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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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Drei Dichterinnen

enthalten wird, ist der Vorschlag gesund und lebenskräftig, wenn auch der
Plan im einzelnen noch manche Verbesserungen zuläßt. Die fechsklaffige
Mittelschule soll beides vereinigen, eine abgeschlossene, nachhaltige Bildung sür
den Bürgerstand, der sich den praktischen Berufskreisen zuwendet, und die
Vorbereitung für Gymnasialstndien; das Freiwilligenzeugnis soll an die erfolg¬
reiche Beendigung des Mittelschulkursus geknüpft sein. Auch hier in Baiern
wird eine Petition an das Ministerium vorbereitet, die die Errichtung von
einigen Versuchsschulen nach dem angefügten Musterlehrplane empfiehlt. "Das
Ziel der Umgestaltung -- sagt die Einladungsschrift -- erkennen wir in der
Schaffung einer sechsklassigen einheitlichen Mittelschule, welche durch ihren
den Bedürfnissen der Gegenwart angepaßten Lehrplan dem Schüler die Grund¬
lage einer abgerundeten allgemeinen Bildung giebt, einer Schule, deren Unter¬
richtsplan bis zu einem möglichst hohen Schnlalter auf möglichst allgemein
brauchbarer Grundlage aufgebaut ist, und welche es dadurch ermöglicht, die
Ausbildung des Beamten und pes Bürgers nicht in allzu früher Zeit zu
trennen. Zudem diese Schule einerseits für viele Knaben die Bildung abschließt,
soll sie anderseits zugleich den gemeinsamen Unterbau für das humanistische
und das Realgymnasium bilden, welche in weitern drei Klassen mit ihrem bis¬
herigen Charakter, aber mit entsprechend modifizirten Lehrplänen, zum Besuche
der Hochschulen vorbereiten."

Dieses Programm könnte auch der preußische Refvrmverein durchaus zu
dem seinigen machen, denn die Einfügung der sechsklassigen Mittelschule in
den Aufbau unsers höhern Schulwesens ist der zweite feste Punkt seiner Be¬
strebungen. Unsre höhern Bürgerschulen und Realschulen sind die Schulen
der Zukunft.




Drei Dichterinnen

as ist doch des Guten zuviel auf einmal! wird der Leser ausrufen,
und wir könnten ihm das gar nicht verargen. Wir haben jetzt
eine Legion von Schriftstellerinnen, die die Familienblätter in
unermüdlichem Fleiße mit sanft einlullenden Erzählungen ver¬
sorgen; es giebt sogar Vereine von Schriftstellerinnen mit dem
ganzen Apparat menschenfreundlicher Bestimmungen solcher Vereine; aber als
Dichterin kann selten eine dieser fleißig schreibenden Damen bezeichnet werden.
Es ist auch nicht unsre Absicht, für die litterarische Frauenarbeit etwa hier
ritterlich eine Lanze zu breche"; uoch weniger fällt es uns ein, uns auf den


Grenzboten I 1890 7V
Drei Dichterinnen

enthalten wird, ist der Vorschlag gesund und lebenskräftig, wenn auch der
Plan im einzelnen noch manche Verbesserungen zuläßt. Die fechsklaffige
Mittelschule soll beides vereinigen, eine abgeschlossene, nachhaltige Bildung sür
den Bürgerstand, der sich den praktischen Berufskreisen zuwendet, und die
Vorbereitung für Gymnasialstndien; das Freiwilligenzeugnis soll an die erfolg¬
reiche Beendigung des Mittelschulkursus geknüpft sein. Auch hier in Baiern
wird eine Petition an das Ministerium vorbereitet, die die Errichtung von
einigen Versuchsschulen nach dem angefügten Musterlehrplane empfiehlt. „Das
Ziel der Umgestaltung — sagt die Einladungsschrift — erkennen wir in der
Schaffung einer sechsklassigen einheitlichen Mittelschule, welche durch ihren
den Bedürfnissen der Gegenwart angepaßten Lehrplan dem Schüler die Grund¬
lage einer abgerundeten allgemeinen Bildung giebt, einer Schule, deren Unter¬
richtsplan bis zu einem möglichst hohen Schnlalter auf möglichst allgemein
brauchbarer Grundlage aufgebaut ist, und welche es dadurch ermöglicht, die
Ausbildung des Beamten und pes Bürgers nicht in allzu früher Zeit zu
trennen. Zudem diese Schule einerseits für viele Knaben die Bildung abschließt,
soll sie anderseits zugleich den gemeinsamen Unterbau für das humanistische
und das Realgymnasium bilden, welche in weitern drei Klassen mit ihrem bis¬
herigen Charakter, aber mit entsprechend modifizirten Lehrplänen, zum Besuche
der Hochschulen vorbereiten."

