Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.des deutsch-zentralistischen Staates soll nicht ein pvlyglvttes Reich von gleich¬ Aber lassen wir diese Abschweifung und verweilen wir bei Hornungs Auf¬ Der Verfasser von "Neuösterreich" führt freilich in einem nächsten des deutsch-zentralistischen Staates soll nicht ein pvlyglvttes Reich von gleich¬ Aber lassen wir diese Abschweifung und verweilen wir bei Hornungs Auf¬ Der Verfasser von „Neuösterreich" führt freilich in einem nächsten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0366" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/206365"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1261" prev="#ID_1260"> des deutsch-zentralistischen Staates soll nicht ein pvlyglvttes Reich von gleich¬<lb/> berechtigten Nationalitäten, sondern ein durchaus slawisches treten, wo die<lb/> Deutschen keine Rechte haben. Das hat der Verfasser der „Neuen Bahnen"<lb/> nicht gesagt und nicht sagen wollen, Hornung oder wer sich unter diesen?<lb/> Namen verbirgt — glaubt es annehmen zu dürfen, ja nicht ganz ehrlich —<lb/> stellt er sich an, als hatte er dies in den „Neuen Bahnen," die er als ein<lb/> halbofsiziöses Machwerk hinstellt, erst recht bestätigt gefunden, er zitirt dabei<lb/> sogar falsch is. 8, 1Z). Der Gedanke ist schließlich keineswegs neu: schon oft<lb/> haben Redner und Parteiblätter vom äußersten Flügel dein Grafen Taaffe<lb/> diesen geheimen Slawisiruugsplau zugeschrieben. Neu aber ist, wenn hier nach¬<lb/> zuweisen versucht wird, daß das Ministerium Taasfe das slawische Neuöster¬<lb/> reich in seinem „altösterreichischen Stantsmhmeu" erhalten wolle, mit ander»<lb/> Worten, daß er so gut Zentralist sei wie Schmerling, nur daß er die Slawen<lb/> an Stelle der Deutschen gesetzt Nüssen wolle. Außerdem schiebt er dem Minister<lb/> auch starke Renktivnsgelüste unter und gegen diese eifert er — wir können es<lb/> nicht anders sagen — mit banalen Redensarten. „Die Reaktion, ruft er<lb/> bombastisch aus, ist die gerechte Strafe, welche ein Volk trifft, das seinen eignen<lb/> Wert vergißt, sie ist das Fegefeuer, in welchem ein entartendes Volk Zeit<lb/> findet, über das Verlorne Paradies der Freiheit nachzudenken," und „die Reaktion<lb/> ist das vom Himmel fallende Feuer, welches unter seiner Lava das Kulturwerk<lb/> einer geschichtlich großen Zeit begräbt." Höchst merkwürdig, jn unbegreiflich<lb/> an einem Deutschen ist es, wenn Hornung Teilnahme für die vorjährigen<lb/> Budapester Straßenanfstäude — bekanntlich von der chauvinistischen, durch und<lb/> durch deutschfeindlichen Opposition geschürt — an den Tag legt und in diesen<lb/> bedauerlichen Ausschreitungen einen Beweis dafür sieht, „daß das ungarische<lb/> Volk sich besser auf den Schutz seiner Freiheit verstehe."</p><lb/> <p xml:id="ID_1262"> Aber lassen wir diese Abschweifung und verweilen wir bei Hornungs Auf¬<lb/> fassung der Taaffischen Politik. Darnach wäre ihr Inhalt: Slawisirung Öster¬<lb/> reichs mit Erhaltung des zentralistischen Gefüges — ein riesenhaftes Unter¬<lb/> nehmen, das nur im Kopfe eines sehr genialen und sehr energischen Staatsmannes<lb/> ersonnen werden konnte. Allsgeführt kann es von dem, der es ersonnen hat,<lb/> unmöglich werden, es bedarf nicht der Jahre, nicht der Jahrzehnte, es bedarf<lb/> eines Jahrhunderts zu seiner Vollendung. Es hieße so viel als in der öster¬<lb/> reichischen Geschichte eine neue Periode begiunen, das Jahr 1879 wäre alsdann<lb/> von größerer Tragweite als 1804 oder 180ö, es könnte nur mit 1282 ver-<lb/> glichen werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1263" next="#ID_1264"> Der Verfasser von „Neuösterreich" führt freilich in einem nächsten<lb/> Kapitel ans, daß dieser ungeheure Plan nicht durchzuführen sei. Was Graf<lb/> Tanfse nicht sieht, sieht er. Die Austroslawen von heute, sagt er, sind keine<lb/> Kroaten von 1848; die waren blinde Werkzeuge der Regierung. Diese Austro¬<lb/> slawen sind von der großen nationalen Bewegung des Jahrhunderts erfaßt</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0366]
des deutsch-zentralistischen Staates soll nicht ein pvlyglvttes Reich von gleich¬
berechtigten Nationalitäten, sondern ein durchaus slawisches treten, wo die
Deutschen keine Rechte haben. Das hat der Verfasser der „Neuen Bahnen"
nicht gesagt und nicht sagen wollen, Hornung oder wer sich unter diesen?
Namen verbirgt — glaubt es annehmen zu dürfen, ja nicht ganz ehrlich —
stellt er sich an, als hatte er dies in den „Neuen Bahnen," die er als ein
halbofsiziöses Machwerk hinstellt, erst recht bestätigt gefunden, er zitirt dabei
sogar falsch is. 8, 1Z). Der Gedanke ist schließlich keineswegs neu: schon oft
haben Redner und Parteiblätter vom äußersten Flügel dein Grafen Taaffe
diesen geheimen Slawisiruugsplau zugeschrieben. Neu aber ist, wenn hier nach¬
zuweisen versucht wird, daß das Ministerium Taasfe das slawische Neuöster¬
reich in seinem „altösterreichischen Stantsmhmeu" erhalten wolle, mit ander»
Worten, daß er so gut Zentralist sei wie Schmerling, nur daß er die Slawen
an Stelle der Deutschen gesetzt Nüssen wolle. Außerdem schiebt er dem Minister
auch starke Renktivnsgelüste unter und gegen diese eifert er — wir können es
nicht anders sagen — mit banalen Redensarten. „Die Reaktion, ruft er
bombastisch aus, ist die gerechte Strafe, welche ein Volk trifft, das seinen eignen
Wert vergißt, sie ist das Fegefeuer, in welchem ein entartendes Volk Zeit
findet, über das Verlorne Paradies der Freiheit nachzudenken," und „die Reaktion
ist das vom Himmel fallende Feuer, welches unter seiner Lava das Kulturwerk
einer geschichtlich großen Zeit begräbt." Höchst merkwürdig, jn unbegreiflich
an einem Deutschen ist es, wenn Hornung Teilnahme für die vorjährigen
Budapester Straßenanfstäude — bekanntlich von der chauvinistischen, durch und
durch deutschfeindlichen Opposition geschürt — an den Tag legt und in diesen
bedauerlichen Ausschreitungen einen Beweis dafür sieht, „daß das ungarische
Volk sich besser auf den Schutz seiner Freiheit verstehe."
Aber lassen wir diese Abschweifung und verweilen wir bei Hornungs Auf¬
fassung der Taaffischen Politik. Darnach wäre ihr Inhalt: Slawisirung Öster¬
reichs mit Erhaltung des zentralistischen Gefüges — ein riesenhaftes Unter¬
nehmen, das nur im Kopfe eines sehr genialen und sehr energischen Staatsmannes
ersonnen werden konnte. Allsgeführt kann es von dem, der es ersonnen hat,
unmöglich werden, es bedarf nicht der Jahre, nicht der Jahrzehnte, es bedarf
eines Jahrhunderts zu seiner Vollendung. Es hieße so viel als in der öster¬
reichischen Geschichte eine neue Periode begiunen, das Jahr 1879 wäre alsdann
von größerer Tragweite als 1804 oder 180ö, es könnte nur mit 1282 ver-
glichen werden.
Der Verfasser von „Neuösterreich" führt freilich in einem nächsten
Kapitel ans, daß dieser ungeheure Plan nicht durchzuführen sei. Was Graf
Tanfse nicht sieht, sieht er. Die Austroslawen von heute, sagt er, sind keine
Kroaten von 1848; die waren blinde Werkzeuge der Regierung. Diese Austro¬
slawen sind von der großen nationalen Bewegung des Jahrhunderts erfaßt
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