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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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Wie ich Herrn Mathem kenne" lernte

Also dort waren Sie auch?

Na, und ob ich in Ititland gewesen bin! Dazu können Sie zweimal Ja
und Amen sagen! Ich war ja Geschäftsführer bei einer Gesellschaftsmeierei
in der Gegend von Ribe, setzte er mit einer Art von leichter Verwunderung
hinzu, daß diese Thatsache mir unbekannt geblieben sei. Das nenn' ich eine
Jagd! Und die guten, anständigen Menschen dort! Da kann man nach Be¬
lieben herumschleudern, ohne jeden Augenblick der (Gefahr ausgesetzt zu sein,
von einem Grvbsack von Bauern angefallen zu werden mit der Frage, wer
man sei nud was man wolle.

Weshalb siud Sie dann nicht dort geblieben? erlaubte ich mir zu fragen.
War die Stellung nicht angenehm?

Bitte sehr, sie war sehr angenehm, und die Leute, mit denen ich zu thu"
hatte, waren auch ganz nett, aber es fiel zwischen nur und dem Meier
etwas vor.

Nun ja, das kann Passiren.

Freilich, tibrigeus war es nur eine Lumperei. Ich will Ihnen sagen,
Flora -- das ist mein Hund, komm hierher, Flora! -- ja, eine Schönheit
ist sie eigentlich nicht, aber flink ist sie, auf Hühner wie auf Bekassinen. Aber
Flora säuft nur Milch vou der Kuh weg, und der Meier wollte ihr nur
Centrifugeumilch geben. Da gab ein Wort das andre, und ich gab die Stelle
ans. Nu, es ist ja auch langweilig, immer an ein und demselben Orte zu bleiben.

Wir hatten inzwischen eine einfache Schenke erreicht, wo namentlich heim¬
kehrende Arbeiter Rast hielten, um dem innern Drange nach eiuer kleinen Er¬
frischung in Gestalt eines "dänischen Baiern" vom Faß nachzugeben. Hier pflegte
auch ich immer auf meinem Rückwege einzukehren, und so lud ich meinen neuen
Bekannten ein, mir Gesellschaft zu leisten. Wir setzten uns in den Garten,
der mit Hilfe einiger Petroleumlampen noch dunkler gemacht wurde, als er
schon vorher war, erhielten unser Bier und plauderten weiter.

Bei der Gesellschaftsmeierei waren wir stehen geblieben, sagte ich.

Ganz richtig, bei der Meierei. Als ich abging, wurde ich Dirigent einer
großen Ofeufabrik in Odense. Aber dort war es uicht zum Aushalten. Die
Jagd in der Umgebung war dürftig, zuletzt wurde ich bei Gott ganz melan¬
cholisch bei dem tagelangeu Ansehen der vielen schwarzen Ofen, deshalb ver¬
schaffte mir mein Bruder -- er ist Verwalter ans Lndwigsholm -- Sie kennen
ihn vielleicht, Verwalter Madseu?

Ach so, Sie heißen also Madseu? fügte ich ein.

Habe ich Ihnen das nicht gesagt? Nehmen Sie mirs uicht übel! Mein
Bruder verschaffte mir eine Stelle, wie soll ich sagen, als Fvrstassistent auf
Ludwigsholm, und das war allerdings ein sehr angenehmer Übergang von den
schwarzen Öfen zu den grünen Bäumen. sind Sie auf Ludwigsholm be¬
kannt? Also nicht! -- Na, dort ist ein prächtiger Wildbestand und wunder-


Wie ich Herrn Mathem kenne» lernte

Also dort waren Sie auch?

Na, und ob ich in Ititland gewesen bin! Dazu können Sie zweimal Ja
und Amen sagen! Ich war ja Geschäftsführer bei einer Gesellschaftsmeierei
in der Gegend von Ribe, setzte er mit einer Art von leichter Verwunderung
hinzu, daß diese Thatsache mir unbekannt geblieben sei. Das nenn' ich eine
Jagd! Und die guten, anständigen Menschen dort! Da kann man nach Be¬
lieben herumschleudern, ohne jeden Augenblick der (Gefahr ausgesetzt zu sein,
von einem Grvbsack von Bauern angefallen zu werden mit der Frage, wer
man sei nud was man wolle.

Weshalb siud Sie dann nicht dort geblieben? erlaubte ich mir zu fragen.
War die Stellung nicht angenehm?

Bitte sehr, sie war sehr angenehm, und die Leute, mit denen ich zu thu»
hatte, waren auch ganz nett, aber es fiel zwischen nur und dem Meier
etwas vor.

Nun ja, das kann Passiren.

Freilich, tibrigeus war es nur eine Lumperei. Ich will Ihnen sagen,
Flora — das ist mein Hund, komm hierher, Flora! — ja, eine Schönheit
ist sie eigentlich nicht, aber flink ist sie, auf Hühner wie auf Bekassinen. Aber
Flora säuft nur Milch vou der Kuh weg, und der Meier wollte ihr nur
Centrifugeumilch geben. Da gab ein Wort das andre, und ich gab die Stelle
ans. Nu, es ist ja auch langweilig, immer an ein und demselben Orte zu bleiben.

