Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.Litteratur Frankreich von dem Augenblick an, wo sie dort bekannt wurden, bis auf den heu¬ Wie der erste Band, ist mich dieser mit großem Fleiß gearbeitet und giebt Von Einzelheiten wollen wir hier nnr einiges hervorheben, das anch sür Ans die Geschichte der Kunst des Altertums machte die V-iMtts littsr-ni's as In dem Abschnitt über die Jugendtraum Schillers sagt Süpsle, es sei nicht Litteratur Frankreich von dem Augenblick an, wo sie dort bekannt wurden, bis auf den heu¬ Wie der erste Band, ist mich dieser mit großem Fleiß gearbeitet und giebt Von Einzelheiten wollen wir hier nnr einiges hervorheben, das anch sür Ans die Geschichte der Kunst des Altertums machte die V-iMtts littsr-ni's as In dem Abschnitt über die Jugendtraum Schillers sagt Süpsle, es sei nicht <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0484" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/205215"/> <fw type="header" place="top"> Litteratur</fw><lb/> <p xml:id="ID_1357" prev="#ID_1356"> Frankreich von dem Augenblick an, wo sie dort bekannt wurden, bis auf den heu¬<lb/> tigen Tag. Ein Kapitel ist auch dem Verhältnis der Franzosen zu Herder und<lb/> Kant gewidmet, zwei andre den Einwirkungen der deutschen Litteratur auf die<lb/> französische Romantik, eines endlich — ein recht dürftiges — dem Einfluß der<lb/> deutschen Wissenschaft zur Zeit der Restauration und in den ersten Jahren nach<lb/> der Julirevolution.</p><lb/> <p xml:id="ID_1358"> Wie der erste Band, ist mich dieser mit großem Fleiß gearbeitet und giebt<lb/> sowohl im Text wie in den Anmerkungen eine Fülle von litterarhistorischen Nach¬<lb/> richten aus längst verschollnen, in Deutschland meist gar uicht, in Frankreich bis¬<lb/> weilen nur schwer aufzufindenden Quellen. Man wird deshalb mit dem Verfasser<lb/> nicht darüber rechten wollen, daß er über eine ziemlich äußerliche Aneinander¬<lb/> reihung seiner Notizen nur selten hinauskommt; wir erfahren beinahe immer mir,<lb/> welche Übersetzungen von irgend einem deutschen Werke in Frankreich erschienen<lb/> sind, welche Bearbeitungen es erfahren und wie die französische Kritik es beur¬<lb/> teilt hat. Dagegen bleibt die Frage, ob der deutsche Geist, wie er sich in den<lb/> Litteratnrwcrken der behandelten Periode darstellt, ans die französische Nation oder<lb/> doch auf gewisse Kreise derselben einen nachweisbaren Einfluß ausgeübt hat, nach<lb/> wie vor offen. Darum, wir müssen es gestehen, hat uns der vorliegende Halb¬<lb/> hart etwas enttäuscht. Indes bleibt immer wahr, daß Süpsle denen, die einst<lb/> an die Bearbeitung jener Frage gehen werden, tüchtig vorgearbeitet hat, und daß<lb/> sie ihm ebenso verpflichtet sein werden, wie etwa dem Geschichtsschreiber des deutschen<lb/> Mittelalters einem guten Herausgeber mittelalterliche Quellenwerke, und das will<lb/> schon etwas sagen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1359"> Von Einzelheiten wollen wir hier nnr einiges hervorheben, das anch sür<lb/> einen weitern Leserkreis anziehend sein wird. Zuerst überrascht, wie früh und<lb/> wie begeistert Winckelmanns Schriften in Frankreich aufgenommen worden sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_1360"> Ans die Geschichte der Kunst des Altertums machte die V-iMtts littsr-ni's as<lb/> 1'lZui'oxiz schou im Jahre ihres Erscheinens (1764) aufmerksam: „Dieser begabte<lb/> Schriftsteller," heißt es da, „spricht von der Malerei und Bildhauerkunst, wie<lb/> Longiu von der Beredtsamkeit und Dichtung gesprochen hat; das Licht, das er<lb/> verbreitet, erleuchtet und erwärmt zugleich." Ebenso rühmend sprach sich zwei<lb/> Jahre später der bekannte Fröron in der ^.muss 1ne>6ra,irs ans. Die erste Über¬<lb/> setzung erschien 1731, eine zweite, die sehr gut sein soll, von 1781 — 89, die<lb/> dann 1790 und 1802 neu aufgelegt wurde. Aber noch viel später gab es Ver¬<lb/> ehrer Winckelmanns in Frankreich, und wir erfahren mit Erstaunen, daß der<lb/> Schriftsteller M. H. Beyle sein Pseudonym „Stendhal" zu Ehren Winckelmanns,<lb/> der in Stendal geboren war, wählte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1361" next="#ID_1362"> In dem Abschnitt über die Jugendtraum Schillers sagt Süpsle, es sei nicht<lb/> nachweisbar, daß Schiller gerade wegen seiner „Räuber" von der gesetzgebenden<lb/> Versammlung — nicht vom Konvent, wie öfters unrichtig angegeben wird —<lb/> zum französichen Bürger ernannt worden sei. Barante, der erste Übersetzer der<lb/> gesamten dramatischen Werke Schillers, giebt im Gegenteil an, daß Fiesko, dieses<lb/> „republikanische Trauerspiel," den Anlaß dazu geliefert habe. Soviel wir wissen,<lb/> hat Regnier in seiner Schillerbiogrnphie (1859) die Sache nochmals untersucht und<lb/> gefunden, daß dies in der That der Fall ist. Der Noiutc-ur vom 1. Februar 1792<lb/> brachte eine Besprechung des Fiesko — oder wie es dort heißt „Ticsko" —,<lb/> worin diese Tragödie ein geniales Werk genannt wird, die „den Kampf des Re¬<lb/> publikanismus gegen die Monarchie und den schönsten Triumph des erstern sowohl<lb/> in der Theorie wie in der Praxis" zum Gegenstande habe. Ein Mitglied der gesetz-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0484]
Litteratur
Frankreich von dem Augenblick an, wo sie dort bekannt wurden, bis auf den heu¬
tigen Tag. Ein Kapitel ist auch dem Verhältnis der Franzosen zu Herder und
Kant gewidmet, zwei andre den Einwirkungen der deutschen Litteratur auf die
französische Romantik, eines endlich — ein recht dürftiges — dem Einfluß der
deutschen Wissenschaft zur Zeit der Restauration und in den ersten Jahren nach
der Julirevolution.
Wie der erste Band, ist mich dieser mit großem Fleiß gearbeitet und giebt
sowohl im Text wie in den Anmerkungen eine Fülle von litterarhistorischen Nach¬
richten aus längst verschollnen, in Deutschland meist gar uicht, in Frankreich bis¬
weilen nur schwer aufzufindenden Quellen. Man wird deshalb mit dem Verfasser
nicht darüber rechten wollen, daß er über eine ziemlich äußerliche Aneinander¬
reihung seiner Notizen nur selten hinauskommt; wir erfahren beinahe immer mir,
welche Übersetzungen von irgend einem deutschen Werke in Frankreich erschienen
sind, welche Bearbeitungen es erfahren und wie die französische Kritik es beur¬
teilt hat. Dagegen bleibt die Frage, ob der deutsche Geist, wie er sich in den
Litteratnrwcrken der behandelten Periode darstellt, ans die französische Nation oder
doch auf gewisse Kreise derselben einen nachweisbaren Einfluß ausgeübt hat, nach
wie vor offen. Darum, wir müssen es gestehen, hat uns der vorliegende Halb¬
hart etwas enttäuscht. Indes bleibt immer wahr, daß Süpsle denen, die einst
an die Bearbeitung jener Frage gehen werden, tüchtig vorgearbeitet hat, und daß
sie ihm ebenso verpflichtet sein werden, wie etwa dem Geschichtsschreiber des deutschen
Mittelalters einem guten Herausgeber mittelalterliche Quellenwerke, und das will
schon etwas sagen.
Von Einzelheiten wollen wir hier nnr einiges hervorheben, das anch sür
einen weitern Leserkreis anziehend sein wird. Zuerst überrascht, wie früh und
wie begeistert Winckelmanns Schriften in Frankreich aufgenommen worden sind.
Ans die Geschichte der Kunst des Altertums machte die V-iMtts littsr-ni's as
1'lZui'oxiz schou im Jahre ihres Erscheinens (1764) aufmerksam: „Dieser begabte
Schriftsteller," heißt es da, „spricht von der Malerei und Bildhauerkunst, wie
Longiu von der Beredtsamkeit und Dichtung gesprochen hat; das Licht, das er
verbreitet, erleuchtet und erwärmt zugleich." Ebenso rühmend sprach sich zwei
Jahre später der bekannte Fröron in der ^.muss 1ne>6ra,irs ans. Die erste Über¬
setzung erschien 1731, eine zweite, die sehr gut sein soll, von 1781 — 89, die
dann 1790 und 1802 neu aufgelegt wurde. Aber noch viel später gab es Ver¬
ehrer Winckelmanns in Frankreich, und wir erfahren mit Erstaunen, daß der
Schriftsteller M. H. Beyle sein Pseudonym „Stendhal" zu Ehren Winckelmanns,
der in Stendal geboren war, wählte.
In dem Abschnitt über die Jugendtraum Schillers sagt Süpsle, es sei nicht
nachweisbar, daß Schiller gerade wegen seiner „Räuber" von der gesetzgebenden
Versammlung — nicht vom Konvent, wie öfters unrichtig angegeben wird —
zum französichen Bürger ernannt worden sei. Barante, der erste Übersetzer der
gesamten dramatischen Werke Schillers, giebt im Gegenteil an, daß Fiesko, dieses
„republikanische Trauerspiel," den Anlaß dazu geliefert habe. Soviel wir wissen,
hat Regnier in seiner Schillerbiogrnphie (1859) die Sache nochmals untersucht und
gefunden, daß dies in der That der Fall ist. Der Noiutc-ur vom 1. Februar 1792
brachte eine Besprechung des Fiesko — oder wie es dort heißt „Ticsko" —,
worin diese Tragödie ein geniales Werk genannt wird, die „den Kampf des Re¬
publikanismus gegen die Monarchie und den schönsten Triumph des erstern sowohl
in der Theorie wie in der Praxis" zum Gegenstande habe. Ein Mitglied der gesetz-
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