Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.Litteratur Boiu Ursprung sittlicher Erkenntnis. Bon Franz Brentano. Leipzig, Duncker 6- Humblot, 1889 Diese Schrift vereinigt zwei Gelegenheitsarbeiten, einen dein Haupttitel ent¬ Platons Technik an Symposion und Euthydem nachgewiesen von Ludwig Sybel. Marburg, R. G. Elwert, 1889 Die der gleichen Richtung ungehörige Schrift des Verfassers "Platons Sym¬ Litteratur Boiu Ursprung sittlicher Erkenntnis. Bon Franz Brentano. Leipzig, Duncker 6- Humblot, 1889 Diese Schrift vereinigt zwei Gelegenheitsarbeiten, einen dein Haupttitel ent¬ Platons Technik an Symposion und Euthydem nachgewiesen von Ludwig Sybel. Marburg, R. G. Elwert, 1889 Die der gleichen Richtung ungehörige Schrift des Verfassers „Platons Sym¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0254" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/206253"/> </div> <div n="1"> <head> Litteratur</head><lb/> <div n="2"> <head> Boiu Ursprung sittlicher Erkenntnis. Bon Franz Brentano.<lb/> Leipzig, Duncker 6- Humblot, 1889</head><lb/> <p xml:id="ID_877"> Diese Schrift vereinigt zwei Gelegenheitsarbeiten, einen dein Haupttitel ent¬<lb/> sprechende» Vortrag, den der Verfasser unter der Bezeichnung „Von der natürlichen<lb/> Sanktion für recht und sittlich" in der Wiener Juristischen Gesellschaft gehalten<lb/> hat, und als Anhang eine Rezension der Schrift des Sprachforschers Miklvsich über<lb/> „Subjektlose Sätze." Sie will gleichwohl „Früchte von jahrelangem nachdenke« bieten,"<lb/> und der Verfasser bekennt, daß „unter allein, was er bisher veröffentlicht, seine<lb/> Erörterungen wohl das gereifteste Erzeugnis bieten." Sie gehören zum Gedanken¬<lb/> kreise einer deskriptiven Psychologie," die er, „wie er nunmehr zu hoffen wogt, in<lb/> nicht ferner Zeit seinem ganzen Umfange nach der Öffentlichkeit erschließen kann."<lb/> Wir geben diese Einführungsworte nicht ohne Absicht in ihrer Fassung wieder,<lb/> denn sie sind bezeichnend für den nicht immer geschmackvollen Ton, der sonderbarer¬<lb/> weise gerade in den vielversprechenden umständlichen Iuhaltsbezeichuuugen und den<lb/> oft heftig-polemische» Anmerkungen des Buches herrscht. Nicht geschmackvoll wolle»<lb/> wir ihn ebeu »ur »enim, weil er i» starkem Mißverhältnis steht zu dem, was<lb/> der Verfasser vorläufig bringt. Es entspricht wenigstens nicht diesen tönenden An-<lb/> kündigungen. Das beliebte Gelehrtenspiel, die praktische Vernunft aus der Welt<lb/> zu schaffen und nicht bloß durch die theoretische Vernunft, sondern durch dus, was<lb/> man in der Zeit der Geistesvermögeneinteilung Verstand oder Urteilskraft nannte,<lb/> dnrch eine je »ach der Anlage verschieden große, gegenwärtig natürlich „entwickelte"<lb/> Klugheitslehre zu ersetzen, das muß schärfer, umständlicher und ohne bloße Be¬<lb/> schränkung auf den logischen Apparat durchgeführt werden, um der Idee des Ver¬<lb/> fassers von der Bedeutung dieses Unternehmens zu entsprechen. Der kategorische<lb/> Imperativ ist, schon ehe er „erfunden" war i.ewig denkwürdige That eines weisen<lb/> und guten Mannes, auch wenn sie, wie alles, verbesserungsfähig ist) zu allen Zeiten<lb/> eine „unbrauchbare Fiktion" genannt worden und hat gleichwohl kräftig fortgewirkt.<lb/> Sonst stünden wir allezeit in jenen Zuständen, die der Verfasser nun unter Darwins<lb/> Gevatterschaft „vorethische Zeiten" nennt, da das Kind nnter der Ronssenuschen<lb/> Bennmsuug „Naturzustand" gegenwärtig clous aus der Mode gekommen ist. Der<lb/> Name ist durchaus nicht glücklicher zur Bezeichnung eines vorauszusetzenden vor¬<lb/> staatlichen Zustandes. Die Ausführungen sowohl als die Polemik des Verfassers<lb/> leiden bei aller gelehrte» Dialektik an dem Mangel, daß doch niemals das zum<lb/> Ausdruck kommt, was der Verfasser im Kerne meint.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Platons Technik an Symposion und Euthydem nachgewiesen von Ludwig Sybel.<lb/> Marburg, R. G. Elwert, 1889</head><lb/> <p xml:id="ID_878" next="#ID_879"> Die der gleichen Richtung ungehörige Schrift des Verfassers „Platons Sym¬<lb/> posion ein Programm der Akademie" ist an dieser Stelle bereits erörtert worden.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0254]
Litteratur
Boiu Ursprung sittlicher Erkenntnis. Bon Franz Brentano.
Leipzig, Duncker 6- Humblot, 1889
Diese Schrift vereinigt zwei Gelegenheitsarbeiten, einen dein Haupttitel ent¬
sprechende» Vortrag, den der Verfasser unter der Bezeichnung „Von der natürlichen
Sanktion für recht und sittlich" in der Wiener Juristischen Gesellschaft gehalten
hat, und als Anhang eine Rezension der Schrift des Sprachforschers Miklvsich über
„Subjektlose Sätze." Sie will gleichwohl „Früchte von jahrelangem nachdenke« bieten,"
und der Verfasser bekennt, daß „unter allein, was er bisher veröffentlicht, seine
Erörterungen wohl das gereifteste Erzeugnis bieten." Sie gehören zum Gedanken¬
kreise einer deskriptiven Psychologie," die er, „wie er nunmehr zu hoffen wogt, in
nicht ferner Zeit seinem ganzen Umfange nach der Öffentlichkeit erschließen kann."
Wir geben diese Einführungsworte nicht ohne Absicht in ihrer Fassung wieder,
denn sie sind bezeichnend für den nicht immer geschmackvollen Ton, der sonderbarer¬
weise gerade in den vielversprechenden umständlichen Iuhaltsbezeichuuugen und den
oft heftig-polemische» Anmerkungen des Buches herrscht. Nicht geschmackvoll wolle»
wir ihn ebeu »ur »enim, weil er i» starkem Mißverhältnis steht zu dem, was
der Verfasser vorläufig bringt. Es entspricht wenigstens nicht diesen tönenden An-
kündigungen. Das beliebte Gelehrtenspiel, die praktische Vernunft aus der Welt
zu schaffen und nicht bloß durch die theoretische Vernunft, sondern durch dus, was
man in der Zeit der Geistesvermögeneinteilung Verstand oder Urteilskraft nannte,
dnrch eine je »ach der Anlage verschieden große, gegenwärtig natürlich „entwickelte"
Klugheitslehre zu ersetzen, das muß schärfer, umständlicher und ohne bloße Be¬
schränkung auf den logischen Apparat durchgeführt werden, um der Idee des Ver¬
fassers von der Bedeutung dieses Unternehmens zu entsprechen. Der kategorische
Imperativ ist, schon ehe er „erfunden" war i.ewig denkwürdige That eines weisen
und guten Mannes, auch wenn sie, wie alles, verbesserungsfähig ist) zu allen Zeiten
eine „unbrauchbare Fiktion" genannt worden und hat gleichwohl kräftig fortgewirkt.
Sonst stünden wir allezeit in jenen Zuständen, die der Verfasser nun unter Darwins
Gevatterschaft „vorethische Zeiten" nennt, da das Kind nnter der Ronssenuschen
Bennmsuug „Naturzustand" gegenwärtig clous aus der Mode gekommen ist. Der
Name ist durchaus nicht glücklicher zur Bezeichnung eines vorauszusetzenden vor¬
staatlichen Zustandes. Die Ausführungen sowohl als die Polemik des Verfassers
leiden bei aller gelehrte» Dialektik an dem Mangel, daß doch niemals das zum
Ausdruck kommt, was der Verfasser im Kerne meint.
Platons Technik an Symposion und Euthydem nachgewiesen von Ludwig Sybel.
Marburg, R. G. Elwert, 1889
Die der gleichen Richtung ungehörige Schrift des Verfassers „Platons Sym¬
posion ein Programm der Akademie" ist an dieser Stelle bereits erörtert worden.
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