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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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schließlicher und uneingeschränkter Ausnutzung, meinten aber damit nur die
Erlaubnis, sich auf herrenlosem Baden anzusiedeln, und so dachte, als man
spater zur Errichtung von Stationen und Pflanzungen schreiten wollte, kein
Neger daran, sein von ihm durch Bebauung als Eigentum erworbnes Land
unentgeltlich herzugeben. Mit dem für Oberhoheit und Grunderwerb gezählten
Kaufschilling stand es aber anch nicht viel besser. Die baumwollner Tücher
und Husareujacken, die man den Negerfürsteu gab, waren nur Trinkgelder, die
Zusage von Schutz gegen Sklavenräuber und landgierige Nachbarn, die als
Hauptsumme gewährt wurde, stand vorläufig in der Luft, da die Neger wohl
die englische, nicht aber die deutsche Macht kannten. Die Verträge waren also
nur Anweisungen auf die Zukunft und besaßen nnr einen bedeutende", ihnen
unlösbar anhaftenden Wert für die deutschen Kontrahenten: sie machten das
ganze Gebiet unantastbar für die übrigen Nationen sowie für den Sultan von
Sansibar.

Als Peters am 2. Februar 1885 nach Berlin zurückgekehrt war, ging er
ohne Verzug daran, das erworbne Gebiet völkerrechtlich sicherzustellen und
die lebenskräftige Gestnltnng der neuen Kolonie vorzubereiten. Er verschaffte
sich zunächst für seine Gesellschaft einen Schutzbrief des deutschen Kaisers, datirt
vom 27. Februar, worin dieser erklärte, die nachgesuchte Oberhoheit über die
der Gesellschaft mit deu Rechten der Landeshoheit verkaufsmäßig abgetretuen
Gebiete von llsagara, Nguru, llseguha und llknmi angenommen und diese
Gebiete, vorbehaltlich seiner Entschließungen in Betreff weiterer Erwerbungen
der Gesellschaft oder ihrer Rechtsnachfolger unter seinen kaiserlichen Schutz
gestellt zu haben, worauf es weiter hieß: "Wir verleihen der besagten Gesell¬
schaft unter der Bedingung, daß sie eine deutsche Gesellschaft bleibt, und daß
die Mitglieder des Direktoriums oder die sonst mit der Leitung betrauten Per¬
sonen Angehörige des deutschen Reiches sind, sowie deu Rechtsnachfolgern dieser
Gesellschaft nnter der gleichen Voraussetzung die Befugnis zur Ausübung aller
ans deu uns vorgelegten Verträgen fließenden Rechte, einschließlich der Gerichts¬
barkeit, gegenüber den Eingebornen und den in diesen Gebieten sich niederlassenden
oder zu Handels- und andern Zwecken sich aufhaltenden Angehörigen des Reiches
und andrer Nationen, unter der Aufsicht unsrer Regierung und vorbehaltlich
weiterer von uns zu erlassenden Anordnungen und Ergänzungen dieses unsers
Schutzbriefes." Es mußte aber auch für die neue Kolonie eine festere und kräftiger
wirkende Leitung als der bisherige Ausschuß gebildet werden, und so stellte
Peters am 12. Februar deu Antrag, "ein Direktorium aus 5 Mitgliedern ans
15 Jahre zu ernennen, dem die Ausübung der in Afrika erworbnen Rechte
unter'Zuziehung der verschiednen Interessentengruppen allein und ausschließlich
zusteht." Dies wurde sofort angenommen, und die Besitzer von Anteilscheinen
zu 50 Mark, sowie die, von denen im August 1884 500 und 1000 Mark als
Beitrag gezeichnet worden waren, traten der Genossenschaft bei, die sich hier-


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schließlicher und uneingeschränkter Ausnutzung, meinten aber damit nur die
Erlaubnis, sich auf herrenlosem Baden anzusiedeln, und so dachte, als man
spater zur Errichtung von Stationen und Pflanzungen schreiten wollte, kein
Neger daran, sein von ihm durch Bebauung als Eigentum erworbnes Land
unentgeltlich herzugeben. Mit dem für Oberhoheit und Grunderwerb gezählten
Kaufschilling stand es aber anch nicht viel besser. Die baumwollner Tücher
und Husareujacken, die man den Negerfürsteu gab, waren nur Trinkgelder, die
Zusage von Schutz gegen Sklavenräuber und landgierige Nachbarn, die als
Hauptsumme gewährt wurde, stand vorläufig in der Luft, da die Neger wohl
die englische, nicht aber die deutsche Macht kannten. Die Verträge waren also
nur Anweisungen auf die Zukunft und besaßen nnr einen bedeutende», ihnen
unlösbar anhaftenden Wert für die deutschen Kontrahenten: sie machten das
ganze Gebiet unantastbar für die übrigen Nationen sowie für den Sultan von
Sansibar.

