Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.Der Kronprinz in der Aonfliktszeit Futternapf des Zeitungsgefieders, die Kasse der Herausgeber und Verleger Wir haben noch einige Thatsachen nachzuholen. Die Verordnung war Und so geschah es denn auch. Das Abgeordnetenhaus beschloß alsbald Der Kronprinz in der Aonfliktszeit Futternapf des Zeitungsgefieders, die Kasse der Herausgeber und Verleger Wir haben noch einige Thatsachen nachzuholen. Die Verordnung war Und so geschah es denn auch. Das Abgeordnetenhaus beschloß alsbald <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0549" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/205280"/> <fw type="header" place="top"> Der Kronprinz in der Aonfliktszeit</fw><lb/> <p xml:id="ID_1546" prev="#ID_1545"> Futternapf des Zeitungsgefieders, die Kasse der Herausgeber und Verleger<lb/> und, wenn sie auf die Wühlerschaft auch nur einigermaßen abkühlend und er¬<lb/> leuchtend wirkte, die in Erhitzung und Verdunkelung erteilten Mandate einer<lb/> Anzahl der Oppositionsredner. Alles das that weh, daher der Aufschrei.<lb/> Doch erfüllte sich die Hoffnung ans Beruhigung der Gemüter und daraus sich<lb/> ergebende verständigere Wahlen wenigstens in einigen Bezirken, wenn auch<lb/> nicht in so vielen, daß daraus im Abgeordnetenhaus^ eine Mehrheit für die<lb/> Regierung erwachsen wäre.</p><lb/> <p xml:id="ID_1547"> Wir haben noch einige Thatsachen nachzuholen. Die Verordnung war<lb/> nach Auflösung des Landtages, also in Abwesenheit desselben, von der Negie¬<lb/> rung allein erlassen worden, aber der Artikel 63 der Verfassung hatte ihr dazu<lb/> das Recht gegeben, indem er aussprach, daß bei Abwesenheit des Landtags<lb/> und im Falle eines ungewöhnlichen Notstandes die Regierung des Königs für<lb/> sich allein Verordnungen, die den Bestimmungen der Verfassung nicht zuwider<lb/> seien, mit Gesetzeskraft erlassen dürfe; nur sollten diese, sobald der Landtag<lb/> wieder beisammen sei, zu nachträglicher Genehmigung vorgelegt werden. Wie<lb/> nun der König, als er die Preßverordnung erließ, nur von seinem verfassungs¬<lb/> mäßigen Rechte Gebrauch machte, so achtete jetzt die Regierung gewissenhaft<lb/> das verfassungsmäßige Recht der Landesvertretung, indem sie die Verordnung<lb/> ohne Verzug beiden Häusern zugleich vorlegte. Viele waren der Ansicht, daß<lb/> sie, wie bei jedem andern Gesetze, zunächst nur einem Hause, etwa dem Herren¬<lb/> hause, und erst nach dessen Beschlußfassung auch dein andern die Vorlage zur<lb/> Genehmigung zu unterbreiten nötig gehabt hätte. Sie wollte aber in dieser<lb/> Angelegenheit lieber den strengsten Anforderungen genügen, als sich Zweifeln<lb/> und Vorwürfen wegen ihres Verfahrens aussetzen, obgleich sie bei der Zu¬<lb/> sammensetzung des neuen Abgeordnetenhauses sicher war, es werde sich beeilen,<lb/> die Verordnung zu verwerfen und so ihre Aufhebung zu Gunsten der demo¬<lb/> kratischen Zeitungsgcschäfte herbeizuführen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1548" next="#ID_1549"> Und so geschah es denn auch. Das Abgeordnetenhaus beschloß alsbald<lb/> nach Vorlegung der Verordnung die Sache, so wichtig sie auch war, nicht erst,<lb/> wie sonst in derartigen Fällen üblich, einer sorgfältigen Beratung zu unter¬<lb/> ziehen, sondern auf kürzestem Wege in einer einzigen Sitzung darüber zu ent¬<lb/> scheiden. Dadurch sah sich auch das Herrenhaus zur Beschleunigung der<lb/> Angelegenheit bewogen, um noch zur rechten Zeit erklären zu können, daß es<lb/> seinerseits die Verordnung sür durchaus gerechtfertigt und für sehr heilsam an¬<lb/> sehe und der Regierung dasür freudig Dank ausspreche, was mit 77 gegen<lb/> 8 Stimmen beschlossen wurde. Von der Mehrheit des Abgeordnetenhauses<lb/> war solche Zustimmung nicht zu erwarten. Sie bestand aus Fortschritts¬<lb/> männern wie im frühern Hause, nur war dieses Element hier etwas schwächer<lb/> vertreten als dort, und jene Fortschrittspolitiker hätten sich selbst gelähmt,<lb/> wenn sie gezögert hätten, die Blätter, die zu ihrer Gefolgschaft geschworen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0549]
Der Kronprinz in der Aonfliktszeit
Futternapf des Zeitungsgefieders, die Kasse der Herausgeber und Verleger
und, wenn sie auf die Wühlerschaft auch nur einigermaßen abkühlend und er¬
leuchtend wirkte, die in Erhitzung und Verdunkelung erteilten Mandate einer
Anzahl der Oppositionsredner. Alles das that weh, daher der Aufschrei.