Dieses Programm könnte auch der preußische Refvrmverein durchaus zu
dem seinigen machen, denn die Einfügung der sechsklassigen Mittelschule in
den Aufbau unsers höhern Schulwesens ist der zweite feste Punkt seiner Be¬
strebungen. Unsre höhern Bürgerschulen und Realschulen sind die Schulen
der Zukunft.




Drei Dichterinnen

as ist doch des Guten zuviel auf einmal! wird der Leser ausrufen,
und wir könnten ihm das gar nicht verargen. Wir haben jetzt
eine Legion von Schriftstellerinnen, die die Familienblätter in
unermüdlichem Fleiße mit sanft einlullenden Erzählungen ver¬
sorgen; es giebt sogar Vereine von Schriftstellerinnen mit dem
ganzen Apparat menschenfreundlicher Bestimmungen solcher Vereine; aber als
Dichterin kann selten eine dieser fleißig schreibenden Damen bezeichnet werden.
Es ist auch nicht unsre Absicht, für die litterarische Frauenarbeit etwa hier
ritterlich eine Lanze zu breche»; uoch weniger fällt es uns ein, uns auf den


Grenzboten I 1890 7V
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[0609] Drei Dichterinnen enthalten wird, ist der Vorschlag gesund und lebenskräftig, wenn auch der Plan im einzelnen noch manche Verbesserungen zuläßt. Die fechsklaffige Mittelschule soll beides vereinigen, eine abgeschlossene, nachhaltige Bildung sür den Bürgerstand, der sich den praktischen Berufskreisen zuwendet, und die Vorbereitung für Gymnasialstndien; das Freiwilligenzeugnis soll an die erfolg¬ reiche Beendigung des Mittelschulkursus geknüpft sein. Auch hier in Baiern wird eine Petition an das Ministerium vorbereitet, die die Errichtung von einigen Versuchsschulen nach dem angefügten Musterlehrplane empfiehlt. „Das Ziel der Umgestaltung — sagt die Einladungsschrift — erkennen wir in der Schaffung einer sechsklassigen einheitlichen Mittelschule, welche durch ihren den Bedürfnissen der Gegenwart angepaßten Lehrplan dem Schüler die Grund¬ lage einer abgerundeten allgemeinen Bildung giebt, einer Schule, deren Unter¬ richtsplan bis zu einem möglichst hohen Schnlalter auf möglichst allgemein brauchbarer Grundlage aufgebaut ist, und welche es dadurch ermöglicht, die Ausbildung des Beamten und pes Bürgers nicht in allzu früher Zeit zu trennen. Zudem diese Schule einerseits für viele Knaben die Bildung abschließt, soll sie anderseits zugleich den gemeinsamen Unterbau für das humanistische und das Realgymnasium bilden, welche in weitern drei Klassen mit ihrem bis¬ herigen Charakter, aber mit entsprechend modifizirten Lehrplänen, zum Besuche der Hochschulen vorbereiten." Dieses Programm könnte auch der preußische Refvrmverein durchaus zu dem seinigen machen, denn die Einfügung der sechsklassigen Mittelschule in den Aufbau unsers höhern Schulwesens ist der zweite feste Punkt seiner Be¬ strebungen. Unsre höhern Bürgerschulen und Realschulen sind die Schulen der Zukunft. Drei Dichterinnen as ist doch des Guten zuviel auf einmal! wird der Leser ausrufen, und wir könnten ihm das gar nicht verargen. Wir haben jetzt eine Legion von Schriftstellerinnen, die die Familienblätter in unermüdlichem Fleiße mit sanft einlullenden Erzählungen ver¬ sorgen; es giebt sogar Vereine von Schriftstellerinnen mit dem ganzen Apparat menschenfreundlicher Bestimmungen solcher Vereine; aber als Dichterin kann selten eine dieser fleißig schreibenden Damen bezeichnet werden. Es ist auch nicht unsre Absicht, für die litterarische Frauenarbeit etwa hier ritterlich eine Lanze zu breche»; uoch weniger fällt es uns ein, uns auf den Grenzboten I 1890 7V

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/609>, abgerufen am 23.07.2024.