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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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Die Arbeiterbewegung in England

werden zu sollen. Gleichzeitig mit den Gasarbeitern brachten nämlich die
"monistischen Kohlentrüger Klagen vor, worin sie behaupteten, daß die Kohlen¬
händler die Abmachungen nicht innehielten, zu denen sie sich durch die Ende
August zwischen ihnen und den Abgeordneten der Arbeiter in der Kohleubörse
getroffenen Vereinbarungen verpflichtet hatten. Gleichzeitig erklärten der Vor¬
stand der Kohlenträgergesellschaft und der Vorstand der Z^Mon"! ^malgÄinirteil
Kaüor" "nÄ Z?irsmsn8 Union, daß sie die Forderungen der Gasarbeiter nötigen¬
falls dadurch unterstützen würden, daß sie den Mitgliedern ihrer vnions ver¬
bieten würden, irgend ein Schiff zu beladen oder abzuladen, das Kohlen für
die LcuM Nötrovolit-rü t)g.s ^omx-in^ herbeizuschaffen versuchen würde. Über¬
haupt sollte die 8ont,n NstrovoMm (?Ä8 (uomo^n/ durch gemeinsame Weigerung
aller dieser Gelverkschaftsmitglieder, ihr Vorräte irgend welcher Art zuzuführen,
zum Nachgeben gezwungen werden. In einzelnen Fällen scheint es den Union"
auch gelungen zu sein, das Abladen von Kvhlenschiffen zu verhindern, und es
verlautet, daß der Borsitzende des Londoner Zweigvereins der Lailor" Union
nach Sunderlcmd gefahren ist, nur dort das Abgehen von Kvhlenschiffen zu
verhindern. Im allgemeinen ist jedoch bisher die mehrgedachte Gasgesellschnft
als Siegerin in dem Streite zu betrachten. Es ist Herrn Livesey gelungen,
vollen Ersatz für die abgehenden Arbeitskräfte herbeizuschaffen, diese neuen
Arbeiter mit Hilfe der Polizei, die bei diesem Vorgange energisch auftrat, in
die Gaswerke hineinzubringen, sie in ausreichender Weise mit Lebensmitteln
und Wvhnrüumen zu versorgen, und auch sonst die Zufuhr von Kohlen und
andern Vorräten zu ermöglichen. Noch leben die neuen Arbeiter freilich in
den Gaswerken wie in Festungen, da es bedenklich erscheint, sie mit den
Streitenden in unmittelbare Berührung zu bringen. Es scheint aber, als ob
die alten streikenden Arbeiter wenig Hoffnung mehr auf deu Erfolg ihres
Unternehmens setzen. Hierzu hat wesentlich der Umstand beigetragen, daß der
Streit der Kohlenträger mit ihren unmittelbaren Arbeitgebern durch Erneuerung
und Befestigung des Vergleichs vom August schleunigst beigelegt worden ist,
und daß anscheinend überhaupt nur die Leiter der Bewegung, die zwischen deu
Kohlenträgern und ihren Arbeitgebern erzielte Einigung durch eine Arbeits¬
einstellung der Kohlenträger zu Gunsten der Gasarbeiter von neuem habe"
gefährden wollen. Ferner sind in der letzten Zeit verschiedne Streiks, so der
Gasarbeiterstreik in Manchester, der der Arbeiter in der Telegraphenbananstalt
zu Silvertvwn und andern, zusamiuengebrochen, und es ist endlich anch ein
erheblicher Umschwung in der öffentlichen Meinung zu Ungunsten der Arbeiter
eingetreten.

