "Hundshare auflegen" wäre anzuführen aus
Lvhmann, Ma'ilsKium. xolitiounr (1630):

Zu der Redensart "Das Lebenslicht ausblasen," deren mythologischer Hinter¬
grund nachgewiesen wird, könnte vielleicht noch die Inschrift angeführt werde", die
ein Seifensieder in Tuttlingen an seinem Hause anbringen ließ:

Dem reichen kulturgeschichtlichen Material, das bei der Redensart ,,Auf dem
Kerbholze haben" beigebracht ist, könnte noch hinzugefügt werden, daß auch die
Redensart: "Das geht über deu Span" in der Anwendung des Kerbholzes ihre
Erklärung findet.






Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grnnow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grnnow in Leipzig -- Druck von Carl Marquart in Leipzig
Litteratur

Finger verbrennen, Stein und Bein schwören, die Leviten lesen, zum besten geben,
vom Hundertsten ins Tausendste kommen, das Handwerk legen, auf dem Kerbholz
haben u. a. Daß es dem Verfasser bei seiner Belesenheit in alten und neuen
Schriften ein Leichtes gewesen wäre, den hier gebotenen hundert Erläuterungen
noch viele andre hinzuzufügen, ist wohl nicht zu bezweifeln. Hoffentlich erscheint
bald ein weiteres Bändchen oder eine zweite, vermehrte Auflage. Wir enthalten
uus daher auch hier der Anführung nichtbehcmdelter Redensarten. Zum Beweise
dafür aber, mit wie großer Teilnahme wir das Buch gelesen haben, fügen wir den
gebotenen Belegen noch ein paar hinzu. Bei der Redensart „In die Schanze
schlagen" könnte auf ein Wort Baumgartens in der Nütliszene des Tell („Dem
Tell verdaut ich mein gerettet Leben, gern schlag ichs in die Schanze für das
Land") verwiesen werden. Zu „ausbilden müssen" könnte angeführt werden Emilie
Galotti III, 2: „Vollends mein braver Nicolo, der das Bad mit bezahlen müssen."
Eine recht bezeichnende Anwendung von „Knall und Fall" findet sich in Schupps
„Negcntenspiegel," wo es von den schwedischen Staatsmännern heißt: „Sie reden
wenig, sie machen es wie die Wildschützen, da Knall und Fall ein Ding ist."
Dem, was der Verfasser bei der Redensart „aufs Tapet bringen" über den sprach¬
lichen Zusammenhang von Tapete und Teppich sagt, ließe sich hinzufügen, daß
Lohensieiu im „Arminius" schreibt: „Als der Adel die Herrschaft vieler Häupter
wieder auf den Teppiche brachte." Zu „Hundshare auflegen" wäre anzuführen aus
Lvhmann, Ma'ilsKium. xolitiounr (1630):

Zu der Redensart „Das Lebenslicht ausblasen," deren mythologischer Hinter¬
grund nachgewiesen wird, könnte vielleicht noch die Inschrift angeführt werde», die
ein Seifensieder in Tuttlingen an seinem Hause anbringen ließ:

Dem reichen kulturgeschichtlichen Material, das bei der Redensart ,,Auf dem
Kerbholze haben" beigebracht ist, könnte noch hinzugefügt werden, daß auch die
Redensart: „Das geht über deu Span" in der Anwendung des Kerbholzes ihre
Erklärung findet.






Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grnnow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grnnow in Leipzig — Druck von Carl Marquart in Leipzig
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[0400] Litteratur Finger verbrennen, Stein und Bein schwören, die Leviten lesen, zum besten geben, vom Hundertsten ins Tausendste kommen, das Handwerk legen, auf dem Kerbholz haben u. a. Daß es dem Verfasser bei seiner Belesenheit in alten und neuen Schriften ein Leichtes gewesen wäre, den hier gebotenen hundert Erläuterungen noch viele andre hinzuzufügen, ist wohl nicht zu bezweifeln. Hoffentlich erscheint bald ein weiteres Bändchen oder eine zweite, vermehrte Auflage. Wir enthalten uus daher auch hier der Anführung nichtbehcmdelter Redensarten. Zum Beweise dafür aber, mit wie großer Teilnahme wir das Buch gelesen haben, fügen wir den gebotenen Belegen noch ein paar hinzu. Bei der Redensart „In die Schanze schlagen" könnte auf ein Wort Baumgartens in der Nütliszene des Tell („Dem Tell verdaut ich mein gerettet Leben, gern schlag ichs in die Schanze für das Land") verwiesen werden. Zu „ausbilden müssen" könnte angeführt werden Emilie Galotti III, 2: „Vollends mein braver Nicolo, der das Bad mit bezahlen müssen." Eine recht bezeichnende Anwendung von „Knall und Fall" findet sich in Schupps „Negcntenspiegel," wo es von den schwedischen Staatsmännern heißt: „Sie reden wenig, sie machen es wie die Wildschützen, da Knall und Fall ein Ding ist." Dem, was der Verfasser bei der Redensart „aufs Tapet bringen" über den sprach¬ lichen Zusammenhang von Tapete und Teppich sagt, ließe sich hinzufügen, daß Lohensieiu im „Arminius" schreibt: „Als der Adel die Herrschaft vieler Häupter wieder auf den Teppiche brachte." Zu „Hundshare auflegen" wäre anzuführen aus Lvhmann, Ma'ilsKium. xolitiounr (1630): Zu der Redensart „Das Lebenslicht ausblasen," deren mythologischer Hinter¬ grund nachgewiesen wird, könnte vielleicht noch die Inschrift angeführt werde», die ein Seifensieder in Tuttlingen an seinem Hause anbringen ließ: Dem reichen kulturgeschichtlichen Material, das bei der Redensart ,,Auf dem Kerbholze haben" beigebracht ist, könnte noch hinzugefügt werden, daß auch die Redensart: „Das geht über deu Span" in der Anwendung des Kerbholzes ihre Erklärung findet. Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grnnow in Leipzig Verlag von Fr. Wilh. Grnnow in Leipzig — Druck von Carl Marquart in Leipzig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/400>, abgerufen am 23.07.2024.