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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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Zur Frage der Besetzung des Bischofsstuhls in Sirnsilnirg

aufgeworfen U'erden, ob nicht für Elsaß-Lothringen das deutsche Konkordat
zwischen Kaiser Friedrich III. und Papst Nikolaus V. von 1448 und das
tsmpvrg.mvnwm N^remi V. wieder aufleben würde. Indem die deutsche Re¬
gierung die Nachgiebigkeit der Kurie entgegenkommend behandelte, hat sie sich,
wie sich besonders bei der vorliegenden Sachlage zeigt, ein nnlengbares Ver¬
dienst erworben.

Bei der nächsten Erledigung eines Vischofsstuhles sollte die Angelegenheit
bezüglich der neuen Vereinbarung zum Austrage kommen; man ist jedoch dem
bevorstehenden Anlasse zur Entscheidung der Sache zunächst aus dein Wege
gegangen. Die Beziehungen zwischen Rom und Berlin waren damals nicht
derart, daß man auf Erzielung eines Einvernehmens Hütte hoffen können. Das
deutsche Reich hatte keine Verbindung mit dem Vatikan. Um nicht zur Unzeit
dnrch ein unberechenbares Ereignis überrascht zu werden, hat man 1880 -- nach
Besserung der Beziehungen zu Rom -- sich dahin geeinigt, daß für beide Bis¬
tümer Koadjutoreu em" 8xv suoosÄMdi bestellt werden sollten. An eine solche
Bestellung hatte Art. 17 des Konkordates keine weitern Folgen geknüpft, und
die französische Regierung hatte, um einer Umgehung des weltlichen Ernenuuugs-
rechtes vorzubeugen, durch Dekret von 7. Januar 1880 die Bestimmung ge¬
troffen, daß zur Nachsuchung oder Annahme eines Bistums in zmrtibuL die
staatliche Ermächtigung, überdies die Genehmigung der Ernennnngsbulle im
Staatsrate erforderlich sei. Es scheint, daß man sich vorerst darüber ver¬
ständigt hatte, daß die zu ernennenden Koadjutoreu vou Rom aus angehalten
worden sind, sich der staatlichen Genehmigung zu versichern. Durch gleich¬
lautende landesherrliche Verordnungen vom 10. Dezember 1880 und vom
U. April 1881 wurden die Generalvikare Fleck von Metz und Stumpf vou
Straßburg auf Ansuchen des Bischofs ermächtigt, die Verleihung eines Bistums
in pg.rtibus anzunehmen und die kanonische Institution als Koadjutoreu der
Bischöfe mit dem Rechte der Nachfolge zu empfangen. Damit war die Ent¬
scheidung hinausgeschoben. Seitdem siud die ersten Stelleninhnber gestorben,
und die Koadjutoreu, die keiner neuen kanonischen Institution oder staatlichen
Genehmigung bedurften, sind in die erledigten Stellen ohne weiteres eingerückt.
Nun ist anch Bischof Stumpf gestorben, dem zu Lebzeiten kein Kvadjutor be¬
stellt war, und nun ist eine neue Vereinbarung zwischen der weltlichen und der
geistlichen Macht zu treffen.

Wenn auch alle Mutmaßungen über Form oder Inhalt einer solchen
Vereinbarung in der Luft schweben es ist ja die Möglichkeit nicht aus¬
geschlossen, daß man sich nur für deu vorliegenden Fall über die Person
einigt, und daß Rom ein imllllwin gewährt, der Staat aber dnrch eine
alni-znlii, Mlvg,tora sein Recht sichert --, so dürfte es doch von Interesse sein,
zu hören, wie man bei frühern Vorgängen über die Möglichkeit einer Lösung
gedacht hat.


Zur Frage der Besetzung des Bischofsstuhls in Sirnsilnirg

aufgeworfen U'erden, ob nicht für Elsaß-Lothringen das deutsche Konkordat
zwischen Kaiser Friedrich III. und Papst Nikolaus V. von 1448 und das
tsmpvrg.mvnwm N^remi V. wieder aufleben würde. Indem die deutsche Re¬
gierung die Nachgiebigkeit der Kurie entgegenkommend behandelte, hat sie sich,
wie sich besonders bei der vorliegenden Sachlage zeigt, ein nnlengbares Ver¬
dienst erworben.

Bei der nächsten Erledigung eines Vischofsstuhles sollte die Angelegenheit
bezüglich der neuen Vereinbarung zum Austrage kommen; man ist jedoch dem
bevorstehenden Anlasse zur Entscheidung der Sache zunächst aus dein Wege
gegangen. Die Beziehungen zwischen Rom und Berlin waren damals nicht
derart, daß man auf Erzielung eines Einvernehmens Hütte hoffen können. Das
deutsche Reich hatte keine Verbindung mit dem Vatikan. Um nicht zur Unzeit
dnrch ein unberechenbares Ereignis überrascht zu werden, hat man 1880 — nach
Besserung der Beziehungen zu Rom — sich dahin geeinigt, daß für beide Bis¬
tümer Koadjutoreu em» 8xv suoosÄMdi bestellt werden sollten. An eine solche
Bestellung hatte Art. 17 des Konkordates keine weitern Folgen geknüpft, und
die französische Regierung hatte, um einer Umgehung des weltlichen Ernenuuugs-
rechtes vorzubeugen, durch Dekret von 7. Januar 1880 die Bestimmung ge¬
troffen, daß zur Nachsuchung oder Annahme eines Bistums in zmrtibuL die
staatliche Ermächtigung, überdies die Genehmigung der Ernennnngsbulle im
Staatsrate erforderlich sei. Es scheint, daß man sich vorerst darüber ver¬
ständigt hatte, daß die zu ernennenden Koadjutoreu vou Rom aus angehalten
worden sind, sich der staatlichen Genehmigung zu versichern. Durch gleich¬
lautende landesherrliche Verordnungen vom 10. Dezember 1880 und vom
U. April 1881 wurden die Generalvikare Fleck von Metz und Stumpf vou
Straßburg auf Ansuchen des Bischofs ermächtigt, die Verleihung eines Bistums
in pg.rtibus anzunehmen und die kanonische Institution als Koadjutoreu der
Bischöfe mit dem Rechte der Nachfolge zu empfangen. Damit war die Ent¬
scheidung hinausgeschoben. Seitdem siud die ersten Stelleninhnber gestorben,
und die Koadjutoreu, die keiner neuen kanonischen Institution oder staatlichen
Genehmigung bedurften, sind in die erledigten Stellen ohne weiteres eingerückt.
Nun ist anch Bischof Stumpf gestorben, dem zu Lebzeiten kein Kvadjutor be¬
stellt war, und nun ist eine neue Vereinbarung zwischen der weltlichen und der
geistlichen Macht zu treffen.

Wenn auch alle Mutmaßungen über Form oder Inhalt einer solchen
Vereinbarung in der Luft schweben es ist ja die Möglichkeit nicht aus¬
geschlossen, daß man sich nur für deu vorliegenden Fall über die Person
einigt, und daß Rom ein imllllwin gewährt, der Staat aber dnrch eine
alni-znlii, Mlvg,tora sein Recht sichert —, so dürfte es doch von Interesse sein,
zu hören, wie man bei frühern Vorgängen über die Möglichkeit einer Lösung
gedacht hat.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/117>, abgerufen am 25.08.2024.