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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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Zur Frage der Besetzung des Lischofsstichis in Strastburg

Frage gestellt wurden war; gerade deshalb blieb aber auch die Geltung der
Bestimmung in Art. 17 des Konkordates außer Zweifel. Zweifelhaft bleibt
mir die Bedeutung des Ausdruckes, "daß der heilige Stuhl der kaiserlichen
Regierung kein Konkordat zu kündigen hat." Die Kurie wollte damit jeden¬
falls nicht sagen, daß sie kein Kündignngsrecht habe, da der Shllabus Art. ti
Hrroru" tlo iiooiotaw oiviü 4!! den weltlichen Regiernligen das einseitige
Kündignngsrecht abspricht und der Kirche wahrt. Ebenso wenig konnte damit
gesagt sein, daß die Kündigung bereits ipso.juro oder jjM Köln erfolgt sei,
da der Kardinal unter Borbehalt des Art. 17 das Konkordat für fortbestehend
erklärt hat. Doch konnte mau die Sache auf sich beruhen lassen, weil ein
Schreiben des .Kardinals Antvnelli an den Bischof von Straßburg nicht die
Bedeutung eiuer Erklärung der Kurie gegenüber dem Reiche hatte. Seit
diesem Schreiben bestand vollständiges Einverständnis zwischen Rom und Berlin
oder Strnßbnrg darüber, daß das Konkordat für Elsaß-Lothringen in Geltung
geblieben sei, daß aber beiderseitig eine weitere Vereinbarung nach Art. 17
vorbehalte" bleibe, eine Art von Novelle zum Konkordat.

Es ist daher nicht recht begreiflich, warum in Deutschland aus Anlaß
der jüngsten Erledigung des Bischofsstnhles in Straßburg wieder die Meinung
entstanden ist, daß das Konkordat von 1801 hinfällig geworden sei. Der
Meinung von Dove und Friedberg, daß das Konkordat durch einen vontiAriu"
V0N8LN8U8 aufgehoben worden sei, entsprachen schon damals nicht die Vor¬
gänge. Seitdem ist durch langjährige gemeinschaftliche Handhabung des Kon¬
kordates dieser Ansicht der Boden gründlich entzogen worden. Darüber aber
besteht Übereinstimmung, daß bezüglich der jetzt bevorstehenden Erneuung eines
Bischofs für Straßbnrg eine neue Vereinbarung zu erzielen sei. In welcher
Form diese geschieht, und ob nicht eine Übereinstimmung bezüglich der Person
all lloo für genügend erachtet wird, das entzieht sich zur Zeit der Beurteilung,
das wird die Folge zeigen. Da das Domkapitel von Straßburg keinerlei
Vorschlagsrecht hat, wird sich die ganze Angelegenheit lediglich zwischen der
Kurie und der deutschen Regierung abwickeln. Es ist anch gar nicht abzu¬
sehen, welchen nationalen Vorteil mau in Deutschland von einer Aufhebung
des Konkordates erwarten könnte. Montalembert hatte seinerzeit sür diesen
Fall nach der Losung von Lcnnennais und seiner Schule: I^a libvrkv
vomiue c!it IjvlMiue den Satz aufgestellt, daß im Falle der Zerstörung
des Konkordates Zustände wie in Belgien eintreten müßten, wogegen
Dupin mit Recht bemerkt hat, daß das etroit omumu" "lo la> I^menos doch
wahrhaftig nichts mit belgischen Verhältnissen zu schaffen habe. Andre ver¬
standen damals unter diesen: gemeinen Rechte Frankreichs die Rechtszustände,
wie sie vor dem zwischen Franz I, und Leo X. geschlossenen Konkordat von
1515 bestanden, wieder andre eben die durch dieses Konkordat geschaffenen
Verhältnisse. Folgerichtig könnte von diesem Standpunkt ans sogar die Frage


Zur Frage der Besetzung des Lischofsstichis in Strastburg

Frage gestellt wurden war; gerade deshalb blieb aber auch die Geltung der
Bestimmung in Art. 17 des Konkordates außer Zweifel. Zweifelhaft bleibt
mir die Bedeutung des Ausdruckes, „daß der heilige Stuhl der kaiserlichen
Regierung kein Konkordat zu kündigen hat." Die Kurie wollte damit jeden¬
falls nicht sagen, daß sie kein Kündignngsrecht habe, da der Shllabus Art. ti
Hrroru» tlo iiooiotaw oiviü 4!! den weltlichen Regiernligen das einseitige
Kündignngsrecht abspricht und der Kirche wahrt. Ebenso wenig konnte damit
gesagt sein, daß die Kündigung bereits ipso.juro oder jjM Köln erfolgt sei,
da der Kardinal unter Borbehalt des Art. 17 das Konkordat für fortbestehend
erklärt hat. Doch konnte mau die Sache auf sich beruhen lassen, weil ein
Schreiben des .Kardinals Antvnelli an den Bischof von Straßburg nicht die
Bedeutung eiuer Erklärung der Kurie gegenüber dem Reiche hatte. Seit
diesem Schreiben bestand vollständiges Einverständnis zwischen Rom und Berlin
oder Strnßbnrg darüber, daß das Konkordat für Elsaß-Lothringen in Geltung
geblieben sei, daß aber beiderseitig eine weitere Vereinbarung nach Art. 17
vorbehalte» bleibe, eine Art von Novelle zum Konkordat.

Es ist daher nicht recht begreiflich, warum in Deutschland aus Anlaß
der jüngsten Erledigung des Bischofsstnhles in Straßburg wieder die Meinung
entstanden ist, daß das Konkordat von 1801 hinfällig geworden sei. Der
Meinung von Dove und Friedberg, daß das Konkordat durch einen vontiAriu»
V0N8LN8U8 aufgehoben worden sei, entsprachen schon damals nicht die Vor¬
gänge. Seitdem ist durch langjährige gemeinschaftliche Handhabung des Kon¬
kordates dieser Ansicht der Boden gründlich entzogen worden. Darüber aber
besteht Übereinstimmung, daß bezüglich der jetzt bevorstehenden Erneuung eines
Bischofs für Straßbnrg eine neue Vereinbarung zu erzielen sei. In welcher
Form diese geschieht, und ob nicht eine Übereinstimmung bezüglich der Person
all lloo für genügend erachtet wird, das entzieht sich zur Zeit der Beurteilung,
das wird die Folge zeigen. Da das Domkapitel von Straßburg keinerlei
Vorschlagsrecht hat, wird sich die ganze Angelegenheit lediglich zwischen der
Kurie und der deutschen Regierung abwickeln. Es ist anch gar nicht abzu¬
sehen, welchen nationalen Vorteil mau in Deutschland von einer Aufhebung
des Konkordates erwarten könnte. Montalembert hatte seinerzeit sür diesen
Fall nach der Losung von Lcnnennais und seiner Schule: I^a libvrkv
vomiue c!it IjvlMiue den Satz aufgestellt, daß im Falle der Zerstörung
des Konkordates Zustände wie in Belgien eintreten müßten, wogegen
Dupin mit Recht bemerkt hat, daß das etroit omumu» «lo la> I^menos doch
wahrhaftig nichts mit belgischen Verhältnissen zu schaffen habe. Andre ver¬
standen damals unter diesen: gemeinen Rechte Frankreichs die Rechtszustände,
wie sie vor dem zwischen Franz I, und Leo X. geschlossenen Konkordat von
1515 bestanden, wieder andre eben die durch dieses Konkordat geschaffenen
Verhältnisse. Folgerichtig könnte von diesem Standpunkt ans sogar die Frage


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[0116] Zur Frage der Besetzung des Lischofsstichis in Strastburg Frage gestellt wurden war; gerade deshalb blieb aber auch die Geltung der Bestimmung in Art. 17 des Konkordates außer Zweifel. Zweifelhaft bleibt mir die Bedeutung des Ausdruckes, „daß der heilige Stuhl der kaiserlichen Regierung kein Konkordat zu kündigen hat." Die Kurie wollte damit jeden¬ falls nicht sagen, daß sie kein Kündignngsrecht habe, da der Shllabus Art. ti Hrroru» tlo iiooiotaw oiviü 4!! den weltlichen Regiernligen das einseitige Kündignngsrecht abspricht und der Kirche wahrt. Ebenso wenig konnte damit gesagt sein, daß die Kündigung bereits ipso.juro oder jjM Köln erfolgt sei, da der Kardinal unter Borbehalt des Art. 17 das Konkordat für fortbestehend erklärt hat. Doch konnte mau die Sache auf sich beruhen lassen, weil ein Schreiben des .Kardinals Antvnelli an den Bischof von Straßburg nicht die Bedeutung eiuer Erklärung der Kurie gegenüber dem Reiche hatte. Seit diesem Schreiben bestand vollständiges Einverständnis zwischen Rom und Berlin oder Strnßbnrg darüber, daß das Konkordat für Elsaß-Lothringen in Geltung geblieben sei, daß aber beiderseitig eine weitere Vereinbarung nach Art. 17 vorbehalte» bleibe, eine Art von Novelle zum Konkordat. Es ist daher nicht recht begreiflich, warum in Deutschland aus Anlaß der jüngsten Erledigung des Bischofsstnhles in Straßburg wieder die Meinung entstanden ist, daß das Konkordat von 1801 hinfällig geworden sei. Der Meinung von Dove und Friedberg, daß das Konkordat durch einen vontiAriu» V0N8LN8U8 aufgehoben worden sei, entsprachen schon damals nicht die Vor¬ gänge. Seitdem ist durch langjährige gemeinschaftliche Handhabung des Kon¬ kordates dieser Ansicht der Boden gründlich entzogen worden. Darüber aber besteht Übereinstimmung, daß bezüglich der jetzt bevorstehenden Erneuung eines Bischofs für Straßbnrg eine neue Vereinbarung zu erzielen sei. In welcher Form diese geschieht, und ob nicht eine Übereinstimmung bezüglich der Person all lloo für genügend erachtet wird, das entzieht sich zur Zeit der Beurteilung, das wird die Folge zeigen. Da das Domkapitel von Straßburg keinerlei Vorschlagsrecht hat, wird sich die ganze Angelegenheit lediglich zwischen der Kurie und der deutschen Regierung abwickeln. Es ist anch gar nicht abzu¬ sehen, welchen nationalen Vorteil mau in Deutschland von einer Aufhebung des Konkordates erwarten könnte. Montalembert hatte seinerzeit sür diesen Fall nach der Losung von Lcnnennais und seiner Schule: I^a libvrkv vomiue c!it IjvlMiue den Satz aufgestellt, daß im Falle der Zerstörung des Konkordates Zustände wie in Belgien eintreten müßten, wogegen Dupin mit Recht bemerkt hat, daß das etroit omumu» «lo la> I^menos doch wahrhaftig nichts mit belgischen Verhältnissen zu schaffen habe. Andre ver¬ standen damals unter diesen: gemeinen Rechte Frankreichs die Rechtszustände, wie sie vor dem zwischen Franz I, und Leo X. geschlossenen Konkordat von 1515 bestanden, wieder andre eben die durch dieses Konkordat geschaffenen Verhältnisse. Folgerichtig könnte von diesem Standpunkt ans sogar die Frage

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/116>, abgerufen am 23.07.2024.