Wir hatten inzwischen eine einfache Schenke erreicht, wo namentlich heim¬
kehrende Arbeiter Rast hielten, um dem innern Drange nach eiuer kleinen Er¬
frischung in Gestalt eines „dänischen Baiern" vom Faß nachzugeben. Hier pflegte
auch ich immer auf meinem Rückwege einzukehren, und so lud ich meinen neuen
Bekannten ein, mir Gesellschaft zu leisten. Wir setzten uns in den Garten,
der mit Hilfe einiger Petroleumlampen noch dunkler gemacht wurde, als er
schon vorher war, erhielten unser Bier und plauderten weiter.

Bei der Gesellschaftsmeierei waren wir stehen geblieben, sagte ich.

Ganz richtig, bei der Meierei. Als ich abging, wurde ich Dirigent einer
großen Ofeufabrik in Odense. Aber dort war es uicht zum Aushalten. Die
Jagd in der Umgebung war dürftig, zuletzt wurde ich bei Gott ganz melan¬
cholisch bei dem tagelangeu Ansehen der vielen schwarzen Ofen, deshalb ver¬
schaffte mir mein Bruder — er ist Verwalter ans Lndwigsholm — Sie kennen
ihn vielleicht, Verwalter Madseu?

Ach so, Sie heißen also Madseu? fügte ich ein.

Habe ich Ihnen das nicht gesagt? Nehmen Sie mirs uicht übel! Mein
Bruder verschaffte mir eine Stelle, wie soll ich sagen, als Fvrstassistent auf
Ludwigsholm, und das war allerdings ein sehr angenehmer Übergang von den
schwarzen Öfen zu den grünen Bäumen. sind Sie auf Ludwigsholm be¬
kannt? Also nicht! — Na, dort ist ein prächtiger Wildbestand und wunder-


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[0479] Wie ich Herrn Mathem kenne» lernte Also dort waren Sie auch? Na, und ob ich in Ititland gewesen bin! Dazu können Sie zweimal Ja und Amen sagen! Ich war ja Geschäftsführer bei einer Gesellschaftsmeierei in der Gegend von Ribe, setzte er mit einer Art von leichter Verwunderung hinzu, daß diese Thatsache mir unbekannt geblieben sei. Das nenn' ich eine Jagd! Und die guten, anständigen Menschen dort! Da kann man nach Be¬ lieben herumschleudern, ohne jeden Augenblick der (Gefahr ausgesetzt zu sein, von einem Grvbsack von Bauern angefallen zu werden mit der Frage, wer man sei nud was man wolle. Weshalb siud Sie dann nicht dort geblieben? erlaubte ich mir zu fragen. War die Stellung nicht angenehm? Bitte sehr, sie war sehr angenehm, und die Leute, mit denen ich zu thu» hatte, waren auch ganz nett, aber es fiel zwischen nur und dem Meier etwas vor. Nun ja, das kann Passiren. Freilich, tibrigeus war es nur eine Lumperei. Ich will Ihnen sagen, Flora — das ist mein Hund, komm hierher, Flora! — ja, eine Schönheit ist sie eigentlich nicht, aber flink ist sie, auf Hühner wie auf Bekassinen. Aber Flora säuft nur Milch vou der Kuh weg, und der Meier wollte ihr nur Centrifugeumilch geben. Da gab ein Wort das andre, und ich gab die Stelle ans. Nu, es ist ja auch langweilig, immer an ein und demselben Orte zu bleiben. Wir hatten inzwischen eine einfache Schenke erreicht, wo namentlich heim¬ kehrende Arbeiter Rast hielten, um dem innern Drange nach eiuer kleinen Er¬ frischung in Gestalt eines „dänischen Baiern" vom Faß nachzugeben. Hier pflegte auch ich immer auf meinem Rückwege einzukehren, und so lud ich meinen neuen Bekannten ein, mir Gesellschaft zu leisten. Wir setzten uns in den Garten, der mit Hilfe einiger Petroleumlampen noch dunkler gemacht wurde, als er schon vorher war, erhielten unser Bier und plauderten weiter. Bei der Gesellschaftsmeierei waren wir stehen geblieben, sagte ich. Ganz richtig, bei der Meierei. Als ich abging, wurde ich Dirigent einer großen Ofeufabrik in Odense. Aber dort war es uicht zum Aushalten. Die Jagd in der Umgebung war dürftig, zuletzt wurde ich bei Gott ganz melan¬ cholisch bei dem tagelangeu Ansehen der vielen schwarzen Ofen, deshalb ver¬ schaffte mir mein Bruder — er ist Verwalter ans Lndwigsholm — Sie kennen ihn vielleicht, Verwalter Madseu? Ach so, Sie heißen also Madseu? fügte ich ein. Habe ich Ihnen das nicht gesagt? Nehmen Sie mirs uicht übel! Mein Bruder verschaffte mir eine Stelle, wie soll ich sagen, als Fvrstassistent auf Ludwigsholm, und das war allerdings ein sehr angenehmer Übergang von den schwarzen Öfen zu den grünen Bäumen. sind Sie auf Ludwigsholm be¬ kannt? Also nicht! — Na, dort ist ein prächtiger Wildbestand und wunder-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/479>, abgerufen am 23.07.2024.