Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.Litteratur ließ sich da eine Ähnlichkeit mit Champagner entdecken? Das gehört zu den Litteratur Christliche Lebensbilder von Max Reichard, Giiterswh, Bertelsmann, 1880 Dieses hübsche Buch vereinigt nenn Lebensbilder, von denen das letzte (Dorf¬ Litteratur ließ sich da eine Ähnlichkeit mit Champagner entdecken? Das gehört zu den Litteratur Christliche Lebensbilder von Max Reichard, Giiterswh, Bertelsmann, 1880 Dieses hübsche Buch vereinigt nenn Lebensbilder, von denen das letzte (Dorf¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0492" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/207137"/> <fw type="header" place="top"> Litteratur</fw><lb/> <p xml:id="ID_1384" prev="#ID_1383"> ließ sich da eine Ähnlichkeit mit Champagner entdecken? Das gehört zu den<lb/> „Berliner Witzen," die jetzt in Berlin selbst verschollen zu sein scheinen. Ludwig<lb/> Devrient und Genossen bedienten sich in der Weinstube von Lutter und Wegener<lb/> gern °der Redeweise Shakespeares, und da begreiflicherweise Falstaff besonders oft<lb/> die Kosten bestreiten mußte, wurde der Champagner Sekt getauft. Von der Ber¬<lb/> liner Schauspielerkneipe aus hat sich der Gebrauch über ganz Deutschland verbreitet,<lb/> und wem eine „Pulte Sekt" besser mundet als eine „Flasche Champagner," dein<lb/> soll daraus kein Borwurf erwachsen. Aber einen scherzhaften, ganz unpassenden<lb/> Ausdruck, der noch dazu einer fremden Sprache entstammt, förmlich in die Handels-<lb/> sprache einzuführen, das ließe sich umso weniger rechtfertigen, als in diesem Falle<lb/> eine Verdeutschung gar nicht notwendig ist. Denn es wird doch im Ernst niemand<lb/> daran denken, für Naturerzeugnisse, deren herkömmliche Namen zugleich ihre Heimat<lb/> andeuten, neue Namen zu erfinden, weil diese Heimat nicht zu Deutschland gehört?<lb/> Wenn „Champagner" als Fremdwort geachtet werden sollte, müßte natürlich auch<lb/> „Bordeaux" fallen (wofür wir vielleicht das schöne Wort „Notspohn" erhielten),<lb/> und Tokaier, Chicmti, Asti, Orvieto, Madeira n. f. w., ebenso natürlich Korinthen<lb/> und Sardinen, Gorgonzola und Chesterkäse, Niokasfee und Cognac, Tüll und Man¬<lb/> chester, Puzzuolanerde und Fernambukholz und tausend andre Wörter, deren will-<lb/> kürliche Verdeutschung eine grenzenlose Verwirrung hervorrufen würde. Blinder<lb/> Eifer schadet nur, auch der besten Sache. Werden die deutsche« Schaumweine so<lb/> und nicht anders genannt, so ist bereits etwas viel Wichtigeres erreicht, als wenn<lb/> wir den wirklich aus der Champagne kommenden Wein nötigen wollten, sich anstatt<lb/> seines Heimatsscheins eines fälschen Passes zu bedienen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Litteratur</head><lb/> <div n="2"> <head> Christliche Lebensbilder von Max Reichard, Giiterswh, Bertelsmann, 1880</head><lb/> <p xml:id="ID_1385" next="#ID_1386"> Dieses hübsche Buch vereinigt nenn Lebensbilder, von denen das letzte (Dorf¬<lb/> gemeinden Fröschweiler und Mvrsbronn) allerdings von den acht vorangehenden so<lb/> absticht, daß man es lieber als einen kulturhistorische» Anhang bezeichnet sähe.<lb/> Der Verfasser ist als geborner Straßburger, der auch schon als französischer<lb/> Militärprediger in der Krim thätig war. wohl geeignet, uns romanische Persönlich¬<lb/> keiten etwas näher zu bringen; so schildern uns seine Lebensbilder auch katholische<lb/> Romanen, wie Blasse Pascal und die Seinigen und Pater Lneordaire; mit mehr<lb/> Anteil noch Männer wie Alexander Bittet, Adolf Monvd. Louis Meyer (Paris),<lb/> Friedrich Oberlein. Auch ganz deutsche Persönlichkeiten wie Louis Harms in<lb/> Hermannsburg und Helene von Orleans zeichnet er uns in anziehender Weise.<lb/> Es ist begreiflich, daß einige Freunde den Wunsch hegten, diese meist schon anderswo<lb/> gedruckten Lebensbilder in einem Bande vereinigt zu sehen. Der Verfasser will<lb/> den Zweck des Buches reichlich erfüllt sehen, wenn durch das Lesen der Lebens-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0492]
