Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.Die Arbeiterbewegung in England ihre achttägige Kündigung eingereicht, wodurch jedesmal die Gefahr eines Herr Livesey hat dann in diesem Schreiben, wie anch in einer mit Ab¬ Die Schilderung dieser Arbeiterbewegung in den letzten Wochen, wie sie Die englischen Fachvereine (^r-icks-Union") haben sich aus den Arbeiter¬ Die Arbeiterbewegung in England ihre achttägige Kündigung eingereicht, wodurch jedesmal die Gefahr eines Herr Livesey hat dann in diesem Schreiben, wie anch in einer mit Ab¬ Die Schilderung dieser Arbeiterbewegung in den letzten Wochen, wie sie Die englischen Fachvereine (^r-icks-Union») haben sich aus den Arbeiter¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0188" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/206833"/> <fw type="header" place="top"> Die Arbeiterbewegung in England</fw><lb/> <p xml:id="ID_499" prev="#ID_498"> ihre achttägige Kündigung eingereicht, wodurch jedesmal die Gefahr eines<lb/> Aufhörens der gesamten Gaszufuhr für einen großen Teil Londons herauf¬<lb/> beschworen worden sei. Es sei daher unbedingt nötig, eine längere Kündigungs¬<lb/> frist einzuführen. Dies Ziel habe er geglaubt am beste» durch den gedachten<lb/> bonus-Plan zu erreichen.</p><lb/> <p xml:id="ID_500"> Herr Livesey hat dann in diesem Schreiben, wie anch in einer mit Ab¬<lb/> gesandten der Arbeiter gepflogenen Besprechung erklärt, er sei bereit, die<lb/> Kündignngsfrist von einem Jahr auf drei Monate herabzusetzen, um der Gewerk¬<lb/> schaft möglichst entgegenzukommen. Die Arbeiterabgeordneten haben bei dieser<lb/> Besprechung wohl mit Rücksicht auf die gegenwärtig geringen Aussichten auf<lb/> einen günstigen Verlauf ihrer Sache, sich im Namen der Streitenden bereit<lb/> erklärt, mit den alten Arbeitern, die auf den bonus-Plan eingegangen find,<lb/> wieder zusammenzuarbeiten, dagegen haben sie die Entlassung aller neuange¬<lb/> stellten Arbeiter gefordert. Dies haben die Direktoren mit dein Bemerken ab¬<lb/> gelehnt, daß sie sich verpflichtet fühlten, diese Arbeiter, die ihnen im Augenblick<lb/> der Gefahr geholfen hätten, beizubehalten. Hierauf haben die Abgesandten<lb/> der Arbeiter, die übrigens nicht dein Streikkomitee angehörten, da die Direktoren<lb/> sich geweigert hatten, dieses Komitee zu empfangen, die Verhandlungen ab¬<lb/> gebrochen. Möglicherweise werden die Streitenden aber bald nachgeben, da<lb/> der Ausgang des Gasarbeiterstreiks in Manchester ihnen sehr deutlich die<lb/> Gefahr zeigt, daß sie bei fernerm Aufstände ihre Arbeitsstellen für immer zu<lb/> Gunsten der neueingetretenen Arbeiter verlieren könnten.</p><lb/> <p xml:id="ID_501"> Die Schilderung dieser Arbeiterbewegung in den letzten Wochen, wie sie<lb/> sich in England entwickelt hat, bietet mich für die Beurteilung der Verhältnisse<lb/> in Deutschland ein großes Interesse.</p><lb/> <p xml:id="ID_502" next="#ID_503"> Die englischen Fachvereine (^r-icks-Union») haben sich aus den Arbeiter¬<lb/> kreisen ganz selbständig entwickelt; sie haben keine organische Verbindung mit<lb/> den Arbeitgebern und noch weniger mit der Regierung oder der Behörde ge¬<lb/> habt. Sie waren sich selbst überlassen, und da in England die Gesetzgebung<lb/> nicht wie in Deutschland für Krankheiten, Unfälle, Alter und Invalidität der<lb/> Arbeiter sorgt, so hatten die 'Irg-als-Hnions diese Aufgaben übernommen, dadurch<lb/> eine große Herrschaft über ihre Mitglieder gewonnen und anderseits in ihnen<lb/> einen Haß gegen die Ausbeutung des Kapitals und gegen die Unthätigkeit der<lb/> Regierung groß gezogen. In neuester Zeit hat nun die sozialdemokratische<lb/> Bewegung auch in England festen Fuß gefaßt. Die englischen Manchester-<lb/> männcr, die sich in dem Wahne wiegten, daß der praktische Sinn des eng¬<lb/> lischen Arbeiters sich von den utopistischen und gewaltthätigen Lehren des<lb/> sozialdemokratischen Festlandes fernhalten würden, beginnen eine große Täuschung<lb/> zu erleben. Die große Freiheit, deren sich die svzialrevolutivnären inter¬<lb/> nationalen Vereine in England und besonders in London erfreuen, zieht allmählich<lb/> auch die englischen Arbeiter in ihren Kreis. Zweifellos steht John Burns, der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0188]
Die Arbeiterbewegung in England
ihre achttägige Kündigung eingereicht, wodurch jedesmal die Gefahr eines
Aufhörens der gesamten Gaszufuhr für einen großen Teil Londons herauf¬
beschworen worden sei. Es sei daher unbedingt nötig, eine längere Kündigungs¬
frist einzuführen. Dies Ziel habe er geglaubt am beste» durch den gedachten
bonus-Plan zu erreichen.