Als Peters am 2. Februar 1885 nach Berlin zurückgekehrt war, ging er
ohne Verzug daran, das erworbne Gebiet völkerrechtlich sicherzustellen und
die lebenskräftige Gestnltnng der neuen Kolonie vorzubereiten. Er verschaffte
sich zunächst für seine Gesellschaft einen Schutzbrief des deutschen Kaisers, datirt
vom 27. Februar, worin dieser erklärte, die nachgesuchte Oberhoheit über die
der Gesellschaft mit deu Rechten der Landeshoheit verkaufsmäßig abgetretuen
Gebiete von llsagara, Nguru, llseguha und llknmi angenommen und diese
Gebiete, vorbehaltlich seiner Entschließungen in Betreff weiterer Erwerbungen
der Gesellschaft oder ihrer Rechtsnachfolger unter seinen kaiserlichen Schutz
gestellt zu haben, worauf es weiter hieß: „Wir verleihen der besagten Gesell¬
schaft unter der Bedingung, daß sie eine deutsche Gesellschaft bleibt, und daß
die Mitglieder des Direktoriums oder die sonst mit der Leitung betrauten Per¬
sonen Angehörige des deutschen Reiches sind, sowie deu Rechtsnachfolgern dieser
Gesellschaft nnter der gleichen Voraussetzung die Befugnis zur Ausübung aller
ans deu uns vorgelegten Verträgen fließenden Rechte, einschließlich der Gerichts¬
barkeit, gegenüber den Eingebornen und den in diesen Gebieten sich niederlassenden
oder zu Handels- und andern Zwecken sich aufhaltenden Angehörigen des Reiches
und andrer Nationen, unter der Aufsicht unsrer Regierung und vorbehaltlich
weiterer von uns zu erlassenden Anordnungen und Ergänzungen dieses unsers
Schutzbriefes." Es mußte aber auch für die neue Kolonie eine festere und kräftiger
wirkende Leitung als der bisherige Ausschuß gebildet werden, und so stellte
Peters am 12. Februar deu Antrag, „ein Direktorium aus 5 Mitgliedern ans
15 Jahre zu ernennen, dem die Ausübung der in Afrika erworbnen Rechte
unter'Zuziehung der verschiednen Interessentengruppen allein und ausschließlich
zusteht." Dies wurde sofort angenommen, und die Besitzer von Anteilscheinen
zu 50 Mark, sowie die, von denen im August 1884 500 und 1000 Mark als
Beitrag gezeichnet worden waren, traten der Genossenschaft bei, die sich hier-


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[0062] Oeutsch - cyswfl-ifci schließlicher und uneingeschränkter Ausnutzung, meinten aber damit nur die Erlaubnis, sich auf herrenlosem Baden anzusiedeln, und so dachte, als man spater zur Errichtung von Stationen und Pflanzungen schreiten wollte, kein Neger daran, sein von ihm durch Bebauung als Eigentum erworbnes Land unentgeltlich herzugeben. Mit dem für Oberhoheit und Grunderwerb gezählten Kaufschilling stand es aber anch nicht viel besser. Die baumwollner Tücher und Husareujacken, die man den Negerfürsteu gab, waren nur Trinkgelder, die Zusage von Schutz gegen Sklavenräuber und landgierige Nachbarn, die als Hauptsumme gewährt wurde, stand vorläufig in der Luft, da die Neger wohl die englische, nicht aber die deutsche Macht kannten. Die Verträge waren also nur Anweisungen auf die Zukunft und besaßen nnr einen bedeutende», ihnen unlösbar anhaftenden Wert für die deutschen Kontrahenten: sie machten das ganze Gebiet unantastbar für die übrigen Nationen sowie für den Sultan von Sansibar. Als Peters am 2. Februar 1885 nach Berlin zurückgekehrt war, ging er ohne Verzug daran, das erworbne Gebiet völkerrechtlich sicherzustellen und die lebenskräftige Gestnltnng der neuen Kolonie vorzubereiten. Er verschaffte sich zunächst für seine Gesellschaft einen Schutzbrief des deutschen Kaisers, datirt vom 27. Februar, worin dieser erklärte, die nachgesuchte Oberhoheit über die der Gesellschaft mit deu Rechten der Landeshoheit verkaufsmäßig abgetretuen Gebiete von llsagara, Nguru, llseguha und llknmi angenommen und diese Gebiete, vorbehaltlich seiner Entschließungen in Betreff weiterer Erwerbungen der Gesellschaft oder ihrer Rechtsnachfolger unter seinen kaiserlichen Schutz gestellt zu haben, worauf es weiter hieß: „Wir verleihen der besagten Gesell¬ schaft unter der Bedingung, daß sie eine deutsche Gesellschaft bleibt, und daß die Mitglieder des Direktoriums oder die sonst mit der Leitung betrauten Per¬ sonen Angehörige des deutschen Reiches sind, sowie deu Rechtsnachfolgern dieser Gesellschaft nnter der gleichen Voraussetzung die Befugnis zur Ausübung aller ans deu uns vorgelegten Verträgen fließenden Rechte, einschließlich der Gerichts¬ barkeit, gegenüber den Eingebornen und den in diesen Gebieten sich niederlassenden oder zu Handels- und andern Zwecken sich aufhaltenden Angehörigen des Reiches und andrer Nationen, unter der Aufsicht unsrer Regierung und vorbehaltlich weiterer von uns zu erlassenden Anordnungen und Ergänzungen dieses unsers Schutzbriefes." Es mußte aber auch für die neue Kolonie eine festere und kräftiger wirkende Leitung als der bisherige Ausschuß gebildet werden, und so stellte Peters am 12. Februar deu Antrag, „ein Direktorium aus 5 Mitgliedern ans 15 Jahre zu ernennen, dem die Ausübung der in Afrika erworbnen Rechte unter'Zuziehung der verschiednen Interessentengruppen allein und ausschließlich zusteht." Dies wurde sofort angenommen, und die Besitzer von Anteilscheinen zu 50 Mark, sowie die, von denen im August 1884 500 und 1000 Mark als Beitrag gezeichnet worden waren, traten der Genossenschaft bei, die sich hier-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/62>, abgerufen am 23.07.2024.