So lange die Streiks im wesentlichem nur die Erlangung besserer Lohn¬
sätze und die Abkürzung der Arbeitszeit zum Gegenstande hatten, sind die
Arbeiter dnrch die Presse und dos Publikum mit Wort und That, und zwar
besonders durch reiche Geldspenden, unterstützt worden. Seitdem aber die ein-


Die Arbeiterbewegung in England

werden zu sollen. Gleichzeitig mit den Gasarbeitern brachten nämlich die
»monistischen Kohlentrüger Klagen vor, worin sie behaupteten, daß die Kohlen¬
händler die Abmachungen nicht innehielten, zu denen sie sich durch die Ende
August zwischen ihnen und den Abgeordneten der Arbeiter in der Kohleubörse
getroffenen Vereinbarungen verpflichtet hatten. Gleichzeitig erklärten der Vor¬
stand der Kohlenträgergesellschaft und der Vorstand der Z^Mon»! ^malgÄinirteil
Kaüor« »nÄ Z?irsmsn8 Union, daß sie die Forderungen der Gasarbeiter nötigen¬
falls dadurch unterstützen würden, daß sie den Mitgliedern ihrer vnions ver¬
bieten würden, irgend ein Schiff zu beladen oder abzuladen, das Kohlen für
die LcuM Nötrovolit-rü t)g.s ^omx-in^ herbeizuschaffen versuchen würde. Über¬
haupt sollte die 8ont,n NstrovoMm (?Ä8 (uomo^n/ durch gemeinsame Weigerung
aller dieser Gelverkschaftsmitglieder, ihr Vorräte irgend welcher Art zuzuführen,
zum Nachgeben gezwungen werden. In einzelnen Fällen scheint es den Union«
auch gelungen zu sein, das Abladen von Kvhlenschiffen zu verhindern, und es
verlautet, daß der Borsitzende des Londoner Zweigvereins der Lailor« Union
nach Sunderlcmd gefahren ist, nur dort das Abgehen von Kvhlenschiffen zu
verhindern. Im allgemeinen ist jedoch bisher die mehrgedachte Gasgesellschnft
als Siegerin in dem Streite zu betrachten. Es ist Herrn Livesey gelungen,
vollen Ersatz für die abgehenden Arbeitskräfte herbeizuschaffen, diese neuen
Arbeiter mit Hilfe der Polizei, die bei diesem Vorgange energisch auftrat, in
die Gaswerke hineinzubringen, sie in ausreichender Weise mit Lebensmitteln
und Wvhnrüumen zu versorgen, und auch sonst die Zufuhr von Kohlen und
andern Vorräten zu ermöglichen. Noch leben die neuen Arbeiter freilich in
den Gaswerken wie in Festungen, da es bedenklich erscheint, sie mit den
Streitenden in unmittelbare Berührung zu bringen. Es scheint aber, als ob
die alten streikenden Arbeiter wenig Hoffnung mehr auf deu Erfolg ihres
Unternehmens setzen. Hierzu hat wesentlich der Umstand beigetragen, daß der
Streit der Kohlenträger mit ihren unmittelbaren Arbeitgebern durch Erneuerung
und Befestigung des Vergleichs vom August schleunigst beigelegt worden ist,
und daß anscheinend überhaupt nur die Leiter der Bewegung, die zwischen deu
Kohlenträgern und ihren Arbeitgebern erzielte Einigung durch eine Arbeits¬
einstellung der Kohlenträger zu Gunsten der Gasarbeiter von neuem habe»
gefährden wollen. Ferner sind in der letzten Zeit verschiedne Streiks, so der
Gasarbeiterstreik in Manchester, der der Arbeiter in der Telegraphenbananstalt
zu Silvertvwn und andern, zusamiuengebrochen, und es ist endlich anch ein
erheblicher Umschwung in der öffentlichen Meinung zu Ungunsten der Arbeiter
eingetreten.

