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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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?le Sozialdeuwkl'alle auf dein Lande und die evangelische Airche

stände erhalten und gestärkt werde. Da gilt es vor allein Abwehr der Sozicil-
demvlratie, die dem kleinen Bauer die Freude an seinem Leben leid machen
würde, ihn zum Faulenzer und Bankrottirer erziehen und in ihm alle höhern
Gefühle, vor allem Religion und Vaterlandsliebe, ertöten würde. In diesen
Tagen konnte es ein sozialistischer Kandidat angesichts des Niederwalddeicknmls
wagen, seinen Hörern zu sagen, Deutschland müsse den Franzosen Elsaß-Loth¬
ringen zurückgeben. Die Franzosen seien edler und den Arbeiterinteressen freund¬
licher als die Deutschen. Und niemand hat Pfui gerufen! Nach der Ver¬
urteilung Boulangers wurde mir in Paris auf den Boulevards eine Rechtfertigung
des Exgenerals in die Hand gegeben. Der edle Mann beteuerte natürlich seine
Unschuld gegenüber all den Punkten, wegen deren ihn das Tribunal verurteilt
hatte. Auch über die vielen Hunderttausende, die unter seinem Ministerium
aus deu geheimen Fonds ausgegeben worden sind und über die niemand Aus¬
kunft geben konnte, gab er eine Auskunft, die für uns, sehr interessant ist.
Er sagte, daß er sie zur Gründung des ^vsiür imticmÄl verwendet habe, eines
Blattes, das er gegründet habe, um mit den deutschen Sozialdemokraten
Fühlung zu bekommen. Das französische Tribunal, das ihn gerne schuldig
fand, hat ihm nicht geglaubt. Was sollte" wir glauben? Auch der Aufenthalt
der achtzig deutscheu Sozialsten in Paris scheint ihr Vaterlandsgefühl nicht
gekräftigt zu haben.

Dieses Gefühl des Hasses gegen unser Vaterland geht durch die ganze
Partei. Es ist eine eminente Gefahr, die uns hier droht. Alle andern Par¬
teien sollten sich gegen diesen einen Feind zusammenschließen, der sie doch alle
vernichten will. Die Zeit, wo mau die Sozialdemokraten für edle Phantasten
und ungefährliche Träumer hielt, ist vorüber, wie auch die Zeit, wo man
dachte, wenn man sie als politische Partei behandle und auf ihre zum Teil
berechtigten Wünsche eingehe, whrde man sie unschädlich machen; die Theorie
von dem Ventil trifft hier nicht zu. Hier ist keine politische Partei, wie es
andre Parteien sind, hier ist eine Räuberbande, die den Umsturz auf ihre Fahne
geschrieben hat. Hier giebt es nur ein Mittel, das schon.einmal von Laster
in seiner guten Zeit anempfohlen wurde und mit dem man auch eine Räuber¬
bande zwingt: die Gewalt.

Das bisherige Sozialistengesetz hat die weitere Verbreitung der sozialistischen
Lehren nicht hindern können, es hat aber doch ihre öffentlichen Ausschreitungen
zurückgehalten. Die Bestie war da und knurrte, aber sie konnte nicht beißen.
Wenn es wegfiele, trieben wir der sozialen Revolution zu. Es muß den
Sozialisten mit aller Deutlichkeit klar gemacht werden, daß sie keine Aussicht
zur Verwirklichung ihrer tollen Träume haben. Ein Trost ist es für jede"
Deutschen, daß er auf einen Kaiser blicken kann, der den Ernst der Zeit ver¬
steht und der dem Ernste der Zeit gewachsen ist. Mögen seine Bemühungen
zur Besserung des Loses der Armen von Erfolg gekrönt sein! Es wird ihm


?le Sozialdeuwkl'alle auf dein Lande und die evangelische Airche

stände erhalten und gestärkt werde. Da gilt es vor allein Abwehr der Sozicil-
demvlratie, die dem kleinen Bauer die Freude an seinem Leben leid machen
würde, ihn zum Faulenzer und Bankrottirer erziehen und in ihm alle höhern
Gefühle, vor allem Religion und Vaterlandsliebe, ertöten würde. In diesen
Tagen konnte es ein sozialistischer Kandidat angesichts des Niederwalddeicknmls
wagen, seinen Hörern zu sagen, Deutschland müsse den Franzosen Elsaß-Loth¬
ringen zurückgeben. Die Franzosen seien edler und den Arbeiterinteressen freund¬
licher als die Deutschen. Und niemand hat Pfui gerufen! Nach der Ver¬
urteilung Boulangers wurde mir in Paris auf den Boulevards eine Rechtfertigung
des Exgenerals in die Hand gegeben. Der edle Mann beteuerte natürlich seine
Unschuld gegenüber all den Punkten, wegen deren ihn das Tribunal verurteilt
hatte. Auch über die vielen Hunderttausende, die unter seinem Ministerium
aus deu geheimen Fonds ausgegeben worden sind und über die niemand Aus¬
kunft geben konnte, gab er eine Auskunft, die für uns, sehr interessant ist.
Er sagte, daß er sie zur Gründung des ^vsiür imticmÄl verwendet habe, eines
Blattes, das er gegründet habe, um mit den deutschen Sozialdemokraten
Fühlung zu bekommen. Das französische Tribunal, das ihn gerne schuldig
fand, hat ihm nicht geglaubt. Was sollte» wir glauben? Auch der Aufenthalt
der achtzig deutscheu Sozialsten in Paris scheint ihr Vaterlandsgefühl nicht
gekräftigt zu haben.

Dieses Gefühl des Hasses gegen unser Vaterland geht durch die ganze
Partei. Es ist eine eminente Gefahr, die uns hier droht. Alle andern Par¬
teien sollten sich gegen diesen einen Feind zusammenschließen, der sie doch alle
vernichten will. Die Zeit, wo mau die Sozialdemokraten für edle Phantasten
und ungefährliche Träumer hielt, ist vorüber, wie auch die Zeit, wo man
dachte, wenn man sie als politische Partei behandle und auf ihre zum Teil
berechtigten Wünsche eingehe, whrde man sie unschädlich machen; die Theorie
von dem Ventil trifft hier nicht zu. Hier ist keine politische Partei, wie es
andre Parteien sind, hier ist eine Räuberbande, die den Umsturz auf ihre Fahne
geschrieben hat. Hier giebt es nur ein Mittel, das schon.einmal von Laster
in seiner guten Zeit anempfohlen wurde und mit dem man auch eine Räuber¬
bande zwingt: die Gewalt.

Das bisherige Sozialistengesetz hat die weitere Verbreitung der sozialistischen
Lehren nicht hindern können, es hat aber doch ihre öffentlichen Ausschreitungen
zurückgehalten. Die Bestie war da und knurrte, aber sie konnte nicht beißen.
Wenn es wegfiele, trieben wir der sozialen Revolution zu. Es muß den
Sozialisten mit aller Deutlichkeit klar gemacht werden, daß sie keine Aussicht
zur Verwirklichung ihrer tollen Träume haben. Ein Trost ist es für jede»
Deutschen, daß er auf einen Kaiser blicken kann, der den Ernst der Zeit ver¬
steht und der dem Ernste der Zeit gewachsen ist. Mögen seine Bemühungen
zur Besserung des Loses der Armen von Erfolg gekrönt sein! Es wird ihm


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/450>, abgerufen am 23.07.2024.