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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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Der große Staatsmann Virchow freilich, dieser Prophet unter den Kindern
Israel, meinte, Samoa sei viel zu unbedeutend, als daß wir hätten versuchen
sollen, uns darauf festzusetzen, und wir könnten zufrieden sein, daß wir mit
einer so kleinen Niederlage davongekommen wären. Daß Amerika wie England
die Interessen auf Samoa bedeutend genug fanden, um als Rivalen aufzu¬
treten, das bekümmert den Propheten gar nicht. Für uns war nach seiner
Meinung die Festsetzung "ein politischer Fehler, weil wir bei der Rivalität
der beiden Seemächte England und Amerika gleichsam als Puffer zwischen
beide gerieten." Damals also setzten die patriotischen Deutschfreisinuigeu alle
Hebel in Bewegung, um auf ein Gebiet zu verzichten, wo das Übergewicht der
Deutschen so groß war, daß z.B. an der Ausfuhr ans Apia im Betrage von
1478540 Mark die deutscheu Kaufleute mit 1179200 Mark teilnahmen, an
der Einfuhr im Werte von 1874452 mit 1126452 Mark. Das ist das un¬
bedeutende Samoa Virchows! Deu Amerikanern schien es, zumal wegen seiner
Lage, nicht so unbedeutend. Wenn aber Konsul und Schiffskvmmandant als
Vertreter der Vereinigte., Staaten zuletzt offen gegen die Deutschen
hetzten und es zum blutigen Kampfe kam, so konnten wir uns bei dein tapfern
Bamberger dafür bedanken. In seiner ganze" Glorie zeigte sich Herr Bnm-
berger nochmals in der Sitzung vom 15. Januar vorige" Jahres, in der
Bismarck wieder zum erstenmale nach langer Zeit erschien und mit der scham¬
losen freisinnigen Presse Abrechnung hielt. Dabei wies er auch auf die Rolle
hin, die Herr Bamberger in Kolvniedingen spielt. Dieser Herr hatte es zu
Stunde gebracht, die Rechte der Deutschen im sndwcstafrikanischen Schutzgebiete
M bezweifeln, lind so für deu kecken Eindringling Lewes gesprochen. Da er¬
klärte Bismarck mit wuchtigen Worten, daß solches Verhalten die Verhand¬
lungen mit England sehr störe; wenn hier hervorragende Abgeordnete Verträge
mit Südwestafrika, (mit Kamaherrero) als zweifelhaft bezeichneten, so dürften
die Engländer, die diese Verträge bisher anerkannten, sich auf de" Patrioten
Bamberger berufen "ud sie ferner nicht mehr anerkennen. So hatte denn Herr
Bamberger und mit ihm seine deutschen Freisinnigen zum zweitenmcüe ganz
ähnlich wie in der Samvafrnge seine unheilvolle Thätigkeit wirksam zu machen
versucht. Glücklicherweise gelang es ihnen diesmal nicht; aber ihren Dank für
die Angriffe auf die deutsche Kolonialpolitik erhielten sie sehr bald von de"
Englischen Zeitungen. Die vini> Nov" sagte, die Dentschfreisinnigen hätten
sich wie echte Patrioten gewehrt gegen deu Diktaturversuch Bismarcks. England
schulde ihnen den Dank für ihre Kritik. M b.s.so MöiniiÜWö Mo-z-die.




Der große Staatsmann Virchow freilich, dieser Prophet unter den Kindern
Israel, meinte, Samoa sei viel zu unbedeutend, als daß wir hätten versuchen
sollen, uns darauf festzusetzen, und wir könnten zufrieden sein, daß wir mit
einer so kleinen Niederlage davongekommen wären. Daß Amerika wie England
die Interessen auf Samoa bedeutend genug fanden, um als Rivalen aufzu¬
treten, das bekümmert den Propheten gar nicht. Für uns war nach seiner
Meinung die Festsetzung „ein politischer Fehler, weil wir bei der Rivalität
der beiden Seemächte England und Amerika gleichsam als Puffer zwischen
beide gerieten." Damals also setzten die patriotischen Deutschfreisinuigeu alle
Hebel in Bewegung, um auf ein Gebiet zu verzichten, wo das Übergewicht der
Deutschen so groß war, daß z.B. an der Ausfuhr ans Apia im Betrage von
1478540 Mark die deutscheu Kaufleute mit 1179200 Mark teilnahmen, an
der Einfuhr im Werte von 1874452 mit 1126452 Mark. Das ist das un¬
bedeutende Samoa Virchows! Deu Amerikanern schien es, zumal wegen seiner
Lage, nicht so unbedeutend. Wenn aber Konsul und Schiffskvmmandant als
Vertreter der Vereinigte., Staaten zuletzt offen gegen die Deutschen
hetzten und es zum blutigen Kampfe kam, so konnten wir uns bei dein tapfern
Bamberger dafür bedanken. In seiner ganze» Glorie zeigte sich Herr Bnm-
berger nochmals in der Sitzung vom 15. Januar vorige» Jahres, in der
Bismarck wieder zum erstenmale nach langer Zeit erschien und mit der scham¬
losen freisinnigen Presse Abrechnung hielt. Dabei wies er auch auf die Rolle
hin, die Herr Bamberger in Kolvniedingen spielt. Dieser Herr hatte es zu
Stunde gebracht, die Rechte der Deutschen im sndwcstafrikanischen Schutzgebiete
M bezweifeln, lind so für deu kecken Eindringling Lewes gesprochen. Da er¬
klärte Bismarck mit wuchtigen Worten, daß solches Verhalten die Verhand¬
lungen mit England sehr störe; wenn hier hervorragende Abgeordnete Verträge
mit Südwestafrika, (mit Kamaherrero) als zweifelhaft bezeichneten, so dürften
die Engländer, die diese Verträge bisher anerkannten, sich auf de» Patrioten
Bamberger berufen »ud sie ferner nicht mehr anerkennen. So hatte denn Herr
Bamberger und mit ihm seine deutschen Freisinnigen zum zweitenmcüe ganz
ähnlich wie in der Samvafrnge seine unheilvolle Thätigkeit wirksam zu machen
versucht. Glücklicherweise gelang es ihnen diesmal nicht; aber ihren Dank für
die Angriffe auf die deutsche Kolonialpolitik erhielten sie sehr bald von de»
Englischen Zeitungen. Die vini> Nov» sagte, die Dentschfreisinnigen hätten
sich wie echte Patrioten gewehrt gegen deu Diktaturversuch Bismarcks. England
schulde ihnen den Dank für ihre Kritik. M b.s.so MöiniiÜWö Mo-z-die.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/213>, abgerufen am 23.07.2024.