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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.

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Patent oder Lizenzprämier

den Gerechtigkeit in der Finanzpolitik herrschend bleibt, wird sich unsre Gesetz¬
gebung immer mehr dahin entwickeln, daß der, der einen Gegenstand braucht,
auch seine Kosten trägt, nicht aber die Staatsangehörigen zu Leistungen heran¬
gezogen werden, von denen sie ihrerseits nicht den geringsten Vorteil zu er¬
warten haben.

Aber obwohl schon eine flüchtige Betrachtung die Undurchführbarst und
UnHaltbarkeit der Nativnalbelohnungsidee deutlich erweist, ist sie doch, solange
die Patentfrage überhaupt auf der Tagesordnung stand, immer und immer
wieder aufgetaucht, und man hat wiederholt versucht, für diese und ähnliche
Gedanken in Deutschland wie im Auslande eine Agitation zu entfalte". So
erließ in Deutschland Böhmert am 13. Mai 18L7 einen Ausruf zur Gründung
eines internationalen Belohnuugsfonds. Wertheim u. Comp. in Frankfurt,
Sir Rvnndell Palmer in London waren lebhaft bemüht, weitere Kreise für
die Idee zu erwärmen, die Pariser Ausstellung sollte zu internationalen Ver¬
einbarungen über diesen Gegenstand benutzt werden, aber immer scheiterten alle
diese utopischen Veglückungspläne an dem gesunden Sinne der Industriellen
und der Regierungen. Jetzt fristet der Gedanke der Nationalbelohnnng nnr
noch in der sozialistischen Litteratur ein wenig beachtetes Dasein, und in der
That dürfte er nur in einem, kommunistischen Zukunftsstaate nach Aufhebung
jedes individuellen Arbeitsentgelts seine Verwirklichung finden; ans dem Boden
der bestehenden Gesellschaftsordnung ist der Vorschlag undurchführbar.

Das Ziel der Nativualbelohnnng aber, einen Patentschutz zu gewähren
ohne Aufhebung der freien Konkurrenz, des Grundgesetzes unsrer ganzen wirt¬
schaftlichen Entwicklung, und ohne die aus einer solchen Aufhebung ent¬
springenden Nachteile und Hemmnisse, ist gewiß gut und berechtigt, und der Ver¬
such, dieses Ziel auf einem andern, gangbarerem Wege zu erreichen, dürfte
des Schweißes der Edeln wohl wert erscheinen.

Denn darüber wird man sich nicht täuschen können: die Aufhebung eines
Teiles der freien Konkurrenz durch die Erteilung von Erfinderpatenten ist der
Grund aller krankhaften Erscheinungen, die wir als Folgen der Patentgesetz¬
gebung kennen gelernt haben, und das Wort Goethes:


Es ist ihr ewig Weh und Ach,
So tausendfach,
Aus einem Punkte zu kuriren

Wird sich darum auch hier bewähren. Ich möchte im folgenden einen Weg zu
diesem Ziele vorschlagen, den meines Wissens noch niemand gezeigt hat; ob
er wirklich dahin führt, oder ob noch ungeahnte Hindernisse ihn kreuzen, mögen
Berufenere beurteilen.

Dieser Weg ist die Einführung der Lizenzmarke. Und zwar denke ich
mir die künftige Organisation des Patentwesens nach Durchführung der Patent-
Verbesserung folgendermaßen.


Patent oder Lizenzprämier

den Gerechtigkeit in der Finanzpolitik herrschend bleibt, wird sich unsre Gesetz¬
gebung immer mehr dahin entwickeln, daß der, der einen Gegenstand braucht,
auch seine Kosten trägt, nicht aber die Staatsangehörigen zu Leistungen heran¬
gezogen werden, von denen sie ihrerseits nicht den geringsten Vorteil zu er¬
warten haben.

Aber obwohl schon eine flüchtige Betrachtung die Undurchführbarst und
UnHaltbarkeit der Nativnalbelohnungsidee deutlich erweist, ist sie doch, solange
die Patentfrage überhaupt auf der Tagesordnung stand, immer und immer
wieder aufgetaucht, und man hat wiederholt versucht, für diese und ähnliche
Gedanken in Deutschland wie im Auslande eine Agitation zu entfalte». So
erließ in Deutschland Böhmert am 13. Mai 18L7 einen Ausruf zur Gründung
eines internationalen Belohnuugsfonds. Wertheim u. Comp. in Frankfurt,
Sir Rvnndell Palmer in London waren lebhaft bemüht, weitere Kreise für
die Idee zu erwärmen, die Pariser Ausstellung sollte zu internationalen Ver¬
einbarungen über diesen Gegenstand benutzt werden, aber immer scheiterten alle
diese utopischen Veglückungspläne an dem gesunden Sinne der Industriellen
und der Regierungen. Jetzt fristet der Gedanke der Nationalbelohnnng nnr
noch in der sozialistischen Litteratur ein wenig beachtetes Dasein, und in der
That dürfte er nur in einem, kommunistischen Zukunftsstaate nach Aufhebung
jedes individuellen Arbeitsentgelts seine Verwirklichung finden; ans dem Boden
der bestehenden Gesellschaftsordnung ist der Vorschlag undurchführbar.

Das Ziel der Nativualbelohnnng aber, einen Patentschutz zu gewähren
ohne Aufhebung der freien Konkurrenz, des Grundgesetzes unsrer ganzen wirt¬
schaftlichen Entwicklung, und ohne die aus einer solchen Aufhebung ent¬
springenden Nachteile und Hemmnisse, ist gewiß gut und berechtigt, und der Ver¬
such, dieses Ziel auf einem andern, gangbarerem Wege zu erreichen, dürfte
des Schweißes der Edeln wohl wert erscheinen.

Denn darüber wird man sich nicht täuschen können: die Aufhebung eines
Teiles der freien Konkurrenz durch die Erteilung von Erfinderpatenten ist der
Grund aller krankhaften Erscheinungen, die wir als Folgen der Patentgesetz¬
gebung kennen gelernt haben, und das Wort Goethes:


Es ist ihr ewig Weh und Ach,
So tausendfach,
Aus einem Punkte zu kuriren

Wird sich darum auch hier bewähren. Ich möchte im folgenden einen Weg zu
diesem Ziele vorschlagen, den meines Wissens noch niemand gezeigt hat; ob
er wirklich dahin führt, oder ob noch ungeahnte Hindernisse ihn kreuzen, mögen
Berufenere beurteilen.

Dieser Weg ist die Einführung der Lizenzmarke. Und zwar denke ich
mir die künftige Organisation des Patentwesens nach Durchführung der Patent-
Verbesserung folgendermaßen.


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[0451] Patent oder Lizenzprämier den Gerechtigkeit in der Finanzpolitik herrschend bleibt, wird sich unsre Gesetz¬ gebung immer mehr dahin entwickeln, daß der, der einen Gegenstand braucht, auch seine Kosten trägt, nicht aber die Staatsangehörigen zu Leistungen heran¬ gezogen werden, von denen sie ihrerseits nicht den geringsten Vorteil zu er¬ warten haben. Aber obwohl schon eine flüchtige Betrachtung die Undurchführbarst und UnHaltbarkeit der Nativnalbelohnungsidee deutlich erweist, ist sie doch, solange die Patentfrage überhaupt auf der Tagesordnung stand, immer und immer wieder aufgetaucht, und man hat wiederholt versucht, für diese und ähnliche Gedanken in Deutschland wie im Auslande eine Agitation zu entfalte». So erließ in Deutschland Böhmert am 13. Mai 18L7 einen Ausruf zur Gründung eines internationalen Belohnuugsfonds. Wertheim u. Comp. in Frankfurt, Sir Rvnndell Palmer in London waren lebhaft bemüht, weitere Kreise für die Idee zu erwärmen, die Pariser Ausstellung sollte zu internationalen Ver¬ einbarungen über diesen Gegenstand benutzt werden, aber immer scheiterten alle diese utopischen Veglückungspläne an dem gesunden Sinne der Industriellen und der Regierungen. Jetzt fristet der Gedanke der Nationalbelohnnng nnr noch in der sozialistischen Litteratur ein wenig beachtetes Dasein, und in der That dürfte er nur in einem, kommunistischen Zukunftsstaate nach Aufhebung jedes individuellen Arbeitsentgelts seine Verwirklichung finden; ans dem Boden der bestehenden Gesellschaftsordnung ist der Vorschlag undurchführbar. Das Ziel der Nativualbelohnnng aber, einen Patentschutz zu gewähren ohne Aufhebung der freien Konkurrenz, des Grundgesetzes unsrer ganzen wirt¬ schaftlichen Entwicklung, und ohne die aus einer solchen Aufhebung ent¬ springenden Nachteile und Hemmnisse, ist gewiß gut und berechtigt, und der Ver¬ such, dieses Ziel auf einem andern, gangbarerem Wege zu erreichen, dürfte des Schweißes der Edeln wohl wert erscheinen. Denn darüber wird man sich nicht täuschen können: die Aufhebung eines Teiles der freien Konkurrenz durch die Erteilung von Erfinderpatenten ist der Grund aller krankhaften Erscheinungen, die wir als Folgen der Patentgesetz¬ gebung kennen gelernt haben, und das Wort Goethes: Es ist ihr ewig Weh und Ach, So tausendfach, Aus einem Punkte zu kuriren Wird sich darum auch hier bewähren. Ich möchte im folgenden einen Weg zu diesem Ziele vorschlagen, den meines Wissens noch niemand gezeigt hat; ob er wirklich dahin führt, oder ob noch ungeahnte Hindernisse ihn kreuzen, mögen Berufenere beurteilen. Dieser Weg ist die Einführung der Lizenzmarke. Und zwar denke ich mir die künftige Organisation des Patentwesens nach Durchführung der Patent- Verbesserung folgendermaßen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204730/451>, abgerufen am 05.02.2025.