Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.Die Gütergemeinschaft in der ersten Christengemeinde is Lamennnis im Jahre 1833 seine I^rolus ä'rin ore^lini schrieb, Die Gütergemeinschaft in der ersten Christengemeinde is Lamennnis im Jahre 1833 seine I^rolus ä'rin ore^lini schrieb, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0598" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/208535"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341851_207936/figures/grenzboten_341851_207936_208535_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die Gütergemeinschaft in der ersten Christengemeinde</head><lb/> <p xml:id="ID_1847" next="#ID_1848"> is Lamennnis im Jahre 1833 seine I^rolus ä'rin ore^lini schrieb,<lb/> war ihm, der einst der letzte Kirchenvater Frankreichs genannt<lb/> worden war, der Stifter des Christentums nur so weit noch<lb/> von Bedeutung, als er in ihm den Begründer einer sozialistisch-<lb/> kvmmnnistischen Gemeinschaft sah, in der die allgemeine Gleich¬<lb/> heit der Kinder Gottes verkündigt wurde, zu der er selbst, als Prophet des<lb/> neunzehnten Jahrhunderts, von neuem in verheißungsvoller Worten und<lb/> apokalyptischen Bildern die große Gemeinde der christlichen Welt aufzurufen<lb/> im Begriffe stand. Es lebte da in Lameimciis derselbe Schwarmgeist wieder<lb/> ans, der sich einst vor drei Jahrhunderten in den wilde» Bewegungen kund<lb/> gegeben hatte, die Karlstadt und Thomas Münzer hervorgerufen hatten, und<lb/> der in Luther, als er sich mit zürnenden Worten diesen Propheten mit ihrem<lb/> „bittern Christus," ihrem luinsn inlvrnulli und ihrer Gütergemeinschaft wider¬<lb/> setzte, gar bald nur das „geistlose, sanftlebende Fleisch zu Wittenberg mit<lb/> seinein honigsüßen Christus" sah. Auch diese Schwarmgeister beriefen sich für<lb/> die Erlangung ihrer Christenrechte (heutzutage würde es heißen ihrer Menschen-<lb/> rechte) auf Worte der heiligen Schrift, besonders anch auf die Stellen, die die<lb/> Apostelgeschichte über die Gütergemeinschaft der ersten Gemeinde hat. Als Luther<lb/> dem tollen Treiben in Orlamünde zu steuern sich aufgemacht hatte und den<lb/> Thüringer Geistesbefreiern Vernunft predigen wollte, unterbrach ihn einer, der<lb/> erhitzt vom Felde herbeigeeilt kam, mit den Worten: „In der Bibel steht, daß<lb/> Gott seine Braut nackt haben will!" Der Mann meinte mit der „nackten<lb/> Braut" die christliche Gemeinde ohne Eigentum. Luther erkannte da, daß<lb/> solchen Köpfen gegenüber alles Vernunftpredigen selber Unsinn sei, schüttelte<lb/> den Staub von seinen Füßen und zog aus den Mauern Orlamündes fort,<lb/> wobei er noch zum Abschied von den Orlamünder Verehrern der nackten Braut<lb/> mit Kot beworfen wurde. Seitdem wußte Luther, der seine reine Sache mit<lb/> diesen Greueln nicht beflecken lassen durste, woran er war, und handelte darnach<lb/> in den folgenden Tagen des Vauernaufruhrs. Hütte er es nicht gethan,<lb/> hätte er, wie sie wollten, ihr Treibe» geschehen lassen, hätte er sich nicht mit<lb/> der Energie gegen sie gewendet, wie er es in der Schrift „Wider die räuberi¬<lb/> schen und mörderischen Bauern" that, er wäre nicht der Held geworden, der<lb/> es vermocht hat, der geistlichen Tyrannei, der scheußlichsten von allen, den</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0598]
[Abbildung]
Die Gütergemeinschaft in der ersten Christengemeinde
is Lamennnis im Jahre 1833 seine I^rolus ä'rin ore^lini schrieb,
war ihm, der einst der letzte Kirchenvater Frankreichs genannt
worden war, der Stifter des Christentums nur so weit noch
von Bedeutung, als er in ihm den Begründer einer sozialistisch-
kvmmnnistischen Gemeinschaft sah, in der die allgemeine Gleich¬
heit der Kinder Gottes verkündigt wurde, zu der er selbst, als Prophet des
neunzehnten Jahrhunderts, von neuem in verheißungsvoller Worten und
apokalyptischen Bildern die große Gemeinde der christlichen Welt aufzurufen
im Begriffe stand. Es lebte da in Lameimciis derselbe Schwarmgeist wieder
ans, der sich einst vor drei Jahrhunderten in den wilde» Bewegungen kund
gegeben hatte, die Karlstadt und Thomas Münzer hervorgerufen hatten, und
der in Luther, als er sich mit zürnenden Worten diesen Propheten mit ihrem
„bittern Christus," ihrem luinsn inlvrnulli und ihrer Gütergemeinschaft wider¬
setzte, gar bald nur das „geistlose, sanftlebende Fleisch zu Wittenberg mit
seinein honigsüßen Christus" sah. Auch diese Schwarmgeister beriefen sich für
die Erlangung ihrer Christenrechte (heutzutage würde es heißen ihrer Menschen-
rechte) auf Worte der heiligen Schrift, besonders anch auf die Stellen, die die
Apostelgeschichte über die Gütergemeinschaft der ersten Gemeinde hat. Als Luther
dem tollen Treiben in Orlamünde zu steuern sich aufgemacht hatte und den
Thüringer Geistesbefreiern Vernunft predigen wollte, unterbrach ihn einer, der
erhitzt vom Felde herbeigeeilt kam, mit den Worten: „In der Bibel steht, daß
Gott seine Braut nackt haben will!" Der Mann meinte mit der „nackten
Braut" die christliche Gemeinde ohne Eigentum. Luther erkannte da, daß
solchen Köpfen gegenüber alles Vernunftpredigen selber Unsinn sei, schüttelte
den Staub von seinen Füßen und zog aus den Mauern Orlamündes fort,
wobei er noch zum Abschied von den Orlamünder Verehrern der nackten Braut
mit Kot beworfen wurde. Seitdem wußte Luther, der seine reine Sache mit
diesen Greueln nicht beflecken lassen durste, woran er war, und handelte darnach
in den folgenden Tagen des Vauernaufruhrs. Hütte er es nicht gethan,
hätte er, wie sie wollten, ihr Treibe» geschehen lassen, hätte er sich nicht mit
der Energie gegen sie gewendet, wie er es in der Schrift „Wider die räuberi¬
schen und mörderischen Bauern" that, er wäre nicht der Held geworden, der
es vermocht hat, der geistlichen Tyrannei, der scheußlichsten von allen, den
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |