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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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und Neichsrat aber," fügte er ebenso bezeichnend für die Loge als tröstlich
hinzu, "können diesen Versuch trotz seiner großen wirtschaftlichen, politischen und
finanziellen Bedeutung und Verantwortlichkeit wagen, weil wir in Deutschland
noch gesunde und sichere Zustünde haben in unsrer Verfassung, unsrer Gesetz¬
gebung und namentlich in den festen Wurzeln, welche die Monarchie in Deutsch¬
land hat, denn der Monarch steht über den Parteiinteressen."

Was Deutschland nach außen stark und sicher hinstellt, ist dreierlei: die
Eintracht seiner Fürsten, die sie mit ihren Völkern um den Mittelpunkt in
Preußen schart, und zwar infolge der erfnhrungsmäßigen Erkenntnis, daß so
ihre Interessen am besten gewahrt sind, ferner die Bande, die uns jenseits
unsrer Grenzen an die beiden starken Nachbarmächte im Südosten und Süden
zu Schutz und Trutz verknüpfen, endlich die Erhaltung möglichst guter Be¬
ziehungen zu den übrigen europäischen Nachbarn, vor allen zum Zaren, der
nicht so stark sein mag, daß er allein uns Furcht einflößen könnte, und nicht
so geneigt zu fein scheint, seine Kraft mit den Kräften der Republik unsers
Erbfeindes an einen Kriegswagen zu spannen, als es von Zeit zu Zeit scheinen
will, der aber in solcher Vereinigung gegen den Dreibund Mitteleuropas
immerhin eine gewaltige Macht darstellen würde. Die Eintracht unserer Fürsten,
ihre Liebe und ihr Vertrauen zu dem preußischen Mittelpunkte nnter den
Fittichen des Kaiseradlers, den sie in großer Zeit schaffen halfen, hat sich von
Jahr zu Jahr inniger gestaltet, deutlicher kundgegeben und weiter ausgedehnt.
Vertrauen erweckt wieder Vertrauen, sorgsame Pflege des Verhältnisses von
Preußischer Seite schlichtete, ergänzte und hob, sodaß wir zuletzt Störungen
und Lücken bedenklicher Art kaum noch in Gestalt von entlegnen Möglichkeiten
sahen. Die kaiserlichen Reisen des letzten Jahres waren in ihrer Gesamtheit
Mi Zeugnis, ein Bekenntnis allseitiger Befriedigung, ein einziger großer
Triumphzug, als dessen Ergebnis der Kaiser die Überzeugung mit heimbrachte:
es ist alles wohl bestellt und besser, als man zu Anfang geglaubt hätte;
das Werk wird auch in Zukunft seine Probe bestens bestehen. Der zweite
Kreis der Rüstung, mit dem die diplomatische Kunst Bismarcks die Errungen¬
schaften des neuen Deutschlands umgeben hat, der Dreibund, ließ uns im cib-
gelanfenen Jahre ähnliches freudig gewahren. Der.Kaiser stattete seinen fürst¬
lichen Bundesgenossen in Wien und in Italien im Angesicht Europas po¬
litische Besuche ab und empfing solche von ihnen, hier wie dort nicht sowohl
um das Bündnis inniger zu machen, sondern als ein Zeichen vor der Welt,
daß man ans beiden Seiten mit Erfolg bestrebt sei, die Vereinigung zu be¬
wahren und zu einer untrennbaren zu gestalten. Wenn sich die beiden
Bundesgenossen des Reiches im Laufe des letzten Jahres bemüht haben, mit
Deutschland nach dem Grundsätze: 31 öl8 v-nzsnr, pMi, bsllnm, ihre Kraft zur
Abwehr feindlicher Augriffe wesentlich zu erhöhen -- es sei namentlich an
das Wehrgesetz in Österreich und Ungarn erinnert --, so ist neben der Un-


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und Neichsrat aber," fügte er ebenso bezeichnend für die Loge als tröstlich
hinzu, „können diesen Versuch trotz seiner großen wirtschaftlichen, politischen und
finanziellen Bedeutung und Verantwortlichkeit wagen, weil wir in Deutschland
noch gesunde und sichere Zustünde haben in unsrer Verfassung, unsrer Gesetz¬
gebung und namentlich in den festen Wurzeln, welche die Monarchie in Deutsch¬
land hat, denn der Monarch steht über den Parteiinteressen."

Was Deutschland nach außen stark und sicher hinstellt, ist dreierlei: die
Eintracht seiner Fürsten, die sie mit ihren Völkern um den Mittelpunkt in
Preußen schart, und zwar infolge der erfnhrungsmäßigen Erkenntnis, daß so
ihre Interessen am besten gewahrt sind, ferner die Bande, die uns jenseits
unsrer Grenzen an die beiden starken Nachbarmächte im Südosten und Süden
zu Schutz und Trutz verknüpfen, endlich die Erhaltung möglichst guter Be¬
ziehungen zu den übrigen europäischen Nachbarn, vor allen zum Zaren, der
nicht so stark sein mag, daß er allein uns Furcht einflößen könnte, und nicht
so geneigt zu fein scheint, seine Kraft mit den Kräften der Republik unsers
Erbfeindes an einen Kriegswagen zu spannen, als es von Zeit zu Zeit scheinen
will, der aber in solcher Vereinigung gegen den Dreibund Mitteleuropas
immerhin eine gewaltige Macht darstellen würde. Die Eintracht unserer Fürsten,
ihre Liebe und ihr Vertrauen zu dem preußischen Mittelpunkte nnter den
Fittichen des Kaiseradlers, den sie in großer Zeit schaffen halfen, hat sich von
Jahr zu Jahr inniger gestaltet, deutlicher kundgegeben und weiter ausgedehnt.
Vertrauen erweckt wieder Vertrauen, sorgsame Pflege des Verhältnisses von
Preußischer Seite schlichtete, ergänzte und hob, sodaß wir zuletzt Störungen
und Lücken bedenklicher Art kaum noch in Gestalt von entlegnen Möglichkeiten
sahen. Die kaiserlichen Reisen des letzten Jahres waren in ihrer Gesamtheit
Mi Zeugnis, ein Bekenntnis allseitiger Befriedigung, ein einziger großer
Triumphzug, als dessen Ergebnis der Kaiser die Überzeugung mit heimbrachte:
es ist alles wohl bestellt und besser, als man zu Anfang geglaubt hätte;
das Werk wird auch in Zukunft seine Probe bestens bestehen. Der zweite
Kreis der Rüstung, mit dem die diplomatische Kunst Bismarcks die Errungen¬
schaften des neuen Deutschlands umgeben hat, der Dreibund, ließ uns im cib-
gelanfenen Jahre ähnliches freudig gewahren. Der.Kaiser stattete seinen fürst¬
lichen Bundesgenossen in Wien und in Italien im Angesicht Europas po¬
litische Besuche ab und empfing solche von ihnen, hier wie dort nicht sowohl
um das Bündnis inniger zu machen, sondern als ein Zeichen vor der Welt,
daß man ans beiden Seiten mit Erfolg bestrebt sei, die Vereinigung zu be¬
wahren und zu einer untrennbaren zu gestalten. Wenn sich die beiden
Bundesgenossen des Reiches im Laufe des letzten Jahres bemüht haben, mit
Deutschland nach dem Grundsätze: 31 öl8 v-nzsnr, pMi, bsllnm, ihre Kraft zur
Abwehr feindlicher Augriffe wesentlich zu erhöhen — es sei namentlich an
das Wehrgesetz in Österreich und Ungarn erinnert —, so ist neben der Un-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/13>, abgerufen am 23.07.2024.