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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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nach Lothringen die Preise in die Höhe schrauben, denn die meisten Güter
sind zwar käuflich, aber doch nicht unter allen Umständen käuflich.

Es ist aber ein nnlengbares nationales Bedürfnis, daß mit den Zuständen
in Lothringen aufgeräumt werde, die mit einem Vorherrschen der französischen
Einflüsse ungefähr gleichbedeutend sind.

Wie schon unmittelbar nach dem Kriege, so ist auch wieder in jüngster
Zeit eine Reihe von Kanfliebhabern ins Land gekommen, die mit wenigen
schon erwähnten Ausnahmen nach der ersten Umschau meist wieder verschwunden
sind, ohne weiter von sich hören zu lassen, oder anch mit ihren Klagen über
die erfahrenen Enttäuschungen uicht zurückhalten. Meist ergiebt sich, daß man
die Preise noch ziemlich ansehnlich findet, sodann wird über den schlechten Zu¬
stand der Wirtschaftsgebäude, besonders der Stallungen, aber anch der Keller,
der Scheunen, der Brennereien u. s. w. Klage geführt, über die Schwierigkeit,
an Ort und Stelle Dienstboten und Arbeiter zu finden, über die Hohe der
Tagelohne, über die mangelhafte Schulung dieser Hilfskräfte, über die unüber-
windliche Abneigung der Knechte, Ochsen als Gespann zu benutzen, wodurch
die Aufzucht vou Mastvieh erschwert wird, über den schlechten Stand der
Weinberge, über die gründliche Verschiedenheit der landwirtschaftlichen Ge¬
wöhnungen, über den schwächlichen und herabgekomnrcnen Pferdeschlag u. s. w.,
ganz besonders aber über die staatlichen und Notariatsgebühren für den Eigen¬
tumsübergang, die durchschnittlich sieben Prozent des .Kaufwertes betragen.
Regelmäßig aber vernimmt man zum Schlüsse die Selbstanklage, daß man
uicht schon den ersten Bedenken, die daheim entstanden, Bedeutung beigelegt
habe. Lothringen werde voraussichtlich den Schauplatz des nächsten Krieges
bilden, und das Land müsse einer schlimmen Zukunft gewärtig sein; wer sich
dort niederlassen wolle, müsse alles wagen. Davon aber abgesehen sei eben
Lothringen ein ganz und gnr französisches Land, worin der Altdeutsche sich
nie heimisch finden werde.

Diese stets wiederkehrenden Bedenken verdienen eine ernsthafte Betrachtung,
^uf das erste Bedenken, daß Lothringen einmal den Kriegsschauplatz bilden
werde, können wir allerdings nur einwenden, daß diese Gefahr in Posen, dessen
^>esiedclung durch Altdeutsche einen ruhigen Fortgang nimmt, sicher nicht
winter besteht. Wenn die Menschen nicht anstehen, auf deu durch Erdbeben
"der durch vulkanische Ausbrüche zeitweise verwüsteten Stätten sich wieder an¬
zusiedeln, so wird die treibende Kraft im Leben der Völker, die Hoffnung, die
Keuschen auch nicht abhalten, sich da niederzulassen, wo Krieg droht. Der
urch die ftauzösischeu Bemühungen bedenklich gesteigerte Haß läßt zwar für
den Fall eines Krieges Schlimmes befürchten, aber die Grundsätze des Völker-
echtes gewähren doch die Gewißheit, daß der Sieger seinen Freunden Ent¬
schädigung zu verschaffen wissen werde, und die Zuversicht, daß Deutschland
Negreich bestehen werde, lebt doch im ganzen deutschen Volke. Wenn aber


nach Lothringen die Preise in die Höhe schrauben, denn die meisten Güter
sind zwar käuflich, aber doch nicht unter allen Umständen käuflich.

Es ist aber ein nnlengbares nationales Bedürfnis, daß mit den Zuständen
in Lothringen aufgeräumt werde, die mit einem Vorherrschen der französischen
Einflüsse ungefähr gleichbedeutend sind.

Wie schon unmittelbar nach dem Kriege, so ist auch wieder in jüngster
Zeit eine Reihe von Kanfliebhabern ins Land gekommen, die mit wenigen
schon erwähnten Ausnahmen nach der ersten Umschau meist wieder verschwunden
sind, ohne weiter von sich hören zu lassen, oder anch mit ihren Klagen über
die erfahrenen Enttäuschungen uicht zurückhalten. Meist ergiebt sich, daß man
die Preise noch ziemlich ansehnlich findet, sodann wird über den schlechten Zu¬
stand der Wirtschaftsgebäude, besonders der Stallungen, aber anch der Keller,
der Scheunen, der Brennereien u. s. w. Klage geführt, über die Schwierigkeit,
an Ort und Stelle Dienstboten und Arbeiter zu finden, über die Hohe der
Tagelohne, über die mangelhafte Schulung dieser Hilfskräfte, über die unüber-
windliche Abneigung der Knechte, Ochsen als Gespann zu benutzen, wodurch
die Aufzucht vou Mastvieh erschwert wird, über den schlechten Stand der
Weinberge, über die gründliche Verschiedenheit der landwirtschaftlichen Ge¬
wöhnungen, über den schwächlichen und herabgekomnrcnen Pferdeschlag u. s. w.,
ganz besonders aber über die staatlichen und Notariatsgebühren für den Eigen¬
tumsübergang, die durchschnittlich sieben Prozent des .Kaufwertes betragen.
Regelmäßig aber vernimmt man zum Schlüsse die Selbstanklage, daß man
uicht schon den ersten Bedenken, die daheim entstanden, Bedeutung beigelegt
habe. Lothringen werde voraussichtlich den Schauplatz des nächsten Krieges
bilden, und das Land müsse einer schlimmen Zukunft gewärtig sein; wer sich
dort niederlassen wolle, müsse alles wagen. Davon aber abgesehen sei eben
Lothringen ein ganz und gnr französisches Land, worin der Altdeutsche sich
nie heimisch finden werde.

Diese stets wiederkehrenden Bedenken verdienen eine ernsthafte Betrachtung,
^uf das erste Bedenken, daß Lothringen einmal den Kriegsschauplatz bilden
werde, können wir allerdings nur einwenden, daß diese Gefahr in Posen, dessen
^>esiedclung durch Altdeutsche einen ruhigen Fortgang nimmt, sicher nicht
winter besteht. Wenn die Menschen nicht anstehen, auf deu durch Erdbeben
"der durch vulkanische Ausbrüche zeitweise verwüsteten Stätten sich wieder an¬
zusiedeln, so wird die treibende Kraft im Leben der Völker, die Hoffnung, die
Keuschen auch nicht abhalten, sich da niederzulassen, wo Krieg droht. Der
urch die ftauzösischeu Bemühungen bedenklich gesteigerte Haß läßt zwar für
den Fall eines Krieges Schlimmes befürchten, aber die Grundsätze des Völker-
echtes gewähren doch die Gewißheit, daß der Sieger seinen Freunden Ent¬
schädigung zu verschaffen wissen werde, und die Zuversicht, daß Deutschland
Negreich bestehen werde, lebt doch im ganzen deutschen Volke. Wenn aber


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[0221] nach Lothringen die Preise in die Höhe schrauben, denn die meisten Güter sind zwar käuflich, aber doch nicht unter allen Umständen käuflich. Es ist aber ein nnlengbares nationales Bedürfnis, daß mit den Zuständen in Lothringen aufgeräumt werde, die mit einem Vorherrschen der französischen Einflüsse ungefähr gleichbedeutend sind. Wie schon unmittelbar nach dem Kriege, so ist auch wieder in jüngster Zeit eine Reihe von Kanfliebhabern ins Land gekommen, die mit wenigen schon erwähnten Ausnahmen nach der ersten Umschau meist wieder verschwunden sind, ohne weiter von sich hören zu lassen, oder anch mit ihren Klagen über die erfahrenen Enttäuschungen uicht zurückhalten. Meist ergiebt sich, daß man die Preise noch ziemlich ansehnlich findet, sodann wird über den schlechten Zu¬ stand der Wirtschaftsgebäude, besonders der Stallungen, aber anch der Keller, der Scheunen, der Brennereien u. s. w. Klage geführt, über die Schwierigkeit, an Ort und Stelle Dienstboten und Arbeiter zu finden, über die Hohe der Tagelohne, über die mangelhafte Schulung dieser Hilfskräfte, über die unüber- windliche Abneigung der Knechte, Ochsen als Gespann zu benutzen, wodurch die Aufzucht vou Mastvieh erschwert wird, über den schlechten Stand der Weinberge, über die gründliche Verschiedenheit der landwirtschaftlichen Ge¬ wöhnungen, über den schwächlichen und herabgekomnrcnen Pferdeschlag u. s. w., ganz besonders aber über die staatlichen und Notariatsgebühren für den Eigen¬ tumsübergang, die durchschnittlich sieben Prozent des .Kaufwertes betragen. Regelmäßig aber vernimmt man zum Schlüsse die Selbstanklage, daß man uicht schon den ersten Bedenken, die daheim entstanden, Bedeutung beigelegt habe. Lothringen werde voraussichtlich den Schauplatz des nächsten Krieges bilden, und das Land müsse einer schlimmen Zukunft gewärtig sein; wer sich dort niederlassen wolle, müsse alles wagen. Davon aber abgesehen sei eben Lothringen ein ganz und gnr französisches Land, worin der Altdeutsche sich nie heimisch finden werde. Diese stets wiederkehrenden Bedenken verdienen eine ernsthafte Betrachtung, ^uf das erste Bedenken, daß Lothringen einmal den Kriegsschauplatz bilden werde, können wir allerdings nur einwenden, daß diese Gefahr in Posen, dessen ^>esiedclung durch Altdeutsche einen ruhigen Fortgang nimmt, sicher nicht winter besteht. Wenn die Menschen nicht anstehen, auf deu durch Erdbeben "der durch vulkanische Ausbrüche zeitweise verwüsteten Stätten sich wieder an¬ zusiedeln, so wird die treibende Kraft im Leben der Völker, die Hoffnung, die Keuschen auch nicht abhalten, sich da niederzulassen, wo Krieg droht. Der urch die ftauzösischeu Bemühungen bedenklich gesteigerte Haß läßt zwar für den Fall eines Krieges Schlimmes befürchten, aber die Grundsätze des Völker- echtes gewähren doch die Gewißheit, daß der Sieger seinen Freunden Ent¬ schädigung zu verschaffen wissen werde, und die Zuversicht, daß Deutschland Negreich bestehen werde, lebt doch im ganzen deutschen Volke. Wenn aber

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/221>, abgerufen am 23.07.2024.