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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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Allerhand Sprachdununheiteil

der Versammlung war ein ruhiger -- die Antwort auf diese Frage ist eine
höchst betrübende -- das Ergebnis ist insofern ein verstimmendes --
ihre Arbeit ist eine vergebliche gewesen -- die Zahl der Todesfälle war
bisher eine sehr geringe -- der Andrang war ein ganz enormer -- ist
dieses Urteil ein begründetes? -- wenn die Umgestaltung wirklich eine so
gründliche gewesen wäre -- die Stellung des neuen Direktors war eine
außerordentlich schwierige -- die Staatshilfe kann natürlich nur eine be¬
schränkte sein -- seine Stellung war eine viel zu bedeutungslose, als
daß er n. s. w. -- Napoleons Lage war am 16. Oktober abends eine wenig
günstige -- Luthers Feder war eine lange und feste -- eine Neuheit,
deren Erfolg von vornherein ein zweifelhafter sein mußte -- die Gesamt-
wirkung ist eine überaus reiche, ja prächtige -- in der größten Zahl
seiner Lieder ist der Aufbau ein wunderbar gelungner -- die Ausstattung
dieser einzig dastehenden Monographie ist eine ihrem Inhalt angemessene --
der Vergleich zwischen dem Vortrag eines Musikstückes und der Nachbildung
eines Gemäldes durch Kopiren ist ein gänzlich irriger -- das Tageslicht
wird durch getönte Scheiben gebrochen, sodaß der Gesamteindruck ein ungemein
harmonischer und freundlicher ist -- der Begriff der Herrenlosigkeit im
Privatrecht und im Völkerrecht ist ein durchaus verschiedner -- das Aus¬
sehen der Dörfer wird dadurch ein gleichmäßigeres, einförmigeres, über¬
haupt kümmerlicheres (!). Ebenso dann in der Mehrzahl: da die Gebühren
verhältnismäßig hohe zu nennen sind -- bedenkt man, daß die Pachtsummen
an und für sich schon hohe sind (statt hoch). Doppelt schwülstig wird die
Ausdrucksweise, wenn im Prädikat ein Partizipium steht, das vernünftiger¬
weise in der Form des Vörburu laikan dasein sollte. Anstatt einfach zu
sagen: der Anteil entsprach den vorhandenen männlichen Seelen-- verbreitert
mau den Ausdruck doppelt: statt des Verbums setzt man das Partizip mit
sein, und dieses Partizip deklinirt nur dann wieder, also: der Anteil war
ein den vorhandenen männlichen Seelen entsprechender -- die Verschieden¬
heit ist eine außerordentlich weitgehende -- (statt: geht außerordentlich
weit) -- die Zusammengehörigkeit ist in den meisten Fällen eine so lose,
so entfernte und jeden Augenblick wechselnde -- dies schließt nicht ans,
daß der Inhalt der Sitte ein verwerflicher, d. h. dem wahren Besten der
Gesellschaft nicht entsprechender sei (statt: verwerflich sei, d. h. dem
wahren Besten der Gesellschaft nicht entspreche). Wird das Prädikat ver¬
neint, so heißt es natürlich kein hoher statt nicht hoch, z.B.: der Preis
war allerdings kein hoher gewesen - die Bezeichnung war insofern keine
ganz richtig gewählte. -- die Freude daran ist eine mehr intellektuelle,
keine rein ästhetische -- im ganzen ist das Werk freilich kein den Gegen¬
stand erschöpfendes (!) ^ die Grenze ist keine für alle Zeiten bestimmte
und keine für alle Orte gleiche (!), Die letzten beiden Beispiele sind fast


Allerhand Sprachdununheiteil

der Versammlung war ein ruhiger — die Antwort auf diese Frage ist eine
höchst betrübende — das Ergebnis ist insofern ein verstimmendes —
ihre Arbeit ist eine vergebliche gewesen — die Zahl der Todesfälle war
bisher eine sehr geringe — der Andrang war ein ganz enormer — ist
dieses Urteil ein begründetes? — wenn die Umgestaltung wirklich eine so
gründliche gewesen wäre — die Stellung des neuen Direktors war eine
außerordentlich schwierige — die Staatshilfe kann natürlich nur eine be¬
schränkte sein — seine Stellung war eine viel zu bedeutungslose, als
daß er n. s. w. — Napoleons Lage war am 16. Oktober abends eine wenig
günstige — Luthers Feder war eine lange und feste — eine Neuheit,
deren Erfolg von vornherein ein zweifelhafter sein mußte — die Gesamt-
wirkung ist eine überaus reiche, ja prächtige — in der größten Zahl
seiner Lieder ist der Aufbau ein wunderbar gelungner — die Ausstattung
dieser einzig dastehenden Monographie ist eine ihrem Inhalt angemessene —
der Vergleich zwischen dem Vortrag eines Musikstückes und der Nachbildung
eines Gemäldes durch Kopiren ist ein gänzlich irriger — das Tageslicht
wird durch getönte Scheiben gebrochen, sodaß der Gesamteindruck ein ungemein
harmonischer und freundlicher ist — der Begriff der Herrenlosigkeit im
Privatrecht und im Völkerrecht ist ein durchaus verschiedner — das Aus¬
sehen der Dörfer wird dadurch ein gleichmäßigeres, einförmigeres, über¬
haupt kümmerlicheres (!). Ebenso dann in der Mehrzahl: da die Gebühren
verhältnismäßig hohe zu nennen sind — bedenkt man, daß die Pachtsummen
an und für sich schon hohe sind (statt hoch). Doppelt schwülstig wird die
Ausdrucksweise, wenn im Prädikat ein Partizipium steht, das vernünftiger¬
weise in der Form des Vörburu laikan dasein sollte. Anstatt einfach zu
sagen: der Anteil entsprach den vorhandenen männlichen Seelen— verbreitert
mau den Ausdruck doppelt: statt des Verbums setzt man das Partizip mit
sein, und dieses Partizip deklinirt nur dann wieder, also: der Anteil war
ein den vorhandenen männlichen Seelen entsprechender — die Verschieden¬
heit ist eine außerordentlich weitgehende — (statt: geht außerordentlich
weit) — die Zusammengehörigkeit ist in den meisten Fällen eine so lose,
so entfernte und jeden Augenblick wechselnde — dies schließt nicht ans,
daß der Inhalt der Sitte ein verwerflicher, d. h. dem wahren Besten der
Gesellschaft nicht entsprechender sei (statt: verwerflich sei, d. h. dem
wahren Besten der Gesellschaft nicht entspreche). Wird das Prädikat ver¬
neint, so heißt es natürlich kein hoher statt nicht hoch, z.B.: der Preis
war allerdings kein hoher gewesen - die Bezeichnung war insofern keine
ganz richtig gewählte. — die Freude daran ist eine mehr intellektuelle,
keine rein ästhetische — im ganzen ist das Werk freilich kein den Gegen¬
stand erschöpfendes (!) ^ die Grenze ist keine für alle Zeiten bestimmte
und keine für alle Orte gleiche (!), Die letzten beiden Beispiele sind fast


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[0323] Allerhand Sprachdununheiteil der Versammlung war ein ruhiger — die Antwort auf diese Frage ist eine höchst betrübende — das Ergebnis ist insofern ein verstimmendes — ihre Arbeit ist eine vergebliche gewesen — die Zahl der Todesfälle war bisher eine sehr geringe — der Andrang war ein ganz enormer — ist dieses Urteil ein begründetes? — wenn die Umgestaltung wirklich eine so gründliche gewesen wäre — die Stellung des neuen Direktors war eine außerordentlich schwierige — die Staatshilfe kann natürlich nur eine be¬ schränkte sein — seine Stellung war eine viel zu bedeutungslose, als daß er n. s. w. — Napoleons Lage war am 16. Oktober abends eine wenig günstige — Luthers Feder war eine lange und feste — eine Neuheit, deren Erfolg von vornherein ein zweifelhafter sein mußte — die Gesamt- wirkung ist eine überaus reiche, ja prächtige — in der größten Zahl seiner Lieder ist der Aufbau ein wunderbar gelungner — die Ausstattung dieser einzig dastehenden Monographie ist eine ihrem Inhalt angemessene — der Vergleich zwischen dem Vortrag eines Musikstückes und der Nachbildung eines Gemäldes durch Kopiren ist ein gänzlich irriger — das Tageslicht wird durch getönte Scheiben gebrochen, sodaß der Gesamteindruck ein ungemein harmonischer und freundlicher ist — der Begriff der Herrenlosigkeit im Privatrecht und im Völkerrecht ist ein durchaus verschiedner — das Aus¬ sehen der Dörfer wird dadurch ein gleichmäßigeres, einförmigeres, über¬ haupt kümmerlicheres (!). Ebenso dann in der Mehrzahl: da die Gebühren verhältnismäßig hohe zu nennen sind — bedenkt man, daß die Pachtsummen an und für sich schon hohe sind (statt hoch). Doppelt schwülstig wird die Ausdrucksweise, wenn im Prädikat ein Partizipium steht, das vernünftiger¬ weise in der Form des Vörburu laikan dasein sollte. Anstatt einfach zu sagen: der Anteil entsprach den vorhandenen männlichen Seelen— verbreitert mau den Ausdruck doppelt: statt des Verbums setzt man das Partizip mit sein, und dieses Partizip deklinirt nur dann wieder, also: der Anteil war ein den vorhandenen männlichen Seelen entsprechender — die Verschieden¬ heit ist eine außerordentlich weitgehende — (statt: geht außerordentlich weit) — die Zusammengehörigkeit ist in den meisten Fällen eine so lose, so entfernte und jeden Augenblick wechselnde — dies schließt nicht ans, daß der Inhalt der Sitte ein verwerflicher, d. h. dem wahren Besten der Gesellschaft nicht entsprechender sei (statt: verwerflich sei, d. h. dem wahren Besten der Gesellschaft nicht entspreche). Wird das Prädikat ver¬ neint, so heißt es natürlich kein hoher statt nicht hoch, z.B.: der Preis war allerdings kein hoher gewesen - die Bezeichnung war insofern keine ganz richtig gewählte. — die Freude daran ist eine mehr intellektuelle, keine rein ästhetische — im ganzen ist das Werk freilich kein den Gegen¬ stand erschöpfendes (!) ^ die Grenze ist keine für alle Zeiten bestimmte und keine für alle Orte gleiche (!), Die letzten beiden Beispiele sind fast

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/323>, abgerufen am 23.07.2024.