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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.

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Militärisch-politische Blicke nach (öfter

masse voraussichtlich ans dein rechten Weichselufer im Festnugsdreieck Posto
fassen und nach der westlichen und nordwestlichen Grenze kleinere Abteilungen
vorschieben wiirde. In jenem Dreieck befindet es sich ungefähr in der Mitte
des zu deckenden Grenzgebietes, von wo es jederzeit und nach jeder Richtung
hin mit Benutzung von Eisenbahnen in wenigen Stunde" nach unmittelbar
bedrohten Punkten befördert werden kann. Der entlegenste Teil des Grenz¬
gebietes, das Land am Riemen, wird durch das verschanzte Lager von Kowno
und die Dünalinie mit Düuaburg verteidigt werden, falls die Deutschen an¬
greifen und den Angriff fo weit ausdehnen, was kaum zu erwarten ist. Was
die Stärke dieses russischen Bevbachtungskorps angeht, so nimmt sie der Ver¬
fasser der Schrift "Das Kriegstheater an der Weichsel" zu 3'/z Armeekorps
an, die jetzt schon im Militärbezirke Warschall ihre Standorte haben. 2. drei
Armeen gegen Osterreich. Diese haben die Aufgaben, zunächst die Österreicher
entscheidend zu schlagen, dann in deren Gebiet einzudringen und dessen wichtigste
Teile zu besetzen, dem Gegner die Mittel zur Bildung neuer Heere zu ent¬
ziehen und schließlich durch einen Marsch auf Wie" dem Kriege ein Eude zu
mache". Ihr Aufmarsch wiirde an der Linie Brest-Litelvski-Berditscheiv erfolgen
tonnen, wobei die Armee" des rechten Flügels zwischen die Bahnen, die von
jeuer Festung nach Chota und nach Kowel führen, die des Zentrums zu beiden
Seiten der Bahn Lumiuetz-Lemberg nördlich von Dubnv, die des linken Flügels
zwischen die Vahuen Verditschew-Zmirinka und Valla-Zmirinka zu stehen kämen.
Von hier ans würden sie in südwestlicher Richtung konzentrisch gegen die
Grenze und die Karpathenstraßcn vorrücken, ans denen man zwischen dem
Lüpnower und dem Stiel-Passe nach Erlau in Ungarn gelangt. Die Armee
des rechte" Flügels hätte el" Belagerungskorps vor Przemysl zurückznlnsseu
und ein Beobachtuugskorps gegen Krakmi zu entsenden, die des Zentrums mit
eiuer Abteilung die Festung Mmikaez einzuschkieße", der des linke" Flügels
würde die Deckung der Flanke gegen Siebenbürgen obliegen. 3. eine fünfte
russische Armee wäre in Bessarnbien, etwa bei Bender, zusammenzuziehen, um
Rumänien und die be"achbarte" beiden Balkaustaaten zu überwachen und, falls
es nötig erschiene, gegen Bukarest und die untere Donau zu marschiren.
4. die Kriegs- und Transportflotte des Schwarzen Meeres wäre mit einem
Landnugskvrps im Hase" von Nikolajew bereit zu halten, um an der bulgarisch-
rumelischeu Küste zu kreuze" und, falls die durch Rumänien nach der Donau
vorrückende russische Armee gute Fortschritte machte und an dem genannten
Strome augelangt wäre, ihre Truppen auszuschiffeu, die darauf die Vereinigung
mit jeuer Armee anzustreben hätten.

Die Aufstellung dieser fünf Armeen und des Landuugskvrps stelle" An¬
forderungen an die Wehrkraft Rußlands, die so bedeutend sind, daß es zweifel¬
haft erscheint, ob sie ihnen gewachsen sein wird. Einer Armee von der Stärke
und der Tüchtigkeit der österreichischen mit den Eisenbahnen, die ihr zur Ver-


Militärisch-politische Blicke nach (öfter

masse voraussichtlich ans dein rechten Weichselufer im Festnugsdreieck Posto
fassen und nach der westlichen und nordwestlichen Grenze kleinere Abteilungen
vorschieben wiirde. In jenem Dreieck befindet es sich ungefähr in der Mitte
des zu deckenden Grenzgebietes, von wo es jederzeit und nach jeder Richtung
hin mit Benutzung von Eisenbahnen in wenigen Stunde» nach unmittelbar
bedrohten Punkten befördert werden kann. Der entlegenste Teil des Grenz¬
gebietes, das Land am Riemen, wird durch das verschanzte Lager von Kowno
und die Dünalinie mit Düuaburg verteidigt werden, falls die Deutschen an¬
greifen und den Angriff fo weit ausdehnen, was kaum zu erwarten ist. Was
die Stärke dieses russischen Bevbachtungskorps angeht, so nimmt sie der Ver¬
fasser der Schrift „Das Kriegstheater an der Weichsel" zu 3'/z Armeekorps
an, die jetzt schon im Militärbezirke Warschall ihre Standorte haben. 2. drei
Armeen gegen Osterreich. Diese haben die Aufgaben, zunächst die Österreicher
entscheidend zu schlagen, dann in deren Gebiet einzudringen und dessen wichtigste
Teile zu besetzen, dem Gegner die Mittel zur Bildung neuer Heere zu ent¬
ziehen und schließlich durch einen Marsch auf Wie» dem Kriege ein Eude zu
mache». Ihr Aufmarsch wiirde an der Linie Brest-Litelvski-Berditscheiv erfolgen
tonnen, wobei die Armee» des rechten Flügels zwischen die Bahnen, die von
jeuer Festung nach Chota und nach Kowel führen, die des Zentrums zu beiden
Seiten der Bahn Lumiuetz-Lemberg nördlich von Dubnv, die des linken Flügels
zwischen die Vahuen Verditschew-Zmirinka und Valla-Zmirinka zu stehen kämen.
Von hier ans würden sie in südwestlicher Richtung konzentrisch gegen die
Grenze und die Karpathenstraßcn vorrücken, ans denen man zwischen dem
Lüpnower und dem Stiel-Passe nach Erlau in Ungarn gelangt. Die Armee
des rechte» Flügels hätte el» Belagerungskorps vor Przemysl zurückznlnsseu
und ein Beobachtuugskorps gegen Krakmi zu entsenden, die des Zentrums mit
eiuer Abteilung die Festung Mmikaez einzuschkieße», der des linke» Flügels
würde die Deckung der Flanke gegen Siebenbürgen obliegen. 3. eine fünfte
russische Armee wäre in Bessarnbien, etwa bei Bender, zusammenzuziehen, um
Rumänien und die be»achbarte» beiden Balkaustaaten zu überwachen und, falls
es nötig erschiene, gegen Bukarest und die untere Donau zu marschiren.
4. die Kriegs- und Transportflotte des Schwarzen Meeres wäre mit einem
Landnugskvrps im Hase» von Nikolajew bereit zu halten, um an der bulgarisch-
rumelischeu Küste zu kreuze» und, falls die durch Rumänien nach der Donau
vorrückende russische Armee gute Fortschritte machte und an dem genannten
Strome augelangt wäre, ihre Truppen auszuschiffeu, die darauf die Vereinigung
mit jeuer Armee anzustreben hätten.

Die Aufstellung dieser fünf Armeen und des Landuugskvrps stelle» An¬
forderungen an die Wehrkraft Rußlands, die so bedeutend sind, daß es zweifel¬
haft erscheint, ob sie ihnen gewachsen sein wird. Einer Armee von der Stärke
und der Tüchtigkeit der österreichischen mit den Eisenbahnen, die ihr zur Ver-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204730/59>, abgerufen am 05.02.2025.