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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.

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noch bestehen, wurden durch eine Reihe von Gesetzen aus den Jahren 1823
und 1824 ins Leben gerufen. Erst unter Friedrich Wilhelm IV. führte die
Notwendigkeit, eine Staatsanleihe aufzunehmen, hauptsächlich zur Erbauung
der Ostbahn, zur Einberufung eines "Vereinigte" Landtages" am 3. Februar
1847. Eine Anleihe war ja nach der oben angeführten Verordnung von 1820
ausdrücklich an die Mitgarautie der landständischen Versammlung gebunden.
Dieser Vereinigte Landtag bestand aus zwei Knrieu, der Herreukurie oder dem
Stande der Fürsten, Grafen und Herren, mit achtzig Stimmen, und aus der
Kurie der drei Staude, zu der die Ritterschaft 281, die Städte 182 und die
Landgemeinden 124 Abgeordnete stellten. Bald nach ihrem Zusammentritt
erbat diese Versammlung eine Vermehrung ihrer Rechte, wurde jedoch ab¬
schlägig beschieden, lehnte dann die Anleihe für die Ostbahn ab und wurde am
26. Juni 1847 geschlossen. Bei seiner zweiten Tagung, die vom 17. Januar
bis zum 6. März 1848 dauerte, wurde dem Vereinigten Landtage die ge¬
wünschte "Periodizität" gewährt; doch war dieses Zugeständnis zwecklos: er
wurde niemals wieder berufen. Am 18. März 1848 erschien eine königliche
Proklamation, worin verlangt wird, daß Deutschland aus einem Staatenbunde
in einen Vnndcsstciat verwandelt werde, und in der es dann weiter heißt:
"Wir erkennen an, daß dies eine Reorganisation der Bundesverfassung voraus¬
setzt, welche uur im Verein der Fürsten mit dem Volke ausgeführt werden
kann. Wir erkennen an, daß eine solche Bundcsrepräsentation eine konstitutionelle
Verfassung aller deutschen Länder notwendig erheische." Trotz dieser Verheißung
brach noch an demselben Tage in Berlin der Aufstand aus, und nach blutigem
Kampfe wurden die siegreichen Truppen aus der Hauptstadt entfernt, während
eine kurze, aber kräftige Anstrengung unzweifelhaft genügt haben würde, die
Aufständischen, unter denen sich nicht wenig hergelaufenes Gesindel befand,
vollends zu Boden zu schlagen.

Am 6. April 1848 wurde" durch königliche Verordnung die Grundlagen
der künftigen Verfassung veröffentlicht, am 8. April desselben Jahres das Wahl¬
gesetz für die zu berufende Nationalversammlung, die (nach ZI dieses Gesetzes)
"die künftige Stnatsverfasfung durch Vereinbarung mit der Krone feststellen" sollte.
Diese Versammlung, die am 22. Mai 1848 in Berlin zusammentrat, zeigte den
demokratisch-revolutionären Charakter jeuer aufgeregten Zeit. Die Mehrheit,
in der die Linke unter Führung Waldecks ausschlaggebend war, stellte sich
sofort auf den Boden der Volkssouveränität, die doch in Preußen nieder jemals
gegolten, noch anch nnr einen Augenblick thatsächlich bestanden hatte. Sogar
die sogenannte Rechte forderte die gemeinschaftliche Ausübung der Souveränität
durch Krone und Voll. Der von der Regierung vorgelegte Verfassungsentwurf
wurde beiseite geschoben, und eine Kommission von vierundzwanzig Mitgliedern
unter dem Vorsitze Wnldecks arbeitete einen neuen Berfassuugsentwnrf ans.
Die Verhandlungen darüber waren sehr schleppend; die Versammlung in Verum


noch bestehen, wurden durch eine Reihe von Gesetzen aus den Jahren 1823
und 1824 ins Leben gerufen. Erst unter Friedrich Wilhelm IV. führte die
Notwendigkeit, eine Staatsanleihe aufzunehmen, hauptsächlich zur Erbauung
der Ostbahn, zur Einberufung eines „Vereinigte» Landtages" am 3. Februar
1847. Eine Anleihe war ja nach der oben angeführten Verordnung von 1820
ausdrücklich an die Mitgarautie der landständischen Versammlung gebunden.
Dieser Vereinigte Landtag bestand aus zwei Knrieu, der Herreukurie oder dem
Stande der Fürsten, Grafen und Herren, mit achtzig Stimmen, und aus der
Kurie der drei Staude, zu der die Ritterschaft 281, die Städte 182 und die
Landgemeinden 124 Abgeordnete stellten. Bald nach ihrem Zusammentritt
erbat diese Versammlung eine Vermehrung ihrer Rechte, wurde jedoch ab¬
schlägig beschieden, lehnte dann die Anleihe für die Ostbahn ab und wurde am
26. Juni 1847 geschlossen. Bei seiner zweiten Tagung, die vom 17. Januar
bis zum 6. März 1848 dauerte, wurde dem Vereinigten Landtage die ge¬
wünschte „Periodizität" gewährt; doch war dieses Zugeständnis zwecklos: er
wurde niemals wieder berufen. Am 18. März 1848 erschien eine königliche
Proklamation, worin verlangt wird, daß Deutschland aus einem Staatenbunde
in einen Vnndcsstciat verwandelt werde, und in der es dann weiter heißt:
„Wir erkennen an, daß dies eine Reorganisation der Bundesverfassung voraus¬
setzt, welche uur im Verein der Fürsten mit dem Volke ausgeführt werden
kann. Wir erkennen an, daß eine solche Bundcsrepräsentation eine konstitutionelle
Verfassung aller deutschen Länder notwendig erheische." Trotz dieser Verheißung
brach noch an demselben Tage in Berlin der Aufstand aus, und nach blutigem
Kampfe wurden die siegreichen Truppen aus der Hauptstadt entfernt, während
eine kurze, aber kräftige Anstrengung unzweifelhaft genügt haben würde, die
Aufständischen, unter denen sich nicht wenig hergelaufenes Gesindel befand,
vollends zu Boden zu schlagen.

Am 6. April 1848 wurde» durch königliche Verordnung die Grundlagen
der künftigen Verfassung veröffentlicht, am 8. April desselben Jahres das Wahl¬
gesetz für die zu berufende Nationalversammlung, die (nach ZI dieses Gesetzes)
„die künftige Stnatsverfasfung durch Vereinbarung mit der Krone feststellen" sollte.
Diese Versammlung, die am 22. Mai 1848 in Berlin zusammentrat, zeigte den
demokratisch-revolutionären Charakter jeuer aufgeregten Zeit. Die Mehrheit,
in der die Linke unter Führung Waldecks ausschlaggebend war, stellte sich
sofort auf den Boden der Volkssouveränität, die doch in Preußen nieder jemals
gegolten, noch anch nnr einen Augenblick thatsächlich bestanden hatte. Sogar
die sogenannte Rechte forderte die gemeinschaftliche Ausübung der Souveränität
durch Krone und Voll. Der von der Regierung vorgelegte Verfassungsentwurf
wurde beiseite geschoben, und eine Kommission von vierundzwanzig Mitgliedern
unter dem Vorsitze Wnldecks arbeitete einen neuen Berfassuugsentwnrf ans.
Die Verhandlungen darüber waren sehr schleppend; die Versammlung in Verum


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/416>, abgerufen am 22.12.2024.