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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches "ut Unmaßgebliches

aiiSgnbe der Werte Kellers eine" (linchhändlerischen) Mißerfolg gehabt habe. Bei
diesem niertwürdigen Urteil muß ein besvnneiier Leser stutzig werden. Dn Mähly
iveiß, das; die Frauen nicht über den Wert eines Dichters entscheiden können, so
wird er dach auch wissen, daß Wert und Popularität bei einem Dichter nie gleichen
Schritt halten, ja nieist im umgekehrten Verhältnis stehen. Oder ist etwa Goethe
"populär," oder gar Homer und Dante? oder ist eS Cervantes, Kellers Liebling?
Oder giebt umgekehrt die Popularität mancher unsrer Modedichter einen Maßstab
ab für ihren Wert? Einer unsrer, angesehensten Kritiker, Heinrich Bnlthanpt,
nannte den Neßter-Kultus eine der größten Blamagen des (nun vergangenen) Jahr¬
zehntes. Dennoch, die Frauen haben für Neßler geschwärmt und schwärmen noch für
ihn, während ein wirklich musikkundiger Mensch die Zumutung, Neßler für einen
bedeutenden Komponisten zu halten, jedenfalls als eine Beleidigung empfinden muß.
Wir glauben much, daß der Mißerfolg der Gesamtausgabe Kellers teilweise mit
seiner "Uupopularität" zu erklären sei, teilweise aber doch sicher auch daraus, daß
Kellers Verehrer seine Werte besitzen -- sie sind doch einzeln immerhin ganz
leidlich verkauft worden -- und nur wenige mit Glücksgüter" ausreichend gesegnet
sind, sich daneben die (übrigens etwas nachlässig gedruckte) Gesamtausgabc auzu-
schasicn. Die Zeit wird auch für Kellers Werke kommen, nämlich wenn sie "frei,"
d. h. billig sein werden und das Urteil einsichtiger Literarhistoriker und Laien
durchgedrungen sein wird, daß Keller ein Klassiker unsers Volkes sei so gut wie
Schiller und Goethe. Freilich ob er dann mehr gelesen werden wird, wer will
das wissen? Stehen doch auch Schillers und Goethes Werke meist arg verstände
ans den Bücherbrettern ihrer Besitzer.

Wir müssen doch glauben, daß die Frauen es Herrn Mähly angethan haben
mit ihrem Urteil, wenigstens vermöge" wir uns eine ganze Reihe seiner Äußerungen
nicht anders zu erklären. Dein "Tanzlegendchen" macht er zum Vorwurf, daß
die allerhöchste Trimtät darin unter langsam hinhallendem Donnerschlag die neun
Musen zum christlichen Himmel hinaustreibe. Wenn man nichts Besseres mit ihr
anzufangen Nüsse, solle man sie lieber ganz aus dem Spiele lassen. So könnte
eine Frau urteilen, allenfalls much ein Pietist, und dem letztern wird doch Mähly
so wenig wie der erster" ein richtiges Urteil zugestehen. Wenn man weiß, wie
tief Keller i" religiöse" Dingen fühlt -- und uni daS zu erfahre", braucht man
nur deu "Grünen Heinrich" zu lesen --, so wird man sich dadurch nicht irre
machen lassen, daß Herr Mähly aus den "Legenden" überhaupt deu Eindruck
empfangen zu haben scheint, daß ihnen die Achtung vor dem Heiligen fehle. Was
er im übrigen gegen die Behandlung der Legenden vorbringt, beweist mir, daß er
einen Vergleich der Vorlagen Kellers mit seiner Dichtung nie angestellt hat, also


ja der Mißerfolg derselben nicht mehr bemäntelt werden könne, habe ich seiner Zeit kennen
gelernt- Irgend eine Gegenäußerung zu thun, fand ich nicht Anlaß. Ans Ihre freundliche
Frage aber nehme ich keinen Anstand Ihnen der Wahrheit gemäß mitzuteilen, daß die Ver¬
breitung der Werke Kellers in der Gesamtausgabe sehr ansehnlich ist und meine Erwartungen
bedeutend übertroffen hat. Diesen guten, nach meiner Ansicht sehr guten Erfolg werden Ihnen
die Buchhandlungen, vor allen die schweizerischen, bestätigen müssen. Die Mitteilung van
Zahlen verbietet sich, dagegen interessirt es Sie vielleicht zu erfahren, daß ich die erste Auf¬
lage, die selbstverständlich eine starke Auflage war, während deS Erscheinens absetzte, daß ich
noch im vorigen Jahre (der letzte Band erschien Anfang November vorigen Jahres), zwei
Neudrucke der zehn Bände veranstaltete, und daß ich gegenwärtig wiederum einen Neu¬
druck bei der anhaltenden erfreulichen Nachfrage und Verbreitung veranstalten muß. Ich
bin nicht gewöhnt, stark anfzntrngen oder gar zu renommiren, ich kann nur einfach den sehr
guten Erfolg, die starke Verbreitung der Gesamtausgabe kmistntire", und glaube, daß, trotz
des relativen Begriffs, jeder Verleger diese Erklärung getrost abgeben würde und könnte.
Maßgebliches »ut Unmaßgebliches

aiiSgnbe der Werte Kellers eine» (linchhändlerischen) Mißerfolg gehabt habe. Bei
diesem niertwürdigen Urteil muß ein besvnneiier Leser stutzig werden. Dn Mähly
iveiß, das; die Frauen nicht über den Wert eines Dichters entscheiden können, so
wird er dach auch wissen, daß Wert und Popularität bei einem Dichter nie gleichen
Schritt halten, ja nieist im umgekehrten Verhältnis stehen. Oder ist etwa Goethe
„populär," oder gar Homer und Dante? oder ist eS Cervantes, Kellers Liebling?
Oder giebt umgekehrt die Popularität mancher unsrer Modedichter einen Maßstab
ab für ihren Wert? Einer unsrer, angesehensten Kritiker, Heinrich Bnlthanpt,
nannte den Neßter-Kultus eine der größten Blamagen des (nun vergangenen) Jahr¬
zehntes. Dennoch, die Frauen haben für Neßler geschwärmt und schwärmen noch für
ihn, während ein wirklich musikkundiger Mensch die Zumutung, Neßler für einen
bedeutenden Komponisten zu halten, jedenfalls als eine Beleidigung empfinden muß.
Wir glauben much, daß der Mißerfolg der Gesamtausgabe Kellers teilweise mit
seiner „Uupopularität" zu erklären sei, teilweise aber doch sicher auch daraus, daß
Kellers Verehrer seine Werte besitzen — sie sind doch einzeln immerhin ganz
leidlich verkauft worden — und nur wenige mit Glücksgüter» ausreichend gesegnet
sind, sich daneben die (übrigens etwas nachlässig gedruckte) Gesamtausgabc auzu-
schasicn. Die Zeit wird auch für Kellers Werke kommen, nämlich wenn sie „frei,"
d. h. billig sein werden und das Urteil einsichtiger Literarhistoriker und Laien
durchgedrungen sein wird, daß Keller ein Klassiker unsers Volkes sei so gut wie
Schiller und Goethe. Freilich ob er dann mehr gelesen werden wird, wer will
das wissen? Stehen doch auch Schillers und Goethes Werke meist arg verstände
ans den Bücherbrettern ihrer Besitzer.

Wir müssen doch glauben, daß die Frauen es Herrn Mähly angethan haben
mit ihrem Urteil, wenigstens vermöge» wir uns eine ganze Reihe seiner Äußerungen
nicht anders zu erklären. Dein „Tanzlegendchen" macht er zum Vorwurf, daß
die allerhöchste Trimtät darin unter langsam hinhallendem Donnerschlag die neun
Musen zum christlichen Himmel hinaustreibe. Wenn man nichts Besseres mit ihr
anzufangen Nüsse, solle man sie lieber ganz aus dem Spiele lassen. So könnte
eine Frau urteilen, allenfalls much ein Pietist, und dem letztern wird doch Mähly
so wenig wie der erster» ein richtiges Urteil zugestehen. Wenn man weiß, wie
tief Keller i» religiöse» Dingen fühlt — und uni daS zu erfahre», braucht man
nur deu „Grünen Heinrich" zu lesen —, so wird man sich dadurch nicht irre
machen lassen, daß Herr Mähly aus den „Legenden" überhaupt deu Eindruck
empfangen zu haben scheint, daß ihnen die Achtung vor dem Heiligen fehle. Was
er im übrigen gegen die Behandlung der Legenden vorbringt, beweist mir, daß er
einen Vergleich der Vorlagen Kellers mit seiner Dichtung nie angestellt hat, also


ja der Mißerfolg derselben nicht mehr bemäntelt werden könne, habe ich seiner Zeit kennen
gelernt- Irgend eine Gegenäußerung zu thun, fand ich nicht Anlaß. Ans Ihre freundliche
Frage aber nehme ich keinen Anstand Ihnen der Wahrheit gemäß mitzuteilen, daß die Ver¬
breitung der Werke Kellers in der Gesamtausgabe sehr ansehnlich ist und meine Erwartungen
bedeutend übertroffen hat. Diesen guten, nach meiner Ansicht sehr guten Erfolg werden Ihnen
die Buchhandlungen, vor allen die schweizerischen, bestätigen müssen. Die Mitteilung van
Zahlen verbietet sich, dagegen interessirt es Sie vielleicht zu erfahren, daß ich die erste Auf¬
lage, die selbstverständlich eine starke Auflage war, während deS Erscheinens absetzte, daß ich
noch im vorigen Jahre (der letzte Band erschien Anfang November vorigen Jahres), zwei
Neudrucke der zehn Bände veranstaltete, und daß ich gegenwärtig wiederum einen Neu¬
druck bei der anhaltenden erfreulichen Nachfrage und Verbreitung veranstalten muß. Ich
bin nicht gewöhnt, stark anfzntrngen oder gar zu renommiren, ich kann nur einfach den sehr
guten Erfolg, die starke Verbreitung der Gesamtausgabe kmistntire», und glaube, daß, trotz
des relativen Begriffs, jeder Verleger diese Erklärung getrost abgeben würde und könnte.
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[0251] Maßgebliches »ut Unmaßgebliches aiiSgnbe der Werte Kellers eine» (linchhändlerischen) Mißerfolg gehabt habe. Bei diesem niertwürdigen Urteil muß ein besvnneiier Leser stutzig werden. Dn Mähly iveiß, das; die Frauen nicht über den Wert eines Dichters entscheiden können, so wird er dach auch wissen, daß Wert und Popularität bei einem Dichter nie gleichen Schritt halten, ja nieist im umgekehrten Verhältnis stehen. Oder ist etwa Goethe „populär," oder gar Homer und Dante? oder ist eS Cervantes, Kellers Liebling? Oder giebt umgekehrt die Popularität mancher unsrer Modedichter einen Maßstab ab für ihren Wert? Einer unsrer, angesehensten Kritiker, Heinrich Bnlthanpt, nannte den Neßter-Kultus eine der größten Blamagen des (nun vergangenen) Jahr¬ zehntes. Dennoch, die Frauen haben für Neßler geschwärmt und schwärmen noch für ihn, während ein wirklich musikkundiger Mensch die Zumutung, Neßler für einen bedeutenden Komponisten zu halten, jedenfalls als eine Beleidigung empfinden muß. Wir glauben much, daß der Mißerfolg der Gesamtausgabe Kellers teilweise mit seiner „Uupopularität" zu erklären sei, teilweise aber doch sicher auch daraus, daß Kellers Verehrer seine Werte besitzen — sie sind doch einzeln immerhin ganz leidlich verkauft worden — und nur wenige mit Glücksgüter» ausreichend gesegnet sind, sich daneben die (übrigens etwas nachlässig gedruckte) Gesamtausgabc auzu- schasicn. Die Zeit wird auch für Kellers Werke kommen, nämlich wenn sie „frei," d. h. billig sein werden und das Urteil einsichtiger Literarhistoriker und Laien durchgedrungen sein wird, daß Keller ein Klassiker unsers Volkes sei so gut wie Schiller und Goethe. Freilich ob er dann mehr gelesen werden wird, wer will das wissen? Stehen doch auch Schillers und Goethes Werke meist arg verstände ans den Bücherbrettern ihrer Besitzer. Wir müssen doch glauben, daß die Frauen es Herrn Mähly angethan haben mit ihrem Urteil, wenigstens vermöge» wir uns eine ganze Reihe seiner Äußerungen nicht anders zu erklären. Dein „Tanzlegendchen" macht er zum Vorwurf, daß die allerhöchste Trimtät darin unter langsam hinhallendem Donnerschlag die neun Musen zum christlichen Himmel hinaustreibe. Wenn man nichts Besseres mit ihr anzufangen Nüsse, solle man sie lieber ganz aus dem Spiele lassen. So könnte eine Frau urteilen, allenfalls much ein Pietist, und dem letztern wird doch Mähly so wenig wie der erster» ein richtiges Urteil zugestehen. Wenn man weiß, wie tief Keller i» religiöse» Dingen fühlt — und uni daS zu erfahre», braucht man nur deu „Grünen Heinrich" zu lesen —, so wird man sich dadurch nicht irre machen lassen, daß Herr Mähly aus den „Legenden" überhaupt deu Eindruck empfangen zu haben scheint, daß ihnen die Achtung vor dem Heiligen fehle. Was er im übrigen gegen die Behandlung der Legenden vorbringt, beweist mir, daß er einen Vergleich der Vorlagen Kellers mit seiner Dichtung nie angestellt hat, also ja der Mißerfolg derselben nicht mehr bemäntelt werden könne, habe ich seiner Zeit kennen gelernt- Irgend eine Gegenäußerung zu thun, fand ich nicht Anlaß. Ans Ihre freundliche Frage aber nehme ich keinen Anstand Ihnen der Wahrheit gemäß mitzuteilen, daß die Ver¬ breitung der Werke Kellers in der Gesamtausgabe sehr ansehnlich ist und meine Erwartungen bedeutend übertroffen hat. Diesen guten, nach meiner Ansicht sehr guten Erfolg werden Ihnen die Buchhandlungen, vor allen die schweizerischen, bestätigen müssen. Die Mitteilung van Zahlen verbietet sich, dagegen interessirt es Sie vielleicht zu erfahren, daß ich die erste Auf¬ lage, die selbstverständlich eine starke Auflage war, während deS Erscheinens absetzte, daß ich noch im vorigen Jahre (der letzte Band erschien Anfang November vorigen Jahres), zwei Neudrucke der zehn Bände veranstaltete, und daß ich gegenwärtig wiederum einen Neu¬ druck bei der anhaltenden erfreulichen Nachfrage und Verbreitung veranstalten muß. Ich bin nicht gewöhnt, stark anfzntrngen oder gar zu renommiren, ich kann nur einfach den sehr guten Erfolg, die starke Verbreitung der Gesamtausgabe kmistntire», und glaube, daß, trotz des relativen Begriffs, jeder Verleger diese Erklärung getrost abgeben würde und könnte.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/251>, abgerufen am 25.08.2024.