Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.Die strafrechtliche Haftung des verantwortlichen Redakteurs antwortlichkeit eines Redakteurs zu bedeuten? Und was bietet die Verant¬ Wenn ich mich nicht in jeder Richtung mit den Ergebnissen des besprochenen Die strafrechtliche Haftung des verantwortlichen Redakteurs antwortlichkeit eines Redakteurs zu bedeuten? Und was bietet die Verant¬ Wenn ich mich nicht in jeder Richtung mit den Ergebnissen des besprochenen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0174" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/206173"/> <fw type="header" place="top"> Die strafrechtliche Haftung des verantwortlichen Redakteurs</fw><lb/> <p xml:id="ID_635" prev="#ID_634"> antwortlichkeit eines Redakteurs zu bedeuten? Und was bietet die Verant¬<lb/> wortlichkeit des Redakteurs dem Staate und dein Publikum für eine Garantie,<lb/> wenn Sie den Redakteuren gestatten wallen, daß sie jeden Augenblick sagen:<lb/> Ich habe den Artikel nicht gelesen, ich war verhindert, es traten Zwischen-<lb/> fälle ein, ich bin unschuldig daran, daß er hineingekommen ist. Das heißt<lb/> sowohl das Gesetz verhöhnen als auch das Publikum." Man wendet ein,<lb/> daß es, wie schon gesagt, bei einem größern Blatte unmöglich sei, daß<lb/> der Redakteur vom ganzen Inhalt des Blattes Kenntnis haben könne.<lb/> Daraus folgt aber nicht die Notwendigkeit der Befreiung des Redakteurs von<lb/> der Haftpflicht, sondern höchstens das Bedürfnis der Bestellung mehrerer<lb/> Redakteure für die einzelnen Teile des Blattes, z. V. den politischen Teil, das<lb/> Feuilleton u. s. w., wahrend ein Hauptrednkteur die allgemeine Richtung des<lb/> Blattes angiebt. Bei kleinern Blättern aber kann ein Redakteur recht wohl<lb/> den Inhalt des ganzen Blattes prüfen. Muß er verreisen, so besorge er sich<lb/> einen geeigneten Stellvertreter. Soll den Gefahren der Presse wirksam be¬<lb/> gegnet werden, so bleibt nichts andres übrig als die Verantwortlichkeit des<lb/> Redakteurs, wie sie im Neichspreßgesetz festgestellt ist. Ob unsre Einrichtung<lb/> der französischen oder der belgischen entspricht oder ob sie sich als eine neue<lb/> darstellt, ist um Ende gleichgiltig, es wird auch ihr die wissenschaftliche Aus¬<lb/> bildung nicht fehlen, wie wir das an den weisen Urteilen des Reichsgerichts<lb/> sehen, wie es uns auch die hier besprochene Schrift Loenings und die von<lb/> ihm ausführlich herangezogene Litteratur über das Preßgesetz zeige».</p><lb/> <p xml:id="ID_636"> Wenn ich mich nicht in jeder Richtung mit den Ergebnissen des besprochenen<lb/> Werkes einverstanden erklären konnte, so liegt dies eben daran, daß der Ver¬<lb/> fasser deu rein wissenschaftlichen Maßstab anlegt, während ich mich auf den<lb/> Boden der Praxis stelle. Die Anschauungen der beiden Gebiete können nicht<lb/> immer übereinstimmen, allein sie können sich gegenseitig befruchten und zur<lb/> gegenseitigen Aufklärung dienen. So ist auch das Studium der Loeningscheu<lb/> Schrift nur zu empfehlen: wie man darin die lehrreichsten Mitteilungen über<lb/> die Entwicklung der Preßgesetzgebung finden wird, so wird auch jedem, selbst<lb/> da, wo er abweichender Ansicht ist, die klare und geistvolle Darstellung Loenings<lb/> hohen Genuß bereiten.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0174]
Die strafrechtliche Haftung des verantwortlichen Redakteurs
antwortlichkeit eines Redakteurs zu bedeuten? Und was bietet die Verant¬
wortlichkeit des Redakteurs dem Staate und dein Publikum für eine Garantie,
wenn Sie den Redakteuren gestatten wallen, daß sie jeden Augenblick sagen:
Ich habe den Artikel nicht gelesen, ich war verhindert, es traten Zwischen-
fälle ein, ich bin unschuldig daran, daß er hineingekommen ist. Das heißt
sowohl das Gesetz verhöhnen als auch das Publikum." Man wendet ein,
daß es, wie schon gesagt, bei einem größern Blatte unmöglich sei, daß
der Redakteur vom ganzen Inhalt des Blattes Kenntnis haben könne.
Daraus folgt aber nicht die Notwendigkeit der Befreiung des Redakteurs von
der Haftpflicht, sondern höchstens das Bedürfnis der Bestellung mehrerer
Redakteure für die einzelnen Teile des Blattes, z. V. den politischen Teil, das
Feuilleton u. s. w., wahrend ein Hauptrednkteur die allgemeine Richtung des
Blattes angiebt. Bei kleinern Blättern aber kann ein Redakteur recht wohl
den Inhalt des ganzen Blattes prüfen. Muß er verreisen, so besorge er sich
einen geeigneten Stellvertreter. Soll den Gefahren der Presse wirksam be¬
gegnet werden, so bleibt nichts andres übrig als die Verantwortlichkeit des
Redakteurs, wie sie im Neichspreßgesetz festgestellt ist. Ob unsre Einrichtung
der französischen oder der belgischen entspricht oder ob sie sich als eine neue
darstellt, ist um Ende gleichgiltig, es wird auch ihr die wissenschaftliche Aus¬
bildung nicht fehlen, wie wir das an den weisen Urteilen des Reichsgerichts
sehen, wie es uns auch die hier besprochene Schrift Loenings und die von
ihm ausführlich herangezogene Litteratur über das Preßgesetz zeige».
Wenn ich mich nicht in jeder Richtung mit den Ergebnissen des besprochenen
Werkes einverstanden erklären konnte, so liegt dies eben daran, daß der Ver¬
fasser deu rein wissenschaftlichen Maßstab anlegt, während ich mich auf den
Boden der Praxis stelle. Die Anschauungen der beiden Gebiete können nicht
immer übereinstimmen, allein sie können sich gegenseitig befruchten und zur
gegenseitigen Aufklärung dienen. So ist auch das Studium der Loeningscheu
Schrift nur zu empfehlen: wie man darin die lehrreichsten Mitteilungen über
die Entwicklung der Preßgesetzgebung finden wird, so wird auch jedem, selbst
da, wo er abweichender Ansicht ist, die klare und geistvolle Darstellung Loenings
hohen Genuß bereiten.
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