Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.Neue Gxik betrachtet. Aus den hagern, eingefallenen Wangen, aus dem Zuge leidvoller Neue Gpik aß die Erzählung in Versen den Kampf uns Dasein mit dem Nachdem er ein "Schelmenlied," einen "Minnesang," eine "Romanze," Neue Gxik betrachtet. Aus den hagern, eingefallenen Wangen, aus dem Zuge leidvoller Neue Gpik aß die Erzählung in Versen den Kampf uns Dasein mit dem Nachdem er ein „Schelmenlied," einen „Minnesang," eine „Romanze," <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0020" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/207957"/> <fw type="header" place="top"> Neue Gxik</fw><lb/> <p xml:id="ID_24" prev="#ID_23"> betrachtet. Aus den hagern, eingefallenen Wangen, aus dem Zuge leidvoller<lb/> Entsagung um den Mund, aus dem ernsten, fragenden Blick würde man den<lb/> Schmerz des großen Streiters herauslesen dürfen, dem es nicht beschieden war,<lb/> bis zum letzters Atemzuge seinem Wahlspruche zu leben: ^.iÜ8 w^rviemio<lb/> Musumor.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Neue Gpik</head><lb/> <p xml:id="ID_25"> aß die Erzählung in Versen den Kampf uns Dasein mit dem<lb/> Roman und namentlich mit der Novelle kämpft, ist eine bekannte<lb/> Thatsache; die Abneigung des Publikums gegen Verse ist zu<lb/> groß, als daß die Zeitschriften, von denen die schaffenden Dichter<lb/> ^zunächst abhängen, den Mut fänden, die gebundene Sprache zu<lb/> pflegen; sie würden damit nur ihren Absatz gefährden. Dennoch erscheinen jahraus<lb/> jahrein metrische Erzählungen, und einzelnen Dichtern ist es sogar gelungen,<lb/> gerade mit solchen Dichtungen Erfolg zu erringen. Die Form kann aber auch<lb/> nicht aussterben, und man sollte von vornherein jeden loben, der den Mut<lb/> findet, sie trotz der Ungunst der Zeit zu Pflegen. Für den rechten Dichter<lb/> muß immer das Bedürfnis bestehen, das, was er zu sagen hat, anch schön<lb/> und kunstvoll zu sagen, und dann greift er zum Verse. Die erhöhte Stimmung,<lb/> das starke Gefühl, die Leidenschaft, die Andacht sprechen unwillkürlich in<lb/> Rhythmen; der Vers hebt über viele konventionelle Formen hinweg und erlaubt,<lb/> streng bei der Sache, dem poetischen Gefühl, zu bleiben. Der Vers ist kon¬<lb/> servativ im doppelten Sinne: er hängt am Alten und erhält das Neue;<lb/> er verträgt keine Modesprache und sichert dein neuen Gehalt eine längere<lb/> Dauer als die Prosa. Der Vers ist die beständigere Form, wie er auch die<lb/> schönere ist und den Reiz des Kunstwerkes erhöht. Darum wird er aller<lb/> Ungunst der Zeit zum Trotz immer wieder gewählt werden. Freilich birgt er<lb/> für sich selbst einen so mächtigen Reiz, daß er auch Virtuosen der Dichtung<lb/> schaffen kann, wie denn z. B. Julins Wolff gleich so ein Virtuos ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_26" next="#ID_27"> Nachdem er ein „Schelmenlied," einen „Minnesang," eine „Romanze,"<lb/> eine „Aventiure," eine „Waidmannsmär" erzählt und gesungen hat, hat er<lb/> nun schließlich ein „Reiterlied" unter dem Titel: Die Pappenheimer ange¬<lb/> stimmt (Berlin, Grote, 188V). Seine Leser können also bei seinen Büchern<lb/> einen Kursus der Litteraturgeschichte gratis mitmachen, wenn sie die verschiednen<lb/> Kostüme, die er im Laufe seiner litterarischen Thätigkeit angelegt hat, recht</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0020]
Neue Gxik
betrachtet. Aus den hagern, eingefallenen Wangen, aus dem Zuge leidvoller
Entsagung um den Mund, aus dem ernsten, fragenden Blick würde man den
Schmerz des großen Streiters herauslesen dürfen, dem es nicht beschieden war,
bis zum letzters Atemzuge seinem Wahlspruche zu leben: ^.iÜ8 w^rviemio
Musumor.
Neue Gpik
aß die Erzählung in Versen den Kampf uns Dasein mit dem
Roman und namentlich mit der Novelle kämpft, ist eine bekannte
Thatsache; die Abneigung des Publikums gegen Verse ist zu
groß, als daß die Zeitschriften, von denen die schaffenden Dichter
^zunächst abhängen, den Mut fänden, die gebundene Sprache zu
pflegen; sie würden damit nur ihren Absatz gefährden. Dennoch erscheinen jahraus
jahrein metrische Erzählungen, und einzelnen Dichtern ist es sogar gelungen,
gerade mit solchen Dichtungen Erfolg zu erringen. Die Form kann aber auch
nicht aussterben, und man sollte von vornherein jeden loben, der den Mut
findet, sie trotz der Ungunst der Zeit zu Pflegen. Für den rechten Dichter
muß immer das Bedürfnis bestehen, das, was er zu sagen hat, anch schön
und kunstvoll zu sagen, und dann greift er zum Verse. Die erhöhte Stimmung,
das starke Gefühl, die Leidenschaft, die Andacht sprechen unwillkürlich in
Rhythmen; der Vers hebt über viele konventionelle Formen hinweg und erlaubt,
streng bei der Sache, dem poetischen Gefühl, zu bleiben. Der Vers ist kon¬
servativ im doppelten Sinne: er hängt am Alten und erhält das Neue;
er verträgt keine Modesprache und sichert dein neuen Gehalt eine längere
Dauer als die Prosa. Der Vers ist die beständigere Form, wie er auch die
schönere ist und den Reiz des Kunstwerkes erhöht. Darum wird er aller
Ungunst der Zeit zum Trotz immer wieder gewählt werden. Freilich birgt er
für sich selbst einen so mächtigen Reiz, daß er auch Virtuosen der Dichtung
schaffen kann, wie denn z. B. Julins Wolff gleich so ein Virtuos ist.
Nachdem er ein „Schelmenlied," einen „Minnesang," eine „Romanze,"
eine „Aventiure," eine „Waidmannsmär" erzählt und gesungen hat, hat er
nun schließlich ein „Reiterlied" unter dem Titel: Die Pappenheimer ange¬
stimmt (Berlin, Grote, 188V). Seine Leser können also bei seinen Büchern
einen Kursus der Litteraturgeschichte gratis mitmachen, wenn sie die verschiednen
Kostüme, die er im Laufe seiner litterarischen Thätigkeit angelegt hat, recht
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