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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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Die Mac Ainley-Bill

englische" Flötze. Weis will Italien und Sizilien mit seinen Orangen sagen,
da auf den heißen Sandfeldern Floridas größere und süßere in unendlicher
Menge zu finden sind! "Niersteiner" zieht man hente bereits in Kalifornien,
der amerikanische Sekt ist nicht zu verachten und wird hie nud da schon in
Europa getrunken, französischer Roter oder deutscher Rheinwein sind Kinder
des Landes geworden. Serbien und Ungarn, Bessarabien und die Donau-
länder ziehen Borstenvieh in schwerer Menge, und doch bleibt der Umfang
ihrer Herden weit hinter denen zurück, die in der Mitte der neuen Welt ge¬
halten werden. Wo sind die Forsten Europas geblieben? Rußland hat noch
ausgedehnte, aber schwächliche Wälder; uur in Norwegen wächst ein kraftvoller
Baumschlag heran. Aber ans der Ausstellung in Neworleans lag ein Sequvjen-
stanun aus Kalifornien, der war 308 Fuß hoch und maß 96 Fuß im Um¬
fang! Kein Waldesdickicht des Amazonenstromes hegt solche Massen von Holz,
wie die Dvuglastauueu von Washington und die Zedernwälder von Oregon.
In den Südstaaten dehnen sich unendliche Fläche", von Phosphaten und
Knochen "rweltlicher Tiere so reichlich gedüngt, daß auf diesem kretazeischen
Boden die Banmwvllstande besser gedeiht, als es der Nil in Ägypten bewirken,
als es die Erde Indiens oder Perus leiste" kau". Noch sind die Silbergrube"
MvutauaS schlecht ausgebaut; aber sie rivalisiren schon mit denen von Mexiko,
und ob Kalifornien oder Australien reichere Goldschätze birgt, ist noch die
Frage. Und daß der Tabak, der der Marke nach ans Kühn oder der Habana
kommt, zum größten Teile auf den Feldern Kentuclhs und Virginias gedeiht,
ist eine bekannte Thatsache. Wo ist ein Land, fragen nur noch einmal, das
sich mit diesen natürlichen Reichtümern vergleichen ließe? Wo ein Gebiet, und
sei es noch so groß, das dicht neben einander eine auch uur ähnliche Mannich-
faltigkeit der Produkte böte? Neben einander! Denn wo der Rohstoff erzeugt
ist, gesellen sich auch flugs die Kräfte hinzu, ihn zur großartigen Jndnstrie-
prvdnttion auszubeuten. In Penushlvanieu liegen die Anthrazite, in Newyork
und Newjcrseh die Magnetite und Hämatite: es fehlt nur die verbindende
Hand. In Alabama ist Eisenerz und bituminöse Kohle benachbart. Und hat
kein Land so dicke Vanmstämme, wie Michigcin und Oregon, so hat auch keines
so zahllose Wasserfälle und Katarakte, deren nimmermüde Kraft dazu dienen
kann, die Riesen des Waldes für Erzeugnisse der Kunst- und Möbeltischlerei
zuzustutzen. I" Neuengland dreht sich die Spindel so fleißig, wie im bauin-
wvllbauenden Süden, in Birmingham dröhnt der Dampfhammer so heftig, wie
in Pittsburg und Cleveland. Kurz und gut, in wenigen Jahrzehnten ist aus
Grund des natürlichen Reichtums eine Industrie emporgeschossen, die in
einzelnen Zweigen mit der größten der Welt zu wetteifern vermag und un¬
ablässig bestrebt ist, jenen Reichtum zu vermehre", zu verdoppeln, zu verviel¬
fachen. Man braucht nicht durch die Palastavenüen Newhorks zu gehen, um
von dem nationalen Wohlstande des Landes einen Begriff zu bekommen.


Die Mac Ainley-Bill

englische» Flötze. Weis will Italien und Sizilien mit seinen Orangen sagen,
da auf den heißen Sandfeldern Floridas größere und süßere in unendlicher
Menge zu finden sind! „Niersteiner" zieht man hente bereits in Kalifornien,
der amerikanische Sekt ist nicht zu verachten und wird hie nud da schon in
Europa getrunken, französischer Roter oder deutscher Rheinwein sind Kinder
des Landes geworden. Serbien und Ungarn, Bessarabien und die Donau-
länder ziehen Borstenvieh in schwerer Menge, und doch bleibt der Umfang
ihrer Herden weit hinter denen zurück, die in der Mitte der neuen Welt ge¬
halten werden. Wo sind die Forsten Europas geblieben? Rußland hat noch
ausgedehnte, aber schwächliche Wälder; uur in Norwegen wächst ein kraftvoller
Baumschlag heran. Aber ans der Ausstellung in Neworleans lag ein Sequvjen-
stanun aus Kalifornien, der war 308 Fuß hoch und maß 96 Fuß im Um¬
fang! Kein Waldesdickicht des Amazonenstromes hegt solche Massen von Holz,
wie die Dvuglastauueu von Washington und die Zedernwälder von Oregon.
In den Südstaaten dehnen sich unendliche Fläche», von Phosphaten und
Knochen »rweltlicher Tiere so reichlich gedüngt, daß auf diesem kretazeischen
Boden die Banmwvllstande besser gedeiht, als es der Nil in Ägypten bewirken,
als es die Erde Indiens oder Perus leiste» kau». Noch sind die Silbergrube»
MvutauaS schlecht ausgebaut; aber sie rivalisiren schon mit denen von Mexiko,
und ob Kalifornien oder Australien reichere Goldschätze birgt, ist noch die
Frage. Und daß der Tabak, der der Marke nach ans Kühn oder der Habana
kommt, zum größten Teile auf den Feldern Kentuclhs und Virginias gedeiht,
ist eine bekannte Thatsache. Wo ist ein Land, fragen nur noch einmal, das
sich mit diesen natürlichen Reichtümern vergleichen ließe? Wo ein Gebiet, und
sei es noch so groß, das dicht neben einander eine auch uur ähnliche Mannich-
faltigkeit der Produkte böte? Neben einander! Denn wo der Rohstoff erzeugt
ist, gesellen sich auch flugs die Kräfte hinzu, ihn zur großartigen Jndnstrie-
prvdnttion auszubeuten. In Penushlvanieu liegen die Anthrazite, in Newyork
und Newjcrseh die Magnetite und Hämatite: es fehlt nur die verbindende
Hand. In Alabama ist Eisenerz und bituminöse Kohle benachbart. Und hat
kein Land so dicke Vanmstämme, wie Michigcin und Oregon, so hat auch keines
so zahllose Wasserfälle und Katarakte, deren nimmermüde Kraft dazu dienen
kann, die Riesen des Waldes für Erzeugnisse der Kunst- und Möbeltischlerei
zuzustutzen. I» Neuengland dreht sich die Spindel so fleißig, wie im bauin-
wvllbauenden Süden, in Birmingham dröhnt der Dampfhammer so heftig, wie
in Pittsburg und Cleveland. Kurz und gut, in wenigen Jahrzehnten ist aus
Grund des natürlichen Reichtums eine Industrie emporgeschossen, die in
einzelnen Zweigen mit der größten der Welt zu wetteifern vermag und un¬
ablässig bestrebt ist, jenen Reichtum zu vermehre», zu verdoppeln, zu verviel¬
fachen. Man braucht nicht durch die Palastavenüen Newhorks zu gehen, um
von dem nationalen Wohlstande des Landes einen Begriff zu bekommen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/312>, abgerufen am 23.07.2024.