Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite


Mißbräuchliche Geschäfte

le Handelskammer in Kassel hat kürzlich an den Vorstand des
deutschen Handelstages und zugleich auch an den preußischen
Handelsminister Berichte erstattet, worin sie auf einen Geschäfts¬
verkehr hinweist, der dein allgemeinen Kredit namhaften Schaden
Zzufüge und dessen Beseitigung dringend zu wünschen sei. So
^'le in vielen deutschen Ländern ist auch in der Provinz Hessen der in Alt-
^'reichen schon lange bestehende Rechtssatz eingeführt, daß eine Hypothek-
Bestellung an Mobilien unzulässig ist, mit rudern Worten, daß ein Pfand¬
recht all Mobilien nur in der Form wirklicher Besitzesübergabe der verpfändeten
Zacher den Gläubiger soll geschaffen werden können. Der Zweck dieses
Verbotes liegt klar ans der Hand. Es soll der allgemeine Kredit nicht dadurch
'Utere Täuschungen erfahren, daß jemand durch deu Besitz eines vielleicht
wichen Mobiliars sich als kreditwürdig darstellt, während er dieses Mobiliar
heimlich sthou einem einzelnen Gläubiger verschriebe" hat, der dann die andern
gläubiger, wenn sie zugreifen wollen, ausschließt. Allerdings ist ein solches
^echvt zweischneidig; es kauu in einem einzelnen Falle auch wirtschaftlich nach-
^üg werden. Es ist denkbar, daß jemand, der den Besitz seines Mobiliars
^ehe entbehren kann, sich durch Bestellung einer Hypothek daran einen Kredit
verschaffte, der ihm in einer mißlichen Vermögenslage wieder aufhelfen könnte
Und keinem andern Gläubiger einen Nachteil brächte. Der Gesetzgeber mußte
^so, ehe er jenes Verbot erließ, sich darüber klar werden, ob der wirtschaftliche
Urteil, der ans dem Verbot einer solchen Hypothekbestellung für den allge-
^einen Kredit erwächst, nicht überwogen werde durch den Nachteil, daß fortan
eschnfte, die für den Einzelfnll vielleicht nützlich sind, nicht mehr eingegangen
-"erden können. Ohne Zweifel hat der Gesetzgeber, indem er das Verbot erließ,
/>e Frage verneint. Er erachtete die Untergrabung des allgemeinen Kredits
ur das schwerer wiegende Übel; und um diesem entgegenzutreten, hat er das
^ ,^ blassen. Auch im Handelsstande ist man dieser Ansicht gewesen. Der
^wälMe Bericht der Handelskammer sagt, daß der Hnndelsstand die fragliche
Urschrift mit ungeteiltem Beifalle begrüßt habe.

s.s"/^"" h"t man aber, seitdem, dieses Verbot erlassen worden ist, Nechtsge-
Mte ersonnen, die zwar den Namen der Verpfändung vermeiden und des-




Mißbräuchliche Geschäfte

le Handelskammer in Kassel hat kürzlich an den Vorstand des
deutschen Handelstages und zugleich auch an den preußischen
Handelsminister Berichte erstattet, worin sie auf einen Geschäfts¬
verkehr hinweist, der dein allgemeinen Kredit namhaften Schaden
Zzufüge und dessen Beseitigung dringend zu wünschen sei. So
^'le in vielen deutschen Ländern ist auch in der Provinz Hessen der in Alt-
^'reichen schon lange bestehende Rechtssatz eingeführt, daß eine Hypothek-
Bestellung an Mobilien unzulässig ist, mit rudern Worten, daß ein Pfand¬
recht all Mobilien nur in der Form wirklicher Besitzesübergabe der verpfändeten
Zacher den Gläubiger soll geschaffen werden können. Der Zweck dieses
Verbotes liegt klar ans der Hand. Es soll der allgemeine Kredit nicht dadurch
'Utere Täuschungen erfahren, daß jemand durch deu Besitz eines vielleicht
wichen Mobiliars sich als kreditwürdig darstellt, während er dieses Mobiliar
heimlich sthou einem einzelnen Gläubiger verschriebe« hat, der dann die andern
gläubiger, wenn sie zugreifen wollen, ausschließt. Allerdings ist ein solches
^echvt zweischneidig; es kauu in einem einzelnen Falle auch wirtschaftlich nach-
^üg werden. Es ist denkbar, daß jemand, der den Besitz seines Mobiliars
^ehe entbehren kann, sich durch Bestellung einer Hypothek daran einen Kredit
verschaffte, der ihm in einer mißlichen Vermögenslage wieder aufhelfen könnte
Und keinem andern Gläubiger einen Nachteil brächte. Der Gesetzgeber mußte
^so, ehe er jenes Verbot erließ, sich darüber klar werden, ob der wirtschaftliche
Urteil, der ans dem Verbot einer solchen Hypothekbestellung für den allge-
^einen Kredit erwächst, nicht überwogen werde durch den Nachteil, daß fortan
eschnfte, die für den Einzelfnll vielleicht nützlich sind, nicht mehr eingegangen
-"erden können. Ohne Zweifel hat der Gesetzgeber, indem er das Verbot erließ,
/>e Frage verneint. Er erachtete die Untergrabung des allgemeinen Kredits
ur das schwerer wiegende Übel; und um diesem entgegenzutreten, hat er das
^ ,^ blassen. Auch im Handelsstande ist man dieser Ansicht gewesen. Der
^wälMe Bericht der Handelskammer sagt, daß der Hnndelsstand die fragliche
Urschrift mit ungeteiltem Beifalle begrüßt habe.

s.s„/^"" h"t man aber, seitdem, dieses Verbot erlassen worden ist, Nechtsge-
Mte ersonnen, die zwar den Namen der Verpfändung vermeiden und des-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0067" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/207362"/>
          <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341851_207294/figures/grenzboten_341851_207294_207362_000.jpg"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Mißbräuchliche Geschäfte</head><lb/>
          <p xml:id="ID_174"> le Handelskammer in Kassel hat kürzlich an den Vorstand des<lb/>
deutschen Handelstages und zugleich auch an den preußischen<lb/>
Handelsminister Berichte erstattet, worin sie auf einen Geschäfts¬<lb/>
verkehr hinweist, der dein allgemeinen Kredit namhaften Schaden<lb/>
Zzufüge und dessen Beseitigung dringend zu wünschen sei. So<lb/>
^'le in vielen deutschen Ländern ist auch in der Provinz Hessen der in Alt-<lb/>
^'reichen schon lange bestehende Rechtssatz eingeführt, daß eine Hypothek-<lb/>
Bestellung an Mobilien unzulässig ist, mit rudern Worten, daß ein Pfand¬<lb/>
recht all Mobilien nur in der Form wirklicher Besitzesübergabe der verpfändeten<lb/>
Zacher den Gläubiger soll geschaffen werden können. Der Zweck dieses<lb/>
Verbotes liegt klar ans der Hand. Es soll der allgemeine Kredit nicht dadurch<lb/>
'Utere Täuschungen erfahren, daß jemand durch deu Besitz eines vielleicht<lb/>
wichen Mobiliars sich als kreditwürdig darstellt, während er dieses Mobiliar<lb/>
heimlich sthou einem einzelnen Gläubiger verschriebe« hat, der dann die andern<lb/>
gläubiger, wenn sie zugreifen wollen, ausschließt. Allerdings ist ein solches<lb/>
^echvt zweischneidig; es kauu in einem einzelnen Falle auch wirtschaftlich nach-<lb/>
^üg werden. Es ist denkbar, daß jemand, der den Besitz seines Mobiliars<lb/>
^ehe entbehren kann, sich durch Bestellung einer Hypothek daran einen Kredit<lb/>
verschaffte, der ihm in einer mißlichen Vermögenslage wieder aufhelfen könnte<lb/>
Und keinem andern Gläubiger einen Nachteil brächte. Der Gesetzgeber mußte<lb/>
^so, ehe er jenes Verbot erließ, sich darüber klar werden, ob der wirtschaftliche<lb/>
Urteil, der ans dem Verbot einer solchen Hypothekbestellung für den allge-<lb/>
^einen Kredit erwächst, nicht überwogen werde durch den Nachteil, daß fortan<lb/>
eschnfte, die für den Einzelfnll vielleicht nützlich sind, nicht mehr eingegangen<lb/>
-"erden können. Ohne Zweifel hat der Gesetzgeber, indem er das Verbot erließ,<lb/>
/&gt;e Frage verneint. Er erachtete die Untergrabung des allgemeinen Kredits<lb/>
ur das schwerer wiegende Übel; und um diesem entgegenzutreten, hat er das<lb/>
^ ,^ blassen. Auch im Handelsstande ist man dieser Ansicht gewesen. Der<lb/>
^wälMe Bericht der Handelskammer sagt, daß der Hnndelsstand die fragliche<lb/>
Urschrift mit ungeteiltem Beifalle begrüßt habe.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_175" next="#ID_176"> s.s&#x201E;/^"" h"t man aber, seitdem, dieses Verbot erlassen worden ist, Nechtsge-<lb/>
Mte ersonnen, die zwar den Namen der Verpfändung vermeiden und des-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0067] [Abbildung] Mißbräuchliche Geschäfte le Handelskammer in Kassel hat kürzlich an den Vorstand des deutschen Handelstages und zugleich auch an den preußischen Handelsminister Berichte erstattet, worin sie auf einen Geschäfts¬ verkehr hinweist, der dein allgemeinen Kredit namhaften Schaden Zzufüge und dessen Beseitigung dringend zu wünschen sei. So ^'le in vielen deutschen Ländern ist auch in der Provinz Hessen der in Alt- ^'reichen schon lange bestehende Rechtssatz eingeführt, daß eine Hypothek- Bestellung an Mobilien unzulässig ist, mit rudern Worten, daß ein Pfand¬ recht all Mobilien nur in der Form wirklicher Besitzesübergabe der verpfändeten Zacher den Gläubiger soll geschaffen werden können. Der Zweck dieses Verbotes liegt klar ans der Hand. Es soll der allgemeine Kredit nicht dadurch 'Utere Täuschungen erfahren, daß jemand durch deu Besitz eines vielleicht wichen Mobiliars sich als kreditwürdig darstellt, während er dieses Mobiliar heimlich sthou einem einzelnen Gläubiger verschriebe« hat, der dann die andern gläubiger, wenn sie zugreifen wollen, ausschließt. Allerdings ist ein solches ^echvt zweischneidig; es kauu in einem einzelnen Falle auch wirtschaftlich nach- ^üg werden. Es ist denkbar, daß jemand, der den Besitz seines Mobiliars ^ehe entbehren kann, sich durch Bestellung einer Hypothek daran einen Kredit verschaffte, der ihm in einer mißlichen Vermögenslage wieder aufhelfen könnte Und keinem andern Gläubiger einen Nachteil brächte. Der Gesetzgeber mußte ^so, ehe er jenes Verbot erließ, sich darüber klar werden, ob der wirtschaftliche Urteil, der ans dem Verbot einer solchen Hypothekbestellung für den allge- ^einen Kredit erwächst, nicht überwogen werde durch den Nachteil, daß fortan eschnfte, die für den Einzelfnll vielleicht nützlich sind, nicht mehr eingegangen -"erden können. Ohne Zweifel hat der Gesetzgeber, indem er das Verbot erließ, />e Frage verneint. Er erachtete die Untergrabung des allgemeinen Kredits ur das schwerer wiegende Übel; und um diesem entgegenzutreten, hat er das ^ ,^ blassen. Auch im Handelsstande ist man dieser Ansicht gewesen. Der ^wälMe Bericht der Handelskammer sagt, daß der Hnndelsstand die fragliche Urschrift mit ungeteiltem Beifalle begrüßt habe. s.s„/^"" h"t man aber, seitdem, dieses Verbot erlassen worden ist, Nechtsge- Mte ersonnen, die zwar den Namen der Verpfändung vermeiden und des-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207294
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207294/67
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207294/67>, abgerufen am 22.07.2024.