Litteratur
ließ sich da eine Ähnlichkeit mit Champagner entdecken? Das gehört zu den
„Berliner Witzen," die jetzt in Berlin selbst verschollen zu sein scheinen. Ludwig
Devrient und Genossen bedienten sich in der Weinstube von Lutter und Wegener
gern °der Redeweise Shakespeares, und da begreiflicherweise Falstaff besonders oft
die Kosten bestreiten mußte, wurde der Champagner Sekt getauft. Von der Ber¬
liner Schauspielerkneipe aus hat sich der Gebrauch über ganz Deutschland verbreitet,
und wem eine „Pulte Sekt" besser mundet als eine „Flasche Champagner," dein
soll daraus kein Borwurf erwachsen. Aber einen scherzhaften, ganz unpassenden
Ausdruck, der noch dazu einer fremden Sprache entstammt, förmlich in die Handels-
sprache einzuführen, das ließe sich umso weniger rechtfertigen, als in diesem Falle
eine Verdeutschung gar nicht notwendig ist. Denn es wird doch im Ernst niemand
daran denken, für Naturerzeugnisse, deren herkömmliche Namen zugleich ihre Heimat
andeuten, neue Namen zu erfinden, weil diese Heimat nicht zu Deutschland gehört?
Wenn „Champagner" als Fremdwort geachtet werden sollte, müßte natürlich auch
„Bordeaux" fallen (wofür wir vielleicht das schöne Wort „Notspohn" erhielten),
und Tokaier, Chicmti, Asti, Orvieto, Madeira n. f. w., ebenso natürlich Korinthen
und Sardinen, Gorgonzola und Chesterkäse, Niokasfee und Cognac, Tüll und Man¬
chester, Puzzuolanerde und Fernambukholz und tausend andre Wörter, deren will-
kürliche Verdeutschung eine grenzenlose Verwirrung hervorrufen würde. Blinder
Eifer schadet nur, auch der besten Sache. Werden die deutsche« Schaumweine so
und nicht anders genannt, so ist bereits etwas viel Wichtigeres erreicht, als wenn
wir den wirklich aus der Champagne kommenden Wein nötigen wollten, sich anstatt
seines Heimatsscheins eines fälschen Passes zu bedienen.
Litteratur
Christliche Lebensbilder von Max Reichard, Giiterswh, Bertelsmann, 1880
Dieses hübsche Buch vereinigt nenn Lebensbilder, von denen das letzte (Dorf¬
gemeinden Fröschweiler und Mvrsbronn) allerdings von den acht vorangehenden so
absticht, daß man es lieber als einen kulturhistorische» Anhang bezeichnet sähe.
Der Verfasser ist als geborner Straßburger, der auch schon als französischer
Militärprediger in der Krim thätig war. wohl geeignet, uns romanische Persönlich¬
keiten etwas näher zu bringen; so schildern uns seine Lebensbilder auch katholische
Romanen, wie Blasse Pascal und die Seinigen und Pater Lneordaire; mit mehr
Anteil noch Männer wie Alexander Bittet, Adolf Monvd. Louis Meyer (Paris),
Friedrich Oberlein. Auch ganz deutsche Persönlichkeiten wie Louis Harms in
Hermannsburg und Helene von Orleans zeichnet er uns in anziehender Weise.
Es ist begreiflich, daß einige Freunde den Wunsch hegten, diese meist schon anderswo
gedruckten Lebensbilder in einem Bande vereinigt zu sehen. Der Verfasser will
den Zweck des Buches reichlich erfüllt sehen, wenn durch das Lesen der Lebens-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |