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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.

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^le brasilische Revolution in andrer Beleuchtung

us Rio de Janeiro sind weitere Mitteilungen über den Verlauf
der dortigen Revolution eingetroffen, die unsre ersten Nach¬
richten über das Ereignis teils ergänzen, teils berichtigen, und
die, da es hiernach in einem Hauptpunkte in anderm Lichte er-
^.scheint als in dein unsers frühern Aufsatzes, zu nochmaliger
^'tnichlmig der Sache auffordern. So lange wir auf die Telegramme be¬
schränkt waren, worin die provisorische Regierung den Hergang dem eurv-
pluschen Zeitungsleser bekannt machte, mußten wir glauben, die Veränderung
ver Regierung^form habe sich ohne oder doch beinahe ohne alle Anwendung
von Gewaltmitteln, so zu sagen in aller Güte, etwa wie die freiwillige Tren¬
nung von Ehegatten, vollzogen. Das Volk Brasiliens, so durfte" wirs uns
vorstellen, erhob sich in seiner großen Mehrzahl, um die Republik auszurufen,
wobei es nur Spazierstöcke, vielleicht Regenschirme in der Hand hatte. Der
Kaiser wurde höflichst davon in Kenntnis gesetzt, er dachte nicht daran, sich
M sträuben, der abgedankte Monarch ließ sich mit einem guten Ruhegehalte
""finden und ging, nachdem sich beide Teile mit artigen Verbeugungen von
munter verabschiedet hatten, an Bord eines Schiffes, das ihn nach der alten
^>ete brachte. Der zwar ein wenig unregelmäßige, aber leicht und ohne Härten
Reh abspielende Auftritt endigte mit Blumenwerfen des Volkes und den Klängen
crier sanften Musik. Jetzt erfahren wir, daß die Geschichte doch wesentlich
anders verlaufen ist. Die Entthronung Petros II. war nicht die Folge einer
Volkserhebung, obwohl es allerdings in den ehemaligen Sklavenhaltern und
in den Republikanern Unzufriedene in großer Zahl gab; sie wurde vielmehr
durch eine Meuterei der Besatzung Rios herbeigeführt Diese spielte nicht das
bloße Werkzeug, sondern die Hauptrolle bei dem Drama, ja fast die einzige


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^le brasilische Revolution in andrer Beleuchtung

us Rio de Janeiro sind weitere Mitteilungen über den Verlauf
der dortigen Revolution eingetroffen, die unsre ersten Nach¬
richten über das Ereignis teils ergänzen, teils berichtigen, und
die, da es hiernach in einem Hauptpunkte in anderm Lichte er-
^.scheint als in dein unsers frühern Aufsatzes, zu nochmaliger
^'tnichlmig der Sache auffordern. So lange wir auf die Telegramme be¬
schränkt waren, worin die provisorische Regierung den Hergang dem eurv-
pluschen Zeitungsleser bekannt machte, mußten wir glauben, die Veränderung
ver Regierung^form habe sich ohne oder doch beinahe ohne alle Anwendung
von Gewaltmitteln, so zu sagen in aller Güte, etwa wie die freiwillige Tren¬
nung von Ehegatten, vollzogen. Das Volk Brasiliens, so durfte» wirs uns
vorstellen, erhob sich in seiner großen Mehrzahl, um die Republik auszurufen,
wobei es nur Spazierstöcke, vielleicht Regenschirme in der Hand hatte. Der
Kaiser wurde höflichst davon in Kenntnis gesetzt, er dachte nicht daran, sich
M sträuben, der abgedankte Monarch ließ sich mit einem guten Ruhegehalte
""finden und ging, nachdem sich beide Teile mit artigen Verbeugungen von
munter verabschiedet hatten, an Bord eines Schiffes, das ihn nach der alten
^>ete brachte. Der zwar ein wenig unregelmäßige, aber leicht und ohne Härten
Reh abspielende Auftritt endigte mit Blumenwerfen des Volkes und den Klängen
crier sanften Musik. Jetzt erfahren wir, daß die Geschichte doch wesentlich
anders verlaufen ist. Die Entthronung Petros II. war nicht die Folge einer
Volkserhebung, obwohl es allerdings in den ehemaligen Sklavenhaltern und
in den Republikanern Unzufriedene in großer Zahl gab; sie wurde vielmehr
durch eine Meuterei der Besatzung Rios herbeigeführt Diese spielte nicht das
bloße Werkzeug, sondern die Hauptrolle bei dem Drama, ja fast die einzige


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[0545] [Abbildung] ^le brasilische Revolution in andrer Beleuchtung us Rio de Janeiro sind weitere Mitteilungen über den Verlauf der dortigen Revolution eingetroffen, die unsre ersten Nach¬ richten über das Ereignis teils ergänzen, teils berichtigen, und die, da es hiernach in einem Hauptpunkte in anderm Lichte er- ^.scheint als in dein unsers frühern Aufsatzes, zu nochmaliger ^'tnichlmig der Sache auffordern. So lange wir auf die Telegramme be¬ schränkt waren, worin die provisorische Regierung den Hergang dem eurv- pluschen Zeitungsleser bekannt machte, mußten wir glauben, die Veränderung ver Regierung^form habe sich ohne oder doch beinahe ohne alle Anwendung von Gewaltmitteln, so zu sagen in aller Güte, etwa wie die freiwillige Tren¬ nung von Ehegatten, vollzogen. Das Volk Brasiliens, so durfte» wirs uns vorstellen, erhob sich in seiner großen Mehrzahl, um die Republik auszurufen, wobei es nur Spazierstöcke, vielleicht Regenschirme in der Hand hatte. Der Kaiser wurde höflichst davon in Kenntnis gesetzt, er dachte nicht daran, sich M sträuben, der abgedankte Monarch ließ sich mit einem guten Ruhegehalte ""finden und ging, nachdem sich beide Teile mit artigen Verbeugungen von munter verabschiedet hatten, an Bord eines Schiffes, das ihn nach der alten ^>ete brachte. Der zwar ein wenig unregelmäßige, aber leicht und ohne Härten Reh abspielende Auftritt endigte mit Blumenwerfen des Volkes und den Klängen crier sanften Musik. Jetzt erfahren wir, daß die Geschichte doch wesentlich anders verlaufen ist. Die Entthronung Petros II. war nicht die Folge einer Volkserhebung, obwohl es allerdings in den ehemaligen Sklavenhaltern und in den Republikanern Unzufriedene in großer Zahl gab; sie wurde vielmehr durch eine Meuterei der Besatzung Rios herbeigeführt Diese spielte nicht das bloße Werkzeug, sondern die Hauptrolle bei dem Drama, ja fast die einzige Grenzten IV I8«l> 6«

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/545>, abgerufen am 22.12.2024.