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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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Schusses und nur durch eine Hauptversammlung von zwei Dritteln der An¬
wesenden beschlossen werden. Man sieht sofort, daß es ans rasches Handeln
abgesehen war. Nicht ein Berein mit langsam wirkenden Einfluß ans die
öffentliche Meinung war gegründet worden, sondern eine Gesellschaft zu so¬
fortiger Verwirklichung der beschlossenen Pläne, Alles Erörtern "ud Bestreiter
war der jährlich nur einmal lagerten Hauptversammlung zugewiesen. Der
Ausschuß regierte fast uuiunschränkt, er war Kopf und Herz der Genossenschaft,
und er selbst wieder war ein leicht zu handhabendes Werkzeug in der Hand
der Vorsitzenden. Im ersten Ausschüsse nahm Graf Behr die Stelle des erste",
Dr. Peters die des zweiten Vorsitzenden, Dr. Jühlke die des Schriftführers
und Premierlcntnant Kurella die des Schatzmeisters ein. Eine praktische
Organisation war nun geschaffen, aber noch wichtiger war der nvrvn8 rurum,
die Gewinnung des Betriebskapitals, und damit wollte es anfangs nicht recht
vorwärts. Der Mitgliederbeitrag von 5 Mark konnte mir dazu geeignet sein,
der Gesellschaft eine breite Grundlage zu geben, die Bewegung für Kolonien
im Flusse zu erhalten und die Stimmung zu erzeugen, die große Kapitalisten
bewegen mochte, sich mit namhaften Summen bei der Sache zu beteiligen.
Ein finanzieller Erfolg wurde damit aber nicht erreicht, die Teilnahme der
Masse blieb aus, und das Großkapital war für den nebelhaften Plan, den man
anfangs vorlegte, nicht zu haben. In der ersten Hauptversammlung nämlich,
am 29. Mai 1884, bezeichnete der Missionar Mereuskh das "Hochplateau von
Südafrika" als ein Gebiet, das sich wegen kühlern .Klimas und außerordent¬
licher Fruchtbarkeit für die Einwanderung deutscher Landwirte besonders em¬
pfehle. Er meinte, wie man später erfuhr, das Hinterland der portugiesischen
Kolonie Mossamedes im Norden des Kunencflnsses, nannte es aber nicht, um
nicht die Engländer darauf hinzuweisen, die den Deutschen hier leicht hätten
zuvorkommen können, und sür den nuklarenAnsdruck "sndafrikanischesHvchplatean"
vermochten die Berliner Geldleute sich nicht zu erhitzen. Da wandte sich der Aus¬
schuß am 25. Juli an sie mit der Aufforderung, sich mit Beitrügen von mindestens
5000 Mark an dem beabsichtigten Landankäufe zu beteiligen und am 19. Angust
in einer Bersammlnng zu erscheinen, worin ihnen der geheime Plan vertraulich
mitgeteilt werden solle. Diese Versammlung fand statt, aber die Zeichnungen
genügten erst einigermaßen, als nur Anteilscheine zu 500 Mark und dann
den eigentlichen Mitgliedern der Gesellschaft die Aussicht auf ein Stück Landes
zugesichert hatte, wenn sie sich zu Beiträgen von 50 Mark herbeiließen. Man hatte
jetzt etwa 65 000 Mark zur Verfügung, und es sah in der That recht abenteuerlich
ans, als sich nnn Peters, Graf Joachim Pfeil und Jühlke anschickten, mit dieser
verhältnismäßig winzigen Summe eine große Niederlassung zu gründen, und
noch dazu in einem Lande, von dein die Herren nicht die geringste persönliche
Kenntnis hatte". Im September wollten sie eben nach Südwestafrika abreisen,
um dort Land zu kaufen, als ein günstiges Geschick sie abhielt, sich damit


Schusses und nur durch eine Hauptversammlung von zwei Dritteln der An¬
wesenden beschlossen werden. Man sieht sofort, daß es ans rasches Handeln
abgesehen war. Nicht ein Berein mit langsam wirkenden Einfluß ans die
öffentliche Meinung war gegründet worden, sondern eine Gesellschaft zu so¬
fortiger Verwirklichung der beschlossenen Pläne, Alles Erörtern »ud Bestreiter
war der jährlich nur einmal lagerten Hauptversammlung zugewiesen. Der
Ausschuß regierte fast uuiunschränkt, er war Kopf und Herz der Genossenschaft,
und er selbst wieder war ein leicht zu handhabendes Werkzeug in der Hand
der Vorsitzenden. Im ersten Ausschüsse nahm Graf Behr die Stelle des erste»,
Dr. Peters die des zweiten Vorsitzenden, Dr. Jühlke die des Schriftführers
und Premierlcntnant Kurella die des Schatzmeisters ein. Eine praktische
Organisation war nun geschaffen, aber noch wichtiger war der nvrvn8 rurum,
die Gewinnung des Betriebskapitals, und damit wollte es anfangs nicht recht
vorwärts. Der Mitgliederbeitrag von 5 Mark konnte mir dazu geeignet sein,
der Gesellschaft eine breite Grundlage zu geben, die Bewegung für Kolonien
im Flusse zu erhalten und die Stimmung zu erzeugen, die große Kapitalisten
bewegen mochte, sich mit namhaften Summen bei der Sache zu beteiligen.
Ein finanzieller Erfolg wurde damit aber nicht erreicht, die Teilnahme der
Masse blieb aus, und das Großkapital war für den nebelhaften Plan, den man
anfangs vorlegte, nicht zu haben. In der ersten Hauptversammlung nämlich,
am 29. Mai 1884, bezeichnete der Missionar Mereuskh das „Hochplateau von
Südafrika" als ein Gebiet, das sich wegen kühlern .Klimas und außerordent¬
licher Fruchtbarkeit für die Einwanderung deutscher Landwirte besonders em¬
pfehle. Er meinte, wie man später erfuhr, das Hinterland der portugiesischen
Kolonie Mossamedes im Norden des Kunencflnsses, nannte es aber nicht, um
nicht die Engländer darauf hinzuweisen, die den Deutschen hier leicht hätten
zuvorkommen können, und sür den nuklarenAnsdruck „sndafrikanischesHvchplatean"
vermochten die Berliner Geldleute sich nicht zu erhitzen. Da wandte sich der Aus¬
schuß am 25. Juli an sie mit der Aufforderung, sich mit Beitrügen von mindestens
5000 Mark an dem beabsichtigten Landankäufe zu beteiligen und am 19. Angust
in einer Bersammlnng zu erscheinen, worin ihnen der geheime Plan vertraulich
mitgeteilt werden solle. Diese Versammlung fand statt, aber die Zeichnungen
genügten erst einigermaßen, als nur Anteilscheine zu 500 Mark und dann
den eigentlichen Mitgliedern der Gesellschaft die Aussicht auf ein Stück Landes
zugesichert hatte, wenn sie sich zu Beiträgen von 50 Mark herbeiließen. Man hatte
jetzt etwa 65 000 Mark zur Verfügung, und es sah in der That recht abenteuerlich
ans, als sich nnn Peters, Graf Joachim Pfeil und Jühlke anschickten, mit dieser
verhältnismäßig winzigen Summe eine große Niederlassung zu gründen, und
noch dazu in einem Lande, von dein die Herren nicht die geringste persönliche
Kenntnis hatte». Im September wollten sie eben nach Südwestafrika abreisen,
um dort Land zu kaufen, als ein günstiges Geschick sie abhielt, sich damit


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/59>, abgerufen am 23.07.2024.