Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.Litteratur erhöhung, auch kein Sozialismus die Armut kuriren können. Gegen Überpvpnlatiou Zu den sprachlichen Eigentümlichkeiten des Verfassers gehört u. a., daß er Freilnnd. Ein soziales Zukunftsbild von Theodor Hertzka, Leipzig, Duncker und Humblot, 1890 Wenn der Verleger der Zeitschrift für Staats- und Volkswirtschaft ein Utopien Litteratur erhöhung, auch kein Sozialismus die Armut kuriren können. Gegen Überpvpnlatiou Zu den sprachlichen Eigentümlichkeiten des Verfassers gehört u. a., daß er Freilnnd. Ein soziales Zukunftsbild von Theodor Hertzka, Leipzig, Duncker und Humblot, 1890 Wenn der Verleger der Zeitschrift für Staats- und Volkswirtschaft ein Utopien <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0253" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/206898"/> <fw type="header" place="top"> Litteratur</fw><lb/> <p xml:id="ID_702" prev="#ID_701"> erhöhung, auch kein Sozialismus die Armut kuriren können. Gegen Überpvpnlatiou<lb/> hilft nur Allswanderung, Kolonisation, vel'tus mnnsi-us libsrorimr u. s. w."</p><lb/> <p xml:id="ID_703"> Zu den sprachlichen Eigentümlichkeiten des Verfassers gehört u. a., daß er<lb/> nicht Kapitel 1. 2. 3. sondern (luj.lit I, II, III schreibt. DaS Buch wimmelt von<lb/> Druckfehlern; gewisse Klassen derselben zeigen große Beharrlichkeit, so z. B. steht<lb/> in lateinischen Zitaten häufig u statt » (i>uLsiclc:un!), und in den drei Wörtern<lb/> nichtig, wichtig und richtig werden sehr oft die Anfangsbuchstaben vertauscht.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Freilnnd. Ein soziales Zukunftsbild von Theodor Hertzka, Leipzig, Duncker und<lb/> Humblot, 1890</head><lb/> <p xml:id="ID_704" next="#ID_705"> Wenn der Verleger der Zeitschrift für Staats- und Volkswirtschaft ein Utopien<lb/> aufbaut, so dürfen nur erwarten, das; es sich von den Phantasiegebäuden eines<lb/> Platon und Thomas Morus durch ein bedeutend größeres Maß geographischer,<lb/> Volks-, finanzwirtschaftlicher und sonstiger Gelehrsamkeit auszeichnen werde, eine Er¬<lb/> wartung, die denn much nicht getäuscht wird. Als ein Utopien will freilich der<lb/> Verfasser sein Zukunftsbild, wie er es selbst nennt, nicht angesehen wissen. „Alles<lb/> i» meinem Freiland ist streng real; nur eine Fiktion liegt der ganzen Erzählung<lb/> zu grunde, die nämlich, daß sich mit dem Mittelmaß von Fähigkeiten und Kräften<lb/> ausgestattete Menschen in genügender Zahl thatsächlich schon gefunden hätten, um<lb/> den erlösenden Schritt von der herrschenden ansbenterischen Wirtschaftsordnung zu<lb/> einer Ordnung der sozialen Gleichberechtigung und Freiheit zu unternehmen."<lb/> Hertzka ist von dem „unheimlichen Rätsel" ausgegangen, „über welches nur satte<lb/> Gedankenlosigkeit ohne tiefinneres Grauen hinweggleiten kann," wie es zugeht, daß<lb/> die moderne Beherrschung der Natur, deren selbstverständliche Folge doch „uner¬<lb/> schöpflicher Überfluß bei mäßiger Arbeit für jeden vom Weibe gebornen" sein<lb/> unißte, anch nicht eines Menschen Plage zu vermindern vermocht, wie Stuart Mill<lb/> ^ge, jn sich sogar für zahllose Menschen als ein Fluch erwiesen hat. (Hertzka<lb/> schreibt! „zum Fluche erwiesen"). Er findet den Fehler in der Grundroute, dem<lb/> Ilnternehmergewinn und dem Kapitnlzins, die dem Arbeiter seinen Anteil am<lb/> Arbeitserträge verkürzen, ihn in der Armut festhalten und solchergestalt hindern,<lb/> daß die Maschinentechnik zur Hervorbringung derjenigen Gütermasse benutzt werde,<lb/> die sie z„ liefern imstande wäre. Dem: vernünftigerweise kann immer nur so viel<lb/> hervorgebracht werden, als wahrscheinlicherweise verbraucht werden wird; indem<lb/> Man die Menschen künstlich in der Armut festhält, sie am Kaufen und Verbrauchen<lb/> hindert, ist man alle Augenblicke genötigt, bald die Produktion, bald die Zufuhr<lb/> von Gütern zu hemmen, obwohl man ihrer aufs dringendste bedarf. Der Ge¬<lb/> danke, daß die sogenannte Überproduktion eine leere Einbildung, ein geradezu ver¬<lb/> zückter Begriff sei, und daß allen Nöten nur abgeholfen werden könne nicht dnrch<lb/> ^wschränknng der Produktion, sondern dnrch Vermehrung des Verbrauchs, bildet<lb/> l" auch schon deu Kern des Hauptwerkes unsers Rodbertus. Wie sich Hertzka die<lb/> Ausführung denkt, schildert er an einer Kolonie, die er im äquatorialen Ostafrika<lb/> Mischen dem Keniagebirge und dem Ukerewesee (Viktoria Njansa) gründen und sich<lb/> zum Staate aufwachsen läßt. Die Landschaft giebt Anlaß zu schönen Natnr-<lb/> nhüderungen und mancherlei Idyllen, in denen Elefantenkälber eine hervorragende<lb/> ^olle spielen. Der Staat wird nicht kommunistisch eingerichtet; alle Unterschiede<lb/> des Einkommens und Vermögens, die auf der Verschiedenheit der Begabung und<lb/> des Fleißes beruhen, bleiben bestehen. Aber auch die ärmsten Bürger erwerben<lb/> ""t mäßiger Arbeit ein Einkommen von mehreren tausend Mark. Dabei sind alle</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0253]
Litteratur
erhöhung, auch kein Sozialismus die Armut kuriren können. Gegen Überpvpnlatiou
hilft nur Allswanderung, Kolonisation, vel'tus mnnsi-us libsrorimr u. s. w."
Zu den sprachlichen Eigentümlichkeiten des Verfassers gehört u. a., daß er
nicht Kapitel 1. 2. 3. sondern (luj.lit I, II, III schreibt. DaS Buch wimmelt von
Druckfehlern; gewisse Klassen derselben zeigen große Beharrlichkeit, so z. B. steht
in lateinischen Zitaten häufig u statt » (i>uLsiclc:un!), und in den drei Wörtern
nichtig, wichtig und richtig werden sehr oft die Anfangsbuchstaben vertauscht.
Freilnnd. Ein soziales Zukunftsbild von Theodor Hertzka, Leipzig, Duncker und
Humblot, 1890
Wenn der Verleger der Zeitschrift für Staats- und Volkswirtschaft ein Utopien
aufbaut, so dürfen nur erwarten, das; es sich von den Phantasiegebäuden eines
Platon und Thomas Morus durch ein bedeutend größeres Maß geographischer,
Volks-, finanzwirtschaftlicher und sonstiger Gelehrsamkeit auszeichnen werde, eine Er¬
wartung, die denn much nicht getäuscht wird. Als ein Utopien will freilich der
Verfasser sein Zukunftsbild, wie er es selbst nennt, nicht angesehen wissen. „Alles
i» meinem Freiland ist streng real; nur eine Fiktion liegt der ganzen Erzählung
zu grunde, die nämlich, daß sich mit dem Mittelmaß von Fähigkeiten und Kräften
ausgestattete Menschen in genügender Zahl thatsächlich schon gefunden hätten, um
den erlösenden Schritt von der herrschenden ansbenterischen Wirtschaftsordnung zu
einer Ordnung der sozialen Gleichberechtigung und Freiheit zu unternehmen."
Hertzka ist von dem „unheimlichen Rätsel" ausgegangen, „über welches nur satte
Gedankenlosigkeit ohne tiefinneres Grauen hinweggleiten kann," wie es zugeht, daß
die moderne Beherrschung der Natur, deren selbstverständliche Folge doch „uner¬
schöpflicher Überfluß bei mäßiger Arbeit für jeden vom Weibe gebornen" sein
unißte, anch nicht eines Menschen Plage zu vermindern vermocht, wie Stuart Mill
^ge, jn sich sogar für zahllose Menschen als ein Fluch erwiesen hat. (Hertzka
schreibt! „zum Fluche erwiesen"). Er findet den Fehler in der Grundroute, dem
Ilnternehmergewinn und dem Kapitnlzins, die dem Arbeiter seinen Anteil am
Arbeitserträge verkürzen, ihn in der Armut festhalten und solchergestalt hindern,
daß die Maschinentechnik zur Hervorbringung derjenigen Gütermasse benutzt werde,
die sie z„ liefern imstande wäre. Dem: vernünftigerweise kann immer nur so viel
hervorgebracht werden, als wahrscheinlicherweise verbraucht werden wird; indem
Man die Menschen künstlich in der Armut festhält, sie am Kaufen und Verbrauchen
hindert, ist man alle Augenblicke genötigt, bald die Produktion, bald die Zufuhr
von Gütern zu hemmen, obwohl man ihrer aufs dringendste bedarf. Der Ge¬
danke, daß die sogenannte Überproduktion eine leere Einbildung, ein geradezu ver¬
zückter Begriff sei, und daß allen Nöten nur abgeholfen werden könne nicht dnrch
^wschränknng der Produktion, sondern dnrch Vermehrung des Verbrauchs, bildet
l" auch schon deu Kern des Hauptwerkes unsers Rodbertus. Wie sich Hertzka die
Ausführung denkt, schildert er an einer Kolonie, die er im äquatorialen Ostafrika
Mischen dem Keniagebirge und dem Ukerewesee (Viktoria Njansa) gründen und sich
zum Staate aufwachsen läßt. Die Landschaft giebt Anlaß zu schönen Natnr-
nhüderungen und mancherlei Idyllen, in denen Elefantenkälber eine hervorragende
^olle spielen. Der Staat wird nicht kommunistisch eingerichtet; alle Unterschiede
des Einkommens und Vermögens, die auf der Verschiedenheit der Begabung und
des Fleißes beruhen, bleiben bestehen. Aber auch die ärmsten Bürger erwerben
""t mäßiger Arbeit ein Einkommen von mehreren tausend Mark. Dabei sind alle
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