Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.Das alte Dorf in deutscher Tandschaft und sein Ende denn für die große neugierige und genußsüchtige Masse, auf die jene Spekulation *) Eingeführt und begründet aufs vortrefflichste durch die schon früher angeführte Broschüre,
deren eindringliche und beherzigenswerte Mclhnnngen nicht genug empfohlen werden können. Das alte Dorf in deutscher Tandschaft und sein Ende denn für die große neugierige und genußsüchtige Masse, auf die jene Spekulation *) Eingeführt und begründet aufs vortrefflichste durch die schon früher angeführte Broschüre,
deren eindringliche und beherzigenswerte Mclhnnngen nicht genug empfohlen werden können. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0507" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/205238"/> <fw type="header" place="top"> Das alte Dorf in deutscher Tandschaft und sein Ende</fw><lb/> <p xml:id="ID_1404" prev="#ID_1403" next="#ID_1405"> denn für die große neugierige und genußsüchtige Masse, auf die jene Spekulation<lb/> nur gemünzt sein kann, wären dies eben die entsprechenden Vergnügungen. Erst<lb/> sich einen steile» Berg in die Höhe schieben lassen zur Nblvechsluug mit einer<lb/> russischen Schaukel, dann oben eine Volkssängerin im Grünen mit Aussicht und<lb/> echtem Bier! — und eine solche Konzession konnte anstandslos erteilt werden,<lb/> ohne daß mau es für der Mühe wert hielt, der öffentlichen Meinung Gelegen¬<lb/> heit zik rechtzeitigen Einspruch gegen eine derartige Vergewaltigung zu geben.<lb/> Leider besitzen wir heutzutage keinen Wortführer ersten Ranges, der als aner¬<lb/> kannter Sachwalter für die edelsten Bedürfnisse der Nation, der heutigen wie<lb/> der kommenden Geschlechter, eintreten könnte. Immerhin ist es eine trostreiche<lb/> Wahrnehmung, daß der Unwille über dies Gebahren immer weitere Kreise er¬<lb/> greift, daß die Stimmen sich mehren, die darauf hinweisen, daß hier eine Lücke<lb/> in unsrer Gesetzgebung vorliegt, daß die alte Landschaft in einer oder der<lb/> andern Weise wirksamen Schutz erhalten muß. Einen ersten Erfolg in dieser<lb/> Hinsicht bezeichnet der ans den Antrag von E. Rudvrff^) von der Generalver¬<lb/> sammlung der Geschichts- und Altertumsvereine in Posen 18M gefaßte Beschluß,<lb/> die Regierungen aufzufordern, der Landschaft in ihrer geschichtlich gewordenen<lb/> Gestalt die möglichste Schonung angedeihen zu lassen. Indes, man muß weiter<lb/> gehen. Vor allen: wäre ein Gesetz vvnnöten, durch welches alle Hochbahnen,<lb/> alle Bahnen, die nicht nationalökonomischen, sondern lediglich touristischen<lb/> Zwecken dienen und als solche ihrem Vegriff nach notwendigerweise eine Be-<lb/> einträchtigung der landschaftlichen Wesenheit darstellen, von Reichs wegen in<lb/> ihrer Zulassung beschränkt und an die Genehmigung einer Reichsstelle geknüpft<lb/> werden. Es muß doch als ein unerträglicher Zustand gelten, daß beispiels¬<lb/> halber das Zustandekommen einer Brückenbahn ausschließlich davon abhängt,<lb/> ob es einem gierigen Spekulanten, einem Landschaftsschlächter gelingt, von dem<lb/> Grafen von Stolberg-Wernigerode die Abtretung des erforderlichen Geländes<lb/> zu erwirken! Man könnte auch daran denken, um eine weitere Anregung zu geben,<lb/> die zwei auf kleinem Raum geschlossensten und erhabensten Gebirge unsers<lb/> Vaterlandes, den Harz und das Riesengebirge, als eine Art Bannwald unter<lb/> den besondern Schutz des Reiches zu stellen, um die profane Hand der Speku¬<lb/> lation von ihnen fern zu halten und wenigstens einen Rest unverfälschter und<lb/> einsam-wilder Natur für die Nachkommen zu retten. Es muß doch allgemein<lb/> einleuchten, daß das Schicksal des Harzes und unsrer herrlichen Bergwälder<lb/> überhaupt zu hoch steht, um von allerhand Zufälligkeiten und von den Launen<lb/> eines unverantwortlichen Privatmannes abhängig gemacht zu werden. Aber<lb/> much, wo das betreffende Gelände ein Eigentum des Staates ist, wird es, wie<lb/> die tägliche Erfahrung lehrt, anstandslos hergegeben, weil die von uns geltend</p><lb/> <note xml:id="FID_69" place="foot"> *) Eingeführt und begründet aufs vortrefflichste durch die schon früher angeführte Broschüre,<lb/> deren eindringliche und beherzigenswerte Mclhnnngen nicht genug empfohlen werden können.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0507]
Das alte Dorf in deutscher Tandschaft und sein Ende
denn für die große neugierige und genußsüchtige Masse, auf die jene Spekulation
nur gemünzt sein kann, wären dies eben die entsprechenden Vergnügungen. Erst
sich einen steile» Berg in die Höhe schieben lassen zur Nblvechsluug mit einer
russischen Schaukel, dann oben eine Volkssängerin im Grünen mit Aussicht und
echtem Bier! — und eine solche Konzession konnte anstandslos erteilt werden,
ohne daß mau es für der Mühe wert hielt, der öffentlichen Meinung Gelegen¬
heit zik rechtzeitigen Einspruch gegen eine derartige Vergewaltigung zu geben.
Leider besitzen wir heutzutage keinen Wortführer ersten Ranges, der als aner¬
kannter Sachwalter für die edelsten Bedürfnisse der Nation, der heutigen wie
der kommenden Geschlechter, eintreten könnte. Immerhin ist es eine trostreiche
Wahrnehmung, daß der Unwille über dies Gebahren immer weitere Kreise er¬
greift, daß die Stimmen sich mehren, die darauf hinweisen, daß hier eine Lücke
in unsrer Gesetzgebung vorliegt, daß die alte Landschaft in einer oder der
andern Weise wirksamen Schutz erhalten muß. Einen ersten Erfolg in dieser
Hinsicht bezeichnet der ans den Antrag von E. Rudvrff^) von der Generalver¬
sammlung der Geschichts- und Altertumsvereine in Posen 18M gefaßte Beschluß,
die Regierungen aufzufordern, der Landschaft in ihrer geschichtlich gewordenen
Gestalt die möglichste Schonung angedeihen zu lassen. Indes, man muß weiter
gehen. Vor allen: wäre ein Gesetz vvnnöten, durch welches alle Hochbahnen,
alle Bahnen, die nicht nationalökonomischen, sondern lediglich touristischen
Zwecken dienen und als solche ihrem Vegriff nach notwendigerweise eine Be-
einträchtigung der landschaftlichen Wesenheit darstellen, von Reichs wegen in
ihrer Zulassung beschränkt und an die Genehmigung einer Reichsstelle geknüpft
werden. Es muß doch als ein unerträglicher Zustand gelten, daß beispiels¬
halber das Zustandekommen einer Brückenbahn ausschließlich davon abhängt,
ob es einem gierigen Spekulanten, einem Landschaftsschlächter gelingt, von dem
Grafen von Stolberg-Wernigerode die Abtretung des erforderlichen Geländes
zu erwirken! Man könnte auch daran denken, um eine weitere Anregung zu geben,
die zwei auf kleinem Raum geschlossensten und erhabensten Gebirge unsers
Vaterlandes, den Harz und das Riesengebirge, als eine Art Bannwald unter
den besondern Schutz des Reiches zu stellen, um die profane Hand der Speku¬
lation von ihnen fern zu halten und wenigstens einen Rest unverfälschter und
einsam-wilder Natur für die Nachkommen zu retten. Es muß doch allgemein
einleuchten, daß das Schicksal des Harzes und unsrer herrlichen Bergwälder
überhaupt zu hoch steht, um von allerhand Zufälligkeiten und von den Launen
eines unverantwortlichen Privatmannes abhängig gemacht zu werden. Aber
much, wo das betreffende Gelände ein Eigentum des Staates ist, wird es, wie
die tägliche Erfahrung lehrt, anstandslos hergegeben, weil die von uns geltend
*) Eingeführt und begründet aufs vortrefflichste durch die schon früher angeführte Broschüre,
deren eindringliche und beherzigenswerte Mclhnnngen nicht genug empfohlen werden können.
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