Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches freilich über Herbert Bismarck sehr wenig; im Vordergrunde steht die Mitteilung, daß Das Buch läßt sich einteile" i" persönliche und sachliche Artikel. Die letzter" Noch mehr zeigt sich die Einseitigkeit der Auffassung, oder besser gesagt die Herzlich unbedeutend ist der Artikel über Wäldersee; hier werden Unter- Doch genug der Proben. Wer in das ans Klatsch, Mißvergnügen, Grobheit Maßgebliches und Unmaßgebliches freilich über Herbert Bismarck sehr wenig; im Vordergrunde steht die Mitteilung, daß Das Buch läßt sich einteile» i» persönliche und sachliche Artikel. Die letzter» Noch mehr zeigt sich die Einseitigkeit der Auffassung, oder besser gesagt die Herzlich unbedeutend ist der Artikel über Wäldersee; hier werden Unter- Doch genug der Proben. Wer in das ans Klatsch, Mißvergnügen, Grobheit <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0394" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/207039"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_1030" prev="#ID_1029"> freilich über Herbert Bismarck sehr wenig; im Vordergrunde steht die Mitteilung, daß<lb/> er keine höhere Staatsprüfung abgelegt habe. Daß in, dieser vom Freisinn ser-<lb/> virten satura, Icmx sich ein buntes Allerlei finden würde, worin Diäten und Wahl¬<lb/> kuverts, Kunstbutter und das Schnäpschen des armen Mannes, Geffckenprozeß und<lb/> eine widerliche Verhimmelung Kaiser Friedrichs, unschuldig Verurteilte und Christlich-<lb/> Soziale nicht fehlen durften, war vorauszusehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1031"> Das Buch läßt sich einteile» i» persönliche und sachliche Artikel. Die letzter»<lb/> zeugen von des Verfassers unleugbaren Kenntnissen in manchen Einzelfragen,<lb/> namentlich z. B. Fiucmzsncheu. Man vergleiche „Bankgesetz," „Brantweinbesteue-<lb/> ruug," „Einkommensteuer," „Reichshaushaltsetat" (ein entsetzliches Wort statt Reichs-<lb/> hanshalt!) u. s. w. Aber auch diese sind, wegen des ausgesprochenen und ein¬<lb/> seitigen Parteistandpunktes, von dem sie dargestellt werden, kaum genießbar.</p><lb/> <p xml:id="ID_1032"> Noch mehr zeigt sich die Einseitigkeit der Auffassung, oder besser gesagt die<lb/> Böswilligkeit der Darstellung, in den persönlichen Artikeln. Kein Wort der An¬<lb/> erkennung für die erhebenden Tugenden Kaiser Wilhelms. Wie eine dürre mma-<lb/> listische Aufzählung der einzelnen Regieruugsakte liest sich der Abschnitt; sieht mau<lb/> aber genauer zu, so findet man alle die Punkte, die die fortschrittliche und demo¬<lb/> kratische Presse so gern zur Verdächtigung des Monarchen bei dem freisinnigen<lb/> Bürgertum hervorkehrt, Beteiligung an der Stadtmissivn, Anreden an die städtischen<lb/> Behörden über Kirchenbau und Kaiser Friedrich, die Proklamation ans Volk später<lb/> als an die Armee, Dank an Treitschke, „auf der Strecke," die „Edelsten" des<lb/> Volkes, Verfolgung der freisinnigen Zeitung, Ordensverleihung an Puttkamer, Er¬<lb/> nennung des Ministers von Scholz zum Sekondeleutnant, neue Umformen (schade,<lb/> daß die Eskarpins noch nicht zu verwerte« waren!), Zurückbeuenuuug des von<lb/> Kaiser Friedrich ungetauften Schlosses „Friedrichskron" in „Neues Palais" u. s. w-<lb/> Wir sehen, wie genau es der Encyklopädist mit der exakten Verwendung des ihm<lb/> zu Gebote stehenden, Materials nimmt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1033"> Herzlich unbedeutend ist der Artikel über Wäldersee; hier werden Unter-<lb/> strömungen, Konflikte, Friktioneil mit dem breite» Behagen geschildert, das den<lb/> Tyrannen des Freisinns ergreift, sobald er etwas für die Bismarckische Politik — wie<lb/> er meint — Nachteiliges wittert. Hat ihm die politische- Klugheit geboten, bei vor¬<lb/> stehenden und andern Artikeln sich mit Nadelstichen zu begnügen, so geht er bei<lb/> „Bismarck" mit Keulenschlägen vor. Zwar äußerlich betrachtet, kommt Bismarck-<lb/> Bater in der Größe des ihm gewidmeten Raumes gut weg gegen Bismarck-Sohn,<lb/> den die wenigen ihm gewidmeten Zeilen schon äußerlich in seiner Nichtigkeit charak-<lb/> terisiren sollen. Aber wozu, der vier Seiten füllende Lärm über den Kanzler,<lb/> wenn wir als Kernpunkt erfahren, daß es eine „Politik Bismarck" (wieder herr¬<lb/> liches Deutsch!), die sich als Programm für die Zukunft eignet, überhaupt nicht<lb/> giebt und niemals gegeben hat. Da darf sich Bennigsen noch glücklich schätzen;<lb/> wenn er auch als „Hinterfroutmarschall" zur Stärkung der Reaktion viel bei¬<lb/> getragen hat, so hat er doch eine Politik verfolgt, nämlich die, als Redner aufzu¬<lb/> treten, „wenn es sich um feierliche Kundgebungen der Übereinstimmung seiner<lb/> Partei mit dem Reichskanzler handelt." Seine ganze politische Verbissenheit<lb/> schüttet der Neichsuörgler in dem Artikel „Adel" ans, der einen wirklich kunstvollen<lb/> Eiertanz darstellt um das, was man gerade noch sagen darf, und was nicht; und<lb/> das ganze Unwetter persönlichen Hasses entlädt sich über dem Haupte des Vor¬<lb/> standes der Berliner Stadtmission, des „neue» Luthers."</p><lb/> <p xml:id="ID_1034" next="#ID_1035"> Doch genug der Proben. Wer in das ans Klatsch, Mißvergnügen, Grobheit<lb/> nud viel statistischen Material zusammengesetzte Buch hineinblickt, wird es bald</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0394]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
freilich über Herbert Bismarck sehr wenig; im Vordergrunde steht die Mitteilung, daß
er keine höhere Staatsprüfung abgelegt habe. Daß in, dieser vom Freisinn ser-
virten satura, Icmx sich ein buntes Allerlei finden würde, worin Diäten und Wahl¬
kuverts, Kunstbutter und das Schnäpschen des armen Mannes, Geffckenprozeß und
eine widerliche Verhimmelung Kaiser Friedrichs, unschuldig Verurteilte und Christlich-
Soziale nicht fehlen durften, war vorauszusehen.
Das Buch läßt sich einteile» i» persönliche und sachliche Artikel. Die letzter»
zeugen von des Verfassers unleugbaren Kenntnissen in manchen Einzelfragen,
namentlich z. B. Fiucmzsncheu. Man vergleiche „Bankgesetz," „Brantweinbesteue-
ruug," „Einkommensteuer," „Reichshaushaltsetat" (ein entsetzliches Wort statt Reichs-
hanshalt!) u. s. w. Aber auch diese sind, wegen des ausgesprochenen und ein¬
seitigen Parteistandpunktes, von dem sie dargestellt werden, kaum genießbar.
Noch mehr zeigt sich die Einseitigkeit der Auffassung, oder besser gesagt die
Böswilligkeit der Darstellung, in den persönlichen Artikeln. Kein Wort der An¬
erkennung für die erhebenden Tugenden Kaiser Wilhelms. Wie eine dürre mma-
listische Aufzählung der einzelnen Regieruugsakte liest sich der Abschnitt; sieht mau
aber genauer zu, so findet man alle die Punkte, die die fortschrittliche und demo¬
kratische Presse so gern zur Verdächtigung des Monarchen bei dem freisinnigen
Bürgertum hervorkehrt, Beteiligung an der Stadtmissivn, Anreden an die städtischen
Behörden über Kirchenbau und Kaiser Friedrich, die Proklamation ans Volk später
als an die Armee, Dank an Treitschke, „auf der Strecke," die „Edelsten" des
Volkes, Verfolgung der freisinnigen Zeitung, Ordensverleihung an Puttkamer, Er¬
nennung des Ministers von Scholz zum Sekondeleutnant, neue Umformen (schade,
daß die Eskarpins noch nicht zu verwerte« waren!), Zurückbeuenuuug des von
Kaiser Friedrich ungetauften Schlosses „Friedrichskron" in „Neues Palais" u. s. w-
Wir sehen, wie genau es der Encyklopädist mit der exakten Verwendung des ihm
zu Gebote stehenden, Materials nimmt.
Herzlich unbedeutend ist der Artikel über Wäldersee; hier werden Unter-
strömungen, Konflikte, Friktioneil mit dem breite» Behagen geschildert, das den
Tyrannen des Freisinns ergreift, sobald er etwas für die Bismarckische Politik — wie
er meint — Nachteiliges wittert. Hat ihm die politische- Klugheit geboten, bei vor¬
stehenden und andern Artikeln sich mit Nadelstichen zu begnügen, so geht er bei
„Bismarck" mit Keulenschlägen vor. Zwar äußerlich betrachtet, kommt Bismarck-
Bater in der Größe des ihm gewidmeten Raumes gut weg gegen Bismarck-Sohn,
den die wenigen ihm gewidmeten Zeilen schon äußerlich in seiner Nichtigkeit charak-
terisiren sollen. Aber wozu, der vier Seiten füllende Lärm über den Kanzler,
wenn wir als Kernpunkt erfahren, daß es eine „Politik Bismarck" (wieder herr¬
liches Deutsch!), die sich als Programm für die Zukunft eignet, überhaupt nicht
giebt und niemals gegeben hat. Da darf sich Bennigsen noch glücklich schätzen;
wenn er auch als „Hinterfroutmarschall" zur Stärkung der Reaktion viel bei¬
getragen hat, so hat er doch eine Politik verfolgt, nämlich die, als Redner aufzu¬
treten, „wenn es sich um feierliche Kundgebungen der Übereinstimmung seiner
Partei mit dem Reichskanzler handelt." Seine ganze politische Verbissenheit
schüttet der Neichsuörgler in dem Artikel „Adel" ans, der einen wirklich kunstvollen
Eiertanz darstellt um das, was man gerade noch sagen darf, und was nicht; und
das ganze Unwetter persönlichen Hasses entlädt sich über dem Haupte des Vor¬
standes der Berliner Stadtmission, des „neue» Luthers."
Doch genug der Proben. Wer in das ans Klatsch, Mißvergnügen, Grobheit
nud viel statistischen Material zusammengesetzte Buch hineinblickt, wird es bald
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