Doch erfüllte sich die Hoffnung ans Beruhigung der Gemüter und daraus sich
ergebende verständigere Wahlen wenigstens in einigen Bezirken, wenn auch
nicht in so vielen, daß daraus im Abgeordnetenhaus^ eine Mehrheit für die
Regierung erwachsen wäre.
Wir haben noch einige Thatsachen nachzuholen. Die Verordnung war
nach Auflösung des Landtages, also in Abwesenheit desselben, von der Negie¬
rung allein erlassen worden, aber der Artikel 63 der Verfassung hatte ihr dazu
das Recht gegeben, indem er aussprach, daß bei Abwesenheit des Landtags
und im Falle eines ungewöhnlichen Notstandes die Regierung des Königs für
sich allein Verordnungen, die den Bestimmungen der Verfassung nicht zuwider
seien, mit Gesetzeskraft erlassen dürfe; nur sollten diese, sobald der Landtag
wieder beisammen sei, zu nachträglicher Genehmigung vorgelegt werden. Wie
nun der König, als er die Preßverordnung erließ, nur von seinem verfassungs¬
mäßigen Rechte Gebrauch machte, so achtete jetzt die Regierung gewissenhaft
das verfassungsmäßige Recht der Landesvertretung, indem sie die Verordnung
ohne Verzug beiden Häusern zugleich vorlegte. Viele waren der Ansicht, daß
sie, wie bei jedem andern Gesetze, zunächst nur einem Hause, etwa dem Herren¬
hause, und erst nach dessen Beschlußfassung auch dein andern die Vorlage zur
Genehmigung zu unterbreiten nötig gehabt hätte. Sie wollte aber in dieser
Angelegenheit lieber den strengsten Anforderungen genügen, als sich Zweifeln
und Vorwürfen wegen ihres Verfahrens aussetzen, obgleich sie bei der Zu¬
sammensetzung des neuen Abgeordnetenhauses sicher war, es werde sich beeilen,
die Verordnung zu verwerfen und so ihre Aufhebung zu Gunsten der demo¬
kratischen Zeitungsgcschäfte herbeizuführen.
Und so geschah es denn auch. Das Abgeordnetenhaus beschloß alsbald
nach Vorlegung der Verordnung die Sache, so wichtig sie auch war, nicht erst,
wie sonst in derartigen Fällen üblich, einer sorgfältigen Beratung zu unter¬
ziehen, sondern auf kürzestem Wege in einer einzigen Sitzung darüber zu ent¬
scheiden. Dadurch sah sich auch das Herrenhaus zur Beschleunigung der
Angelegenheit bewogen, um noch zur rechten Zeit erklären zu können, daß es
seinerseits die Verordnung sür durchaus gerechtfertigt und für sehr heilsam an¬
sehe und der Regierung dasür freudig Dank ausspreche, was mit 77 gegen
8 Stimmen beschlossen wurde. Von der Mehrheit des Abgeordnetenhauses
war solche Zustimmung nicht zu erwarten. Sie bestand aus Fortschritts¬
männern wie im frühern Hause, nur war dieses Element hier etwas schwächer
vertreten als dort, und jene Fortschrittspolitiker hätten sich selbst gelähmt,
wenn sie gezögert hätten, die Blätter, die zu ihrer Gefolgschaft geschworen
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