So lange die Streiks im wesentlichem nur die Erlangung besserer Lohn¬
sätze und die Abkürzung der Arbeitszeit zum Gegenstande hatten, sind die
Arbeiter dnrch die Presse und dos Publikum mit Wort und That, und zwar
besonders durch reiche Geldspenden, unterstützt worden. Seitdem aber die ein-


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[0186] Die Arbeiterbewegung in England werden zu sollen. Gleichzeitig mit den Gasarbeitern brachten nämlich die »monistischen Kohlentrüger Klagen vor, worin sie behaupteten, daß die Kohlen¬ händler die Abmachungen nicht innehielten, zu denen sie sich durch die Ende August zwischen ihnen und den Abgeordneten der Arbeiter in der Kohleubörse getroffenen Vereinbarungen verpflichtet hatten. Gleichzeitig erklärten der Vor¬ stand der Kohlenträgergesellschaft und der Vorstand der Z^Mon»! ^malgÄinirteil Kaüor« »nÄ Z?irsmsn8 Union, daß sie die Forderungen der Gasarbeiter nötigen¬ falls dadurch unterstützen würden, daß sie den Mitgliedern ihrer vnions ver¬ bieten würden, irgend ein Schiff zu beladen oder abzuladen, das Kohlen für die LcuM Nötrovolit-rü t)g.s ^omx-in^ herbeizuschaffen versuchen würde. Über¬ haupt sollte die 8ont,n NstrovoMm (?Ä8 (uomo^n/ durch gemeinsame Weigerung aller dieser Gelverkschaftsmitglieder, ihr Vorräte irgend welcher Art zuzuführen, zum Nachgeben gezwungen werden. In einzelnen Fällen scheint es den Union« auch gelungen zu sein, das Abladen von Kvhlenschiffen zu verhindern, und es verlautet, daß der Borsitzende des Londoner Zweigvereins der Lailor« Union nach Sunderlcmd gefahren ist, nur dort das Abgehen von Kvhlenschiffen zu verhindern. Im allgemeinen ist jedoch bisher die mehrgedachte Gasgesellschnft als Siegerin in dem Streite zu betrachten. Es ist Herrn Livesey gelungen, vollen Ersatz für die abgehenden Arbeitskräfte herbeizuschaffen, diese neuen Arbeiter mit Hilfe der Polizei, die bei diesem Vorgange energisch auftrat, in die Gaswerke hineinzubringen, sie in ausreichender Weise mit Lebensmitteln und Wvhnrüumen zu versorgen, und auch sonst die Zufuhr von Kohlen und andern Vorräten zu ermöglichen. Noch leben die neuen Arbeiter freilich in den Gaswerken wie in Festungen, da es bedenklich erscheint, sie mit den Streitenden in unmittelbare Berührung zu bringen. Es scheint aber, als ob die alten streikenden Arbeiter wenig Hoffnung mehr auf deu Erfolg ihres Unternehmens setzen. Hierzu hat wesentlich der Umstand beigetragen, daß der Streit der Kohlenträger mit ihren unmittelbaren Arbeitgebern durch Erneuerung und Befestigung des Vergleichs vom August schleunigst beigelegt worden ist, und daß anscheinend überhaupt nur die Leiter der Bewegung, die zwischen deu Kohlenträgern und ihren Arbeitgebern erzielte Einigung durch eine Arbeits¬ einstellung der Kohlenträger zu Gunsten der Gasarbeiter von neuem habe» gefährden wollen. Ferner sind in der letzten Zeit verschiedne Streiks, so der Gasarbeiterstreik in Manchester, der der Arbeiter in der Telegraphenbananstalt zu Silvertvwn und andern, zusamiuengebrochen, und es ist endlich anch ein erheblicher Umschwung in der öffentlichen Meinung zu Ungunsten der Arbeiter eingetreten. So lange die Streiks im wesentlichem nur die Erlangung besserer Lohn¬ sätze und die Abkürzung der Arbeitszeit zum Gegenstande hatten, sind die Arbeiter dnrch die Presse und dos Publikum mit Wort und That, und zwar besonders durch reiche Geldspenden, unterstützt worden. Seitdem aber die ein-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/186>, abgerufen am 23.07.2024.