Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.Aus dein Leben des Anrdnmls Rauscher der Krone ist es zurückzuführen, wenn im Frühjahr 1849 das Ministerium Wir müssen es uns versagen, auf die Unterhandlungen, die schließlich zum Die kaiserlichen Verordnungen vom April 1850, die das Konkordat an¬ Aus dein Leben des Anrdnmls Rauscher der Krone ist es zurückzuführen, wenn im Frühjahr 1849 das Ministerium Wir müssen es uns versagen, auf die Unterhandlungen, die schließlich zum Die kaiserlichen Verordnungen vom April 1850, die das Konkordat an¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0077" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204808"/> <fw type="header" place="top"> Aus dein Leben des Anrdnmls Rauscher</fw><lb/> <p xml:id="ID_186" prev="#ID_185"> der Krone ist es zurückzuführen, wenn im Frühjahr 1849 das Ministerium<lb/> des Innern eine Bischvfskonferenz nach Wien berief, um über die durch die<lb/> neue Ordnung der Dinge aufgeworfenen kirchlichen Fragen zu beratschlagen.<lb/> Der jüngste unter den Bischöfen, die sich am Z0. April in der Hauptstadt<lb/> versammelten, war der von Seckan. Bald aber zeigte sich, daß er die erste<lb/> Arbeitskraft der Konferenz war. Von den sieben Denkschriften an das Mini¬<lb/> sterium, die das Ergebnis bildeten, hat Ranscher fünf verfaßt, und in ihnen<lb/> liegt der Keim des Konkordates: sie handeln von der Ehe, von dem Unter¬<lb/> richt, von der kirchlichen Verwaltung, von dem Klosterwesen und von der<lb/> geistlichen Gerichtsbarkeit.</p><lb/> <p xml:id="ID_187"> Wir müssen es uns versagen, auf die Unterhandlungen, die schließlich zum<lb/> Abschluß des Konkordates führten, hier näher einzugehen. Bemerken wollen<lb/> wir nur die Schwierigkeiten, die Rauscher als Abgesandter der österreichischen<lb/> Regierung in Rom fand. Zunächst traten ihm die ungarischen Bischöfe ent¬<lb/> gegen, in Rom durch den Erzbischof Seitvwsky von Gran vertreten; durch<lb/> ein für die ganze Habsburger Monarchie in gleicher Weise bindendes Abkommen<lb/> mit der Kurie fürchteten sie um den letzten Rest ungarischer Kirchenfreiheit<lb/> betrogen zu werden. Dann fand.en die römischen Ultras, daß Rauscher immer<lb/> noch zu sehr auf dein Standpunkte der josephinischen Staatskirche stehe und<lb/> der weltlichen Gewalt zu viel einräumen wolle. Wenn er u. a. den Grundsatz<lb/> ausstellte, die Kirche solle in allen kirchlichen Anstellungen frei sein und nur<lb/> die Verpflichtung ans sich nehmen, keine Persönlichkeiten, die das Vertrauen<lb/> der Regierung nicht mit Unrecht entbehrten, anzustellen, so strich die päpstliche<lb/> Kommission diese Klausel mit der Bemerkung: ^osöMuü8irmm, ssxit. Was aber<lb/> das Merkwürdigste ist, in Österreich selbst gab es angesehene Geistliche, die in<lb/> ihrem „unklugen Eifer" diese Anmaßungen des Vatikans unterstützten, ins¬<lb/> besondere das Domkapitel von Olmütz, darunter der Jugendfreund Rauschers,<lb/> Unkrcchtsberg. Doch siegte der Wiener Erzbischof insofern, als er einen<lb/> „geheimen Artikel" durchsetzte, worin der kaiserlichen Regierung das Recht<lb/> gewahrt wurde, wenn sie dafür halte, daß ein Bischof sich des Hochverrats<lb/> oder der Majestätsbeleidigung schuldig gemacht habe, wider ihn einzuschreiten.<lb/> Und während das Konzil von Trient verordnete, daß über Pflichtverletzungen<lb/> von Geistlichen, die die Absetzung nach sich zögen, der Papst allein zu erkennen<lb/> habe, und falls die Untersuchung außerhalb Roms geführt würde, diese nur<lb/> den Metropoliten oder Bischöfen anzuvertrauen sei, behielt sich der Kaiser vor,<lb/> noch bevor er mit dem heiligen Stuhl wegen des gerichtlichen Einschreitens<lb/> Rücksprache genommen hätte, vorläufig das zu verfügen, was erforderlich wäre,<lb/> um den Bestand und die Ruhe des Staates sicherzustellen.</p><lb/> <p xml:id="ID_188" next="#ID_189"> Die kaiserlichen Verordnungen vom April 1850, die das Konkordat an¬<lb/> kündigten, bezeichnete Ranscher in einem Hirtenbrief als „Verzicht auf die<lb/> trügerische Lehre von der Stantsallmacht, welche die Vorlänferin der Revolu-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0077]
Aus dein Leben des Anrdnmls Rauscher
der Krone ist es zurückzuführen, wenn im Frühjahr 1849 das Ministerium
des Innern eine Bischvfskonferenz nach Wien berief, um über die durch die
neue Ordnung der Dinge aufgeworfenen kirchlichen Fragen zu beratschlagen.
Der jüngste unter den Bischöfen, die sich am Z0. April in der Hauptstadt
versammelten, war der von Seckan. Bald aber zeigte sich, daß er die erste
Arbeitskraft der Konferenz war. Von den sieben Denkschriften an das Mini¬
sterium, die das Ergebnis bildeten, hat Ranscher fünf verfaßt, und in ihnen
liegt der Keim des Konkordates: sie handeln von der Ehe, von dem Unter¬
richt, von der kirchlichen Verwaltung, von dem Klosterwesen und von der
geistlichen Gerichtsbarkeit.
Wir müssen es uns versagen, auf die Unterhandlungen, die schließlich zum
Abschluß des Konkordates führten, hier näher einzugehen. Bemerken wollen
wir nur die Schwierigkeiten, die Rauscher als Abgesandter der österreichischen
Regierung in Rom fand. Zunächst traten ihm die ungarischen Bischöfe ent¬
gegen, in Rom durch den Erzbischof Seitvwsky von Gran vertreten; durch
ein für die ganze Habsburger Monarchie in gleicher Weise bindendes Abkommen
mit der Kurie fürchteten sie um den letzten Rest ungarischer Kirchenfreiheit
betrogen zu werden. Dann fand.en die römischen Ultras, daß Rauscher immer
noch zu sehr auf dein Standpunkte der josephinischen Staatskirche stehe und
der weltlichen Gewalt zu viel einräumen wolle. Wenn er u. a. den Grundsatz
ausstellte, die Kirche solle in allen kirchlichen Anstellungen frei sein und nur
die Verpflichtung ans sich nehmen, keine Persönlichkeiten, die das Vertrauen
der Regierung nicht mit Unrecht entbehrten, anzustellen, so strich die päpstliche
Kommission diese Klausel mit der Bemerkung: ^osöMuü8irmm, ssxit. Was aber
das Merkwürdigste ist, in Österreich selbst gab es angesehene Geistliche, die in
ihrem „unklugen Eifer" diese Anmaßungen des Vatikans unterstützten, ins¬
besondere das Domkapitel von Olmütz, darunter der Jugendfreund Rauschers,
Unkrcchtsberg. Doch siegte der Wiener Erzbischof insofern, als er einen
„geheimen Artikel" durchsetzte, worin der kaiserlichen Regierung das Recht
gewahrt wurde, wenn sie dafür halte, daß ein Bischof sich des Hochverrats
oder der Majestätsbeleidigung schuldig gemacht habe, wider ihn einzuschreiten.
Und während das Konzil von Trient verordnete, daß über Pflichtverletzungen
von Geistlichen, die die Absetzung nach sich zögen, der Papst allein zu erkennen
habe, und falls die Untersuchung außerhalb Roms geführt würde, diese nur
den Metropoliten oder Bischöfen anzuvertrauen sei, behielt sich der Kaiser vor,
noch bevor er mit dem heiligen Stuhl wegen des gerichtlichen Einschreitens
Rücksprache genommen hätte, vorläufig das zu verfügen, was erforderlich wäre,
um den Bestand und die Ruhe des Staates sicherzustellen.
Die kaiserlichen Verordnungen vom April 1850, die das Konkordat an¬
kündigten, bezeichnete Ranscher in einem Hirtenbrief als „Verzicht auf die
trügerische Lehre von der Stantsallmacht, welche die Vorlänferin der Revolu-
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