Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr.Neue Radirungen ^ sich Rembrandt an, doch klugertveise ohne sich i" Nachahmung desselben Von den vier Landschaftsbildern ist keins, das, soweit der Stich in Be¬ Am wenigsten sagt mir das Bild zu, das den Rainen führt: "An den ^renzbvten I I 1"90 U
Neue Radirungen ^ sich Rembrandt an, doch klugertveise ohne sich i» Nachahmung desselben Von den vier Landschaftsbildern ist keins, das, soweit der Stich in Be¬ Am wenigsten sagt mir das Bild zu, das den Rainen führt: „An den ^renzbvten I I 1»90 U
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0089" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/207384"/> <fw type="header" place="top"> Neue Radirungen</fw><lb/> <p xml:id="ID_237" prev="#ID_236"> ^ sich Rembrandt an, doch klugertveise ohne sich i» Nachahmung desselben<lb/> zu verlieren. Besonderes Lob verdienen Strangs acht Illustrationen zu der<lb/> Ballade Mo I>e.->Ul -un> tue ?lon°1un^n'8 V^it'v, die neuerdings die Ausstellung<lb/> der lioM Sovist)' ok l'aintor-^wlisr« zierten. Ebenda befand sich das Blatt<lb/> „Nach der Arbeit" l^teor ^Vorke), das die allgemeinste Bewunderung fand.<lb/> Ich muß gestehen, daß ich beim ersten Anblicke des Bildes betroffen war.<lb/> Hier — das fühlte mau sofort — hatte mau es zu thun mit der Arbeit eines<lb/> ungewöhnlichen Menschen, eines selbständigen Mannes, der »ach dein Urteil<lb/> der Leute nicht fragt und unbesorgt seinem Werte auch ein ungewöhnliches<lb/> Äußere verleiht. Nichts zeigt dies Bild von irgend welchem Reiz, ebenso<lb/> fern aber ist jede Spur von Roheit oder, was noch schlimmer wäre, von<lb/> Flachheit. Es ist ein seltsames Bild. Man muß es lange und oft ansehen,<lb/> um es nur zu verstehen : versteht man es aber, so schätzt mau es auch. Es<lb/> redet eben eine uns leider fremdartige Sprache — die Sprache der Natur.<lb/> Wir Deutschen haben sie vormals so gilt verstanden; es wird Zeit, daß wir<lb/> »»ser-Ohr wieder an ihre harten, urkräftiger Lante gewöhnen. Ich stehe nicht<lb/> n», deu Stich von Strang (auch stecherisch ein bedeutendes Werk) für das<lb/> großartigste Stück der ganzen Sammlung zu halten, für ein Blatt, das ihr schon<lb/> "klein einen hervorragenden Rang sichert. Und was stellt das Bild nun eigent¬<lb/> lich dar? Fast nichts. In einer vou deu Schatten der späten Abenddämmerung<lb/> umhüllte», öden Landschaft sitzen die dunkeln Gestalten eines Landmannes und<lb/> seiner Frau — er in scharfem Profil, sie etwas weiter links hinter ihn,, ihr<lb/> Befiehl, das tief beschattet ist, den? Manne zuwendend. Das ist alles. Wie es<lb/> über dargestellt ist, das muß man sehen, sehen mit dem Herzen nicht minder<lb/> uls mit den Augen.</p><lb/> <p xml:id="ID_238"> Von den vier Landschaftsbildern ist keins, das, soweit der Stich in Be¬<lb/> acht kommt, nicht erhebliche Vorzüge aufwiese. Wenn ich sie trotzdem nicht<lb/> "lie auf dieselbe Stufe stelle, so liegt das an der Art der Darstellung; doch<lb/> ^'be ich gern zu, daß ich hier die Schätzung nur nach meinen persönlichen<lb/> ^igungen vornehme. Andre mögen mit demselben Rechte vielleicht gerade<lb/> ^ Blätter bewundern, die mich weniger anziehen. Das will sagen, daß die<lb/> ^/er Landschaften ausnahmslos vortrefflich sind, und ich hoffe mit dieser Ver¬<lb/> sicherung objektiv genug gewesen zu sein, um nun um so ungenirter subjektiv<lb/> Urteilen zu können.</p><lb/> <p xml:id="ID_239" next="#ID_240"> Am wenigsten sagt mir das Bild zu, das den Rainen führt: „An den<lb/> ^fern des Manzanares." Erstens kann ich nicht einsehen, warum dieser<lb/> Tüiß g^abe der Manzanares sein soll. Möglich ist ja, daß er sich irgendwo<lb/> S^abe in dieser Weise zeigt. Aber ein Bild muß seinen Titel rechtfertigen,<lb/> ""d ich finde, daß weder Fluß noch Landschaft noch Staffage noch sonst<lb/> ^was auf diesem Bilde das geringste Spanische an sich hat. Außerdem macht<lb/> °as Gtw^ einen kalten Eindruck, was daher kommt, daß das Bild hell</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> ^renzbvten I I 1»90 U</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0089]
Neue Radirungen
^ sich Rembrandt an, doch klugertveise ohne sich i» Nachahmung desselben
zu verlieren. Besonderes Lob verdienen Strangs acht Illustrationen zu der
Ballade Mo I>e.->Ul -un> tue ?lon°1un^n'8 V^it'v, die neuerdings die Ausstellung
der lioM Sovist)' ok l'aintor-^wlisr« zierten. Ebenda befand sich das Blatt
„Nach der Arbeit" l^teor ^Vorke), das die allgemeinste Bewunderung fand.
Ich muß gestehen, daß ich beim ersten Anblicke des Bildes betroffen war.
Hier — das fühlte mau sofort — hatte mau es zu thun mit der Arbeit eines
ungewöhnlichen Menschen, eines selbständigen Mannes, der »ach dein Urteil
der Leute nicht fragt und unbesorgt seinem Werte auch ein ungewöhnliches
Äußere verleiht. Nichts zeigt dies Bild von irgend welchem Reiz, ebenso
fern aber ist jede Spur von Roheit oder, was noch schlimmer wäre, von
Flachheit. Es ist ein seltsames Bild. Man muß es lange und oft ansehen,
um es nur zu verstehen : versteht man es aber, so schätzt mau es auch. Es
redet eben eine uns leider fremdartige Sprache — die Sprache der Natur.
Wir Deutschen haben sie vormals so gilt verstanden; es wird Zeit, daß wir
»»ser-Ohr wieder an ihre harten, urkräftiger Lante gewöhnen. Ich stehe nicht
n», deu Stich von Strang (auch stecherisch ein bedeutendes Werk) für das
großartigste Stück der ganzen Sammlung zu halten, für ein Blatt, das ihr schon
"klein einen hervorragenden Rang sichert. Und was stellt das Bild nun eigent¬
lich dar? Fast nichts. In einer vou deu Schatten der späten Abenddämmerung
umhüllte», öden Landschaft sitzen die dunkeln Gestalten eines Landmannes und
seiner Frau — er in scharfem Profil, sie etwas weiter links hinter ihn,, ihr
Befiehl, das tief beschattet ist, den? Manne zuwendend. Das ist alles. Wie es
über dargestellt ist, das muß man sehen, sehen mit dem Herzen nicht minder
uls mit den Augen.
Von den vier Landschaftsbildern ist keins, das, soweit der Stich in Be¬
acht kommt, nicht erhebliche Vorzüge aufwiese. Wenn ich sie trotzdem nicht
"lie auf dieselbe Stufe stelle, so liegt das an der Art der Darstellung; doch
^'be ich gern zu, daß ich hier die Schätzung nur nach meinen persönlichen
^igungen vornehme. Andre mögen mit demselben Rechte vielleicht gerade
^ Blätter bewundern, die mich weniger anziehen. Das will sagen, daß die
^/er Landschaften ausnahmslos vortrefflich sind, und ich hoffe mit dieser Ver¬
sicherung objektiv genug gewesen zu sein, um nun um so ungenirter subjektiv
Urteilen zu können.
Am wenigsten sagt mir das Bild zu, das den Rainen führt: „An den
^fern des Manzanares." Erstens kann ich nicht einsehen, warum dieser
Tüiß g^abe der Manzanares sein soll. Möglich ist ja, daß er sich irgendwo
S^abe in dieser Weise zeigt. Aber ein Bild muß seinen Titel rechtfertigen,
""d ich finde, daß weder Fluß noch Landschaft noch Staffage noch sonst
^was auf diesem Bilde das geringste Spanische an sich hat. Außerdem macht
°as Gtw^ einen kalten Eindruck, was daher kommt, daß das Bild hell
^renzbvten I I 1»90 U
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