Herr Livesey hat dann in diesem Schreiben, wie anch in einer mit Ab¬
gesandten der Arbeiter gepflogenen Besprechung erklärt, er sei bereit, die
Kündignngsfrist von einem Jahr auf drei Monate herabzusetzen, um der Gewerk¬
schaft möglichst entgegenzukommen. Die Arbeiterabgeordneten haben bei dieser
Besprechung wohl mit Rücksicht auf die gegenwärtig geringen Aussichten auf
einen günstigen Verlauf ihrer Sache, sich im Namen der Streitenden bereit
erklärt, mit den alten Arbeitern, die auf den bonus-Plan eingegangen find,
wieder zusammenzuarbeiten, dagegen haben sie die Entlassung aller neuange¬
stellten Arbeiter gefordert. Dies haben die Direktoren mit dein Bemerken ab¬
gelehnt, daß sie sich verpflichtet fühlten, diese Arbeiter, die ihnen im Augenblick
der Gefahr geholfen hätten, beizubehalten. Hierauf haben die Abgesandten
der Arbeiter, die übrigens nicht dein Streikkomitee angehörten, da die Direktoren
sich geweigert hatten, dieses Komitee zu empfangen, die Verhandlungen ab¬
gebrochen. Möglicherweise werden die Streitenden aber bald nachgeben, da
der Ausgang des Gasarbeiterstreiks in Manchester ihnen sehr deutlich die
Gefahr zeigt, daß sie bei fernerm Aufstände ihre Arbeitsstellen für immer zu
Gunsten der neueingetretenen Arbeiter verlieren könnten.
Die Schilderung dieser Arbeiterbewegung in den letzten Wochen, wie sie
sich in England entwickelt hat, bietet mich für die Beurteilung der Verhältnisse
in Deutschland ein großes Interesse.
Die englischen Fachvereine (^r-icks-Union») haben sich aus den Arbeiter¬
kreisen ganz selbständig entwickelt; sie haben keine organische Verbindung mit
den Arbeitgebern und noch weniger mit der Regierung oder der Behörde ge¬
habt. Sie waren sich selbst überlassen, und da in England die Gesetzgebung
nicht wie in Deutschland für Krankheiten, Unfälle, Alter und Invalidität der
Arbeiter sorgt, so hatten die 'Irg-als-Hnions diese Aufgaben übernommen, dadurch
eine große Herrschaft über ihre Mitglieder gewonnen und anderseits in ihnen
einen Haß gegen die Ausbeutung des Kapitals und gegen die Unthätigkeit der
Regierung groß gezogen. In neuester Zeit hat nun die sozialdemokratische
Bewegung auch in England festen Fuß gefaßt. Die englischen Manchester-
männcr, die sich in dem Wahne wiegten, daß der praktische Sinn des eng¬
lischen Arbeiters sich von den utopistischen und gewaltthätigen Lehren des
sozialdemokratischen Festlandes fernhalten würden, beginnen eine große Täuschung
zu erleben. Die große Freiheit, deren sich die svzialrevolutivnären inter¬
nationalen Vereine in England und besonders in London erfreuen, zieht allmählich
auch die englischen Arbeiter in ihren Kreis. Zweifellos steht John Burns, der
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |